Vorblatt

Ziel und Problemlösung:

Durchführung des Rahmenbeschlusses 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen für den Bereich des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens.

Inhalt:

Regelungen für die Vollstreckung der von den nicht gerichtlichen Finanz- und Zollbehörden und von bestimmten auch in Strafsachen zuständigen Gerichten anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union verhängten Geldstrafen und Geldbußen im Inland sowie für die Vollstreckung von Entscheidungen österreichischer Finanzstrafbehörden in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union.

Alternativen:

Keine.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Der Erlös aus der Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen fließt grundsätzlich dem Vollstreckungsstaat zu. Österreich wird sowohl Entscheidungs-, als auch Vollstreckungsstaat sein, wobei von einem ausgeglichenen Ergebnis ausgegangen werden kann.

Es werden aber durch dieses Gesetz den Finanzstrafbehörden und dem Zentralen Verbindungsbüro für internationale Zusammenarbeit (CLO) neue Aufgaben übertragen, die zu einer Mehrbelastung führen werden. Dies betrifft sowohl die Erledigung einlangender Vollstreckungsersuchen als auch die Erstellung und Bearbeitung von Ersuchen an andere Mitgliedstaaten. Es ist jedoch mangels verfügbarer Daten nicht möglich, diesen Mehraufwand vorweg zu quantifizieren.

Auswirkungen auf das Abgabenaufkommen:

Eine allfällige Erhöhung des Aufkommens an Geldstrafen hängt davon ab, in welchem Umfang von den Finanzstrafbehörden zu vollziehende Vollstreckungsersuchen aus anderen Mitgliedstaaten einlangen.

Gender Mainstreaming – Auswirkungen auf Frauen und Männer:

Der vorliegende Entwurf lässt eine sinnvolle Zuordnung zu Frauen und Männern nicht zu.

Auswirkungen auf Verwaltungslasten für Unternehmen:

Keine

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine

Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Gesetzentwurf dient der Durchführung des genannten Rahmenbeschlusses.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Der Rahmenbeschluss 2005/214/JI des Rates vom 24. Februar 2005 über die Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung von Geldstrafen und Geldbußen, ABl. L Nr. 76 vom 22.3.2005, S. 16 (im Folgenden: Rahmenbeschluss) erfasst auch die wegen Zuwiderhandlungen gegen Abgaben- und Zollvorschriften verhängten Geldstrafen und Geldbußen. So enthält der Katalog des Art. 5 des Rahmenbeschlusses ua. den Tatbestand des „Warenschmuggels“, zu dessen Ahndung nach österreichischem Recht – soweit sie nicht den Gerichten obliegt – die Finanzstrafbehörden zuständig sind. Damit fallen auch Geldstrafen in den Anwendungsbereich des Rahmenbeschlusses, die nicht wegen Verwaltungsübertretungen (im technischen Sinn des Art. VI Abs. 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 1991 – EGVG, BGBl. Nr. 50) verhängt worden sind.

Bei der Umsetzung des Rahmenbeschlusses hat sich Österreich entschlossen, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen nicht zur Gänze den ordentlichen Gerichten zu übertragen, sondern dies für den administrativen Strafbereich den entsprechenden Verwaltungsbehörden zuzuordnen. So wurde für den Justizbereich der Rahmenbeschluss durch das Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU-JZG) geändert wird (EU-JZG-ÄndG 2007), BGBl. I Nr. 38/2007 umgesetzt, während der Verwaltungsvollstreckungsbereich durch das Bundesgesetz über die Vollstreckung von Geldstrafen und Geldbußen von Verwaltungsbehörden im Rahmen der Europäischen Union (EU-Verwaltungsstrafvollstreckungsgesetz – EU-VStVG), BGBl. I Nr. 3/2008 geregelt worden ist.

Für die Vollstreckung der von den Finanzstrafbehörden verhängten Geldstrafen sind hingegen andere Vorschriften als für die Vollstreckung der wegen Verwaltungsübertretungen verhängten Strafen maßgebend. So obliegt die Vollstreckung von Strafen wegen Finanzvergehen gemäß § 172 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes – FinStrG, BGBl. Nr. 129/1958 den Finanz- und Zollämtern als Finanzstrafbehörden erster Instanz. Diese haben dabei, soweit das Finanzstrafgesetz nicht anderes bestimmt, in sinngemäßer Anwendung der Bundesabgabenordnung und der Abgabenexekutionsordnung vorzugehen. Demgegenüber liegt die Zuständigkeit für die Vollstreckung von Geldstrafen wegen Verwaltungsübertretungen den Bezirksverwaltungsbehörden bzw. Bundespolizeidirektionen, von denen das Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 – VVG, BGBl. Nr. 53 anzuwenden ist.

§ 1 EU-VStVG nimmt daher von seinem Anwendungsbereich die Entscheidungen der Finanz- und Zollbehörden bewusst aus. Dies erfordert einerseits eine eigenständige Umsetzung des Rahmenbeschlusses für die Anerkennung und Vollstreckung von verwaltungsbehördlichen Strafen wegen Fiskaldelikte, andererseits wird dadurch die Möglichkeit geschaffen, auf die Besonderheiten des finanzstrafbehördlichen Vollstreckungsverfahrens Rücksicht zu nehmen.

Der vorliegende Entwurf orientiert sich daher grundsätzlich an dem EU-VStVG, weicht davon allerdings insbesondere in folgenden Punkten ab:

-       Einschränkung auf den Vollzug von administrativen Strafentscheidungen der Finanz- und Zollbehörden

-       Abgrenzung zum Anwendungsbereich der Beitreibungsrichtlinie

-       Bestimmungen des FinStrG als maßgebliche Verfahrensordnung für die Vollstreckung ausländischer Strafentscheidungen

-       Zuständigkeitsregelungen betreffend Finanz- und Zollämter (sachliche und örtliche)

-       Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen

-       Einschaltung einer zentralen Verbindungsstelle (Zentrales Verbindungsbüro für internationale Zusammenarbeit - CLO)

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung eines dem Gesetzentwurf entsprechenden Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 2 und Z 6 B-VG („äußere Angelegenheiten …“ und „Strafrechtswesen“).

Besonderer Teil

Der Gesetzentwurf orientiert sich grundsätzlich an der Systematik des Rahmenbeschlusses. Nach den Begriffsbestimmungen im 1. Abschnitt werden im 2. Abschnitt Regelungen über die Vollstreckung der Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten in Österreich getroffen. Die Vollstreckung österreichischer Strafentscheidungen in anderen Mitgliedstaaten wird – soweit durch innerstaatliches Recht erforderlich – im 3. Abschnitt normiert. Der 4. Abschnitt enthält die üblichen Schlussbestimmungen.

Zu § 1:

Korrespondierend mit § 1 EU-VStVG soll der Geltungsbereich des vorliegenden Gesetzentwurfes auf den Vollzug von Strafentscheidungen eingeschränkt werden, die von Finanz- oder Zollbehörden erlassen worden sind. Eine ausdrückliche Abgrenzung zu dem Anwendungsbereich des EU-VStVG ist nicht erforderlich, da sich diese bereits aus der Einschränkung des Geltungsbereiches auf Entscheidungen von Finanz- und Zollbehörden ergibt. Demgegenüber scheint der Hinweis auf das EU-JZG in Anbetracht einer möglichen gerichtlichen Zuständigkeit zur Ahndung von Finanzvergehen geboten.

Weiters soll klargestellt werden, dass Entscheidungen, die in den Anwendungsbereich des Bundesgesetzes zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie (EG-Vollstreckungsamtshilfegesetz – EG-VAHG), BGBl. Nr. 658/1994, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 132/2002, fallen, vom Anwendungsbereich des vorliegenden Gesetzes ausgenommen sind. Dies dient zur Klarstellung, da gem. § 1 Abs. 1 Z 5 EG-VAHG für durch Verwaltungsbehörden verhängte Geldstrafen und Geldbußen - mit Ausnahme von Sanktionen mit strafrechtlichem Charakter - Vollstreckungsamtshilfe nach den Grundsätzen der Beitreibungsrichtlinie zu leisten ist.

Zu § 2:

Durch die Begriffsbestimmungen werden die Definitionen des Art. 1 des Rahmenbeschlusses umgesetzt. Art. 1 Buchstabe a Z i) des Rahmenbeschlusses muss für einlangende Ersuchen nicht übernommen werden, weil die Vollstreckung von Entscheidungen von Gerichten des Entscheidungsstaates in Bezug auf eine nach dessen Recht strafbare Handlung durch die Änderung des EU-JZG umgesetzt wird (vgl. RV 48 d. B. XXIII. GP). Ob es sich bei der übermittelten Entscheidung um eine Entscheidung einer nicht gerichtlichen Behörde im Sinne des § 2 Z 1 lit. a, um eine Entscheidung eines „auch in Strafsachen zuständigen Gerichts im Sinne des § 2 Z 1 lit. b oder um eine Entscheidung eines Gerichtes in Bezug auf eine strafbare Handlung im Sinne des Art. 1 Buchstabe a Z i) des Rahmenbeschlusses (letztere wäre gemäß § 4 dem zuständigen Gericht zu übermitteln) handelt, ist der Angabe in der Bescheinigung zu entnehmen (siehe Buchstabe g Z 1 der Bescheinigung).

Eine Besonderheit des verwaltungsbehördlichen Finanzstrafverfahrens ist die bereits in erster Instanz bestehende Möglichkeit der Durchführung der Verhandlung und Fällung der Strafentscheidung durch einen Spruchsenat. Dieser Senat wird von einem Richter des Dienststandes als Vorsitzendem, einem Beamten des höheren Finanzdienstes und einem Laienbeisitzer gebildet. Dieser weisungsfreie Senat ist – obwohl im Rahmen eines Administrativverfahrens tätig – ein Tribunal im Sinne des Art. 6 EMRK (VfGH 17.10.1985, B 285/85 sowie Dorazil/Harbich, FinStrG, § 65, Rz 6; Fellner, Finanzstrafgesetz, §§ 65 – 71, Rz 3; Reger/Hacker/Kneidinger, Das Finanzstrafgesetz, 3. Auflage § 65 Rz 7; Seiler/Seiler, Finanzstrafgesetz, S. 332; mit kritischer Anmerkung Leitner/Toifl/Brandl, Österreichisches Finanzstrafrecht, 3. Auflage S. 541). In dieser Hinsicht sind daher Entscheidungen der Spruchsenate als Entscheidungen eines Gerichtes in Bezug auf eine strafbare Handlung im Sinne des Art. 1 Buchstabe a Z i) des Rahmenbeschlusses anzusehen. Um klar zu stellen, dass solche Senatsentscheidungen sowie diese betreffende Rechtsmittelentscheidungen des UFS (gleich dem UVS ein Tribunal gem. Art. 6 EMRK), auch in den Anwendungsbereich dieses Gesetzes fallen, werden diese in § 2 Z 1 lit. b sublit. aa ausdrücklich genannt.

Rechtsmittelinstanz im administrativen Finanzstrafverfahren ist der Unabhängige Finanzsenat (UFS) als Finanzstrafbehörde zweiter Instanz (§ 62 Abs. 1 FinStrG). Es handelt sich dabei gem. § 1 Abs. 1 UFSG um eine unabhängige Verwaltungsbehörde, also kein Gericht iSd B-VG. Dennoch ist er als Gericht iSd Art. 234 EGV zur Stellung von Vorabentscheidungsanträgen an den Europäischen Gerichtshof berechtigt (Ritz, Bundesabgabenordnung, 3. Auflage § 260 Tz 1) und erfüllt schließlich auch die Kriterien für ein Tribunal nach Art. 6 EMRK. Die Rechtsqualität des UFS entspricht somit in dieser Hinsicht jener des UVS und ist daher wie dieser als Gericht im Sinne des Rahmenbeschlusses anzusehen. Dem wird durch § 2 Z 1 lit. b sublit. bb Rechnung getragen.

Zu § 2 Z 2 lit. a ist anzumerken, dass – im Gegensatz zur deutschen Fassung des Art. 1 Buchstabe b Z i) des Rahmenbeschlusses (vgl. demgegenüber in der englischen Sprachfassung das Wort „offence“) – die Festsetzung eines Geldbetrages nicht nur wegen einer Zuwiderhandlung, sondern auch wegen einer strafbaren Handlung erfolgen kann.

Keine Geldsanktionen sind jedoch vermögensrechtliche Anordnungen, die nach österreichischem Recht im Anwendungsbereich des Finanzstrafgesetzes als Verfall (§ 17 FinStrG) oder Wertersatz (§ 19 FinStrG), im Anwendungsbereich des Strafgesetzbuches als Abschöpfung der Bereicherung (§ 20 StGB), als Verfall (§ 20b StGB) oder Einziehung (§ 26 StGB) auszusprechen wären sowie Entscheidungen über privatrechtliche Ansprüche.

In § 2 Z 9 wird die durch Art. 2 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses eröffnete Möglichkeit aufgegriffen, für die administrative Übermittlung, die Entgegennahme der Entscheidungen und für die Unterstützung der zuständigen Behörden eine zentrale Behörde zu benennen. Dies entspricht der im Bereich der Finanzverwaltung gängigen Amtshilfepraxis. Als zuständige zentrale Behörde soll das Zentrale Verbindungsbüro für internationale Zusammenarbeit (bzw. in der international üblichen englischen Terminologie: „Central Liaison Office – CLO“) der Kommission gegenüber namhaft gemacht werden. Der Übersichtlichkeit wegen soll dies durch eine entsprechende Definition des in der Folge in § 3 und § 13 verwendeten Begriffes der „zentralen Behörde“ klargestellt werden.

Zu § 3:

Gemäß Art. 9 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses ist auf die Vollstreckung einer Entscheidung das Recht des Vollstreckungsstaates in derselben Weise anwendbar, wie bei Geldstrafen, die vom Vollstreckungsstaat verhängt werden. Es sollen daher Entscheidungen anderer Mitgliedstaaten ebenfalls nach den Bestimmungen des FinStrG durch die Finanzstrafbehörden erster Instanz vollstreckt werden. Dies bewirkt über die Verweisungsnorm des § 172 Abs. 1 FinStrG weiters die Geltung der einschlägigen Bestimmungen der BAO und der AbgEO.

Da sich die sachliche und örtliche Zuständigkeit aus den einschlägigen Bestimmungen des Finanzstrafgesetzes für den Anwendungsbereich dieses Gesetzes nicht eindeutig bestimmen lässt, werden in den Absätzen 3 und 4 eigenständige Zuständigkeitsregelungen getroffen.

Durch § 3 Abs. 5 wird die Regelung des Art. 4 Abs. 6 des Rahmenbeschlusses umgesetzt; zur Unterrichtungspflicht vgl. den vorgeschlagenen § 10 Z 1. Zur Zuständigkeit der Gerichte siehe § 53b EU-JZG.

Zu § 4:

Durch § 4 werden die Versagungsgründe des Art. 7 sowie des Art. 20 Abs. 3 und 4 des Rahmenbeschlusses vollständig übernommen.

Der Rahmenbeschluss hebt zwar gleich zweimal ausdrücklich hervor, dass die zuständige Behörde des Entscheidungsstaates zusammen mit der Bescheinigung die Entscheidung oder eine beglaubigte Abschrift derselben zu übermitteln hat (vgl. Art. 4 Abs. 1 und 3 des Rahmenbeschlusses), regelt jedoch umgekehrt nicht ausdrücklich, wie vorzugehen ist, wenn nur die Bescheinigung übermittelt wird. Es muss angenommen werden, dass dies eine Unvollständigkeit im Sinne des Art. 7 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses darstellt, die den Vollstreckungsstaat dazu berechtigt, die Vollstreckung zu verweigern.

Wie vorzugehen ist, wenn die Bescheinigung nicht in einer der nach Art. 16 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses zulässigen Sprachen abgefasst oder in eine solche Sprache übersetzt worden ist, ist im Rahmenbeschluss ebenfalls nicht ausdrücklich geregelt; Art. 16 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses regelt nämlich, wie ein Vergleich mit anderen Sprachfassungen zeigt, nur den Fall, dass die Übersetzung der Entscheidung nötig wird („The execution of the decision may be suspended for the time necessary to obtain its translation at the expense of the executing State.“; „Il peut être sursis à l’exécution de la décision pendant le temps nécessaire à sa traduction, les frais afférents à celle-ci étant supportés par l’État d’exécution.“; „La ejecución de la resolución podrá suspenderse durante el tiempo que sea necesario para disponer de la traducción de la misma, a expensas del Estado de ejecución.“). Da Art. 16 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses eine Verpflichtung des Entscheidungsstaates normiert, wird auch der Fall der fehlenden Übersetzung der Bescheinigung als Unvollständigkeit im Sinne des Art. 7 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses zu qualifizieren sein.

Da das Bundesministerium für Justiz in Aussicht genommen hat, im Zusammenhang mit der Akzeptanz von Bescheinigungen in anderen Amtssprachen der Europäischen Union gemäß Art. 16 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses gegenüber dem Ratssekretariat einen gegenseitigen Übersetzungsverzicht abzugeben (vgl. dazu die Erläuterungen zu § 53k EU-JZG, 392/ME XXII. GP), sind Bescheinigungen, die nicht in die deutsche Sprache übersetzt worden sind, dann zu akzeptieren, wenn der Entscheidungsstaat die Erklärung abgegeben hat, als Vollstreckungsstaat Bescheinigungen auch in deutscher Sprache zu akzeptieren. Gemäß dem § 53k Abs. 2 EU-JZG soll die Bundesministerin für Justiz durch Verordnung verlautbaren, welche Mitgliedstaaten welche Amtssprachen akzeptieren.

Zum Verweigerungsgrund des § 4 Abs. 2 Z 9 ist auch auf den Erwägungsgrund 5 des Rahmenbeschlusses hinzuweisen, in dem es heißt: „Der vorliegende Rahmenbeschluss achtet die Grundrechte und wahrt die in Artikel 6 des Vertrags anerkannten Grundsätze, die auch in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (4), insbesondere in deren Kapitel VI, zum Ausdruck kommen. Keine Bestimmung des vorliegenden Rahmenbeschlusses darf in dem Sinne ausgelegt werden, dass sie es untersagt, die Vollstreckung einer Entscheidung abzulehnen, wenn objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Geldstrafe oder Geldbuße zum Zwecke der Bestrafung einer Person aus Gründen ihres Geschlechts, ihrer Rasse, Religion, ethnischen Herkunft, Staatsangehörigkeit, Sprache, politischen Überzeugung oder sexuellen Ausrichtung verhängt wurde oder dass die Stellung dieser Person aus einem dieser Gründe beeinträchtigt werden kann.“

Art. 20 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses sieht vor, dass jeder Mitgliedstaat für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Rahmenbeschlusses dessen Anwendung auf Entscheidungen nach Art. I Buchstabe a Z i) und iv) beschränken kann. Die Anwendung auf Entscheidungen nach Art. 1 Buchstabe a Z ii) und iii) – dies entspricht Entscheidungen gemäß § 2 Z 1 lit. a und b – kann somit aufgeschoben werden. Weiters sieht Art. 20 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses vor, dass die Anwendung des Rahmenbeschlusses für den gleichen Zeitraum bei juristischen Personen auf Entscheidungen beschränkt werden kann, die sich auf Handlungen beziehen, für die ein europäischer Rechtsakt die Anwendung des Grundsatzes der Haftung juristischer Personen vorschreibt. Wenn ein Mitgliedstaat eine dahingehende Erklärung abgegeben hat, werden davon erfasste österreichische Entscheidungen in diesem Staat nicht vollstreckt und es fehlt somit an der Gegenseitigkeit. Erklärungen der Mitgliedstaaten gemäß Art. 20 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Die Republik Österreich hat anlässlich der Annahme des Rahmenbeschlusses folgende Erklärung abgegeben: „Die Republik Österreich erklärt gemäß Art. 20 Abs. 2 Buchstabe b des Rahmenbeschlusses, dessen Anwendung hinsichtlich juristischer Personen für einen Zeitraum von 5 Jahren ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens auf Entscheidungen zu beschränken, die sich auf Handlungen beziehen, für die ein europäischer Rechtsakt die Anwendung des Grundsatzes der Haftung juristischer Personen vorschreibt.“ Dazu wird bemerkt, dass von dieser Erklärung kein Gebrauch gemacht werden wird.

In den Fällen des Abs. 1 bis 3 ist die Vollstreckung unzulässig; dies kann vom Verpflichteten mit Rechtsmittel gegen den gem. § 5 Abs. 1 zu erlassenden Bescheid geltend gemacht werden.

Zur Sicherstellung der sich aus Art. 20 Abs. 8 des Rahmenbeschlusses ergebenden Verpflichtung ist eine Verpflichtung zur Meldung der sich auf § 4 Abs. 2 Z 11 gründenden Unzulässigkeiten vorgesehen

Zu § 5:

Die ausländische Vollstreckungsbescheinigung ist bescheidmäßig in einen inländischen Exekutionstitel zu transformieren. Vergleiche dazu § 4 Abs. 3 EG-VAHG und 52d EU-JZG. Dieser Bescheid ist Exekutionstitel sowohl im abgabenbehördlichen als auch im gerichtlichen Exekutionsverfahren.

§ 5 Abs. 2 und 3 entsprechen der Regelung des Art. 8 des Rahmenbeschlusses.

Gegen einen Bescheid nach § 5 ist das Rechtsmittel der Beschwerde nach § 152 FinStrG zulässig. In Abs. 4 wird normiert, dass einer solchen Beschwerde insofern eine aufschiebende Wirkung zukommt, als bis zur rechtskräftigen Entscheidung nur Sicherungsmaßnahmen hinsichtlich der zu vollstreckenden Geldstrafe zulässig sind. Die ausdrückliche Anordnung einer aufschiebenden Wirkung des Rechtsmittels ist erforderlich, da § 152 Abs. 2 FinStrG eine solche nur über Antrag und nur unter bestimmten Voraussetzungen vorsieht. Die besondere Sensibilität der Vollstreckung ausländischer Strafentscheidungen rechtfertigt jedoch hier eine weitergehende Rechtsschutzregelung. Dies insbesondere in Fällen einer gem. § 7 anzuordnenden Ersatzfreiheitsstrafe.

Durch Abs. 5 wird Art. 16 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses umgesetzt. Inwieweit eine Übersetzung der Entscheidung erforderlich ist, ist von der Vollstreckungsbehörde zu beurteilen; dies wird dann nicht der Fall sein, wenn bereits anhand der Bescheinigung vollständig beurteilt werden kann, ob die Vollstreckung zulässig ist.

Zu § 6:

Durch § 6 wird Art. 9 Abs. 2 des Rahmenbeschlusses umgesetzt.

Zu § 7:

Im Bereich des Finanzstrafrechtes, insbesondere im Zollbereich, kommt den Ersatzfreiheitsstrafen eine nicht zu unterschätzende Bedeutung zu. Die Möglichkeit, den Vollzug von in österreichischen Strafentscheidungen festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen im Ausland begehren zu können, erfordert auch eine entsprechende Vollzugsmöglichkeit für Ersuchen aus anderen Mitgliedstaaten. Durch § 7 soll daher Art. 10 des Rahmenbeschlusses unter der Voraussetzung der Gegenseitigkeit umgesetzt werden. Darf danach eine Ersatzfreiheitsstrafe im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe oder Geldbuße vollzogen werden, so ist dies in dem nach § 5 zu erlassenden Bescheid festzustellen. Falls erforderlich, ist gleichzeitig auch die Höhe der Ersatzfreiheitsstrafe festzusetzen.

Gegen einen Bescheid nach § 5 ist das Rechtsmittel der Beschwerde zulässig. Die dieser Beschwerde zufolge § 5 Abs. 4 zukommende aufschiebende Wirkung ist für den Bereich der Ersatzfreiheitsstrafe uneingeschränkt, da bis zur Rechtskräftigen Erledigung lediglich Maßnahmen zur Sicherung der Geldstrafe zulässig sind.

Entsprechend der durch Art. 3 des Bundesverfassungsgesetzes über den Schutz der persönlichen Freiheit auferlegten Beschränkungen für von Verwaltungsbehörden verhängter Freiheitsstrafen dürfen gemäß § 20 FinStrG Ersatzfreiheitsstrafen im administrativen Finanzstrafverfahren das Höchstausmaß von 6 Wochen nicht überschreiten. Obliegt die Durchführung der mündlichen Verhandlung und Fällung des Erkenntnisses gem. § 58 Abs. 2 lit. a FinStrG einem Spruchsenat, ist die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zum Höchstausmaß von drei Monaten zulässig. Da es sich bei der Institution des Spruchsenates als bereits in I. Instanz des Administrativverfahrens einschreitendes Tribunal – soweit überblickbar – um ein österreichisches Spezifikum handelt, soll der Vollzug von Ersatzfreiheitsstrafen im Zusammenhang mit einlangenden Vollstreckungsersuchen generell mit sechs Wochen limitiert werden. Gegebenenfalls ist die durch den Entscheidungsstaat bereits festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe auf dieses Höchstmaß von sechs Wochen herabzusetzen.

Im Übrigen ergeben sich die Vollzugsvoraussetzungen aus dem FinStrG.

Zu § 8:

Durch § 8 wird Art. 12 des Rahmenbeschlusses umgesetzt.

Zu § 9:

Die Grundsatzentscheidung, dass der Erlös – soweit nicht eine anders lautende Vereinbarung getroffen wurde – dem Vollstreckungsstaat zufließt, ergibt sich aus Art. 13 des Rahmenbeschlusses.

Zu § 10:

Die Regelung betreffend die Unterrichtung der zuständigen Behörde des Entscheidungsstaates entspricht Art. 14 des Rahmenbeschlusses. Als „sonstige Rechtsvorschriften“ im Sinne des § 10 Z 3 kommen insbesondere der § 187 FinStrG sowie die §§ 12, 13, 16 und 17 AbgEO bzw. die korrespondierenden Bestimmungen der EO (§§ 35, 36, 39 und 41) in Betracht.

Zu § 11:

Durch § 11 wird Art. 17 des Rahmenbeschlusses umgesetzt.

Zu § 12:

Durch § 12 wird zum Ausdruck gebracht, dass Entscheidungen österreichischer Finanzstrafbehörden primär im Inland vollstreckt werden sollen; nur wenn eine Vollstreckung im Inland nicht möglich ist oder mit einem unverhältnismäßigem Aufwand verbunden wäre, kommt eine Vorgehensweise gemäß dem 3. Abschnitt in Betracht. Siehe auch die korrespondierende Regelung über die Entziehung der Vollstreckung in § 14 Abs. 2.

Zu § 13:

§ 13 entspricht der Regelung des Art. 4 Abs. 1 bis 5 des Rahmenbeschlusses. Welche Mitgliedstaaten welche Amtssprachen akzeptieren, soll gemäß § 53k Abs. 2 EU-JZG durch Verordnung der Bundesministerin für Justiz verlautbart werden. Als zuständige zentrale Behörde soll das Zentrale Verbindungsbüro für internationale Zusammenarbeit (CLO) namhaft gemacht werden (siehe oben zu § 2).

Zu § 14:

Durch § 14 wird Art. 12 Abs. 1 des Rahmenbeschlusses umgesetzt. Da auch durch die gänzliche oder teilweise Zahlung der Geldstrafe die Vollstreckbarkeit der Entscheidung (teilweise) erlischt, wird dieser Umstand ebenfalls aufgrund dieser Bestimmung dem ersuchten Vollstreckungsstaat unverzüglich mitzuteilen sein.

Zu § 15:

§ 15 entspricht Art. 15 des Rahmenbeschlusses. In § 15 Abs. 2 Z 2 soll klargestellt werden, dass auch bei Unterbleiben der Vollstreckung aus Gründen der faktischen Unmöglichkeit, die Strafe im Vollstreckungsstaat zu vollziehen, die Vollstreckungsbefugnis an den Entscheidungsstaat zurückfällt.

Zu § 16:

§ 16 regelt in Umsetzung von Art. 18 des Rahmenbeschlusses das Verhältnis zu anderen Übereinkommen und Vereinbarungen. Vorteilhaftere Regelungen sollen weiterhin anwendbar und möglich sein. Dies betrifft insbesondere die Verträge mit der Bundesrepublik Deutschland betreffend Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl. Nr. 249/1955, und über Rechts- und Amtshilfe in Zoll-, Verbrauchsteuer- und Monopolangelegenheiten, BGBl. Nr. 430/1971.