9623/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.01.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Frauen und öffentlichen Dienst

Anfragebeantwortung

 

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

MagBarbara PRAMMER

Parlament

1017     W i e n

 

GZ: BKA-353.290/0125-I/4/2011

Wien, am         . Jänner 2012

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Haider, Kolleginnen und Kollegen haben am 10. November 2011 unter der Nr. 9747/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Frauen im Tourismus gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu Frage 1:

Ø  Welche Maßnahmen werden seitens Ihres Ministeriums ergriffen, um die Touris­musbranche „frauenfreundlicher“ zu gestalten?

 

Die Verbesserung der generellen Situation von Frauen am österreichischen Arbeits­markt ist mir ein sehr wichtiges Anliegen.

 

Im Regierungsübereinkommen 2008 wurde ein Nationaler Aktionsplan (NAP Gleich­stellung) für Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt vereinbart, um konkrete Schritte bis 2013 zu entwickeln und umzusetzen.


Ich wurde von der Bundesregierung mit der Koordinierung des NAP Gleichstellung beauftragt und nach intensiven Diskussionsrunden unter Beteiligung von Vertrete­rinnen und Vertretern aus Wissenschaft, Wirtschaft, Verwaltung, Politik und NGOs, Gesprächen mit Expertinnen und Experten, auch aus dem Ausland, und intensiven Verhandlungen mit den Sozialpartnern konnte der NAP Gleichstellung 30. Juni 2010 präsentiert werden.

Der NAP Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt definiert die Strategie der Bundesregierung bis 2013 und hat große Bedeutung für die nachhaltige Verbesserung der Position der Frauen am Ar­beitsmarkt. Er beinhaltet vier strategische Ziele:

1.    Diversifizierung von Ausbildungswegen und Berufswahl

2.    Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und der Vollzeitbeschäftigung von Frauen

3.    mehr Frauen in Führungspositionen und

4.    Schließen der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern.

 

Zu Frage 2:

Ø  Woraus ergeben sich die geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede zwi­schen Männern und Frauen im Tourismus?

 

Der von mir in Auftrag gegebene Forschungsbericht „Geschlechtsspezifische Ein­kommensunterschiede: „Indikatoren für ein Monitoring“ (2008) kommt zu folgenden Ergebnissen ( http://www.frauen.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=32618 ):

 

Im »Beherbergungs- und Gaststättenwesen« ist eine unterdurchschnittliche Einkom­mensdifferenz zwischen Frauen und Männern zu beobachten, wobei das allgemeine Lohnniveau überdurchschnittlich niedrig ist, d.h. die Stundenlöhne liegen spürbar un­ter dem durchschnittlichen Niveau.

Die Branchenunterschiede in der Entlohnung, die Frauen auf einem Arbeitsplatz er­zielen können, spiegeln teils die Art der beruflichen Tätigkeitsfelder und die damit verbundenen qualifikatorischen Anforderungen wider; ferner spielt auch das Alter eine Rolle, mit dem typischerweise in den verschiedenen Branchen die Bewerber­innen bei der Besetzung von Vakanzen zum Zug kommen (so wird beispielsweise im urbanen Gastgewerbe jungen Bewerberinnen der Vorzug gegeben).

Darüber hinaus gibt es einen »reinen« Brancheneffekt, der auf die wirtschaftliche La­ge der Unternehmen (Stichwort: Gewinnsituation) und die seit Jahrzehnten etablier­ten betrieblichen und kollektivvertraglichen Lohnstrukturen zurückzuführen

ist.

Aus dieser Perspektive bestimmen die Zugangsmöglichkeiten zu den einzelnen Branchen die Positionierung in der gesamtwirtschaftlichen Lohn- und Gehaltsvertei­lung unter den Frauen. In diesem Zusammenhang kommt den unterschiedlichen Ausgangslagen der am Beginn ihrer Berufslaufbahn stehenden Frauen eine oft ent­scheidende Bedeutung zu. Junge Frauen, die im ländlichen Raum in isolierter Lage ihre Berufstätigkeit beginnen, haben zumeist wenig Wahl, wenn sie nicht in Regionen mit vielfältigem Arbeitsplatzangebot umziehen wollen (oder können); selbst in er­tragsstarken Fremdenverkehrsregionen können die betreffenden Frauen zumeist nur zwischen Branchen wählen, deren Lohnniveau unterdurchschnittlich ist.

In größeren Städten eröffnet das breitere Branchenspektrum an Arbeitgeberbetrie­ben auch die Chance, bei der Besetzung von Vakanzen von einem Unternehmen berücksichtigt zu werden, das einer »Hochlohnbranche« angehört (und dennoch wird es sich wieder um einen »Frauenarbeitsplatz« handeln, wenn es um die Entlohnung geht).

Die Höhe des Einkommens hängt von verschiedenen Faktoren ab; einer davon ist das Ausmaß der Beschäftigungsintegration, die eine Person erreicht. Zu den »We­nigverdienenden« zählen Frauen und Männer mit geringen Wochenarbeitszeiten ebenso wie solche, deren Beschäftigungskarrieren durch Arbeitslosigkeit oder Pe­rioden der Erwerbslosigkeit unterbrochen werden.

Eine Gewichtung der aus der Längsschnittuntersuchung gewonnenen Daten zur Ein­kommensentwicklung der Berufseinsteigenden aus dem Jahr 1987 ergibt für das Jahr 2006 folgende Ursachenaufteilung:

         Rund 56,9% der Jahreseinkommensdifferenz (von 37,6%) zwischen Frauen und Männern sind auf unterschiedliche Berufsstartchancen zurückzuführen.

         Die Verteilung der Frauen auf die einzelnen Branchen bewirkt 0,7% der Jahres­einkommensdifferenz.

         Unterschiedliche Aufstiegschancen von Frauen und Männern machen 14,7% des (Jahres-)Einkommensunterschiedes aus.

         Rund 27,7% der Jahreseinkommensdifferenz sind darauf zurückzuführen, dass Frauen im Laufe ihrer Berufskarriere Kinder zu betreuen haben. Eine Kompo­nentenzerlegung der Monatseinkommensdifferenz und der Stundenlohndifferenz ergibt ein analoges Bild: Der Berufsstart spielt die größte Rolle für die unter­schiedlichen Einkommen von Frauen und Männern. Bereits die Einstiegsentloh­nung der jungen Frauen liegt deutlich hinter den Einstiegseinkommen der jun­gen Männer zurück.

 

Der berufliche (bzw. finanzielle) Aufstieg erfolgt für Frauen spürbar langsamer als für Männer (ausgehend von einem deutlich geringeren Starteinkommen).

Kinderbetreuungspflichten tragen zu mehr als einem Viertel zur Einkommensdiffe­renz bei – auch was den Stundenlohnunterschied betrifft.

Der Einkommensnachteil von Müttern ergibt sich demnach nicht nur aus geringeren Arbeitszeiten, sondern zu einem Großteil daraus, dass sie für weniger qualifizierte Tätigkeiten eingesetzt (und entsprechend schlechter entlohnt) werden.

Die Verteilung der Frauen und Männer auf Branchen hat so gut wie keinen Effekt auf den Einkommensunterschied.“

 

Zu Frage 3:

Ø  Was werden Sie dagegen unternehmen?

 

Wesentliche Voraussetzung für politische Arbeit sind Zahlen, Daten und Fakten. Sie bilden die Grundlage für eine zielgerichtete Planung, die auf die Absicherung von Maßnahmen und Vorhaben zur Erreichung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern abzielen muss. Der von mir vor Kurzem veröffentlichte Gender Index soll einen Beitrag zur Verringerung der Ungleichheiten von Frauen gegenüber Männern leisten. Anhand konkreter aktueller Daten zum Anteil der Frauen in ihren Lebensbereichen - von der Demografie über Bildung bis zur Erwerbstätigkeit – wird z.B. deutlich, dass im Bereich Lehre der Frauenanteil in den Sparten Handel und Tourismus/Freizeitwirtschaft überwiegt, während der Männeranteil in den Sparten Industrie und Gewerbe/Handwerk höher liegt. Der „Gender-Index“ soll jedes Jahr in aktualisierter Form unter www.frauen.bka.gv.at zur Verfügung gestellt werden.

 

Wie bereits in meiner Antwort zu Frage 1 dargestellt, ist ein wichtiges strategisches Ziel des im Juni 2010 veröffentlichten Nationalen Aktionsplans zur Gleichstellung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt, die Einkommensschere zwischen Frauen und Männern zu schließen.

 

Fortschritte bei der Erreichung der anderen drei Ziele, wie die Diversifizierung von Ausbildungswegen und Berufswahl, die Erhöhung der Erwerbsbeteiligung und der Vollzeitbeschäftigung von Frauen sowie die Erhöhung des Frauenanteils in Füh­rungspositionen tragen ebenfalls dazu bei, die geschlechtsspezifische Lohnschere zu verringern.

 

Mit der Einführung des einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldes für Gebur­ten ab dem 01.10.09 und dem Ausbau des Angebots an Kinderbetreuungsplätzen wurden bereits wichtige Schritte unternommen.

