129 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Antrag 282/A(E) der Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Konjunkturpaket-Familie

Die Abgeordneten Lutz Weinzinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 10. Dezember 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Familien stehen tagtäglich unter enormem finanziellen Druck. Es sind vor allem auch Familien, die sich in den letzten Jahren für die Schaffung von Wohnraum verschulden mussten und wegen der angespannten finanziellen Situation und der niedrigen Sparquoten bei Mehrpersonenhaushalten sich oft auch riskantere „Finanzierungsmethoden“ aufschwatzen ließen (Stichwort Fremdwährungskredit).

Familien schenken der Gesellschaft und dem Staat durch das Auf- und Erziehen von Kindern Zukunft. Nur durch eigene Kinder sind die staatlichen Sozialsysteme und Umlageverfahren dauerhaft gesichert. In Anbetracht der aktuellen globalen Entwicklungen ist eine Investition in unsere Familien der sinnvollste Weg die Konjunktur anzukurbeln.

Ein Konjunktur-Paket muss vor allem folgende Aspekte erfüllen:

1.      Die eingesetzten Mittel sollten möglichst in voller Höhe in den Konsum fließen.

2.      Der Konsum sollte sich möglichst breit im Inland manifestieren.

3.-    Der Einsatz der Mittel sollte sozial treffsicher sein.

4.      Die Mittel sollten auch konjunkturunabhängige positive Auswirkungen in der Zukunft zeitigen.

ad 1.: Verwendung der eingesetzten Mittel in den Konsum:

Familien weisen laut einer Studie des WIFO aus dem Jahr 2003 eine weit höhere Konsumquote auf als kinderlose Haushalte. Das Österreichische Institut für Familienforschung an der Universität Wien hat dieses Faktum in der Zeitschrift „beziehungsweise“ 17/03, vom 21.8.2003 unter dem Titel „Wie viel Euro kostet ein Kind?" beleuchtet:

‚Kinder verringern den Wohlstand - das zeigt die Konsumquote, die die Relation zwischen den laufenden Konsumausgaben und dem Haushaltseinkommen abbildet. Kinderlose Haushalte weisen eine niedrigere Konsumquote auf, was mehr Sparmöglichkeiten bzw. eine höhere Sparquote bedeutet (Konsumerhebung 1999/2000: Konsumquote 94 %, Sparquote 6 %). Familien mit Kindern haben im Schnitt eine höhere Konsumquote (Konsumquote 99 %, Sparquote 1 %) und damit stärkere finanzielle Einschränkungen. Mit der Anzahl der Kinder steigt auch die Konsumquote. Einen Teil des Einkommens auf die Seite zu legen, wird immer unwahrscheinlicher.

Familien mit Kindern haben eine geringere Pro-Kopf-Kaufkraft als Personen ohne Kinder.  Das Einkommen von Alleinerzieherinnen mit einem Kind liegt, gemessen am bedarfsgerechten Pro-Kopf-Einkommen, um ein Viertel unter dem Einkommen von "Singles", mit zwei Kindern um ein Drittel. Die Folge davon ist, dass ein Viertel der Alleinerziehenden mit zwei oder mehr Kindern von Einkommensarmut bedroht ist. Etwas weniger schlimm trifft es Zwei-Erwachsenenhaushalte. Diese beziehen mit einem Kind 11 % und mit zwei oder mehr Kindern rund ein Viertel weniger Einkommen als kinderlose Haushalte.’

Mit einer Konsumquote von knapp 100% ist zu erwarten, dass zusätzliche finanzielle Mittel nahezu zur Gänze in den Konsum fließen.

ad 2.: Verwendung der eingesetzten Mittel im Inland:

Familien zeigen eine sehr breite Streuung bei der Verwendung ihrer Geldmittel. Durch die ohnehin angespannte finanzielle Ausgangssituation ist davon auszugehen, dass in allen Bereichen gespart wird. Es ist daher zu erwarten, dass zusätzliche Kaufkraft auf alle Wirtschaftssparten relativ gleichmäßig verteilt wird. Zudem wird der Großteil der Kaufkraftstärkung der  Familien im Inland ausgegeben.

ad 3.: soziale Treffsicherheit der eingesetzten Mittel:

Da Familien in den letzten Jahren durch unterlassene Inflationsanpassungen im Bereich der Familienleistungen an Kaufkraft verloren haben wie keine andere Bevölkerungsgruppe, erfüllt ein Familien-Konjunkturpaket auch die Erfordernisse der sozialen Treffsicherheit. Die Stufen der Familienbeihilfe für 0 bis 19 jährige haben mittlerweile einen inflationsbereinigten Wert erreicht, der so niedrig ist wie zuletzt 1978, die Familienbeihilfe für über 19- Jährige ist so niedrig wie zuletzt im Jahr 1985.

ad 4.: konjunkturunabhängige positive Auswirkungen:

In Anbetracht der finanziellen Lage unserer Familien überrascht es nicht, dass die Österreicher laut Eurobarometer 2006 den niedrigsten persönlichen Kinderwunsch in Europa aufweisen. Das Max-Planck-Institut für demografische Forschung, das Vienna Institute of  Demography (VID) - Österreichische Akademie der Wissenschaften - und das Rostocker Zentrum für demografischen Wandel haben diese Tatsache in der Zeitschrift „Demografische Forschung - aus erster Hand", 2007, Jahrgang 4, Nr. 3 behandelt:

‚So bildet 2006 Österreich - eines der ersten Länder europaweit, das Anfang der 1970er  Jahre den Geburtenrückgang unter die Schwelle der Generationenerneuerung von 2,1 Kindern pro Frau erlebte - beim Kinderwunsch das Schlusslicht unter den EU-15-Staaten: Im Zeitraum zwischen den zwei Umfragen (2001, 2006, Anm.) ging die durchschnittlich als ideal angesehene Familiengröße bei 25 bis 39-jährigen Frauen von 1,75 auf 1,69 Kinder zurück. Diese Ergebnisse bekräftigen die Annahme, dass junge Menschen, die im Kontext niedriger Fertilität aufwachsen, selbst einen geringeren Kinderwunsch entwickeln. Eine solche Dynamik kann zu immer weiter sinkenden Geburtenzahlen in den Ländern Europas fuhren, die bereits jetzt sehr niedrige Fertilität aufweisen.’

Das Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung hat zudem in seinem jüngsten Buch „Die demografische Zukunft von Europa“ erhoben, dass Österreich den vierthöchsten Anteil  an kinderlosen Frauen in Europa hat, und dabei den höchsten Anteil an wunschgemäß kinderlosen Frauen in Europa aufweist. Knapp 50% aller kinderlosen Frauen haben auch wunschgemäß keine Kinder.

Durch eine längst überfällige finanzielle Stärkung der Familien sind positive Auswirkungen im Bereich der Geburtenraten zu erwarten, wie diese auch nach der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes zu beobachten waren.“

 

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seinen Sitzungen am 12. Februar 2009 und am 5. März 2009 in Verhandlung genommen. An den Debatten beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Lutz Weinzinger die Abgeordneten Gabriele Tamandl, Mag. Werner Kogler, Dr. Martin Bartenstein, Kai Jan Krainer, Dr. Christoph Matznetter, Mag. Wilhelm Molterer, Bernhard Themessl, Dr. Alexander Van der Bellen und Mag. Roman Haider.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Petra Bayr gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2009 03 05

                                     Petra Bayr                                                          Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                 Berichterstatterin                                                                  Obmann / Obfrau