10957/AB XXIV. GP

Eingelangt am 22.05.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 11090/J vom 22. März 2012 der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Das Problem des „Karussellbetrugs bei der Umsatzsteuer“ ist dem Bundesministerium für Finanzen bekannt. Karussellbetrug ist auch immer wieder Thema von internationalen Veranstaltungen in der Europäischen Union und ist auch ein Unterarbeitsgebiet bei Europol.

 

Zu 2. bis 4.:

Der Entgang an Steuereinnahmen aus dem Titel Karussellbetrug kann nur an Hand aufgeklärter Fälle seriös ermittelt werden. Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt folgendes Bild:

Jahr

2008

2009

2010

2011

Ergebnis

  67.162.530

  67.911.269

  45.997.524

  106.388.790

 

Die Bandbreite der Ergebnisse ist u.a. auch darauf zurückzuführen, dass Ermittlungen in Karussellbetrugsfällen auf Grund der internationalen Verflechtungen und des Erfordernisses, Informationen von anderen Steuerverwaltungen einzuholen, über einen längeren Zeitraum

laufen und das Ergebnis im Jahr des Prüfungsabschlusses erfasst wird. Die Steuerausfälle sind im EU-Vergleich als verschwindend gering anzusehen. Zurückzuführen ist dies zu einem guten Teil auf die stark auf Prävention ausgerichtete Vorgehensweise der österreichischen Steuerverwaltung. Demnach werden bei vielen Neugründungen von Unternehmen risikoorientiert Antrittsbesuche vorgenommen und, soweit Verdachtsmomente nicht völlig ausgeräumt werden können, wird die Maßnahme einer present observation gesetzt, also eine weitere Beobachtung des Unternehmens, verbunden auch mit weiteren Nachschauen. Die internationale Zusammenarbeit wurde besonders intensiviert im Wege des Austausches von spontanen Risikoinformationen und multilateraler Kontrollen, das bedeutet die gleichzeitige Kontrolle von Unternehmen in einer Lieferkette durch verschiedene Steuerverwaltungen.

 

Zu 5.und 6.:

Dieses ist dem Bundesministerium für Finanzen bekannt.

 

Zu 7. bis 9.:

Eine Verpflichtung der Unternehmen, das "Überrechnungsmodell" anzuwenden, erscheint mit der MWSt-System-Richtlinie (RL 2006/112/EG) nicht vereinbar. Bislang war es daher nicht erforderlich, die möglichen Kosten für den Einsatz des vorgeschlagenen Systems zu ermitteln.

 

Zu 10.:

Von Seiten der zuständigen IT-Abteilung gibt es mangels rechtlicher Grundlagen bislang weder Überlegungen noch Vorarbeiten, die sich mit der technischen Umsetzung des vorgeschlagenen Systems beschäftigen.

 

Zu 11. bis 13.:

Die Europäische Kommission (EK) hat Ende 2010 ihr Grünbuch betreffend "Zukunft der Mehrwertsteuer – hin zu einem einfacheren, solideren und effizienteren Mehrwertsteuer-system" veröffentlicht (KOM(2010) 695 vom 1. Dezember 2010). In diesem widmet sie sich im Kapitel "Ein robusteres MWSt-System" auch der Thematik "Überprüfung der MWSt-Erhebung". Die EK zeigt darin in Zusammenhang mit der Betrugsbekämpfung Lösungs-möglichkeiten auf, wie die Erhebung der Mehrwertsteuer (MWSt) mit Hilfe moderner Technologien verbessert und vereinfacht werden kann.

 

Nachdem das Grünbuch einer umfassenden Konsultation unterzogen wurde, stellte die EK in ihrer Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat Ende 2011 fest (KOM(2011) 851 vom 6. Dezember 2011), dass sie die Umsetzbarkeit des Modells für aufgeteilte Zahlungen und dessen Ausgestaltung weiter analysieren wird. Weiters strebt die EK einen gemeinsamen Ansatz zum Data-Warehouse-Modell auf EU-Ebene an, um dessen Umsetzung zu optimieren. Unter der dänischen EU-Ratspräsidentschaft sollen Schlussfolgerungen des Rates zur Zukunft der MWSt im ECOFIN behandelt werden, wonach die Betrugsresistenz des derzeitigen MWSt-Rechts verbessert werden muss, und zwar unter Berücksichtigung der neuen technologischen Entwicklungen. Weiters wird die EK vom ECOFIN-Rat bei ihren Bestrebungen, die Möglichkeiten neuer MWSt-Einhebungsmethoden zu analysieren, unterstützt.

 

Österreich hat bereits in der Vergangenheit zahlreiche Maßnahmen zur Bekämpfung des "Karussellbetruges" gesetzt. Erwähnt seien nur die Einführung von Reverse-Charge bei Schrottumsätzen, bei Emissionszertifikaten oder bei Mobiltelefonen sowie die Haftung des Leistungsempfängers bei die Umsatzsteuer betreffenden Finanzvergehen des leistenden Unternehmers. Österreich wird auch weiterhin jeden Ansatz unterstützen, der dazu führt, die betrugsanfälligen Umsatzsteuer-Zahlungsflüsse aus der Unternehmerkette zu eliminieren.
Zu berücksichtigen sind dabei allerdings die Befolgungskosten für die Unternehmer und die Vermeidung des Entstehens neuer Betrugsszenarien.