Minderheitsbericht

gemäß § 42 Abs. 4 GOG

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht 137 der Beilagen des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (92 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem eine Ökoprämie für Fahrzeugtausch eingeführt wird (Ökoprämiengesetz)

Die Pkw-Verschrottungsprämie aus dem WKÖ-Forderungskatalog wird nun von WKÖ-Minister Mitterlehner und Finanzminister Pröll (der seine Umwelt-Vergangenheit sichtlich zügig verdrängt hat) umgesetzt – mit 1. April (sic!), und mit Unterstützung der SPÖ.

Mit 22,5 Mio Euro Steuergeld für 9 Monate wird für die klientelpolitische Maßnahme „Schrottprämie“ zB doppelt soviel ausgegeben wie der Bund pro Jahr nach dem ÖPNRV-Gesetz für die Förderung zusätzlicher Zugs- und Busangebote für die PendlerInnen bereitstellt – ein eklatantes Missverhältnis.

Dass diese Schrottprämie nun auch noch irreführenderweise als „Ökoprämie“ etikettiert wird, haben Kritiker zurecht als „Veräppelung der Bevölkerung“ bezeichnet. Denn dieses Öko-Mäntelchen ist fadenscheinig: "Ökoprämie" suggeriert, dass diese Maßnahme umwelt- und klimapolitisch treffsicher und effizient wäre. Das Gegenteil ist wahr. Dass Umwelt-Überlegungen keine Rolle spielen, unterstreicht BM Mitterlehner deutlich: Für ihn soll die Prämie wörtlich „dazu führen, dass der Konsument kauft, kauft, kauft, und sonst nichts".

Von „Ökoprämie“ kann bei der Schrottprämie zugleich auch in der Sache keine Rede sein:

Die Herstellung (und Entsorgung) jedes Neu-Pkw kostet viel Energie und Rohstoffe. Dies verursacht im Schnitt so viel CO2 und sonstige Emissionen, wie in mehreren Jahren Betrieb anfallen. Selbst unter ansonsten günstigen Umständen des konkreten Fahrzeugtauschs könnte es also erst nach Jahren einen positiven Umwelt- und Klimanutzen geben.

Auch wenn man dies außer acht lässt, sind viele Argumente der Schrottprämien-Befürworter fragwürdig. Wenn etwa gebetsmühlenartig eine Reduktion des Schadstoffausstoßes auf ein Hundertstel oder ähnliche Fabelzahlen strapaziert werden, wird vom Öko-Idealfall ausgegangen, dass sich 30.000 BesitzerInnen von Uralt-Diesel-Stinkern von einer vergleichsweise bescheidenen Prämie zum Kauf zB eines nicht ganz billigen Hybrid-Benziners verleiten lassen. Der Regelfall wird das sicher nicht sein.

Ältere Benziner sind hingegen teilweise umweltfreundlicher als neue Diesel - insbesondere bei Feinstaub, teilweise auch bei Stickoxid-Emissionen. Einen alten Benziner durch einen neuen leistungsstarken Diesel-Pkw zu ersetzen – was wohl eher der Regelfall sein wird - kann so statt weniger sogar mehr gesundheitsschädliche Emissionen bringen!

Mit einer völlig undifferenzierten Schrottprämie können schließlich sogar Spritfresser aus den SUV-Bereich mit Staatsförderung an den Mann gebracht werden, die nach der jüngsten Studie der TU-Graz und des Umweltbundesamtes bei Autobahntempo mehr Emissionen als ein LKW haben! Hier trotzdem einen positiven Umwelt- oder Klimaeffekt durch die Prämie zu behaupten, gehört ins Reich der Märchen.

Besonders deutlich wird dies bei den Kosten der CO2-Reduktion durch eine Schrottprämie: Die Reduktionskosten pro Tonne CO2 liegen mindestens 50x so hoch wie bei der Errichtung von Windkraftwerken und mindestens 10x so hoch wie bei Photovoltaik/Sonnenstrom (die von denselben Regierungsmitgliedern im Rahmen von Ökostromdebatten regelmäßig als zu teuer denunziert wird ...)! Warum für eine klimapolitisch so wenig effiziente Maßnahme soviel Steuergeld ausgegeben wird, bei der x-fach effizienteren Ökostromförderung jedoch geknausert wird, ist völlig unerklärlich.

Nicht umsonst haben selbst der aktuelle Umweltminister und der Bundeskanzler sich zum Umwelteffekt der Verschrottungsprämie höchst vorsichtig geäußert.

Neben diesen grundsätzlichen umwelt- und klimapolitischen Problemen und Fehlsteuerungen jeder Schrottprämie weist die konkrete Österreich-Version, die zur Beschlussfassung ansteht, noch eine Reihe spezieller Schwachpunkte auf:

Schrottprämie hat gravierende umwelt-, energie- und klimapolitische Schwächen:

-       Keine Euro-5-Vorgabe: Es fehlt die Begrenzung der Prämie auf die längst in großer Vielfalt verfügbaren Pkw der Up-to-date-Emissionsklasse Euro-5, die wenigstens einen etwas höheren Effekt sicherstellen könnte. Stattdessen fördert die Regierungsmehrheit den Kauf von Auslaufmodellen - Pkw des auslaufenden Emissionsstandards Euro 4, die fünfmal mehr Feinstaub ausstoßen und ab Herbst 2009 nicht einmal mehr typgenehmigt werden dürfen.

