13745/AB XXIV. GP

Eingelangt am 18.04.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                        Wien, am       April 2013

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0084-I/4/2013

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 14002/J vom 18. Februar 2013 der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Die in der vorliegenden schriftlichen parlamentarischen Anfrage zitierten Zahlen entstammen der OECD Publikation „Taxing wages 2011“ und stellen den Fall eines alleinstehenden Durchschnittsverdieners ohne Kinder dar. Damit ist die implizierte Pauschalaussage, dass diese Belastung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelte, nicht zulässig.

 

Unbestritten ist allerdings, dass in Österreich die Belastung des Faktors Arbeit über dem OECD-Schnitt liegt. Dieser Umstand wird im Rahmen einer umfassenden Steuerstrukturreform mit dem Ziel, ein wachstumsfreundliches, leistungsgerechteres und faires System zur Entlastung von Arbeit und Familie zu schaffen, zu adressieren sein.


Zu 2.:

Die nominellen Lohnstückkosten stiegen in Österreich im Zeitraum 2002-2012 jährlich um durchschnittlich 1,6% und damit gleich „schnell“ wie in der Eurozone insgesamt. Maßgeblich dafür war eine moderate Lohnentwicklung im Einklang mit dem Produktivitätszuwachs. Für die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft sind neben der preislichen Komponente aber auch nicht preisliche Faktoren wie etwa die Produktqualität, Einzigartigkeit, Innovationskraft oder die Infrastruktur entscheidend. Insgesamt weist Österreich seit Jahren eine hohe Konkurrenzfähigkeit auf, dies spiegelt sich etwa in gestiegenen Exportquoten und einem durchschnittlichen Leistungsbilanzüberschuss seit 2002 von 2,7% des BIP wider.

 

Für die Entwicklung der Lohnstückkosten sind die Parameter „Lohnkosten je Arbeitnehmer“ und „Arbeitsproduktivität“ (i.e. BIP pro Beschäftigtem) maßgeblich. Die Einflussmöglichkeit der Wirtschaftspolitik besteht vor allem darin, Steuern und Abgaben wachstumsfreundlich zu gestalten, die Anpassungsfähigkeit einer Volkswirtschaft zu erhöhen und insgesamt ein wachstums- und produktivitätsförderndes Umfeld zu schaffen. Konkrete Lohnentwicklungen und das Arbeitsumfeld werden von den Sozialpartnern bestimmt.

 

Zu 3. und 6.:

In der wirtschaftspolitischen Strategie der österreichischen Bundesregierung nehmen die Standortpolitik und der Ausbau der Wettbewerbsfähigkeit einen wesentlichen Stellenwert ein: Neben der konsequenten Stabilisierung der öffentlichen Finanzen – für 2016 ist ein ausgeglichenes Budget geplant und die Schuldenquote soll bis 2020 auf 60% gesenkt werden – werden Offensivmaßnahmen in den Bereichen Bildung, Universitäten, Wissenschaft und Forschung fortgesetzt. Zusätzlich wird laufend die Attraktivität des Arbeitsmarktes erhöht (etwa Ausbau der Kinderbetreuung, Rot-Weiß-Rot Card, Arbeitsmarktoffensive) und das Unternehmensumfeld ständig verbessert (etwa Unternehmensserviceportal, Jungunternehmeroffensive).

 

Auch in der österreichischen Steuerpolitik wird stets das Ziel im Auge behalten, beschäftigungs- und wachstumsfreundliche Maßnahmen im Steuerrecht umzusetzen. So stellt bei jeder Umsetzung von steuerlichen Maßnahmen die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Wirtschaft einen wichtigen Faktor dar. Es gilt dabei stets eine Abwägung zu treffen und Maßnahmen zu ergreifen, die das Steueraufkommen sichern und gleichzeitig die österreichische Wirtschaft nicht nachhaltig benachteiligen.


Wenn in der vorliegenden schriftlichen parlamentarischen Anfrage selbst die Vorreiterrolle Österreichs anerkannt wird, so ist das für das Bundesministerium für Finanzen so zu sehen, dass an der Richtigkeit des eingeschlagenen Weges kein Zweifel besteht. Selbstverständlich wird daher dieser Weg fortgesetzt und an weiteren Verbesserungen wie der Entlastung von Arbeit und Familie gearbeitet.

 

Zu 4.:

In Deutschland wurden Lohnsteigerungen unterhalb der Produktivitätsentwicklung realisiert: Zwischen 2002 und 2012 stiegen die nominellen Löhne pro Beschäftigtem jährlich durchschnittlich um 1,4%, das nominelle BIP pro Beschäftigtem hingegen um 1,6%. Dies war notwendig, damit Deutschland seine Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten wiederherstellte, welche gerade zu Beginn des neuen Jahrtausends unter Druck gekommen war. Nun gilt es aber auch, gleichzeitig mit der Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit auf den internationalen Märkten auch Reformen umzusetzen, welche Binnennachfrage und vor allem die heimischen Investitionen stärken.

 

Zu 5.:

Eine Prognose, dass das österreichische Potentialwachstum 2014 bei 1,3% liegen wird, entspricht jener der Europäischen Kommission. Damit wird der Schnitt der Eurozone (0,6%) übertroffen und in etwa der Wert Deutschlands (1,4%) erreicht. Wachstumsraten über 2% werden nur europäischen Volkswirtschaften im Aufholprozess attestiert.

 

Das Potentialwachstum ist eine nicht direkt beobachtbare makroökonomische Größe und basiert demnach stark auf Annahmen über die Verfügbarkeit der Produktionsfaktoren Arbeit, Kapital und technologischer Fortschritt. Die wirtschaftspolitische Strategie der österreichischen Bundesregierung sieht eine Stärkung des Potentialwachstums über ein höheres Beschäftigungspotential, mehr Innovation, ein qualifiziertes Arbeitsangebot und stabile Finanzmärkte vor.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Dr. Maria Fekter eh.