10688/AB XXIV. GP

Eingelangt am 27.04.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

BMJ-Pr7000/0068-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

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1070 Wien

 

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Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

Zur Zahl 10785/J-NR/2012

Der Abgeordnete zum Nationalrat Leopold Mayerhofer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Causa Ranovsky – Missstände in der Justiz“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1, 2, 10 und 11:

Die Anzeige langte bei der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt am 24. September 2010 ein und wurde am 27. September 2010 gemäß § 20a Abs. 1 Z 1 StPO (aF) an die damalige Korruptionsstaatsanwaltschaft abgetreten, wo sie zu AZ 4 St 194/10i erfasst wurde. Die Korruptionsstaatsanwaltschaft hat das Verfahren jedoch umgehend gemäß § 28a Abs. 2 StPO (aF) an die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt (rück)übertragen, weil ein besonderes öffentliches Interesse wegen der Bedeutung der Straftat oder der Person der Beschuldigten nicht angenommen wurde. Ein Grund für ein amtswegiges Vorgehen der Oberstaatsanwaltschaft nach § 28 StPO wurde nicht gefunden.

 


Zu 3 bis 9:

Diese Rückabtretung wurde von dem nach der damals geltenden Geschäftseinteilung zuständigen Sachbearbeiter der Korruptionsstaatsanwaltschaft verfügt, wobei es sich dabei nicht um den in der Anfrage genannten Staatsanwalt Dr. G.D. handelte.

Mangels eines aus der Anfrage erkennbaren Zusammenhangs mit der hier zur Sprache gebrachten Causa ersuche ich um Verständnis, dass ich von der Beantwortung der diesen Staatsanwalt persönlich betreffenden Fragen Abstand nehmen muss.

Zu 12 und 13:

Nach der Bestimmung des § 20a Abs. 1 Z 1 StPO idF BGBl. I 2009/98 oblag der Korruptions­staatsanwaltschaft im hier relevanten Zeitraum für das gesamte Bundesgebiet unter anderem auch wegen des Verbrechens des Missbrauchs der Amtsgewalt nach § 302 StGB die Leitung des Ermittlungsverfahrens, dessen Beendigung im Sinne des 10. und 11. Hauptstückes sowie die Einbringung der Anklage und deren Vertretung im Hauptverfahren und im Verfahren vor dem Oberlandesgericht. Diese Bestimmung ist jedoch untrennbar mit der Bestimmung des § 28a Abs. 2 StPO in der damals geltenden Fassung zu sehen, wonach die Korruptionsstaats­anwaltschaft das Verfahren an die sonst nach den Bestimmungen der §§ 25 und 26 StPO zuständige Staatsanwaltschaft übertragen kann, wenn mit Blick auf die Bedeutung der Straftat oder die Person des Beschuldigten kein besonderes öffentliches Interesse an der Straf­verfolgung besteht.

Zu 14:

Die Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt hat nach dem mir vorliegenden Bericht sämtliche bezug­habende, im Zusammenhang mit dem Pflegschaftsverfahren des Bezirksgerichtes Mödling stehende Akten des genannten Bezirksgerichtes sowie des Landesgerichtes Wr. Neustadt beigeschafft, eingesehen und die zur Bearbeitung des angezeigten Sach­verhalts verfahrensrelevanten Kopien hergestellt, wobei der Beurteilung überdies die umfang­reichen Eingaben der Anzeiger zu Grunde gelegt wurden.

Zu 15 bis 17:

Gemäß § 47 StPO ist jedes Organ der Staatsanwaltschaft verpflichtet, sich der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen, wenn einer der in Abs. 1 dieser Bestimmung genannten Gründe vorliegt. Nach den mir vorliegenden Informationen lassen sich jedoch weder aus dem Akt noch aus dem Geschäftsbehelf irgendwelche Anhaltspunkte für eine allfällige Befangenheit der mit diesem Fall befassten Justizmitarbeiter bzw. für eine unsachliche Bearbeitung des Verfahrens entnehmen, weshalb ich um Ver­ständnis ersuche, dass von der Beantwortung dieser personenbezogenen Fragen Abstand genommen wird.

 


Zu 18 bis 21:

Die in der Anfrage erwähnte Eingabe vom 24. Mai 2011 wurde auf Grund des darin explizit zum Ausdruck gebrachten Anzeigewillens von der für Einzelstrafsachen zuständigen Fachabteilung meines Hauses am 30. Mai 2011 an die Oberstaatsanwaltschaft Wien weiter­geleitet. Das sodann von der Staatsanwaltschaft Eisenstadt eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde am 19. Juli 2011 gemäß § 190 Z 1 StPO eingestellt. Eine weitere Eingabe an das Bundesministerium für Justiz vom 14. Juli 2011, mit der sich die Einschreiter nach dem Stand der Bearbeitung ihrer Strafanzeige erkundigten, wurde unter Abgabenachricht ebenfalls an die Oberstaatsanwaltschaft Wien weitergeleitet.

Zu 22 bis 27:

Die familienrechtliche Fachabteilung hat beiden Einschreitern mehrmals auf deren Eingaben geantwortet, zuletzt etwa am 13. Jänner 2011, am 10. Februar 2011, am 12. April 2011 und am 8. Juni 2011. In den Schreiben wurden sie über das laufende Legislativprojekt einer Reform des Obsorge- und Besuchsrechts informiert sowie darüber in Kenntnis gesetzt, dass die von ihnen kritisierten pflegschaftsgerichtlichen Entscheidungen Akte der unabhängigen Rechtsprechung darstellen und somit der Überprüfung oder gar Abänderung durch das Bundesministerium für Justiz entzogen sind.

Dem Bundesministerium für Justiz kommt gemäß § 4 Abs. 2 BMG unter anderem die Aufgabe zu, Missstände, die es bei Ausübung der Dienstaufsicht feststellt, mit den ihn gesetzlich zu Gebote stehenden Mitteln unverzüglich abzustellen. Unter Dienstaufsicht ist die generelle Kontrolle der Aufgabenerfüllung unter Bedachtnahme auf die festgelegten Ziele sowie die Überwachung der Einhaltung der allgemeinen Dienstpflichten zu verstehen.

Wird dem Bundesministerium für Justiz ein Sachverhalt zur Kenntnis gebracht, der Anlass gibt, dienstaufsichtsbehördliche Erhebungen in die Wege zu leiten, so wird in Wahrnehmung der in § 4 Abs. 2 BMG normierten Pflichten in der Regel der Präsident des zuständigen Oberlandesgerichts mit diesen betraut und ersucht, über die Ergebnisse seiner Erhebungen sowie allenfalls getroffene oder in Aussicht genommene Maßnahmen der Dienstaufsicht zu berichten. Sofern jedoch mit einer Beschwerde eine inhaltliche Kontrolle der Aufgabenerfüllung bezweckt wird, werden damit keine Fragen der Dienstaufsicht angesprochen, sondern vielmehr Themen, die auf Grund des in der österreichischen Bundesverfassung verankerten Prinzips der Trennung von Verwaltung und Rechtsprechung nur im Rechtsmittelweg überprüfbar sind.

Wien,      . April 2012

 

 

Dr. Beatrix Karl