-       Keine CO2-Obergrenze: Es fehlt jede Obergrenze für den CO2-Ausstoß der Neu-Fahrzeuge, wodurch letztlich völlig undifferenziert Spritfresser a la SUV genauso wie Spritsparautos gefördert werden.

-       Keine echte Ökoprämie für Fahrrad und Öffi-Benutzung: Es fehlt eine entsprechende Prämie für Öffi-BenutzerInnen und RadkäuferInnen. Da diese bei erstens tatsächlich garantiertem und zweitens viel größerem Vorteil für Umwelt und Klima ganz genauso zum Gedeihen ebenfalls wichtiger Sparten der Fahrzeugherstellung beziehungsweise des Handels in der heimischen Wirtschaft beitragen, ist dies sachlich verfehlt und ungerecht. In einer echten Ökoprämie für Fahrradanschaffung und Zeit-/Netzkartenkauf, wäre Steuergeld weitaus effizienter für Geldbörse und Klimaschutz eingesetzt als am Pkw-Schrottplatz. Die Benachteiligung derer, die wirklich ökologisch mobil sind, stellt auch verfassungsrechtlich eine bedenkliche Ungleichbehandlung und Unsachlichkeit dar.

Schrottprämie ist wirtschaftlich fragwürdig und teilweise ein „Schmäh“:

-       Kfz-Werkstätten haben Nachteile: Die möglichen Vorteile für Verschrotter und Kfz-Händler werden auf Kosten eines anderen Teils der Kfz-Branche erreicht: Dass ausgerechnet den wesentlich arbeitsplatzintensiveren Kfz-Werkstätten mit Steuergeld-Unterstützung Geschäft entzogen wird, ist angesichts der Konjunktur- und Arbeitsplatzsituation schwer nachvollziehbar.

-       Kein nachhaltiger Steuergeld-Einsatz: Zusätzliches Steuergeld in der Forschung und Entwicklung weniger umweltbelastender Autos – gerade bei zunehmender Elektrifizierung des Pkw auch eine große Chance für Zulieferer - vor allem in längerfristiger Perspektive wesentlich sinnvoller und nachhaltiger investiert. Redimensionierung und zukunftsfähiger Umbau der Produktpalette der Kfz-Branche wurden jahrelang versäumt und können auch mit den beträchtlichen via Schrottprämie verbrannten Steuergeldern nicht aufgehalten werden.

-       Mitnahmeeffekte: Der Netto-Effekt der Schrottprämie ist aufgrund von Mitnahmeeffekten höchst fraglich: Es werden ohnedies geplante Kaufentscheidungen bis (mindestens) April aufgeschoben. Wie die Schrottprämienbefürworter einfach zu behaupten, dass durch die Prämie 30.000 Fahrzeuge mehr verkauft würden, ist ohne jeden Beleg und daher wenig seriös. Ganz genauso könnte es auch so sein, dass kein einziges Fahrzeug zusätzlich zu den ohnedies geplanten Käufen abgesetzt wird.

-       Der „Schmäh“ mit dem Beitrag des Kfz-Handels: Zu behaupten, dass die Hälfte der Prämie vom Kfz-Handel getragen werden, ist blauäugig bis unehrlich – denn real werden zwar 750 Euro an den Staat abgeliefert werden, es werden aber zugleich die den Kunden bisher gewährten Rabatte postwendend um den entsprechenden Betrag gekürzt. Dies belegen u.a. zahlreiche Rückmeldungen von erbosten BürgerInnen, die jetzt schon solche Auskünfte von ihren Fahrzeughändlern erhalten, an die Grünen.

Schrottprämie ignoriert verteilungspolitische Aspekte:

-       Superreiche, die sich auch in der Krise einen Neuwagen leisten können, profitieren: Eine verteilungspolitisch inspirierte Differenzierung - Förderung nur bis zu einem gewissen Einkommen oder Obergrenze für den Preis des geförderten Neu-Pkw wie zB in der Slowakei - wäre auch im Sinne des gesetzeskonformen sparsamen Umgangs mit Steuermitteln sinnvoll und in der Sache wirksamer gewesen, weil damit der steuergeförderte Kauf von Supersportwagen, Luxuslimousinen und Riesen-SUVs ausgeschlossen wäre.

 

 

 

 

Schrottprämie ist auch sonst nicht ausgefeilt:

-       zB wird unschuldig Unfallbeteiligten, deren Fahrzeug nicht mehr fahrbereit ist, die Prämie vorenthalten, weil es der Regierung zu mühsam war, eine Regelung zu entwerfen, die zwischen Unfallverursachern (die tatsächlich auszuschließen sind) und ihren Opfern unterscheidet.

Zusammengefasst handelt es sich somit um eine wenig effiziente, umwelt- und klimapolitisch ebenso wie verteilungspolitisch wenig treffsichere und selbst wirtschaftlich teilweise fragwürdige Regelung, der die Grünen daher nicht zustimmen können.