Vorblatt

1. Problem:

Die Europäische Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre (ESO) mit Sitz in Garching bei München betreibt Teleskope zur astronomischen Forschung im Andenhochland von Chile. Der ESO ist es seit ihrer Gründung gelungen, eine eigenständige, europäische, astronomische Forschung aufzubauen und zu einer weltweit führenden Forschungseinrichtung im Bereich Astronomie zu werden. Neben den fünf Gründungsmitgliedern Deutschland, Belgien, Frankreich, Niederlande und Schweden sind bislang acht weitere Staaten dem Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll („Übereinkommen“) beigetreten. Österreich richtete am 8. Mai 2008 den Antrag auf Beitritt zum Übereinkommen gemäß Art. XIII Abs. 4 des Übereinkommens an den Generaldirektor der Organisation. Anschließend wurde das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre betreffend den Beitritt zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll und zum Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre und die dazugehörigen Bedingungen („Abkommen“) ausgehandelt.

2. Ziel:

Beitritt zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll sowie zum Protokoll über Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre („Protokoll“).

3. Inhalt, Problemlösung:

Inkrafttreten des Abkommens durch Erfüllung der erforderlichen innerstaatlichen Voraussetzungen gemäß Art. 9.3 des Abkommens. Durch den Beitritt zum Übereinkommen und zum Protokoll wird Österreich Mitgliedstaat bei der ESO und kann am Forschungsprogramm der Organisation teilnehmen sowie an deren Forschungsresultaten teilhaben.

4. Alternativen:

Keine.

5. Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

5.1. Finanzielle Auswirkungen:

Die einmaligen Kosten des Beitritts der Republik Österreich zur Abgeltung der bisher von der ESO geleisteten Investitionen betragen 24,1 Mio. € und werden über einen Zeitraum von 15 Jahren, erstmalig 2009, in jährlichen Raten fällig. 25% dieser einmaligen Kosten werden von der Republik Österreich, entsprechend einer bis Ende 2008 zu treffenden Vereinbarung, als Sachbeiträge geleistet. Der aus den Budgetmitteln des BMWF zu bedeckende jährliche Mitgliedsbeitrag der Republik Österreich beträgt 3 Mio. €, für das Jahr 2008 jedoch nur 1,5 Mio. €. Der Mitgliedsbeitrag kann entsprechend den Bestimmungen des Übereinkommens im Abstand von 5 Jahren angepasst werden.

5.2. Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

5.2.1 Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Ein Beitritt Österreichs zur ESO gewährleistet die Teilhabe Österreichs an den Forschungsresultaten der Organisation und sichert somit die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs im Bereich Astronomie und Astrophysik. Er fördert die Vernetzung mit anderen Wissenschaftsbereichen, insbesondere der Mathematik, er wirkt in einem öffentlichkeits­wirksamen Forschungsbereich der Abwanderung entgegen und ermöglicht der österreichischen Industrie bei zukünftigen Bauvorhaben eine Beteiligung an Ausschreibungen.

5.2.2 Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Keine.

5.4 Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

6. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Es bestehen keine Rechtsvorschriften der Europäischen Union zur astronomischen Forschung; Aktivitäten der ESO werden durch die Europäische Union gefördert. Wichtigstes Projekt in diesem Zusammenhang ist die Aufnahme des Baus des nächsten Großteleskops in Chile in die „Europäische Roadmap für Forschungsinfrastruktur“ des ESFRI-Gremiums (Europ. Strategy Forum for Research Infrastructures).

7. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre betreffend den Beitritt zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll und zum Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre und die dazugehörigen Bedingungen hat gesetzändernden bzw. gesetzesergänzenden Charakter und bedarf daher gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG der Genehmigung durch den Nationalrat. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass die Erlassung von Gesetzen gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen keine Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es keiner Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Bundesminister Dr. Johannes Hahn richtete am 8. Mai 2008 den Antrag auf Beitritt der Republik Österreich zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll gemäß Art. XIII Abs. 4 des Übereinkommens an den Generaldirektor der Organisation.

Anschließend wurde das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre betreffend den Beitritt zum Übereinkommen zur Gründung einer Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre samt Finanzprotokoll und zum Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre und die dazugehörigen Bedingungen ausgehandelt und am 30. Juni 2008 von Bundesminister Dr. Johannes Hahn unterzeichnet. Das Abkommen unterliegt der parlamentarischen Genehmigung.

Art. 9.1 des Abkommens sieht vor, dass Österreich alle notwendigen Schritte ergreifen wird, um innerhalb von 120 Tagen nach Unterzeichnung des Abkommens seine Beitrittsinstrumente zum Übereinkommen und zum Protokoll über Vorrechte und Immunitäten der Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre beim Depositär zu hinterlegen.

Der Beitritt zum Übereinkommen und der Beitritt zum Protokoll unterliegen separaten Genehmigungsverfahren.

Im Abkommen werden die näheren Modalitäten des Beitritts Österreichs zur Europäischen Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre („ESO“) geregelt.

Das Abkommen regelt insbesondere die finanziellen Bedingungen des Beitritts: Es legt dabei die einmaligen Kosten des Beitritts Österreichs zur Abgeltung der bisher von der ESO geleisteten Investitionen fest; diese betragen 24,1 Mio. € und werden über einen Zeitraum von 15 Jahren, erstmalig 2009, in jährlichen Raten fällig. Maximal 25% dieser einmaligen Kosten können von Österreich als Sachbeiträge geleistet werden; das Abkommen legt in seinem Anhang II die Bereiche, in welchen Sachbeiträge von Österreich zu leisten sind, detailliert fest. Der aus den Budgetmitteln des BMWF zu bedeckende jährliche Mitgliedsbeitrag der Republik Österreich an die ESO beträgt 3 Mio. €, für das Jahr 2008 jedoch nur 1,5 Mio. €. Darüber hinaus enthält das Abkommen die üblichen Bestimmungen betreffend Inkrafttreten, Beendigung sowie Streitschlichtung. Anhang I sieht zudem Übergangsbestimmungen für den Beitrittszeitraum vor.

Besonderer Teil

Zur Präambel:

Die Präambel erinnert an den Beitrittsantrag Österreichs und den einstimmigen Beschluss des Rates der ESO für einen Beitritt von Österreich im Rahmen des 112. Meetings des Rates am 3. – 4. Juni 2008 in Prag. Überdies nimmt sie Bezug auf Art. VII, XIII und XV des Übereinkommens und auf Art. 30 und 31 des Protokolls; zudem wird auf die Resolution des ESO-Rates über den von Österreich anlässlich des Beitritts gemäß Art. VII Abs. 3 des Übereinkommens zu entrichtenden Sonderbeitrag hingewiesen (vgl. Attachment 2 to ESO/Cou-1200).

Zu Art. 1:

Gemäß diesem Artikel ist Zweck des Abkommens, die Bedingungen unter denen Österreich dem Übereinkommen und dem Protokoll beitritt festzulegen.

Zu Art. 2:

Nach dieser Bestimmung wird Österreich Mitglied bei ESO und tritt dem Übereinkommen sowie dem Protokoll bei. Vorbehaltlich der Ratifikation stimmt Österreich den Beitrittsbedingungen wie sie in diesem Abkommen festgelegt sind zu.

Zu Art. 3:

Diese Vorschrift regelt die Anwendbarkeit und Bindung Österreichs an das Übereinkommen und das Protokoll und an sämtliche von der ESO geschlossenen Abkommen sowie an alle vom ESO-Rat getroffenen Beschlüsse ab dem Beitrittsdatum. Der Artikel bestimmt weiters die gleichberechtigte Teilnahme Österreichs an Handlungen des Rats oder in Abweichung davon jeglichen Unterorgans sowie an Vereinbarungen der Organisation.

Zu Art. 4:

Unter Hinweis auf die Resolution des ESO-Rates über den von Österreich anlässlich des Beitritts zu entrichtenden Sonderbeitrag (vgl. Attachment 2 to ESO/Cou-1200) verpflichtet diese Bestimmung Österreich zur Zahlung von insgesamt 24,1 Mio. € (Art. 4.1.). Zumindest drei Viertel dieses Betrags sind gemäß der Berechnungsmethode in Art. 4.2. in bar zu bezahlen, der Rest (somit max. 25%) kann durch Sachbeiträge geleistet werden. Die Beschreibung, was als Sachbeitrag zählt, erfolgt in Art. 4.3. in Verbindung mit Anhang II zum Abkommen.

Zu Art. 5:

Zur Bestimmung des Jahresbeitrags verweist diese Vorschrift auf Art. VII.1. des Übereinkommens, wonach der Durchschnitt des Netto-Volkseinkommens eines Mitgliedstaats die Grundlage für die Festlegung des Schlüssels zur Berechnung der Jahresbeiträge durch die Mitgliedstaaten bildet.

Art. 5 sieht vor, dass der Beitrag Österreichs für 2008 1,5 Mio. € (statt des regulären Jahresbeitrags von 3 Mio. €) ausmacht.

Zu Art. 6:

Diese Bestimmung sieht vor, dass Streitigkeiten über die Anwendung oder Auslegung des Abkommens – die nicht auf freundschaftlichem Wege zwischen Österreich und der ESO beigelegt werden können – auf Verlangen einer der beiden Vertragsparteien, einem Schiedsgericht zu unterbreiten sind. Art. 6 regelt die Zusammensetzung des Schiedsgerichts und ordnet an, dass Entscheidungen des Schiedsgerichts endgültig und die Vertragsparteien bindend sind.

Zu Art. 7:

Die Kündigung des Abkommens erfolgt gemäß Art. X des Übereinkommens.

Zu Art. 8:

Streitigkeiten über die Anwendung oder Auslegung der Anhänge – die einen integralen Bestandteil des Abkommens bilden – sind nicht dem Schiedsgericht zu unterbreiten, sondern durch Konsultationen zwischen dem Wissenschaftsminister und dem Generaldirektor der ESO zu bereinigen.

Zu Art. 9:

Dieser Artikel regelt das Inkrafttreten des Beitritts Österreichs zum Übereinkommen bzw. zum Protokoll und verweist dazu auf Art. XIV.2. des Übereinkommens bzw. auf Art. 31 des Protokolls. Österreich verpflichtet sich, die notwendigen innerstaatlichen Schritte zu ergreifen, sodass die Beitritte innerhalb von 120 Tagen nach der Unterzeichnung dieses Abkommens erfolgen können. Das Abkommen tritt an jenem Tag in Kraft, an dem Österreich der ESO mitteilt, dass das innerstaatliche Genehmigungsverfahren abgeschlossen ist (Art. 9.3.).

Zu Anhang I:

Anhang I enthält die wesentlichen Richtlinien und Bestimmungen für den Beitrittszeitraum. Der Beitrittszeitraum beginnt am Tag der Unterzeichnung des Abkommens (spätestens am 1. Juli 2008) und endet mit der innerstaatlichen Genehmigung des Abkommens.

Der Anhang regelt den Fristenlauf für die Zahlung des (halben) Jahresbeitrags Österreichs an die ESO für 2008. Während des Beitrittszeitraums hat Österreich Beobachterstatus im Rat der ESO und dessen Unterorganen (und somit kein Stimmrecht) und kann an Ausschreibungen der ESO teilnehmen; aus Vergabeverfahren resultierende Verträge und Vereinbarungen mit der ESO werden grundsätzlich allerdings erst mit dem Zeitpunkt des Beitritts von Österreich zur ESO rechtswirksam.

Zu Anhang II:

Anhang II enthält in Ergänzung zu Art. 4.3 des Abkommens eine ausführliche Darstellung und finanzielle Bewertung sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen der Sachbeiträge Österreichs. Die wesentlichen Sachbeiträge erfolgen in den folgenden Bereichen:

                         - Mathematische Algorithmen und Software für das Extremely Large Telescope (ELT) adaptive Optik

                         - Softwaremodule zur Reduktion von ESO-Daten

                         - Reinräume für die neue ESO-Hauptquartierserweiterung in Garching.

Das Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung ist in Österreich für die Implementierung dieser Sachbeiträge zuständig und gleichzeitig Kontaktstelle in den von diesem Abkommen berührten Angelegenheiten. Der Wert der Sachbeiträge, die von Österreich geleistet werden, bemisst sich in Vollzeitäquivalente (full time equivalents, kurz „FTEs“). Ein FTE entspricht einem Wert von 100.000 €.

Z 5 – 7 des Anhangs II beschreiben die drei Bereiche, in denen von Österreich Sachbeiträge zu leisten sind, näher: Die Projektgrößen betragen 22,25 FTEs (mathematische Algorithmen und Software), 16 FTEs (Softwaremodule) und 22 FTEs (Erweiterungsbau). Sollte der Erweiterungsbau nicht zustande kommen, werden die ESO und Österreich alternative Sachbeiträge in derselben Höhe verhandeln.

Z 9 und Z 10 des Anhangs II sehen Vertragsstrafen für den Fall des Lieferverzugs durch Österreich vor (grundsätzlich zehn Prozent des Projektwerts für Verzögerungen von mehr als sechs Monaten bzw. 8,5% pro Monat beim Reinraum-Projekt).

Z 11 und Z 12 betreffen den Fall einer mangelhaften Leistung und die Konsequenzen einer Mängelrüge durch ESO.