14456/AB XXIV. GP

Eingelangt am 16.07.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                             Wien, am     Juli 2013

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0159-I/4/2013

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 14734/J vom 16. Mai 2013 der Abgeordneten Mag. Roman Haider, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. bis 7. und 11.:

Ausgangslage der Reformdiskussion ist, dass der Anteil der eigenen Einnahmen der subnationalen Gebietskörperschaften in Österreich im internationalen Vergleich äußerst gering ist.

 

Die Abgabenhoheit der Länder (ohne Wien) ist niedrig.

 

Vergleichsweise besser ist die Situation bei den Gemeinden inkl. Wien. Auch wenn die Gemeinden bei der Kommunalsteuer schon kompetenzrechtlich keine Autonomie hinsichtlich der Abgabenhöhe haben und bei der Grundsteuer in den meisten Ländern de facto zur Ausschreibung des maximalen Hebesatzes gezwungen sind, haben die Gemeinden immerhin über die Benützungsgebühren einen gewissen Spielraum, vor allem kann sich hier die Effizienz der Aufgabenwahrnehmung in der Höhe der erforderlichen Gebühren widerspiegeln.

 


Um etwaige Defizite einer fehlenden Abgabenautonomie einer subnationalen Gebietskörperschaft zu vermeiden, ist es nicht erforderlich, dass diese alle Abgaben selbst erhebt, es genügt vielmehr ein Mindestmaß an Autonomie. Für das Erreichen dieses Mindestmaßes ist weniger die Höhe der eigenen Abgaben entscheidend, sondern die

Spürbarkeit, d.h. dem Steuerpflichtigen muss die Abgabenbelastung bewusst und bekannt sein und er muss einen Zusammenhang zu (allen) Ausgaben des Landes bzw. der Gemeinden herstellen können.

 

Um unerwünschte Effekte zu vermeiden, müssen bei der Diskussion aber folgende Eckpunkte beachtet werden:

 

·         Mehr Abgabenautonomie für die Länder und Gemeinden darf nicht mit einer automatischen Erhöhung der Steuerquote einhergehen, das heißt: Die Umstellung muss dadurch neutral erfolgen, dass zusätzliche Landes- und Gemeindeabgaben mit einer gleich hohen Zurücknahme bei gemeinschaftlichen Bundesabgaben einhergehen. Abgabenautonomie bringt aber definitionsgemäß mit sich, dass die Entscheidungen über Steuererhöhungen und -senkungen in weiterer Folge bei den subnationalen Gebietskörperschaften selbst liegen.

·         Das Ziel ist ein gesunder Steuerwettbewerb und die so genannte „Accountability“, also die Verantwortung der Entscheidungsträger gegenüber ihren Bürgern auch in finanzieller Hinsicht, aber kein ruinöser Steuerwettbewerb. Es sollte daher keine Autonomie bei Unternehmenssteuern (Körperschaftsteuer und Kommunalsteuer) geben.

·         Es sollte keine Autonomie bei – spürbaren – Abgaben geben, die leicht durch einen Wechsel des zuständigen Landes verringert oder vermieden werden können.

·         Eine Abgabenautonomie sollte es nur bei solchen Abgaben geben, die sich mit vertretbarem Aufwand für Steuerzahler und Administration regional abgrenzen lassen.

 

Zu 8.:

Ein zusammengefasster Finanzkraftausgleich für die Gemeinden erscheint dringend notwendig. Die derzeitige Situation, dass die Finanzkraft der einzelnen Gemeinde mit unterschiedlichsten Parametern sowohl auf Bundesebene bei den Ertragsanteilen und der Finanzzuweisung gemäß § 21 FAG 2008 als auch unkoordiniert auf Landesebene bei der Landesumlage und einer Vielzahl von landesgesetzlich vorgesehenen Kostenbeiträgen berücksichtigt wird, führt dazu, dass die tatsächlichen Auswirkungen von Finanzkraft-


änderungen, z.B. durch Mehreinnahmen aufgrund von Betriebsansiedelungen, weder für die Gemeinde noch für die Gemeindeaufsicht transparent sind. Vorschläge des Bundes-ministeriums für Finanzen in den letzten beiden Finanzausgleichsverhandlungen haben allerdings zu keinen einvernehmlichen Ergebnissen geführt, die Diskussion über eine grundsätzliche Reform des Finanzausgleichs wird aber dieses Thema jedenfalls behandeln müssen.

 

Zu 9.:

Eine Neuregelung der Abgabenhoheit über die Grundsteuer kann nur im Einvernehmen mit den Bundesländern und Kommunen im Rahmen des Finanzausgleichs vereinbart werden. Dazu bedarf es einer Übereinstimmung aller Parteien des Finanzausgleichs, Rechte und Pflichten neu zu verteilen, die sich nicht allein auf die Neuordnung der Abgabenhoheit über die Grundsteuer beschränkt.

 

Betreffend den Vorschlag, Grundsteuerbefreiungen aufzuheben, ist Folgendes zu sagen:

 

·         Die bundesrechtliche Regelung betreffend zeitlicher Grundsteuerbefreiungen für Neu-Zu-, Auf- und Einbauten begrenzt nur den zeitlichen Rahmen; die tatsächliche Ausgestaltung durch Landesgesetze liegt in der Kompetenz der einzelnen Bundesländer, die diese Möglichkeit bereits jetzt in einem sehr unterschiedlichen Umfang nutzen. So sehen etwa die Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich keine neuen zeitlichen Grundsteuerbefreiungen mehr vor, während die anderen Bundesländer die Begünstigung noch in unterschiedlicher Dauer und Ausgestaltung vorsehen. Die Aufhebung der zeitlichen Befreiung ist mit Landtagsbeschluss jederzeit möglich.

·         Ein Wegfall der durch § 2 des Grundsteuergesetzes geregelten Befreiungen würde zum Teil gegen internationale Übereinkommen verstoßen und teilweise zu unproduktivem Verwaltungsaufwand führen (z.B. Gemeinde bewertet ihre Grundstücke, die öffentlichem Dienst und Gebrauch dienen, oder Gemeindestraßen, um in der Folge dann Grundsteuer festzusetzen und an sich selbst zu bezahlen).

 

Zu 10.:

Ich bin für Reformüberlegungen und Diskussionen zum Thema Reform der Grundsteuer grundsätzlich offen. Die Sinnhaftigkeit einer solchen Reform hängt aber von der erreichbaren Neuregelung im Gesamtzusammenhang mit den übrigen Bereichen des Finanzausgleichs ab.

 

 


Zu 12.:

Eine verstärkte Abgabenautonomie der Länder darf nicht zu einem Aufbau neuer Doppel-gleisigkeiten führen, neue akkordierte Landesabgaben sollten daher jedenfalls auch von der Bundesfinanzverwaltung eingehoben werden. Beim Modell der Zuschläge zu Bundesabgaben, das sich auch wegen der einheitlichen gesetzlichen Regelung der Stammabgabe aus verwaltungstechnischer Sicht ganz besonders gut für eine verstärkte Abgabenautonomie der Länder und allenfalls auch der Gemeinden eignen würde, ist eine Einhebung durch die Bundesfinanzbehörden ohnehin von vornherein vorgesehen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen