65 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (38 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Bundesabgabenordnung, die Abgabenexekutionsordnung, das Kommunalsteuergesetz 1993, das Grundsteuer­gesetz 1955, das Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991 und das Finanzstrafgesetz geändert werden (Abgabenverwaltungsreformgesetz - AbgVRefG)

Mit BGBl. I Nr. 103/2007 wurde durch Änderungen des F-VG 1948 die verfassungsrechtliche Rechtsgrundlage für eine weitgehende Vereinheitlichung der BAO und der Landesabgabenordnungen geschaffen.

Die Bundesgesetzgebungskompetenz ist in § 7 Abs. 6 F-VG 1948 wie folgt geregelt: „Die Bundesgesetzgebung regelt die allgemeinen Bestimmungen und das Verfahren für die von den Abgabenbehörden des Bundes, der Länder und der Gemeinden verwalteten Abgaben.“

Die Regelung des Verfahrens (für die Erhebung der Bundes-, Landes- und Gemeindeabgaben) liegt danach in der ausschließlichen Kompetenz des Bundesgesetzgebers. Mit 1. Jänner 2010 treten nach dem letzten Satz des § 17 Abs. 3d F-VG 1948 landesrechtliche Verfahrensbestimmungen außer Kraft, soweit die Bundesgesetzgebung nicht anderes regelt.

Das Ziel der Vereinheitlichung sowie die Erforderlichkeit sachlicher Rechtfertigungen sprechen dafür, dass unterschiedliche Regelungen für Bundesabgaben einerseits und für Landes- und Gemeindeabgaben andererseits nur ausnahmsweise in Betracht kommen.

Die Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers betrifft auch „allgemeine Bestimmungen“. Dies sind Bestimmungen über Angelegenheiten, die bereits derzeit in der BAO und in den Landesabgabenordnungen geregelt sind. Sie betreffen grundsätzlich mehrere Abgaben. Dazu gehören ua Definitionen (zB für Wohnsitz, Angehörige) und (materiellrechtliche) Bestimmungen über Nebenansprüche (zB Zwangsstrafen, Ordnungsstrafen, Verspätungszuschläge, Stundungszinsen und Säumniszuschläge).

Die allgemeine Bestimmungen betreffende Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers lässt die Gesetzgebungskompetenz der Länder für „besondere Bestimmungen“ unberührt. Dazu gehören jene Regelungen, die üblicherweise in Abgabengesetzen (speziell für die betreffende Abgabe) enthalten sind. Dies betrifft beispielsweise Bestimmungen über die Person der Abgabenschuldner oder der persönlich Haftungspflichtigen, Fälligkeitsfristen, Anmeldungs- und Abgabenerklärungspflichten, spezielle Aufzeichnungspflichten, Erstattungen.

Die Bundeskompetenz des § 7 Abs. 6 F-VG 1948 umfasst nicht allgemeine Bestimmungen des Verwaltungsstrafrechts, das Verwaltungsstrafverfahren sowie (Abgabenbehörden der Länder und Gemeinden betreffendes) Organisationsrecht bzw. Regelungen über die sachliche und örtliche Zuständigkeit für die Erhebung von Landes- und Gemeindeabgaben.

Vor allem im Interesse der Rechtssicherheit (insbesondere für die Abgabenbehörden und für die Abgabepflichtigen) sowie um die Verwendung der Judikatur (zB Suche in Rechtsinformationssystemen und in der Fachliteratur) nicht zu erschweren, erfolgt die legistische Umsetzung der Vereinheitlichung im Wege einer Novellierung der Bundesabgabenordnung (BAO). Dies geschieht vor allem durch die Erweiterung ihres Anwendungsbereiches auf Landes- und Gemeindeabgaben sowie durch solche Abgaben betreffende Sonderregelungen (zB über Mahngebühren nach § 227a BAO).

Solche Sonderregelungen sind beispielsweise für Bagatellbeträge erforderlich, weil als Folge der im Allgemeinen (im Verhältnis zu Bundesabgaben) geringeren Höhe von Landes- und Gemeindeabgaben von der BAO abweichende Beträge zweckmäßig erscheinen. Dies betrifft insbesondere Nebenansprüche (vor allem Stundungs- und Aussetzungszinsen, Säumniszuschläge) sowie den für die zwangsweise Einbringung geltenden Kleinbetrag.

Über 100 Bestimmungen der BAO sind vom Inhalt her gesehen für Landes- und Gemeindeabgaben bzw. für Abgabenbehörden der Länder und Gemeinden nicht anwendbar.

Dazu gehören beispielsweise

-       Bestimmungen, die lediglich Finanzämter betreffen (zB §§ 53 bis 67, 120 Abs. 1 und 2, 229a BAO),

-       Bestimmungen, die nur für Zollämter gelten (zB § 68 BAO),

-       den unabhängigen Finanzsenat (UFS) bzw. das Verfahren vor dem UFS betreffende Normen (zB §§ 260, 263 bis 268, 270, 271, 278, 282 bis 287 BAO),

-       für das BMF geltende Verordnungsermächtigungen (zB §§ 86a Abs. 2, 90a und 97 Abs. 3 BAO),

-       nur gegenüber dem BMF bestehende Verpflichtungen (zB § 158 Abs. 4a BAO),

-       § 48 BAO (gilt nur für bundesrechtlich geregelte Abgaben, die von Abgabenbehörden des Bundes einzuheben sind),

-       lediglich für bestimmte Bundesabgaben geltende Bestimmungen (zB § 4 Abs. 2 lit. a BAO für Einkommensteuer und für Körperschaftsteuer), § 125 BAO (für Abgaben vom Einkommen), § 126 Abs. 2 und 3 BAO (Abgaben vom Einkommen und Ertrag), § 160 BAO etwa bezüglich Grunderwerbsteuer und Gesellschaftsteuer, § 205 BAO betreffend Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 208 Abs. 2 BAO und § 209 Abs. 3 BAO (betreffen nur Erbschafts- und Schenkungssteuer), § 217 Abs. 8 lit. b BAO (bezüglich Anspruchszinsen),

-       für die Feststellung von Einkünften geltende Normen (zB §§ 54, 188, 101 Abs. 3 und 4, 191 Abs. 1 lit. c und Abs. 5 BAO),

-       nur Abgabenbehörden des Bundes erfassende Normen (zB § 3 Abs. 4 BAO).

Die BAO-Änderungen des Abgabenverwaltungsreformgesetzes betreffen weiters Bereiche, die nur für Bundesabgaben oder auch für Bundesabgaben bedeutsam sind. Dazu gehören die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) sowie die Ermöglichung „elektronischer“ Aktenvermerke (§ 89 BAO).

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 12. Februar 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin im Ausschuss Marianne Hagenhofer die Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Mag. Kurt Gaßner, Lutz Weinzinger, Ernest Windholz und Jakob Auer sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (38 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2009 02 12

                               Mag. Kurt Gaßner                                                   Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann