Minderheitsbericht

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

der Abgeordneten Mag. Alev Korun, Dr. Peter Pilz, Mag. Albert Steinhauser

zum Bericht des Ausschusses für innere Angelegenheiten über die Regierungsvorlage (88 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005 und das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz geändert werden

 

1. Die vorliegende Regierungsvorlage löst drängende humanitäre Probleme nicht.

Aus einer parlamentarischen Anfragebeantwortung des Innenministeriums vom 17.4.2007 wurde erstmals deutlich, dass die Zahl der Langzeitasylverfahren eine sehr beträchtliche ist. Zum Stichtag 28.2.2007 waren 14.204 Asylverfahren über drei Jahre und 4.050 über fünf Jahre anhängig. Dazu kommen 4.262 Asylverfahren, die noch im Sommer 2008 beim Verwaltungsgerichtshof als anhängig galten. Dazu gibt es zahlreiche Betroffene, deren Verfahren bereits abgeschlossen sind und die dennoch im Wege eines langjährigen Aufenthaltes in Österreich verwurzelt und voll integriert sind. Die Zahlen zeigen, dass wir es qualitativ und quantitativ mit einer ernsthaften Problemlage zu tun haben.

Die seitens des Bundesministeriums für Inneres medial kolportierte Zahl von 1.500 „Altfällen“ aus abgeschlossenen Verfahren, die damit für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung nach den Bestimmungen des § 43 Abs 2 und § 44 Abs 3 und Abs 4 NAG in Betracht kommt,  hält auch internationalen Vergleichen nicht stand. Länder mit ähnlichen Migrationssystemen (Belgien, Schweiz, Schweden, Deutschland) haben weitaus höhere Zahlen an Betroffenen für ihre Bleiberechtsregelungen einkalkuliert und tatsächlich erfahren.

Schweden hat im Jahr 2006 ca. 25.000 Aufenthaltsgenehmigungen erteilt, die Schweiz im Jahr 2000 15.000 Personen. Allen Systemen ist ein Vorausaufenthalt der Betroffenen von 5 – 8 Jahren gemeinsam.

Diese Fehleinschätzung erinnert an Irrtümer in der Vergangenheit. Als der UBAS im Jahr 1997 konzipiert wurde ging der Gesetzgeber von 10.000 Asylanträgen in Österreich pro Jahr aus. Die Realität sah anders aus, nämlich 20.000, 30.000 und 40.000. Das hat letztlich zu den Asylrückständen geführt. Als die Grundversorgung konzipiert wurde, ging man von 16.000 zu Versorgenden aus und hatte dann auf einmal 25.000 zu versorgen.  Die RV bietet damit von Grund auf kein Instrumentarium, mit der Problematik adäquat umzugehen.

 

2. Die Fremdenpolizeibehörden als Grundrechtshüter

Vor allem für „Altfälle“ (Personen aus bereits abgeschlossenen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren) und Betroffene, deren Asylantrag vor 1.5.2004 gestellt wurde, werden Fremdenpolizei und übergeordnete Sicherheitsdirektionen zur zentralen Artikel 8 EMRK – Behörde.

So wünschenswert eine verbesserte Anwendung des Grundrechts auf Privat- und Familienleben  bei den fremdenpolizeilichen Behörden ist, so wäre es der Thematik Bleiberecht  angemessener, wenn verstärkt Niederlassungsbehörden darüber zu entscheiden hätten, ob es zur Erteilung eines Bleiberechts kommt. Einzig in den Konstellationen der §§ 43, 44 NAG entscheidet die Niederlassungsbehörde über das Bleiberecht. Das aber wiederum auch nur in enger Anbindung an die Sicherheits-behörde (§ 44b Abs NAG).

 

3. Weiterhin mangelnder Rechtsschutz

Nachdem wegen der Kritik des Verfassungsdienstes im Begutachtungsverfahren das System der Patenschaft abgemildert und ein Antragsrecht für Betroffene für „Beiratsfälle“ (§ 44 Abs 4 NAG) eingezogen wurde, sieht die RV im Gegenzug keine Berufungsmöglichkeit mehr vor. Es bleibt den Betroffenen nur der direkte Weg zum Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof.

Der Verwaltungsgerichtshof kann jedoch keine Notbremse (durch Gewährung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof) ziehen. Der VwGH kann nur eine Rechtsposition erteilen, die vorher gegeben war.  Da Betroffene mit Stellung eines Antrages auf Bleiberecht (Niederlassungsbewilligung) keinen Abschiebeaufschub bekommen, bleibt der Rechtszug an die Höchstgerichte wirkungslos und die Betroffenen würden während des höchstgerichtlichen Verfahrens abgeschoben werden. An dieser Stelle sei die in der RV zu Gunsten des Bundesministers für Inneres geschaffene Möglichkeit, in rechtskräftig von den zuständigen Behörden erteilte „Bleiberechte“ während einer Frist von 3 Jahren hindurch einzugreifen erwähnt, die geeignet ist, Betroffene über einen langen Zeitraum hinweg in Unsicherheit zu wiegen, ob das einmal gewährte Bleiberecht bestehen bleiben wird.

 

4. Unübersichtliches Normengestrüpp

Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner diese Novelle auslösenden Entscheidung lediglich die Wortfolge „von Amts wegen“ aus dem Rechtsbestand beseitigt. Mit einer unnötigen Verkomplizierung setzt die Regierung diese VfGH-Entscheidung mit 58 Änderungen der bestehenden Rechtslage um.

Das gesamte System aus Antragsrechten wurde vom Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes im Begutachtungsverfahren zurecht wie folgt kritisiert: „Allgemein scheint das in den §§ 43 bis 44b vorgesehene Normensystem ausgesprochen komplex und schwer nachvollziehbar geregelt.“ Leider hat es diesbezüglich keine Nachbesserungen am Ministerialentwurf gegeben. Betroffene sehen sich auf diese Weise mehreren Behörden und mehreren Verfahren gegenüber.

Die weitgehende Unverständlichkeit der RV zeigt die Unterscheidung in „Beiratsfall“ nach § 44 Abs 4 NAG (Integrierte Person, vor 1.5.2004 eingereist und mindestens zur Hälfte rechtmäßiger Aufenthalt) und Nichtbeiratsfall nach § 44 Abs 3 NAG (Ein Betroffener beruft sich allein auf Artikel 8 EMRK in seinem Antrag). Das zeigen die Erläuterungen der Regierungsvorlage beeindruckend: „Dabei ist aber jedenfalls zu beachten, dass die Beurteilung des Integrationsgrades gemäß Absatz 4 (Beiratsfall) nicht in einer gesamtheitlichen Prüfung der Kriterien zu Artikel 8 besteht, sondern lediglich in einer „isolierten“ Bewertung des Integrationsgrades“. Die Regierungsvorlage wird daher nicht nur für Betroffene, sondern auch für RechtsanwenderInnen zahlreiche Tücken bereit halten.

 

5. Die Ausweisung muss dauerhaft unzulässig sein, damit ein Bleiberecht  in Frage kommt.

In diesem Punkt wurde v.a. aufgrund von Beanstandungen des Verfassungsdienstes im Begutachtungsverfahren ein Konkretisierungsversuch (Betonung auf Versuch) unternommen.

Es heißt jetzt in der Regierungsvorlage: „Wenn die drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht vorübergehend sind. Insbesondere im Hinblick auf österreichische Staatsbürger und Personen mit unbefristetem Niederlassungsrecht“. Das könnte die Vollzugsbehörden  dazu verleiten, bei bloß befristet rechtmäßig aufhältigen Angehörigen eines Bleiberechtswerbers/einer Bleiberechtswerberin nur in Richtung vorübergehende Unzulässigkeit einer Ausweisung zu gehen (und folglich kein Bleiberecht zu erteilen).

 

6. Fristversäumer- Bestimmung in § 24 NAG schafft zusätzliche „BleiberechtskandidatInnen“

Die Bestimmung über die Folgen einer nicht rechtzeitigen Antragstellung bei Verlängerungsanträgen ist entschieden abzulehnen. Demnach gilt ein Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels als Erstantrag, wenn er nicht vor Ablauf des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels beantragt wird und Menschen, die seit Jahren legal hier leben, gelten plötzlich als Neuzuwanderer. Das ist eine massive Schlechter­stellung im Vergleich zur bisherigen Regelung und wird zur Illegalisierung vieler Menschen führen.

Eine ähnliche Bestimmung in § 6 des Aufenthaltsgesetzes 1993 hat zu Hunderten bzw. Tausenden „Fristversäumern“ geführt. Viele Existenzen wurden damals zerstört, weil Personen die Antragsverlängerungsfrist versäumt hatten (Der Verlängerungs­antrag musste vier Wochen vor Ablauf der zuletzt erteilten Bewilligung gestellt werden) und von den Vollzugsbehörden zur Ausreise und Neuantragstellung im Ausland angehalten wurden. Erst der Verfassungsgerichtshof hat dieser Auslegung einen Riegel vorgeschoben und in Serie Personen Recht gegeben, die sich auf ihr Grundrecht auf Privat- und Familienleben berufend bis zum Höchstgericht dagegen beschwert haben. Viele Betroffene wurden schon im Vorfeld gezwungen, das Land zu verlassen, andere sind einfach geblieben und mussten in den Folgejahren als humanitäre GesuchstellerInnen nach dem alten Gnadenverfahren aufenthalts­rechtlich „saniert“ werden.

 

7. Arbeitsmarktzugang als Ausnahmefall

Die Grundregel der RV bleibt: Kein Arbeitsmarktzugang für Personen, denen ein Bleiberecht gewährt wird. Erst nach Absolvierung der Integrationsvereinbarung (300 Stunden Deutschkurs) kann eine Niederlassungsbewilligung unbeschränkt erteilt werden. Viele der Betroffenen kommen aus langjährigen Asylverfahren und haben bereits auf vielfältige Weise Sprachkenntnisse erworben. Häufig waren Betroffene auf ehrenamtlich von NGOs und kirchlichen Hilfsorganisationen angebotene Sprachkurse angewiesen. Wer konnte und kann sich als AsylwerberIn schon einen Kurs im Rahmen der Integrationsvereinbarung finanziell leisten (Kosten bis zu 1.200,-- Euro)? Das angebliche Anreizsystem wird hier zu einem Selbsterhaltungsverhinderungssystem, da legale Beschäftigung verunmöglicht wird.

Bei Minderjährigen hat man dazu die Regelungen über geforderte Deutschkenntnisse aus dem Staatsbürgerschaftsgesetz übernommen. Der Verfassungs­­dienst hat im Begutachtachtungsverfahren angemerkt, dass so eine Bestimmung anlässlich der Vergabe einer Niederlassungsbewilligung unsachlich sein könnte.

Wenn z.B. ein 15-Jähriger in Deutsch ein „Nicht Genügend“ im Zeugnis aber schon ein Lehrstellenangebot hat, so muss er erst die Integrationsvereinbarung absolvieren, bevor er eine Lehre beginnen darf. Inzwischen ist die Lehrstelle für immer weg.

Höchst widersprüchlich dazu ist, dass die Selbsterhaltungsfähigkeit der Betroffenen  ein wichtiges Kriterium für den Erhalt eines Bleiberechts ist. (Ausdrücklich normiert in § 44  Abs 4 NAG und sicher auch förderlich für ein Bleiberecht gem. § 44 Abs 3 NAG). Indem eine große Anzahl Betroffener nicht einmal in die Möglichkeit der Selbsterhaltungsfähigkeit versetzt wird, schafft diese RV eine Fülle an Folgeproblemen, etwa bei der Verlängerung eines Bleiberechts.

 

8. § 69a „Besonderer Schutz“

Zunächst wäre wohl eine neutrale Bezeichnung der Aufenthaltsgenehmigung angemessener gewesen (Vorschlag: Aufenthaltsberechtigung gemäß § 69a NAG).

 

Zur Zielgruppe der Opfer von Menschenhandel:

Bei diesen Fällen wirkt sich der absolute Ausschlussgrund für ein Bleiberecht, nämlich ein vorliegendes Aufenthaltsverbot, sehr stark aus. Häufig bekommen Betroffene, etwa nach Aushebung eines Frauenhändlerringes, Aufenthaltsverbote wegen Mittellosigkeit. Sie kommen dann automatisch nicht für ein Bleiberecht in Betracht.  Zu kritisieren ist weiters die sklavische Bindung der Erteilung eines Bleiberechts an die Einleitung eines Straf- oder Zivilverfahrens.

Das BMJ kritisierte in seiner Stellungnahme zum Begutachtungsentwurf, dass die nach der Konvention gegen Menschenhandel zustehende Erholungs- und Bedenkzeit von zumindest 30 Tagen für Betroffene nicht gesetzlich geregelt wird.

 

Zur Zielgruppe der Opfer familiärer Gewalt:

Hier wurde im Ministerialentwurf vorgesehen, dass einerseits eine einstweilige Verfügung nach § 382b Exekutionsordnung vorliegen muss und als Zusatz, dass der/die Betroffene glaubhaft machen muss, dass die Aufenthaltsbewilligung zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Die RV hat nun auch die Möglichkeit einer Aufenthaltsgenehmigung vorgesehen, wenn eine EV zwar nicht erlassen, aber dafür hätte erlassen werden können. Die zweite Voraussetzung, dass die Aufenthaltsgenehmigung auch zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist, wurde aber beibehalten. Dieser Zusatzvoraussetzung wird entschieden als überschießend entgegengetreten.

 

Aus den aufgezeigten Gründen schlagen die Grünen folgendes Bleiberechtskonzept vor, welches ausgewogen, den Bedürfnissen der Praxis entsprechend und rechtstaatlich ist.  


Artikel 1

Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes – NAG

Das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, Artikel 4 des BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2006, wird wie folgt geändert:

1. § 2 Abs. 1 Z 16 wird nachstehende Z 17 angefügt:

„17. Humanitäre Gründe: Umstände, die insbesondere vorliegen, wenn im Falle der Versagung eines Aufenthaltsrechts im Bundesgebiet oder durch die Beendigung des Aufenthalts in eines durch die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder in eines der durch ein Zusatzprotokoll zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten geschützten Rechtsgüter unverhältnismäßig eingegriffen werden würde.“

2. § 11 Abs. 3 lautet:

„(3) Ein Aufenthaltstitel ist trotz Ermangelung der Voraussetzungen gemäß Abs. 2 Z 1 bis 6 oder eines Quotenplatzes zu erteilen, wenn dies zur Aufrechterhaltung des Privat- oder Familienlebens im Sinne des Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (Europäische Menschenrechtskonvention – EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, geboten ist.“

3. § 72 Abs. 1 lautet:

§ 72. (1) Die Behörde kann Fremden, welche die allgemeinen Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach § 11 nicht erfüllen, aus humanitären Gründen (§ 2 Abs. 1 Z 17) auf Antrag oder von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung erteilen.

4. § 73 – § 75 lauten:

Niederlassungsbewilligung aus humanitären Gründen

§ 73. (1) Die Behörde kann Fremden, die seit mehr als fünf Jahren überwiegend im Bundesgebiet aufhältig sind und welche die allgemeinen Voraussetzungen für einen Aufenthaltstitel nach § 11 nicht erfüllen, aus humanitären Gründen (§ 2 Abs. 1 Z 17) auf Antrag eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ erteilen. Hält sich der betreffende Fremde länger als acht Jahre überwiegend im Bundesgebiet auf, wird widerleglich vermutet, dass humanitäre Gründe vorliegen.

(2) Fremden, die über keinen Aufenthaltstitel nach diesem Bundesgesetz verfügen, ist auf Antrag eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ zu erteilen, wenn

      1.      die Durchführung eines fremdenpolizeilichen Verfahrens ergeben hat, dass ihre Ausweisung oder die Verhängung eines Aufenthaltsverbots oder eines Rückkehrverbots nach § 66 FPG unzulässig ist;

      2.      die Asylbehörden festgestellt haben, dass ihre Ausweisung nach § 10 AsylG 2005 unzulässig ist;

      3.      die Fremdenpolizeibehörden festgestellt haben, dass ihre Abschiebung nach § 50 FPG unzulässig ist und ihre Abschiebung deshalb bereits mehr als ein Jahr aufgeschoben wurde (§ 46 Abs. 3 FPG);

      4.      sie sich seit mehr als fünf Jahren überwiegend im Bundesgebiet aufhalten und ihre Abschiebung aus tatsächlichen Gründen bereits mehr als zwei Jahre aufgeschoben wurde (§ 46 Abs. 3 FPG);

      5.      sie seit mehr als drei Jahren über eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen verfügen.

Bleiberecht für Asylwerber

§ 74. Fremden, die vor 1. Jänner 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt haben, ist auf Antrag der Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ für die Dauer von zwei Jahren zu erteilen, wenn sie sich seit diesem Zeitpunkt überwiegend im Bundesgebiet aufgehalten haben und

1.      ihre Mitwirkungspflicht nicht verletzt haben und

2.      über ihren Antrag nach dem jeweils gültigen Asylgesetz nicht rechtskräftig entschieden wurde und

3.      sie nicht wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung, die von Amts wegen zu verfolgen ist und vorsätzlich begangen wurde, rechtskräftig verurteilt worden sind.

Verfahrensbestimmungen

§ 75. (1) Anträge auf die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen können im Inland gestellt und deren rechtskräftige Entscheidung im Inland abgewartet werden. Dies gilt nicht, wenn innerhalb eines Jahres nach rechtskräftiger Entscheidung nach diesem Hauptstück ein weiterer Antrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels gestellt wird.

(2) Anträge von Asylwerbern sind als unzulässig zurückzuweisen, sofern nicht die Voraussetzungen des § 73 Abs. 2 Z 1 und 2 oder § 74 vorliegen. Anträge von Fremden sind als unzulässig zurückzuweisen, wenn der Antrag auf Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels innerhalb eines Jahres nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens gestellt wird.

(3) Die Behörden haben den Asylbehörden die Erteilung des Aufenthaltstitels „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ mitzuteilen, sofern ein Asylverfahren anhängig war oder ist.“

Artikel 2

Änderung des Asylgesetzes 2005

Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), in der Fassung BGBl. I Nr. 100/2005, wird wie folgt geändert:

§ 25 Abs. 1 Z 4 wird nachstehende Z 5 angefügt:

„5. wenn die Aufenthaltsbehörde gem. § 75 Abs. 2 NAG mitteilt, dass dem Fremden der Aufenthaltstitel „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ erteilt worden ist.“

Artikel 3

Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005

Bundesgesetz über die Ausübung der Fremdenpolizei, die Ausstellung von Dokumenten für Fremde und die Erteilung vom Einreisetitel (Fremdenpolizeigesetz 2005 – FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 99/2006, wird wie folgt geändert:

1. Nach § 46 Abs. 3 wird nachstehender Abs. 3a eingefügt:

„(3a) Die Abschiebung eines Fremden, der einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen gestellt hat, ist bis zur rechtskräftigen Entscheidung über diesen Antrag unzulässig. Dies gilt nicht, wenn der Antrag innerhalb eines Jahres nach rechtskräftigem Abschluss des Asylverfahrens oder nach einer rechtskräftigen Entscheidung nach dem 7. Hauptstück des 2. Teiles des NAG gestellt wird.“

2. Nach § 65 Abs 2 wird nachstehender Abs 2a eingefügt:

„(2a) Das Aufenthaltsverbot oder das Rückkehrverbot tritt außer Kraft, wenn einem Fremden ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen gemäß § 72 bis 74 NAG erteilt wird.

3. § 88 Abs. 1 Z 6 wird nachstehende Z 7 angefügt:

„7. Fremde, denen eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ aus humanitären Gründen erteilt wurde und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen.“

Begründung:

Mit dem vorgeschlagenen Bundesgesetz sollen im Wege des Ausbaus des „Humanitären Aufenthaltsrechtes“ und im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention verschiedenen sozialen und rechtlichen Härten, die aus dem Fremdenrechtspaket 2005 entstanden sind, begegnet werden, die AusländerInnen dadurch entstehen, dass ihnen aus welchem Grunde auch immer kein Aufenthaltsrecht zukommt, obwohl sie sich über einen bereits längeren Zeitraum hinweg im Bundesgebiet aufgehalten haben und als integriert gelten können. Dies betrifft zum einen zahlreiche AsylwerberInnen, deren Asylverfahren über viele Jahre andauern und nicht rechtkräftig abgeschlossen wurden, zum anderen aber auch Personen, die sich ohne Aufenthaltstitel seit Jahren im Bundesgebiet befinden und als integriert gelten können.

 

Im Hinblick auf die zahlreichen jahrelangen Asylverfahren wird vor dem Hintergrund der angedachten Einrichtung eines „Asylgerichtshofes“ bzw. einer Bundesverwaltungs­gerichtsbarkeit eine einmalige an einen fixen Termin gebundene Überleitung der betroffenen Personen ins Aufenthalts- und Niederlassungsrecht vorgeschlagen; ohne einen raschen Abbau der Tausenden Altfälle ist die Einrichtung einer echten Verwaltungsgerichtsbarkeit im Asylbereich nicht zielführend.

Um nur im unbedingt nötigen Ausmaß in die Rechtssystematik einzugreifen, wurde davon Abstand genommen, einen neuen Aufenthaltstitel zu schaffen; der vorliegende Entwurf knüpft daher an gegebene Systematik des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes an, auch wenn die Struktur dieses Gesetzes in wesentlichen Punkten einer systematischen Vereinfachung und Bereinigung bedürfte. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass es nicht Ziel des vorgeschlagenen Bleiberechtsgesetzes ist, sämtliche Probleme des Fremden- und Asylrechtswesens zu bereinigen; vielmehr geht es um die punktuelle Behebung derzeit dringend anstehender Probleme.

Zu Art. 1 (Änderung des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes):

Zu Z 1:

Zunächst soll in § 2 eine inhaltliche Umschreibung der sog. „Humanitären Gründe“ eingefügt werden. Diese Umschreibung wurde bewusst weit gewählt, um in allen erdenklichen Fällen den menschenrechtlichen und verfassungsrechtlichen Vorgaben insbesondere jenen aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) in möglichst weitem Umfang entsprechen zu können. Dabei kommen – neben anderen menschenrechtlichen Aspekten – insbesondere Art 3 EMRK (Verbot der Folter) und Art 8 EMRK (Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens) tragende Bedeutung zu. In welchen Fällen durch die Versagung eines Aufenthaltsrechts oder durch eine Aufenthaltsbeendigung in ein durch die EMRK und ihrer Zusatzprotokolle geschütztes Rechtsgut eingegriffen werden würde, ist im Wesentlichen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte zu entnehmen. Ein völkerrechtskonformer Ansatz sollte diesbezüglich im Vordergrund stehen. Im Grunde ist jener Personenkreis betroffen, der unter den besonderen Schutz der EMRK fällt.

Für jene Personen, die über Jahre den Aufenthalt und damit den Mittelpunkt ihres Lebens im Bundesgebiet haben, gewinnt mit zunehmender Dauer des Aufenthalts Art. 8 EMRK an Bedeutung. An dieser Stelle ist zu betonen, dass die Begriffe „Privatleben“ und „Familienleben“ keine gegensätzlichen Begriffe sind, sondern einander ergänzen; das „Familienleben“ geht – dem Wortlaut der EMRK folgend – im „Privatleben“ weitgehend auf; die durch Art. 8 EMRK gewährten Rechte überschneiden einander. Das bedeutet aber, dass Art 8 EMRK nicht nur Ehepaare und nahe Verwandte schützt, sondern auch jene Personen, die im Bundesgebiet wesentliche Anknüpfungspunkte ihrer Lebensbeziehungen vorweisen können. Dazu gehören auch Beziehungen zu anderen Menschen (nicht nur im Rahmen einer Ehe), inländischer Grundbesitz, Zugehörigkeit zu Vereinigungen, Berufsumfeld, emotionale Bindungen an Wohnungen und Sprachkenntnisse. Dabei kommt es auf eine Gesamtbetrachtung an; es wäre nicht im Sinne der EMRK, ausschließlich auf die Kenntnis der deutschen Sprache und der österreichischen Geschichte und Kultur abzustellen, wenn dies auch in Einzelfällen eine Rolle spielen mag.

Der Gesetzesvorbehalt nach Art. 8 Abs. 2 EMRK ist auch im gegebenen Zusammenhang von Bedeutung; grundsätzlich ist vor diesem Hintergrund eine Abwägung zwischen privaten und öffentlichen Interessen vorzunehmen (s dazu etwa auch § 66 FPG). An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass Art. 8 EMRK in besonderen Fallkonstellationen Vertragsstaaten auch verpflichten kann, die Einreise in das Bundesgebiet zu ermöglichen.

Mit dem Wort „unverhältnismäßig“ soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Definition der humanitären Gründe nur solche Umstände erfasst, die sich wesentlich auf die Situation der betreffenden Person auswirken können. Diesbezügliche Ansätze sind den im Asylrecht entsprechend entwickelten Grundsätzen zur maßgeblichen Schwere einer Verfolgungsgefahr bzw. zum Rechtsinstitut des subsidiären Schutzes zu entnehmen. Es gibt Schutzgüter nach der EMRK, bei denen ein Eingriff in die geschützten Rechte typischerweise unverhältnismäßig ist; dies betrifft etwa Eingriffe in das Recht auf Leben, Verstöße gegen das Folterverbot, Eingriffe in das Recht auf Privat- und Familienrechte, insbesondere wenn diese Eingriffe längerfristig sind. Dessen ungeachtet können auch Eingriffe in andere Menschenrechte unverhältnismäßig sein; in der Regel kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an, sodass eine Einzelfallbetrachtung unumgänglich ist.

Zu Z 2:

Bereits nach bestehender Rechtslage ist Art 8 EMRK bei der Erteilung von Aufenthaltstiteln in der Weise zu berücksichtigen, dass zur Aufrechterhaltung eines Privat- oder Familienlebens ein Aufenthaltstitel auch dann zu erteilen ist, wenn die Voraussetzungen nach Abs 2 Z 1 – 6 nicht erfüllt sind. Diese Bestimmung wird dahingehend erweitert, dass auch ein fehlender Quotenplatz der Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht entgegensteht, wenn es dadurch zu einem unzulässigen Eingriff in Art 8 EMRK käme. Zu denken ist dabei etwa an Fälle, in denen das Abwarten auf einen Quotenplatz im Rahmen des Familiennachzugs eine unbillige Härte darstellen würde. Durch diese Neuregelung wird das bisherige komplizierte Verfahren des § 73 Abs 4 NAG ersetzt.

Zu Z 3:

Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage soll die Erteilung einer humanitären Aufenthaltsbewilligung mit einem subjektiven Recht verbunden werden, um damit den Parteien auch jenen Rechtschutz zu einzuräumen, den das verfassungsrechtlich verankerte Rechtstaatsprinzip im Grunde erfordert. Zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten in der Rechtsstruktur insbesondere im Hinblick auf das Asylverfahren werden besondere Vorkehrungen vorgeschlagen (s dazu unten Z 4 § 74). Entsprechend dem Sinn und Zweck des Rechtsinstituts eines humanitären Aufenthaltsrechts soll dessen Erteilung auch möglich sein, wenn allgemeine Erteilungshindernisse für die Erteilung von Aufenthaltstiteln vorliegen. Dies entspricht dem außerordentlichen Charakter des humanitären Aufenthaltsrechts.

Zu Z 4:

Nicht nur die Erteilung von humanitären Aufenthaltsbewilligungen, sondern auch die Erteilung von humanitären Niederlassungsbewilligungen („Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“) soll mit einem subjektiven Recht verknüpft werden (§ 73 Abs 1). Voraussetzung ist der „überwiegende“ Aufenthalt im Bundesgebiet über eine Dauer von fünf Jahren. „Überwiegend“ ist der Aufenthalt insbesondere dann, wenn sich die betreffende Person während der Frist von fünf Jahren hauptsächlich im Bundesgebiet aufhält, wobei kurzzeitige Unterbrechungen nicht schaden. Dauert der überwiegende Aufenthalt im Bundesgebiet länger als acht Jahre, wird vermutet, dass der Fremde soweit integriert ist, dass humanitäre Gründe einer Aufenthaltsbeendigung entgegenstehen. Der Gegenbeweis bleibt zulässig.

Auf Antrag soll eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ zu erteilen sein, wenn feststeht, dass die Verhängung einer Ausweisung, eines Aufenthaltsverbotes oder eines Rückkehrverbotes nach dem Fremdenpolizeigesetz rechtlich unzulässig ist. Eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ soll auch dann erteilt werden, wenn sich zeigt, dass die Abschiebung nach dem Fremdenpolizeigesetz nicht (mehr) möglich ist (§ 73 Abs 2). Als Indiz dafür wurde die Aufschiebung der Abschiebung (§ 46 Abs. 3 FPG) nach dem Fremdenpolizeigesetz herangezogen. Nach dieser Bestimmung ist „die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§ 50 FPG) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint“. Ein Widerruf des Abschiebungsaufschubs bleibt grundsätzlich zulässig und richtet sich nach § 68 FPG. Die Beurteilung der rechtlichen wie tatsächlichen Unmöglichkeit der Abschiebung soll weiterhin den Fremdenpolizeibehörden unterliegen. Erst wenn es rechtlich verbindlich zu einem Abschiebungsaufschub unter den in § 73 Abs. 2 näher umschriebenen Voraussetzungen durch die Fremdenpolizeibehörden kommt, soll die Aufenthaltsbehörde verpflichtet sein, eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ zu erteilen. Um betreffende Personen nicht auf Dauer auf die eher kurzfristige Aufenthaltsbewilligung zu beschränken, soll eine Niederlassungsbewilligung erteilt werden, wenn sich zeigt, dass die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen längerfristig vorliegen, im Näheren wenn die betreffenden Personen länger als drei Jahre über eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen verfügen (§ 73 Abs 2 Z 5). Dies liegt nicht nur im Interesse der beteiligten Personen, sondern dient auch Zwecken der Verwaltungsökonomie.

Um einerseits die Asylbehörden und die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts von den Tausenden anhängigen Verfahren nicht zuletzt im Interesse der Einrichtung eines Asylgerichtshofes (Bundesverwaltungsgerichtshofes) zu entlasten und andererseits die durch die lange Verfahrensdauer verursachte prekäre Situation für AsylwerberInnen zu regeln, aber auch ihrer fortschreitenden Integration über die Jahre der Verfahrensdauer gebührend Rechnung zu tragen, wird ein Bleiberecht für AsylwerberInnen vorgeschlagen (§ 74). Dieses Bleibrecht soll nur wirksam werden, wenn das Asylverfahren nicht ohnehin rechtskräftig abgeschlossen wurde, also zum Entscheidungszeitpunkt noch anhängig ist, die AsylwerberInnen unbescholten sind und sie nicht ihre Mitwirkungspflichten im Asylverfahren verletzt haben.

Bezug genommen wird hier auf die in § 15 Abs. 1 AsylG 2005 normierten Mitwirkungspflichten bzw. – soweit diese Bestimmung für AsylwerberInnen, die vor dem 1.1.2006 einen Antrag auf Gewährung von internationalem Schutz gestellt haben, nicht anzuwenden ist – auf die allgemeine Mitwirkungspflicht von Parteien im Verwaltungs­verfahren. Während offene Asylanträge bzw. Anträge auf internationalen Schutz nach § 25 Asylgesetz 2005 als gegenstandslos abgelegt werden (Artikel 2), bleiben jene AsylwerberInnen, denen im Ergebnis ein Bleiberecht für Asylwerber nicht zukommt, weiterhin im Asylverfahren; aus völkerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Gründen darf AsylwerberInnen das Asylverfahren nicht ohne weiteres versagt werden. Das Bleiberecht für Asylwerber ist an einen Stichtag gebunden, sodass es hier um eine einmalige Sanierung der überlangen Dauer von Asylverfahren geht.

Im Gegensatz zur sonstigen Systematik des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes wird aus rechtlichen und humanitären Gründen vorgeschlagen, dass Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels auch im Inland gestellt werden können. Zudem soll das Ergebnis der rechtskräftigen Entscheidung über die Erteilung eines Aufenthaltstitels aus humanitären Gründen auch im Inland abgewartet werden können. Um Missbräuche zu vermeiden, soll das nicht gelten, wenn innerhalb der Sperrfrist von einem Jahr ein Folgeantrag gestellt wird (§ 75 Abs. 1). Das Recht, den Ausgang des Verfahrens im Inland abzuwarten, begründet nicht zwangsläufig einen rechtmäßigen Aufenthalt im Sinne des § 31 des Fremdenpolizeigesetzes. Eine Abschiebung des Fremden während der Dauer des Verfahrens ist aber nicht zulässig (Artikel 3 Z 1).

Um Doppelgleisigkeiten zwischen Asylverfahren und der Erteilung von Aufenthalts­berechtigungen nach dem vorgeschlagenen Bleiberechtsgesetz sowie mutwillige Folgeanträge zu vermeiden, werden nähere Verfahrensbestimmungen vorgeschlagen (§ 75 Abs. 2). Anträge von AsylwerberInnen sind grundsätzlich zurückzuweisen. Dies soll erstens dann nicht gelten, wenn sich in einem fremdenpolizeilichen Verfahren herausgestellt hat, dass die Ausweisung, die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes oder die Verhängung eines Rückkehrverbotes unzulässig ist, und zweitens, wenn das Bleiberecht für AsylwerberInnen (§ 74) zum Tragen kommt. Stellen Fremde innerhalb eines Jahres im Rahmen dieses vorgeschlagenen Bundesgesetzes einen oder mehrere Folgeanträge, wären diese als unzulässig zurückzuweisen. Im Kern wird somit eine einjährige Sperrfrist für Folgeanträge vorgeschlagen.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie wird eine besondere Mitteilungspflicht der Behörden vorgesehen, um ohne unnötige Verzögerungen und ohne unnötigen Aufwand die Ablegung des Asylantrags bzw. des Antrags auf internationalen Schutz durch die Asylbehörden zu ermöglichen (§ 75 Abs. 3).

Zu Art. 2 (Änderung des Asylgesetzes 2005):

Mit diesem Bundesgesetz ist auch zu regeln, was mit jenen Asylanträgen bzw. Anträgen auf internationalen Schutz zu geschehen hat, wenn Asylwerbern während des laufenden Asylverfahrens ein humanitäres Aufenthaltsrecht zugesprochen wird. Mit vorliegender Bestimmung wird vorgeschlagen, in diesen Fällen die Anträge von AsylwerberInnen im Sinne der Bestimmung des § 25 Asylgesetz 2005 „als gegenstandslos abzulegen“.

Damit entfällt die Entscheidungspflicht der Asylbehörden ungeachtet dessen, auf welchem Stand sich das Verfahren befindet. Mit der Ablegung als gegenstandslos ist keine rechtskräftige Entscheidung in der Sache verbunden.

Zu Art. 3 (Änderung des Fremdenpolizeigesetzes 2005):

Zu Z 1:

Im Zusammenhang mit § 75 Abs. 1 NAG des Entwurfs wird vorgeschlagen, dass während der Dauer des Verfahrens über die Erteilung eines humanitären Aufenthaltstitels eine Abschiebung unzulässig sein soll; dies betrifft nicht Ausweisungs- oder Aufenthaltsverbotsverfahren, sondern nur deren endgültige Umsetzung, nämlich die Abschiebung als Maßnahme. Wiederum aus dem Grund der Vermeidung von Rechtsmissbrauch soll dies nicht innerhalb der einjährigen Sperrfrist im Zusammenhang mit Folgeanträgen gelten.

Zu Z 2:

Um erteilte humanitäre Aufenthaltsbewilligungen bzw. Niederlassungsbewilligungen entsprechend umsetzen zu können, wird das Außerkrafttreten von Aufenthaltsverboten bzw. Rückkehrverboten nach dem Fremdenpolizeigesetz vorgeschlagen, wenn einem Fremden rechtskräftig ein Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen nach dem hier vorgeschlagenen Bleiberechtsgesetz erteilt wird. Aufenthaltsverbote und Rückkehrverbote sollen unmittelbar aufgrund des Gesetzes außer Kraft treten, eines eigenen behördlichen Hoheitsaktes bedarf es demnach nicht.

Zu Z 3:

Nachdem auch die Reisefreiheit völkerrechtlich und innerstaatlich ein geschütztes Rechtsgut ist, soll es auch für Personen, denen ein humanitäres Aufenthaltsrecht zukommt, möglich sein, unter den näheren Voraussetzungen des § 88 Fremdenpolizeigesetz möglich sein, einen Fremdenpass zu beantragen. Dazu ist zunächst erforderlich, dass die betreffende Person ein Reisedokument des Heimatstaates nicht erlangen kann. In weiterer Folge muss die Ausstellung des Fremdenpasses „im Hinblick auf die Person des Betroffenen im Interesse der Republik gelegen“ sein, wobei an dieser Stelle anzumerken ist, dass die Umsetzung der Reisefreiheit selbst auch ein Kriterium im Rahmen der „Interessen der Republik“ darstellen kann.