 

Weitere wichtige Maßnahmen, die bereits umgesetzt bzw. gestartet wurden:

         Informationsoffensive für mehr Väterkarenz in der Wirtschaft und zur Ermuti­gung von Vätern, in Karenz zu gehen („Papamonat“ im öffentlichen Dienst seit 1. Jänner 2011). Ziel: Erhöhung des Männeranteils in Elternkarenz auf 20% bis 2020

         Zur Erhöhung der Einkommenstransparenz: Verpflichtende Einkommensberich­te für Unternehmen mittels Stufenplan ab 1. März 2011. In einem ersten Schritt müssen Unternehmen mit mehr als 1.000 MitarbeiterInnen ab 2011 einen Ein­kommensbericht erstellen, ab 2012 bereits alle Unternehmen mit mehr als 500 MitarbeiterInnen.

         In Stelleninseraten und -ausschreibungen müssen in Zukunft der kollektivver­tragliche Mindestlohn und gegebenenfalls die Möglichkeit der Überzahlung an­gegeben werden. Wird dagegen verstoßen, drohen beim 1. Mal eine Verwar­nung durch die Bezirksverwaltungsbehörde und bei weiteren Verstößen Geld­strafen bis zu € 360.

         Am 3. Oktober 2011, wurde ein neues Online-Tool, der Gehaltsrech­ner, präsentiert. Unter www.gehaltsrechner.gv.at  haben nun alle Frauen  - wie auch Männern - damit ein neues Instrument in der Hand. Sie können im Internet ganz einfach und in vier Schritten herausfinden, wie viel sie durchschnittlich für einen bestimmten Job in einer Branche verdienen sollten.

         Beschluss der Bundesregierung zur Einführung einer Frauenquote für die Auf­sichtsräte staatsnaher Unternehmen (mind. 50% Bundesbeteiligung). Bis 2013 sollen 25% und bis 2018 35% der Aufsichtsratsmitglieder, die der Bund entsen­det, Frauen sein.

 

Zu Frage 4:

Ø  Wie kann der Anteil von Frauen in Führungspositionen im Tourismus erhöht wer­den?

 

„Die personalwirtschaftlichen Verhaltensweisen der Betriebe sind die wichtigste Be­stimmungsgröße für die Startpositionen und Aufstiegschancen berufstätiger Frauen und Männer; sie sind daher auch dafür verantwortlich, dass Männer mit einem Vor­sprung starten und Frauen in Hinblick auf den innerbetrieblichen Aufstieg mit »Ge­genwind« konfrontiert sind.

Besonders wirksam (wenn auch nicht alleinig ausreichend) erscheinen in diesem Zu­sammenhang »Frauenquoten« in allen Bereichen des Berufslebens. Denn Gleich­stellung als Resultat von Gleichbehandlung lässt sich nur anhand einer beobachteten Teilhabe der Frauen (eben der »Frauenquote«) feststellen.“

 

(Zitat aus dem weiter oben genannten Forschungsbericht „Geschlechtsspezifische Einkommensunterschiede: Indikatoren für ein Monitoring“ (2008))

 

Zum Beispiel können Selbstverpflichtungen von Unternehmen zur Einführung von Frauenquoten zur Stei­gerung des Frauenanteils in Führungspositionen wesentlich dazu beitragen, mehr Frauen auch in Führungspositionen in Tourismusbetriebe zu bekommen.

 

Zu den Fragen 5 bis 7:

Ø  Liegen bereits erste Ergebnisse aus dem im Sommer 2010 gestarteten Pilot­projekt „Eltern im Tourismus“ vor bzw. zeichnen sich diesbezüglich erste Erfolge ab?

Ø  Wenn ja, wie sehen diese Resultate aus?

Ø  Wenn nein, warum nicht und wann ist damit zu rechnen?

 

Angebote bedarfsorientierter Kinderbetreuung sind für mich von zentraler Bedeutung. Daher begrüße ich auch das von Ihnen angesprochene Tiroler EU-Projekt „ProFit, Pro Familie im Tourismus“, das auf eine Ausweitung von Kinderbetreuungsangebo­ten, die an die Bedürfnisse von im Tourismus arbeitenden Eltern angepasst sind, ab­zielt.


Mir wurde berichtet, dass sich das Projekt bestens bewährt und bereits zahlreiche Kinder von in der Tourismusbranche beschäftigten Eltern betreut werden konnten.

Da das Projekt im Mai 2010 mit einer Laufzeit von 3 Jahren eingerichtet wurde, gehe ich davon aus, dass darüber hinaus derzeit noch keine aussagekräftigen Ergebnisse vorliegen.

 

Nähere Auskünfte wären jedoch – da es sich um ein regionales Projekt aus dem Be­zirk Landeck handelt –  von den entsprechenden Fördergebern, einzuholen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen