14426/AB XXIV. GP

Eingelangt am 15.07.2013
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BM für Wirtschaft, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

 

 

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara PRAMMER

Parlament

1017 Wien

 

 

                                                                                            Wien, am 10. Juli 2013

 

                                                                                            Geschäftszahl:

                                                                          BMWFJ-10.101/0142-IM/a/2013

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 14737/J betreffend „Lehrabschlussprüfungen 2012“, welche die Abgeordneten Mag. Roman
Haider, Kolleginnen und Kollegen am 16. Mai 2013 an mich richteten, stelle ich fest:

 

 

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

 

Der Prozentsatz der positiv abgelegten Lehrabschlussprüfungen betrug im Jahr 1970 80,8 %, im Jahr 2000 84,3 %, im Jahr 2008 82,8 %, im Jahr 2009 82,5 %, im Jahr 2010 82,6 %, im Jahr 2011 82,5 % und im Jahr 2012 82,1 %.

 

Grundgesamtheit dieser Statistik sind alle im jeweiligen Jahr abgelegten Lehrabschlussprüfungen. Eine differenzierte Auswertung nach Lehrlingen, welche die Lehrzeit beendet haben, und Prüfungsantritten zeigt folgendes Bild: Der Anteil der Personen, die im Jahr 2011 die Lehrzeit regulär beendet haben und bis Ende 2012 - also bis zum Ende des Folgejahres - auch nach wiederholtem Antreten keinen positiven Prüfungserfolg aufweisen, liegt bei 5,1 %. Weitere 6,6 % der Absolvent/inn/en sind nicht zur Lehrabschlussprüfung angetreten. Somit haben von allen Lehrabsolvent/inn/en des Jahres 2011 bis Ende 2012 88,3 % eine positive Lehrabschlussprüfung erreicht.

 

Die Statistik zeigt auch, dass die überbetriebliche Lehrausbildung aufgrund der schwierigeren Zielgruppe prozentuell schlechter abschneidet. Hier haben rund 10 % nicht bestanden und sind rund 20 % nicht zur Lehrabschlussprüfung angetreten.

 

Im Ergebnis hat sich der durchschnittliche Prüfungserfolg bei den Lehrabschlussprüfungen daher nicht substantiell verschlechtert. Allerdings verbleiben rund 10 % der Lehrlinge, die die Lehre nicht mit der Lehrabschlussprüfung abschließen. Flächendeckende Erhebungen zu den Ursachen für die Prüfungserfolge liegen nicht vor; die Bildungskarrieren sind im Einzelnen sehr unterschiedlich. Unstrittig ist allerdings, dass in letzten Jahrzehnten einerseits die Ausbildungsanforderungen in der Fachkräfteausbildung gestiegen sind und andererseits eine Zunahme von Jugendlichen mit Lernschwierigkeiten feststellbar ist.

 

 

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

 

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend arbeitet gemeinsam mit den inhaltlich involvierten Ressorts Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz sowie den Sozialpartnern laufend an Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der Ausbildung und zur Verbesserung der Qualität des dualen Systems:

 

1.     Förderarten in der betrieblichen Lehrstellenförderung

Im Rahmen der betrieblichen Lehrstellenförderung gemäß Berufsausbildungsgesetz bestehen folgende Fördermaßnahmen zur Unterstützung der Ausbildungsbetriebe: Förderung von Vorbereitungskursen auf die Lehrabschlussprüfung, finanzielle Abgeltung von betrieblichen Kosten bei Wiederholung einer Berufsschulklasse (zwecks Abschluss der Berufsschule), Nachhilfekurse zur Erreichung von Pflichtschulniveau in den Gegenständen Deutsch, Mathematik, lebende Fremdsprache oder Muttersprache bei Lehrlingen mit Migrationshintergrund.

 

2.     Coaching

Im Jahr 2012 wurde als zusätzliche Unterstützungsmaßnahme, vorerst in einer Pilotphase bis Ende 2013 in Wien, Oberösterreich, Tirol und der Steiermark, das Programm "Coaching für Lehrlinge und Lehrbetriebe" eingeführt. Sowohl Lehrlinge als auch Ausbilder/innen können bei Schwierigkeiten in der Ausbildung bzw. bei Lehrlingen im privaten Umfeld ein kostenloses Coaching beantragen. Ziel ist die Verringerung der Drop Out Quote und Erhöhung der Zahl positiver Abschlüsse. Das Programm wird bis Ende 2013 evaluiert.

 

3.     Maßnahmen der Sozialpartner zur Qualitätssicherung in der Lehrlingsausbildung

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend arbeitet derzeit mit den Sozialpartnern am Aufbau eines flächendeckenden Systems zur Qualitätssicherung in der betrieblichen Lehrlingsausbildung. Basierend auf laufenden differenzierten Auswertungen statistischer Daten sowie einem jährlichen Bericht zu den Antritts- und Erfolgsquoten bei Lehrabschlussprüfungen und den Drop-Out-Quoten sollen gemeinsam mit den Branchen gezielte Maßnahmen erörtert werden.

In diesem Zusammenhang ist die Ausweitung der Förderungen für Vorbereitungen auf die Lehrabschlussprüfung geplant. Damit sollen Lehrlinge ab dem kommenden Jahr Vorbereitungskurse kostenlos und unbürokratisch in Anspruch nehmen können.

 

 

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

 

Unstrittig ist, dass der Bedarf an ausgebildeten Fachkräften in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Daher sind insbesondere Maßnahmen zur Nachqualifizierung erforderlich. Mit der Novelle zum Berufsausbildungsgesetz 2011 wurde die Möglichkeit zur Anrechnung bereits teilweise erworbener Qualifikationen durch die Lehrlingsstelle und, nach entsprechender Beratung und Vorbereitung, Ergänzungsprüfung über die noch fehlenden Prüfungsteile ermöglicht.

 

Weiters wurde in der betrieblichen Lehrstellenförderung mit 1. Juni 2013 eine neue Förderart zur Erleichterung des Nachholens eines Lehrabschlusses im Erwachsenenalter eingeführt ("Lehrlingsausbildung für Erwachsene"). Unternehmen, die über 18jährigen eine Lehrlingsausbildung ermöglichen und Lehrlingsentschädigung zumindest in der Höhe des Hilfskräftelohnes bezahlen, erhalten eine Unterstützung in Höhe von drei Monatslöhnen für das erste Lehrjahr, zwei Monatslöhnen für das zweite Lehrjahr und einem Monatslohn für das dritte und vierte Lehrjahr.

 

 

Antwort zu den Punkten 4 bis 7 der Anfrage:

 

Die wesentlichsten Aktivitäten und Maßnahmen zur Sicherstellung des Fachkräftenachwuchses in Österreich stellen sich wie folgt dar:

 

1.     Einrichtung neuer und Modernisierung bestehender Lehr­berufe

Das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend arbeitet gemeinsam mit den Sozialpartnern laufend an der Modernisierung der Berufsbilder für die einzelnen Lehrberufe: Seit 2008 wurden beispielsweise zentrale technische Berufsbereiche (Metalltechnik, Elektrotechnik, Elektronik, Installations- und Gebäudetechnik, Kraftfahrzeugtechnik) grundlegend erneuert und modular gestaltet. Mit dem am 1. Juni 2013 in Kraft getretenen Lehrberufspaket erfolgte eine Modernisierung der Lehrberufe in der Speditions- sowie in der Textilbranche. Durch Einführung eines Spezialmodules für Elektromobilität wurde den neuesten technischen Entwicklungen im Bereich der KFZ-Technik Rechnung getragen.

2.     Betriebliche Lehrstellenförderung gemäß § 19c Berufsausbildungsgesetz

Die bereits angesprochene betriebliche Lehrstellenförderung umfasst insgesamt elf Förderarten (www.lehre-foerdern.at). Im Jahr 2012 betrug das insgesamt ausbezahlte Fördervolumen € 131.407.617, davon € 120.271.191 für die Basisförderung. 2012 wurden insgesamt 145.582 Förderfälle in allen Förderarten abgewickelt. Im Jahr 2013 stehen rund € 160 Mio. zur Verfügung.

3.     Neue Maßnahmen zur Steigerung der Qualität und Attraktivität der Lehrlingsausbildung:

Neben dem bereits erwähnten Programm "Coaching für Lehrlinge und Lehrbetriebe" hat das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend 2012 eine Qualitätsoffensive gestartet: Mit modernen Ausbildungsleitfäden erhalten die Ausbilder/innen in den Betrieben Unterstützung bei der Ausbildungsgestaltung und der qualitativen Vermittlung des Berufsbildes. Weiters werden die Prüfungsfragen und -beispiele für die Lehrabschlussprüfungen in allen Lehrberufen überprüft und erforderlichenfalls auf den aktuellen Stand gebracht.

4.     Lehre und Matura

Seit 1997 besteht die Möglichkeit, Lehre und Matura als Berufsreifeprüfung zu kombinieren. Mit dem 2008 eingeführten Förderprogramm können sich Lehrlinge kostenlos auf die Berufsreifeprüfung vorbereiten. Dieses wird durch die betriebliche Lehrstellenförderung ergänzt, indem Unternehmen die auf die Vorbereitungszeit aliquot entfallende Lehrlingsentschädigung ersetzt erhalten. Derzeit bereiten sich rund 10.000 Lehrlinge auf die Berufsreifeprüfung vor.

5.     Integrative Berufsausbildung (IBA)

Die integrative Berufsausbildung ermöglicht eine maßgeschneiderte Ausbildung für benachteiligte Jugendliche in Form der verlängerten Lehrzeit mit Ablegung der regulären Lehrabschlussprüfung oder in Form von Teilqualifikationen mit Ausbildungsdauer ein bis drei Jahre und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Integration von benachteiligten Jugendlichen in die berufliche Erstausbildung. Die Jugendlichen werden dabei durch die Berufsausbildungsassistent/inn/en begleitet. Derzeit befinden sich rund 5.600 Jugendliche in IBA, davon ca. 3.400 in Ausbildungsbetrieben und etwa 2.200 in überbetrieblichen Einrichtungen.