Vorblatt

Problem/Ziel

Mit den Wahlen im Herbst 2005 wurde der jahrzehntelang anhaltende Bürgerkrieg in Liberia beendet. Wegen der in der Zwischenzeit gemachten wirtschaftlichen Fortschritte hat der Internationale Währungsfonds (IWF) am 14. März 2008 seine Beziehungen mit Liberia nach mehr als 20 Jahren wieder normalisiert und die Suspendierung der Mitgliedschaft Liberias wegen aufgelaufener Zahlungsrückstände aufgehoben.

Voraussetzung für die Aufhebung der Suspendierung war die von einer Aufforderung der G-8 ausgehende Bereitstellung eines Finanzpaketes durch 171 IWF-Mitgliedsländer im Umfang von 791 Millionen Sonderziehungsrechten (SZR). Das Paket deckt vor allem die Kosten für einen Übergangskredit des IWF an Liberia ab, da sich der IWF nicht in der Lage sah, diesen Kredit unmittelbar aus seinen eigenen Mitteln zu vergeben. Mit diesem Übergangskredit wird es Liberia ermöglicht, seine alten IWF-Kredite einschließlich der nicht getätigten Zinsen- und Gebührenzahlungen zu tilgen und dadurch wieder ordentliches IWF-Mitglied zu werden. Die dafür notwendigen Mittel wurden vom IWF auf mindestens 530 Millionen SZR geschätzt. Darüber hinaus wurde vorgeschlagen, dass die gestundeten Gebühren Liberias im Umfang von weiteren 221 Millionen SZR sowie ein Beitrag der G-8 im Umfang von 45 Millionen SZR zusätzlich zur Unterstützung Liberias verwendet werden.

Bis zum 11. März 2008 haben 102 Mitgliedländer des IWF einen Beitrag von insgesamt 547,2 Millionen SZR versprochen. Davon haben 85 Länder dem IWF schon Anweisungen bezüglich konkreter Zahlungen gegeben. Der erzielte Beitrag deckt den Zwischenkredit ab, so dass der IWF die oben erwähnte Entscheidung vom 14. März 2008 tätigen konnte.

Österreich hat dem IWF im Herbst 2007 unter dem Vorbehalt der parlamentarischen Genehmigung eine Beteiligung am Finanzpaket im Umfang von 4,8 Millionen SZR (das sind derzeit 5,56 Millionen Euro) zugesagt. Auf der Basis des gegenständlichen Gesetzes soll die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) eine entsprechende Zahlung tätigen.

Inhalt

Liberias Schulden beim IWF betrugen am 30. April 2007 223,02 Millionen SZR und 307,79 Millionen SZR angelaufene Gebühren und Zinsen, insgesamt 530,81 Millionen SZR. Der vom IWF übernommene Vorschlag der G-8 über die Finanzierung des Zwischenkredits sieht vor, dass 30 % der Mittel des Sonderkontos für Eventualfälle 1 (SCA-1), einem Reservekonto des IWF, an die Länder, die einen Beitrag in dieses Konto geleistet haben, rücküberwiesen werden sollen. Dann sollen vor allem diejenigen Länder, die am Finanztransaktionenplan (FTP) teilnehmen (das sind zurzeit 48 finanzstarke Länder, darunter auch Österreich), diese Mittel zur Entschuldung von Liberia verwenden. Darüber hinaus sollen die gestundeten Gebühren Liberias im Umfang von weiteren 221 Millionen SZR, die nach Tilgung der Kredite und der angelaufenen Gebühren und Zinsen automatisch an die Geberländer rücküberwiesen werden, ebenfalls für die Unterstützung Liberias verwendet werden. Der österreichische Anteil an diesen beiden Beträgen beläuft sich auf 4,8 Millionen SZR bzw. derzeit 5,56 Millionen Euro.

Alternativen

Nichtteilnahme an der Initiative. Wegen der Unterstützung durch die G-8, der anderen EU-Mitgliedsländer und der Reformfortschritte in Liberia wäre es aber nur schwer möglich, sich der Aufforderung des IWF zu entziehen.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

Finanzielle Auswirkungen

Durch die Überweisung des OeNB-Anteils von 4,8 Millionen SZR an den Treuhandfonds für hoch verschuldete arme Länder (HIPC Trust Fund) kommt es zu einer entsprechenden Minderung des geschäftlichen Ergebnisses der OeNB und einer dieser Summe entsprechenden geringeren Gewinnabfuhr an den Bund. Der Maastricht Saldo wird im selben Ausmaß verschlechtert. Andererseits wird dadurch aber die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA) des Bundes erhöht.

Wirtschaftspolitische Auswirkungen

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich

Keine.

Auswirkungen auf die Verwaltungslast der Unternehmen

Keine.

Sonstige wirtschaftspolitische Auswirkungen

Die Beteiligung an der Entschuldung Liberias würde die ODA-Leistung Österreichs erhöhen.

Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht

Keine

Geschlechterspezifische Auswirkungen

Keine.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahren

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Auf der Basis des gegenständlichen Gesetzes soll die OeNB, nach der anteilsmäßigen Überweisung der SCA-1 Mittel und der anteilsmäßigen Überweisung der gestundeten Gebühren, diese an das für die Entschuldung Liberias eingerichtete Liberia Administered Account bzw. den HIPC Trust Fund überweisen.

Das SCA-1 Konto ist ein Unterkonto des Allgemeinen Kontos (GRA), das im Wege der Lastenteilung von Gläubiger- und Empfängerländern dotiert wird. Es soll sicherstellen, dass im Falle der Zahlungsunfähigkeit eines Schuldnerlandes der IWF in der Lage ist, die Forderungen der Geberländer zu begleichen, ohne selber in finanzielle Schwierigkeiten zu geraten.Die Ressourcen des SCA-1 Kontos sind rückzahlbare Mittel, die auf Beschluss des IWF (wie im gegenständlichen Fall geschehen) oder nach der Auflösung aller Zahlungsrückstände beim IWF an die Mitgliedsländer zurückgezahlt werden können.

Die gestundeten bzw. zurückgestellten Gebühren wurden im Zuge eines Lastenteilungsmechanismus proportional von den Gläubiger- und Schuldnerländern getragen. Sie werden nach Rückzahlung der Schulden und aufgelaufenen Gebühren automatisch an die an diesem Prozess teilnehmenden Länder zurückgezahlt.

Der zweite Schritt, die Überweisung auf das Liberia Administered Account bzw. den HIPC Trust Fund, erfolgt auf der Basis des vom IWF-Stab übernommenen Vorschlages der G-8 Länder, dass sich alle Länder die regelmäßig im Finanztransaktionenplan aufscheinen, an der Entschuldung beteiligen sollen. Der Finanztransaktionenplan ist ein wesentlicher Bestandteil der IWF-Kreditvergabe. Der IWF vergibt seine Kredite entweder in Form von SZR oder direkt in ausländischen Devisen. Im zweiten Fall verringert sich die Quotenposition der Geberländer und deren Forderung gegenüber dem IWF steigt an. Die Auswahl dieser Geberländer erfolgt auf der Basis einer Reihe von Finanzindikatoren und wird im quartalsweise erscheinenden Finanztransaktionenplan veröffentlicht. Österreich ist eines der Länder, die regelmäßig im Finanztransaktionenplan aufscheinen und es wird daher erwartet, dass es sich am Übergangskredit für Liberia beteiligt.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Regelung des Gesetzesentwurfes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG, demzufolge die Gesetzgebung und die Vollziehung in den Angelegenheiten des Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen; Maß- und Gewichts-, Normen- und Punzierungswesen, Bundessache ist.

Besonderer Teil

Zu § 1: Die kompliziert anmutende Vorgangsweise von Überweisung und Rücküberweisung von nationalen Mitteln wurde deshalb gewählt, weil die Mittel aus dem SCA-1 Konto nicht für Entschuldungen vorgesehen sind. Das SCA-1 Konto dient dem IWF als Rückversicherung gegen die Zahlungsunfähigkeit von Schuldnerländern. Die Zahlungsunfähigkeit Liberias wurde aber nicht festgestellt. Deshalb musste von den beiden Alternativen, welche dem IWF zur Rücküberweisung von SCA-1 Mitteln an die Geberländer zur Verfügung stehen (Beschluss des IWF bzw. Bezahlung aller Rückstände), die erste gewählt werden, verbunden mit der Aufforderung um anschließende (freiwillige) Verwendung der Mittel für eine Entschuldung Liberias.

Als Konto, auf das die Mittel überwiesen werden sollen, wird der HIPC Trust Fund gewählt, da dort die „Sichtbarkeit“ des österreichischen Beitrages besser gewährleistet ist. Der HIPC Trust Fund ist ein von der Weltbank-Tochter Internationale Entwicklungsorganisation (IDA) verwalteter Fonds, der aus Beiträgen bilateraler Geber gespeist wird und die Weltbank sowie andere multilaterale Entwicklungsbanken dabei unterstützt, ihren Anteil am Schuldenerlass im Rahmen der HIPC-Initiative, einer Entschuldungsinitiative für hoch verschuldete arme Länder, zu refinanzieren.