15223/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.09.2013
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung

 

 

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 


 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0117-I/3/2013

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 10. SEP. 2013

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen

                        und Kollegen vom 15. Juli 2013, Nr. 15572/J, betreffend Schwarze Sulm

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Mag. Christiane Brunner, Kolleginnen und Kollegen vom 15. Juli 2013, Nr. 15572/J, teile ich Folgendes mit:

 

Zu Frage 1:

 

Mit dem Berufungsbescheid vom 30. November 2009 hat das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) in Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides den Antrag auf wasserrechtliche Bewilligung für das Projekt „Kraftwerk Schwarze Sulm, Ausbaustufe Teil A“ abgewiesen. Der Bau des Kraftwerks läuft öffentlichen Interessen massiv zuwider, insbesondere auch in Hinblick auf die Umsetzung der WRRL und widerspricht der erstinstanzliche Bescheid somit EU-Recht.

 

Zu den Fragen 2 und 5:

 

Das BMLFUW hat die Ansicht, dass das Wasserkraftwerk an der Schwarzen Sulm öffentlichen Interessen massiv zuwiderläuft, dem Landeshauptmann schon mehrmals mitgeteilt. Zuständige Behörde für die Durchführung des § 21a WRG Verfahrens ist allerdings der Landeshauptmann von Steiermark, der daher die Überprüfung der rechtskräftigen erstinstanzlichen Bewilligung durchzuführen hat.

 

Zu Frage 3:

 

Das Vertragsverletzungsverfahren Nr. 2013/4018 betreffend die Bewilligung des Baus eines Wasserkraftwerkes an der Schwarzen Sulm wurde mit Übermittlung eines Mahnschreibens der Europäischen Kommission gemäß Art. 258 AEUV am 26. April 2013 eingeleitet. Das Mahnschreiben sah wie üblich eine Frist von zwei Monaten zur Beantwortung vor. Nach Auskunft des Bundeskanzleramts wurde mit der Begründung eines erhöhten innerstaatlichen Koordinationsaufwandes eine Fristverlängerung beantragt, ein Vorgehen, das für dieses Verfahrensstadium bei Koordinationsbedarf keinen außergewöhnlichen Schritt darstellt. Die Europäische Kommission erstreckte daraufhin die Frist um einen Monat bis zum 26. Juli 2013. Diese Frist wurde nicht ausgeschöpft und das Antwortschreiben der Republik Österreich mit 15. Juli 2013 an die Europäische Kommission übermittelt.

 

Zu Frage 4:

 

In dem Expertengespräch hat es eine klare inhaltliche Positionierung des BMLFUW gegeben, insbesondere zu der Frage, ob eine Zustandserhebung bis 2014 notwendig sei. Der „sehr gute“ Zustand wurde bereits im erstinstanzlichen Verfahren erhoben und es liegen keine Hinweise vor, die darauf hindeuten, dass sich daran etwas geändert hat.

 

Zu den Fragen 6 und 7:

 

Der mit diesen Fragen befasste Landeshauptmann von Steiermark (Forst- und Wasserrechtsabteilung) gab bekannt, dass die Forstbehörde mit ihrer Rodungsbewilligung vom 5. Juli 2013 den aktuellen Stand der Planung genehmigt hat. Um eine wasserrechtliche Bewilligung für ein geändertes Projekt wurde bis dato nicht angesucht.

 

 

Zu den Fragen 8 und 9:

 

Der Landeshauptmann wurde aufgefordert, zu diesem Punkt Stellung zu beziehen. Mit Schreiben vom 29. Juli 2013, Zl. ABT13-OP-FG.10-20/2013-139, gab der Landeshauptmann bekannt, dass das Projekt, welches Bestandteil des Bewilligungsbescheides ist, vom Zivilingenieurbüro der Ingenieurgemeinschaft DI Anton Bilek & DI Gunther Krischner verfasst wurde. Für die Verantwortlichkeit der Pläne zeichnete Herr DI Gunther Krischner. Zur Überprüfung der Bauausführung (wasserbautechnischen Teil) wurde Herr DI Anton Bilek bestellt.

Eine verfahrensrelevante Unvereinbarkeit wird seitens des Landeshauptmannes darin nicht erblickt.

 

Zu Frage 10:

 

Dem Landeshauptmann wurde bereits ein Auftrag erteilt, eine nochmalige Überprüfung der Bewilligung durchzuführen und schon mehrmals aufgefordert, das § 21a WRG Verfahren im Interesse aller Beteiligten möglichst rasch zu einem Ende zu bringen.

 

Zu Frage 11:

 

Im Falle eines Urteils in einem Vertragsverletzungsverfahren gemäß Art. 258 AEUV, mit dem die Vertragsverletzung festgestellt wird, kann die Europäische Kommission bei Nichtausführung des Urteils ein Zwangsgeldverfahren gemäß Art. 260 Abs. 2 AEUV anschließen. In diesem seit dem Vertrag von Lissabon verkürzten Verfahren beantragt die Europäische Kommission mit Klagserhebung die Verhängung eines Zwangsgeldes und/oder Pauschalbetrags gegen den Mitgliedstaat beim Europäischen Gerichtshof.

 

Der Pauschalbetrag ist eine einmalige finanzielle Sanktion, die für die Nichtumsetzung des Urteils im Vertragsverletzungsverfahren verhängt wird. Das Zwangsgeld ist eine nach Tagsätzen berechnete Sanktion, die für den Zeitraum ab Nichtumsetzung des Zwangsgeldurteils bis zur Bereinigung der Vertragsverletzung verhängt wird.

 

Die Höhe eines im Einzelfall von der Europäischen Kommission beantragten Pauschalbetrages und/oder Zwangsgeldes ist abhängig von Schwere und Dauer des Verstoßes. Der EuGH verhängt beide sowohl alternativ als auch kumulativ und ist nicht an die Höhe des beantragten Pauschalbetrags und/oder Zwangsgeldes gebunden.

 

Zu den Fragen 12 und 13:

 

Ein Urteil des EuGH zur Zahlung eines Pauschalbetrags und/oder Zwangsgeldes richtet sich zunächst grundsätzlich an die Republik Österreich. Die Kostentragung durch die im Einzelfall betroffenen Gebietskörperschaften ist in § 3 des Finanzausgleichsgesetzes 2008 iVm. Art. 12 der Vereinbarung zwischen dem Bund und den Ländern gemäß Art. 15a B-VG über die Mitwirkungsrechte der Länder und Gemeinden in Angelegenheiten der europäischen Integration geregelt, wonach die jeweils betroffenen Länder bzw. Gemeinden zur Tragung jener Kosten verpflichtet sind, die der Republik Österreich in Zusammenhang mit Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof wegen eines EU-rechtswidrigen Verhaltens der Länder bzw. Gemeinden erwachsen.

 

Im hier relevanten Fall der mittelbaren Bundesverwaltung üben gem. Art 102 B-VG der Landeshauptmann und die ihm unterstellten Landesbehörden die Vollziehung des Bundes aus. Einer allfälligen künftigen Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs über vermögensrechtliche Ansprüche aus den finanziellen Beziehungen der Gebietskörperschaften untereinander gem. Art 137 B-VG kann dabei aber nicht vorgegriffen werden.

 

Zu Frage 14:

 

In der mittelbaren Bundesverwaltung entscheiden die Länder grundsätzlich nach eigener Rechtsauffassung, jede (vertretbare) Rechtsauffassung wird dennoch dem Bund zugerechnet.

 

Seit der Berufungsbescheid des BMLFUW aus formalen Gründen aufgehoben wurde und die Bewilligung des Kraftwerkes in Rechtskraft erwachsen ist, wird versucht, dem Standpunkt, dass der Bau des Kraftwerks öffentlichen Interessen massiv zuwiderläuft, Ausdruck zu verleihen. Das BMLFUW hat die Möglichkeit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gem. § 116 WRG i.V.m. Art. 131 Abs. 2 B-VG genützt. Ebenso erging eine schriftliche Anregung zur nochmaligen Überprüfung der Bewilligung im Rahmen eines § 21a WRG Verfahrens sowie eine Aufforderung zur raschen Durchführung dieses Verfahrens. Im Zuge eines Expertengesprächs hat es auch eine klare inhaltliche Positionierung des BMLFUW gegeben, insbesondere ob eine Zustandserhebung im § 21a WRG Verfahren wirklich notwendig ist, obwohl der „sehr gute“ Zustand bereits festgestellt wurde. Des Weiteren spricht sich das BMLFUW für einen Baustopp aus, bis gemeinsam mit dem Landeshauptmann eine rasche rechtskonforme Lösung gefunden wird.

 

Der Bundesminister: