57 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 424/A der Abgeordneten Renate Csörgits, Barbara Riener, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz, das Arbeitsmarktförderungsgesetz, das Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigen-vorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984 und das Beschäftigungsförderungsgesetz geändert werden (Beschäftigungsförderungsgesetz 2009)

und

über den Antrag 59/A(E) der Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen betreffend rasche Umsetzung eines Beschäftigungsprogrammes

Die Abgeordneten Renate Csörgits, Barbara Riener, Kolleginnen und Kollegen haben den Initiativantrag 424/A am 22. Jänner 2009 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Allgemeines

Sowohl die internationalen Prognosen wie die Wirtschaftsprognose der Kommission der EU bzw. die der OECD als auch die aktuellen nationalen Prognosen von WIFO, IHS und der OeNB gehen für das Jahr 2009 davon aus, dass das BIP-Wachstum nicht nur zum Stillstand kommt, sondern sogar mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung zu rechnen ist, die sich unmittelbar auf die Beschäftigung auswirken und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit zur Folge haben. Alle Prognosen betonen dabei, dass ihre Vorausschätzungen durch erhebliche Ungewissheiten und Abwärtsrisiken belastet sind. Das WIFO geht in seiner Dezemberprognose davon aus, dass es im Jahr 2009 zu einem Rückgang des BIP um 0,5 %, zu Beschäftigungsverlusten um 0,4 % und zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit von 27 000 Personen im Jahresdurchschnitt 2009 kommt. Das bedeutet eine Veränderung der Arbeitslosenquote von 5,8 % im Jahr 2008 auf 6,5 % im Jahr 2009.

Vor diesem Hintergrund steht eine Reihe von österreichischen Unternehmen vor der Situation, dass geplante Produktionsleistungen deutlich revidiert werden müssen und bewährte Arbeitskräfte nicht ausgelastet werden können, was wiederum Kündigungen zur Folge hätte. Diese Arbeitskräfte würden allerdings beim Konjunkturaufschwung und dem Hochfahren der Produktion nur eingeschränkt zur Verfügung stehen. In dieser Situation ist es – unabhängig von den bereits eingerichteten Konjunkturpaketen der Bundesregierung – arbeitsmarktpolitisch notwendig, die betroffenen Unternehmen und ihre Arbeitnehmer zu unterstützen, den Beschäftigtenstand über die Phase des Produktionsausfalls zu halten und damit Arbeitslosigkeit so weit als nur möglich abzuwehren, gleichzeitig aber den Produktionsausfall zu nutzen, die Arbeitnehmer zu qualifizieren, um sie auf neue Produktionsverfahren, Werkstoffe und Produktionsprozesse vorzubereiten und dadurch einen möglichen Fachkräftemangel im Konjunkturaufschwung zu vermeiden. Durch die damit verbundene Erhöhung der Arbeitsplatzsicherheit für die Beschäftigten kann auch der Anstieg der Arbeitslosigkeit gebremst werden. Dafür spricht auch, dass dadurch die Belastung der öffentlichen Hand in gesamtfiskalischer Hinsicht geringer ausfällt. Neben dem bewährten arbeitsmarktpolitischen Instrumentarium ist es daher zweckmäßig, das Instrument der Kurzarbeit zu flexibilisieren, die Kurzarbeit mit überbetrieblich verwertbaren Qualifizierungsmaßnahmen zu verbinden und in jenen Fällen, in denen die Beschäftigung nicht stabilisiert werden kann, das Instrument der Arbeitsstiftungen zu erweitern, um den betroffenen Arbeitnehmern einen möglichst reibungslosen Übergang in eine neue Beschäftigung zu eröffnen und sie gleichzeitig materiell abzusichern.

Dieses akute arbeitsmarktpolitische Paket an Auffangmaßnahmen ist budgetär wegen der nicht absehbaren Dauer und Tiefe des Produktionsausfalls nur schwer abzuschätzen. Derzeit befinden sich rund 16 200 Arbeitnehmer in Kurzarbeit, weitere 1 800 Personen stehen unmittelbar davor. Damit verbunden ist ein budgetärer Aufwand von rund 45 Mio. €. Geht man davon aus, dass sich die Dauer der laufenden und bereits absehbaren Kurzarbeit um weitere drei Monate verlängert und ab dem 3. Quartal 2009 in ähnlichem Umfang wie aktuell in der ersten Jahreshälfte Kurzarbeit in Anspruch genommen werden muss, errechnet sich ein zusätzlicher budgetärer Aufwand von rund 90 Mio. €. Dazu kommen die neuen Qualifizierungsmaßnahmen. Geht man davon aus, dass ein Drittel der von Kurzarbeit betroffenen Personen im Jahr 2009 in Unternehmen beschäftigt sind, die in der Lage sind, Qualifizierungsmaßnahmen bereit zu stellen und den Finanzierungsanteil zu tragen, dann errechnet sich hierfür ein Maximalbetrag von rund 45 Mio. €. Dieser budgetäre Aufwand bezieht sich auf einen angenommenen durchschnittlichen Zeitraum der Qualifizierungsmaßnahmen von drei Monaten.

Im Jahr 2008 betrug der Neuzugang in Arbeitsstiftungen rund 7 700 Arbeitnehmer. Geht man davon aus, dass durch die Erweiterung und Flexibilisierung der Arbeitsstiftungen weitere rund 8 000 Personen in Stiftungsmaßnahmen eintreten und in diesem Umfang den Jahresbestand an Stiftungsteilnehmern erhöhen, dann resultiert daraus ein budgetärer Aufwand von rund 42 Mio. € (Trägerförderung des AMS, Stiftungsarbeitslosengeld und Leistungsfortbezug, Sozialversicherung für die Stiftungsteilnehmer; ohne anteilige Finanzierung Dritter).

Insgesamt errechnet sich für dieses arbeitsmarktpolitische Sofortpaket ein Mittelbedarf von 222 Mio. €.

Zu Art. 1 (Änderung des AMSG):

Die Änderungen bezwecken die Übernahme und Adaptierung der bisher im AMFG enthaltenen gesetzlichen Regelungen betreffend die Kurzabeitsbeihilfen und die Verankerung einer gesetzlichen Grundlage für die Qualifizierungsbeihilfen im AMSG.

Das Inhaltsverzeichnis soll entsprechend angepasst werden.

Die Neuregelung der Kurzabeitsbeihilfen soll eine größere Flexibilität und stärkere Einbindung der Arbeitsmarktpartner im Rahmen der Richtlinienerstellung im AMS ermöglichen. In der Richtlinie sollen insbesondere eine längere Höchstdauer der Kurzarbeit (etwa bis zu 18 Monaten), flexiblere Regelungen hinsichtlich des Durchrechnungszeitraumes und der erforderlichen Mindestarbeitszeit bzw. des zulässigen Arbeitszeitausfalles sowie Regelungen betreffend die Kombinierbarkeit verschiedener Beihilfen vorgesehen werden können. Die Kurzarbeitsbeihilfe und die Qualifizierungsbeihilfe bei Kurzarbeit sollen sowohl gleichzeitig für verschiedene Teile der Belegschaft wie auch nacheinander, jedoch nicht gleichzeitig für denselben Personenkreis, gewährt werden können. Die mögliche Differenzierung hinsichtlich des betroffenen Personenkreises erlaubt auch Sonderregelungen zB bei Betroffenheit eines wesentlichen Teils älterer Arbeitnehmer.

Die Leistung einer angemessenen Entschädigung ist Voraussetzung für die Gewährung der Kurzarbeitsbeihilfe bzw. der Qualifizierungsbeihilfe bei Kurzarbeit und kann daher von der Beihilfengewährung abhängig gemacht werden.

In Katastrophenfällen sollen Kurzarbeitsbeihilfen auch ohne Vereinbarung der Sozialpartner gewährt werden können. Neben Naturkatastrophen wie Hochwasser, Lawine, Schneedruck, Erdrutsch, Bergsturz, Orkan oder Erdbeben sollen davon auch andere Schadensereignisse wie zB Feuerschäden, die nicht auf Blitzschlag zurück zu führen sind, erfasst werden.

Die Qualifizierungsbeihilfen, das sind Kurzarbeitsbeihilfen mit Qualifizierungsansatz, sollen es ermöglichen, Phasen verminderter Arbeitsnachfrage auf Grund wirtschaftlicher Schwierigkeiten in bestimmten Wirtschaftszweigen für arbeitsmarktgerechte Qualifizierungsmaßnahmen zu nutzen. Die Einbindung der Sozialpartner und die arbeits- und sozialrechtliche Absicherung der Arbeitnehmer soll wie bei der Kurzarbeit erfolgen. Da die Schulungsmaßnahmen im Rahmen des Betriebes organisiert werden und die Sozialversicherungsbeiträge ohne Absenkung weiter zu leisten sind, wird auch die Teilnahme an solchen Schulungsmaßnahmen von der Unfallversicherung umfasst.

Zu Art. 2 (Änderung des AMFG):

Außer dem Entfall der - künftig im AMSG angesiedelten - Regelungen betreffend die Kurzabeitsbeihilfen ist eine Entflechtung der Aufgaben des künftigen BMASK und jener des künftigen BMWFJ vorgesehen.

In den Aufgabenbereich des BMASK fallen künftig als Angelegenheiten des Arbeitsmarktes insbesondere auch die Vorschriften betreffend die Arbeitsvermittlung (mit Ausnahme der gewerberechtlichen Regelungen) und das so genannte Frühwarnsystem, das der Umsetzung der ‚Massenentlassungsrichtlinie’ der EU dient und die Verpflichtung zur frühzeitigen Anzeige geplanter Massenkündigungen an das AMS regelt.

In den Aufgabenbereich des BMWFJ fällt künftig die von der AWS durchgeführte so genannte unternehmensbezogene Arbeitsmarktförderung.

Zu Art. 3 (Änderung des AMPFG):

Außer dem Entfall überholter Regelungen soll hier vor allem die Klarstellung erfolgen, dass die aus Gründen der Lohnnebenkostensenkung für ältere Arbeitskräfte geschaffene Tragung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auf selbständig Erwerbstätige nicht anwendbar und daher eine freiwillige Arbeitslosenversicherung mit Beitragsleistung auch nach Vollendung des 57. Lebensjahres möglich ist.

Zu Art. 4 (Änderung des AlVG):

Hier soll die Einrichtung von Arbeitsstiftungen durch Gebietskörperschaften oder andere geeignete Träger nicht erst bei Vorliegen eines Insolvenztatbestandes ermöglicht werden. Weiters soll die Einrichtung von Branchenstiftungen durch eine Wirtschaftskammer möglich sein.

Zu den Art. 5 und 6 (Änderungen des BMSVG und des LAG 1984):

Hierbei handelt es sich nur um Zitatanpassungen in Folge der gesetzlichen Verankerung der Kurzarbeitsbeihilfen und der Qualifizierungsbeihilfen bei Kurzarbeit im AMSG.“

 

Des weiteren haben die Abgeordneten Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen den Entschließungsantrag 59/A(E) am 25. November 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„In den kommenden Jahren droht ein Wirtschaftsabschwung in Österreich, dessen Folgen nicht vorhersehbar sind. Eine weltweite Rezession manifestiert sich, der sich auch Österreich nicht entziehen kann. Rasche Maßnahmen zur Stärkung der Betriebe und zur Sicherung der Arbeitsplätze sind notwendig. Dem drohenden Anstieg der Arbeitslosigkeit muss rechtzeitig  entgegen gewirkt werden.

Jüngste Arbeitsmarktdaten in Österreich zeigen, dass die Arbeitslosigkeit bei Lehrlingen und älteren Arbeitnehmern bereits zunehmend ansteigt und die Zahl der Kündigungen deutlich steigt. Daher sind entsprechende Maßnahmen nicht nur zur Konjunkturbelebung, sondern auch zur Arbeitsmarktförderung notwendig. Ein zukunftsweisendes Beschäftigungsprogramm muss rasch umgesetzt werden, um verstärkt Arbeitsplätze zu erhalten und zu sichern. Denn gerade in wirtschaftlich unruhigen Zeiten muss die Beschäftigung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Österreich im Vordergrund stehen. Vor allem gering qualifizierte und ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fürchten den Verlust  ihres Arbeitsplatzes. Denn das Risiko entlassen zu werden, ist für sie besonders groß.

Ebenso muss von einer drohenden Verschlechterung für die heimischen Arbeitnehmer/innen durch eine vorzeitige und vorschnelle Öffnung des österreichischen Arbeitsmarktes ausgegangen werden, die entschieden abzulehnen ist, weil dies zu erhöhtem Konkurrenzdruck, Kostendruck und Lohndumping durch ausländischen Import-Arbeitskräfte führen wird.

Um eine positive Entwicklung am Arbeitsmarkt herbeizuführen müssen weitere finanzielle Mittel für die bessere Ausbildung von Jugendlichen, für die Ausbildung von Fachkräften, für die Weiterbildung und für mehr und bessere Kinderbetreuungsplätze zur leichteren Vereinbarkeit von Beruf und Familie eingesetzt werden. Denn Weiterbildung ist zunehmend die Voraussetzung, um den Arbeitsplatz zu halten. Daher sollten jene Maßnahmen gefördert werden, die sowohl den betroffenen ArbeitnehmerInnen als auch der Wirtschaft dienen.

Mit dem Ausbau der Finanzierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik soll eine Beschäftigungsoffensive umgesetzt werden, die eine markt- und qualitätsorientierte, bedürfnisorientierte Aus- und Weiterbildung zunehmend fördert. Weiters sind verstärkte Bildungsmaßnahmen für WiedereinsteigerInnen, die Sicherstellung einer arbeitsmarktrelevanten hochqualifizierten Berufsausbildung für Jugendliche und Verbesserungen der Qualität der AMS-Dienstleistungen für Arbeitssuchende anzustreben. Denn ein aktives Beschäftigungsprogramm trägt zur Stärkung der Betriebe und zur Sicherung der Arbeitsplätze bei und soll den Menschen in Österreich helfen, ihre Chance auf Beschäftigung weiterhin zu wahren.

Wenn die neue Bundesregierung in den nächsten beiden Jahren für arbeitsmarktpolitische Aufgaben nur 75 Mio. Euro mehr ausgeben will (also nur 1,5 % der für 2008 budgetierten Ausgaben von 4,8 Mrd. in diesem Bereich), so unterschätzt sie ganz offensichtlich entweder das Bedrohungsszenario viel niedriger ein als das angemessen wäre oder – was noch schlimmer ist – sie ist nicht bereit, Geld in die Hand zu nehmen um einer Massenarbeitslosigkeit massiv gegenzusteuern.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständlichen Anträge in seiner Sitzung am 12. Februar 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter die Abgeordneten Franz Riepl, Dr. Martin Bartenstein, Sigisbert Dolinschek, Mag. Birgit Schatz, Barbara Riener, Ridi Steibl, Karl Öllinger, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Ulrike Königsberger-Ludwig, Ing. Norbert Hofer, Ursula Haubner sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Renate Csörgits, Barbara Riener einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Durch die vorgeschlagene Ergänzung soll das Verhältnis von Kurzarbeits- und Qualifizierungsunterstützung und der entsprechenden Beihilfe klargestellt werden.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Initiativantrag 424/A der Abgeordneten Renate Csörgits, Barbara Riener, Kolleginnen und Kollegen in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Renate Csörgits, Barbara Riener mit Stimmenmehrheit angenommen.

Damit gilt der Entschließungsantrag 59/A(E) als miterledigt.

Ein von der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz eingebrachter Abänderungsantrag fand keine Mehrheit.

Weiters wurde ein von den Abgeordneten Renate Csörgits, Barbara Riener eingebrachter Entschließungsantrag betreffend die inhaltliche Ergänzung des Sozialberichtes einstimmig beschlossen.

Ferner fanden zwei von der Abgeordneten Mag. Birgit Schatz eingebrachten Entschließungsanträge keine Ausschussmehrheit.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Dietmar Keck gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2009 02 12

                                   Dietmar Keck                                                                   Renate Csörgits

                                   Berichterstatter                                                                            Obfrau