8349/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.07.2011
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0178-I/A/15/2011

Wien, am 4. Juli 2011

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 8450/J des Abgeordneten Mag. Roman Haider und anderer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Der angesprochene Gastbetrieb wurde nach Mitteilung der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse Anfang 2011 geprüft und es wurden vom Prüforgan Differenzen festgestellt; unter anderem wurden bei zwei Dienstnehmern Bezüge aus dem Titel Trinkgeld nachverrechnet. Die Nachverrechnung beläuft sich auf € 5.714,87 (inkl. Zinsen in Höhe von € 1.204,39). Für die Kasse ist der in der Anfrage genannte Betrag von € 10.000,-- nicht nachvollziehbar. Über das Ergebnis der Prüfung wurde von der steuerlichen Vertretung der Dienstgeberin nach Aussage der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse bereits ein Bescheid angefordert. Es wird ein entsprechendes Verwaltungsverfahren abgeführt werden. Zu diesem Zweck kann gegen den Bescheid der Kasse innerhalb von vier Wochen Einspruch beim örtlich zuständigen Landeshauptmann erhoben werden. Dieser wird in der gegenständlichen Angelegenheit zu entscheiden haben.


Frage 2:

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der/die pflichtversicherte Dienstnehmer/in aus dem Dienstverhältnis Anspruch hat oder die er/sie darüber hinaus auf Grund des Dienstverhältnisses vom/von der Dienstgeber/in oder von einem Dritten erhält. Bei Trinkgeldern handelt es sich unzweifelhaft um ein Entgelt Dritter.

 

Zufolge § 42 Abs. 3 letzter Satz ASVG kann der Versicherungsträger die Höhe von Trinkgeldern, wenn solche in gleichartigen oder ähnlichen Betrieben üblich sind, anhand von Schätzwerten ermitteln. Weiters kann der Versicherungsträger gemäß § 44 Abs. 3 ASVG nach Anhörung der in Betracht kommenden Interessenvertretungen der Dienstnehmer/innen und der Dienstgeber/innen festsetzen, dass bei bestimmten Gruppen von Versicherten, die üblicherweise Trinkgelder erhalten, diese Trinkgelder der Bemessung der Beiträge pauschaliert zugrunde zu legen sind. Die Festsetzung hat unter Bedachtnahme auf die durchschnittliche Höhe der Trinkgelder, wie sie erfahrungsgemäß den Versicherten in dem betreffenden Erwerbszweig zufließen, zu erfolgen. Bei der Festsetzung ist auf Umstände, die erfahrungsgemäß auf die Höhe der Trinkgelder Einfluss haben (z.B. regionale Unterschiede, Standort und Größe der Betriebe, Art der Tätigkeit) Bedacht zu nehmen.

 

In der Steiermark wurde das Trinkgeldpauschale für das Lohnfuhrgewerbe, für das Friseurgewerbe, für Kosmetiker/innen, Fußpfleger/innen und Masseure/Masseurinnen sowie für das Gastgewerbe verlautbart. Für das Gastgewerbe wurde das Pauschale mit 31.10.2005 auf € 43,60 festgesetzt, allerdings mit der Ausnahme, dass bei erheblichen Abweichungen die Höhe des tatsächlich zugeflossenen Trinkgelds als Beitragsgrundlage für die Bemessung der Beiträge zu gelten habe, wobei eine erhebliche Abweichung von den festgesetzten Werten dann anzunehmen ist, wenn die Trinkgeldeinnahmen im jeweiligen Bezugszeitraum um 50% über oder unter den Pauschbeträgen liegen.

 

Frage 3:

Als Beitragsgrundlage für selbständig Erwerbstätige gelten grundsätzlich die Einkünfte im Sinne des Einkommensteuergesetzes 1988. Maßgeblich für die Beitragsermittlung ist daher der Einkommensteuerbescheid. Da die anfragenden Abgeordneten eine thematisch verwandte Anfrage (Nr. 8449/J) auch an die Bundesministerin für Finanzen gerichtet haben, darf ich diesbezüglich auf deren Antwort verweisen. Im Übrigen möchte ich an dieser Stelle festhalten, dass Angelegenheiten des Versicherungs-, Melde- und Beitragswesens als Angelegenheit der Sozialversicherung zufolge Abschnitt C, Punkt 4 des Teiles 2 der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 in den Zuständigkeitsbereich des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz fallen.

 

Fragen 4 bis 6:

Als Bundesminister für Gesundheit bin ich zwar Aufsichtsbehörde über die Krankenversicherungsträger; letztere sind aber Körperschaften öffentlichen Rechtes, die vom Gesetzgeber nach den Grundsätzen der Selbstverwaltung eingerichtet sind und die die ihnen übertragenen Aufgaben in Eigenverantwortung wahrnehmen. Sie unterliegen daher auch im Bereich der Beitragsprüfung keiner Weisung durch eine/n Minister/in.

 

Die Krankenversicherungsträger haben allerdings – gemeinsam mit der Finanzverwaltung – Grundsätze für die gemeinsame Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben definiert und vereinbart. In diesen Grundsätzen sind sowohl die organisatorischen Richtlinien, die formalen Gebote, die zu wahrenden Rechte und Pflichten des Dienstgebers/der Dienstgeberin als auch die Prüfungsdurchführung festgeschrieben.

 

Fragen 7 und 8:

Der Ermessensspielraum ist mit den gesetzlich vorgegebenen Kriterien begrenzt. Wenn man von einem Ermessensspielraum überhaupt sprechen kann und will, ist er vor allem dann gegeben, wenn es Unklarheiten über vertragliche Beziehungen das Beschäftigungsverhältnis betreffend gibt und die daraus resultierenden sozialversicherungsrechtlichen Auswirkungen festzustellen sind. Das bedeutet, dass das Prüforgan den Inhalt (vor allem) von Arbeitsverträgen auf seine Übereinstimmung mit der gelebten Wirklichkeit zu prüfen hat. Die Entscheidung über die notwendigen Erhebungsmaßnahmen hat das Prüforgan in jedem Einzelfall zu treffen. Bei reinen Abgabendifferenzen ist ein Ermessensspielraum des Prüforgans nicht gegeben.

 

Frage 9:

Gemäß § 34 ASVG haben die Dienstgeber/innen während des Bestandes der Pflichtversicherung jede für diese Versicherung bedeutsame Änderung, insbesondere jede Änderung im Beschäftigungsverhältnis, wie unter anderem die Änderung der Beitragsgrundlage, dem zuständigen Krankenversicherungsträger zu melden. Die Meldevorschriften verfolgen u.a. den Zweck, die Rechtsansprüche der Versicherten zu wahren und allfällige Rückabwicklungen zu vermeiden.

 

Fragen 10 bis 12:

Es gibt keine Trinkgeldpauschale, die nicht beitragspflichtig ist, wobei diese Pauschalen nur für jene Personen, die als unselbständig Erwerbstätige bei einer Gebietskrankenkasse – im konkreten Fall: der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse – gemeldet sind, Relevanz haben. Es ist in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass sämtliche Transferleistungen wie Krankengeld, Wochengeld, Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung und nicht zuletzt Leistungen aus der Pensionsversicherung aufgrund der vorgemerkten Beitragsgrundlage berechnet und an den/die Versicherte/n geleistet werden. Eine andere Vorgangsweise, die im Ergebnis zu einer niedrigeren Beitragsgrundlage führte, würde die Rechte der Versicherten hinsichtlich dieser Leistungen erheblich verkürzen.

 

Frage 13:

Ich darf in diesem Zusammenhang noch einmal auf die Zuständigkeit des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz verweisen.