12343/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.11.2012
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                            Wien, am 6. November 2012

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.101/0294-IM/a/2012

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 12554/J betreffend „Geheimverhandlungen des "Comprehensive Economic und Trade Agreement" - CETA mit Kanada“, welche die Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen am 11. September 2012 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu den Punkten 1 bis 18 der Anfrage:

 

Das Mandat für die Europäische Kommission (EK) zur Aufnahme von Verhandlungen über ein "Comprehensive Economic and Trade Agreement– CETA mit Kanada" wurde am 27. April 2009 als A-Punkt vom Rat der Europäischen Union angenommen. Die substantiellen Vorbereitungsarbeiten dazu erfolgten im Rahmen der damaligen EU-Ratsarbeitsgruppe gemäß Artikel 133 sowie in der Ratsarbeitsgruppe "Transatlantische Beziehungen".

 

Für die Verhandlungsaufnahme sprachen wirtschaftliche sowie politische Überlegungen. Das Abkommen soll bekanntlich Bestimmungen über den Handel und handelsbezogene Bereiche enthalten und zu einer allgemeinen Intensivierung der gegenseitigen Wirtschaftsbeziehungen führen. Dabei werden auch Bestimmungen über den Schutz geistiger Eigentumsrechte (IPR) angestrebt, weil weltweit immer häufiger auftretende Verletzungen der IPR schon heute zu gefährlichen Fälschungen führen und damit ernsthafte Gefahren für den Konsumentenschutz und die öffentliche Gesundheit bedeuten; gleichzeitig führen sie zum Verlust qualifizierter Jobs sowie von Steuereinnahmen. Die EU als bedeutender Standort für Qualitäts- und Markenprodukte und innovative Industrien hat daher größtes Interesse daran, dass die Durchsetzung von IPR international verbessert wird; nicht zuletzt auch, um ihre Wettbewerbsfähigkeit gegenüber Drittländern sicherzustellen.

 

Bei den Verhandlungen vertritt allgemein die EK die EU-Mitgliedstaaten; bei den Verhandlungen über allfällige strafrechtliche Bestimmungen im Zusammenhang mit IPR-Verletzungen führt die jeweilige EU-Präsidentschaft - im Namen der Mitgliedstaaten - die Verhandlungen in Abstimmung mit der EK. Damit wird Österreich wie die anderen EU-Mitgliedstaaten durch die EK vertreten; für die vor dem Vertrag von Lissabon noch in ausschließlicher Zuständigkeit der Mitgliedstaaten liegenden Bereiche, hier strafrechtliche Bestimmungen, von der EU-Präsident-schaft.

 

Über den Verhandlungsverlauf wurde und wird im Rahmen des EU-Ratsaus-schusses für Handelspolitik (früher EU-Ausschusses nach Art. 133) in Brüssel beraten. Daher erfolgte die interministerielle Abstimmung im Rahmen der dafür üblichen Koordination, in die neben allen betroffenen Ministerien auch die Interessensvertretungen eingebunden sind. Das österreichische Parlament wird über die Beratungen im Rahmen des Ausschusses regelmäßig durch die Übermittlung der Tagungsberichte informiert. Die im Rahmen der Koordinierung der österreichischen Haltung für den EU-Ratsausschuss Handelspolitik erarbeiteten Positionen wurden jeweils in Brüssel in die Diskussionen eingebracht und sind in die EU-Positionen eingeflossen. Die innerösterreichische Koordinierung für diese Ratsarbeitsgruppen fällt in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend. Die Koordinierung der Arbeiten betreffend allfällige strafrechtliche Bestimmungen ressortiert zum Bundesministerium für Justiz.


Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend ist somit für die innerösterreichische Gesamtkoordination betreffend CETA federführend zuständig. Beim Bundesministerium für Justiz liegt die fachliche Zuständigkeit betreffend "strafrechtliche Durchsetzung", "zivilrechtliche Durchsetzung" und Urheberrecht (dies auch im digitalen Umfeld). "Grenzmaßnahmen" ressortieren inhaltlich zum Bundesministerium für Finanzen. Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie ist zuständig für Marken- und Patentrecht sowie den Schutz geographischer Herkunftsbezeichnungen.

 

Die Verhandlungen sind bereits weit fortgeschritten. Ziel der EK ist es derzeit, sie nach Möglichkeit bis Ende 2012 abzuschließen, wobei jedoch der Substanz gegenüber Zeithorizonten Priorität eingeräumt wird.

 

Die Entscheidung über die Unterzeichnung von CETA muss vom Rat der Europäischen Union angenommen werden. Der nächste Schritt auf europäischer Ebene ist die Diskussion im Europäischen Parlament (EP) in Vorbereitung der Ratifikation, welches allerdings auch schon während der Verhandlungen laufend von der EK informiert wird.

 

Die Genehmigung durch das österreichische Parlament und die Ratifikation seitens der EU-Mitgliedstaaten ist voraussichtlich ebenfalls erforderlich, da es sich - soweit derzeit absehbar - um ein gemischtes Abkommen handeln wird. Die Ministerratsvorträge bezüglich der Unterzeichnung sowie betreffend die Ratifikation des Abkommens werden vom dafür zuständigen Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten einzubringen sein.

 

Die für die Europäische Union verhandlungsführende EK strebt für den Bereich des geistigen Eigentums Lösungen an, die nicht über den gemeinsamen Besitzstand bzw. das Abkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums - Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights (TRIPS), Anhang 1C zum WTO-Abkommen, das von Österreich ratifiziert wurde (BGBl Nr. 1/1995), hinausgehen.

 

Für Österreich sind jedenfalls der EU-Acquis und die Absicherung des rechtlichen Besitzstands der EU und ihrer Mitgliedstaaten Basis für EU-Verhandlungsziele.


Wie auch diesbezüglichen Informationen der EK zu entnehmen ist, sind die Textentwürfe zum IPR-Kapitel vom Februar 2012 überholt. Bei der Verhandlung des IPR-Kapitels wird der Entscheidung des EP zum ACTA-Abkommen Rechnung getragen. Da die Verhandlungen im Gange sind, gibt es laufend neue Textelemente bzw. Vorschläge, zu denen auch öffentlich zugängliche Informationen zur Verfügung stehen. Zu verweisen ist etwa auf den Link:

http://trade.ec.europa.eu/doclib/docs/2012/august/tradoc_149866.pdf

 

Mein Ressort ist um größtmögliche Transparenz betreffend die CETA-Verhand-lungen bemüht. Die Einbindung der betroffenen Stellen und die laufenden Informationen des österreichischen Parlaments durch mein Haus sowie des EP durch die EK wurden bereits dargestellt.