Vorblatt

Problem:

Mit Erkenntnis vom 12. Juni 2008, Zl. G 11/08 ua, hat der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 23b Abs. 2 Z 2 GWG, welche die Rechtsgrundlage für die Regelung zur Zusammenfassung der Netzbe-reiche für die Netzebenen 2 bis 3 bildet, wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebots des Art. 18 B-VG als verfassungswidrig aufgehoben. Diese Aufhebung tritt mit Ablauf des 30. Juni 2009 in Kraft. Anlass der Aufhebung war das Fehlen einheitlicher Regelungen, unter welchen Voraussetzungen die Netze unter-schiedlicher Netzbetreiber innerhalb desselben Landes zusammengefasst werden können.

Ziel:

Schaffung einer verfassungskonformen Rechtsgrundlage bis 30. Juni 2009 für die Beibehaltung des bishe-rigen Systems der Definition der Netzbereiche für die Netzebenen 2 und 3 ab 1. Juli 2009.

Inhalt:

Präzisierung der im § 23b Abs. 2 Z 2 GWG enthaltenen Umschreibung der Netzbereiche und der Gliede-rung der Netzebenen 2 und 3. Die Ermächtigung des Verordnungegebers, Netze unterschiedlicher Netz-betreiber innerhalb desselben Landes zusammenzufassen, entfällt, wodurch das bisherige System der Netzbereiche beibehalten wird.

Alternativen:

Keine, da ein Untätigbleiben des Gesetzgebers zur Entstehung von rund 20 verschiedenen Netzbereichen oder eine anderweitige Definition der Netzbereiche für die Netzebenen 2 bis 3 zu einer Umstellung des bewährten Systems führen würde.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

Finanzielle Auswirkungen:

Die vorgesehenen Änderungen haben keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt, die Planstellen des Bundes oder auf andere Gebietskörperschaften.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine, da der bisherige Rechtszustand in verfassungskonformer Weise fortgeschrieben wird.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

EU-Konformität ist gegeben.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Mit Erkenntnis vom 12. Juni 2008, Zl. G 11/08 ua, hat der Verfassungsgerichtshof die Bestimmung des § 23b Abs. 2 Z 2 GWG, welche die Rechtsgrundlage für die Regelung zur Zusammenfassung der Netzbe-reiche für die Netzebenen 2 und 3 bildet, wegen Verletzung des Bestimmtheitsgebots des Art. 18 B-VG als verfassungswidrig aufgehoben. Begründet wurde die Aufhebung vom VfGH im Wesentlichen damit, dass die Voraussetzungen für eine Zusammenfassung mehrerer Netze zu einem Netzbereich nicht hinrei-chend bestimmt sind und daher keine Determinanten für das verwaltungsbehördliche Handeln vorliegen. Das im Gesetzestext bislang normierte Ermessen des Verordnungsgebers, für die Netzebenen 2 und 3 eine Zusammenfassung der Netze unterschiedlicher Netzbetreiber innerhalb desselben Landes zu einem Netz-bereich vornehmen zu können, entspricht in Ermangelung der gesetzlichen Normierung dieser Determi-nanten nicht den Vorgaben des Art. 18 B-VG.

Durch die nunmehr gewählte Formulierung, die, unter weitestmöglicher Beibehaltung des bisherigen Wortlautes des § 23b Abs. 2 Z 2 GWG, durch den Entfall des letzten Wortes „können“ für die Netzebe-nen 2 und 3 ein Ermessen des Verordnungsgebers bei der Zusammenfassung der Netze der Netzbetreiber innerhalb desselben Landes beseitigt, wird klar gestellt, dass die Behörde die Netze unterschiedlicher Netzbetreiber mit dem Sitz innerhalb desselben Bundeslandes für alle Netzebenen außer der Netzebene 1 zu einem Netzbereich zusammenfassen muss.

Die sachliche Rechtfertigung für diese Vorgehensweise ergibt sich schon aus dem Aspekt der Sozialisie-rung von Kosten auf die Gruppe der Endkunden eines Netzbereiches:

Ob Netzbetreiber höhere oder niedrigere Netzkosten aufweisen, hängt nur teilweise von einer möglichst kostengünstigen Errichtung sowie effizientem Betrieb des Netzes ab. Weitere wichtige Kriterien sind die geographischen Verhältnisse, allgemeine Mengenentwicklungen oder der Zeitpunkt der getätigten Inves-titionen. So ergeben sich in den ersten Jahren der Errichtung eines Netzes hohe Anlaufkosten bei gleich-zeitig geringen Absatzmengen. Werden nun für diesen Netzbetreiber die gesamten Kosten auf diese Men-gen tarifiert, würde die Zahl der angeschlossen Kunden äußerst gering sein und somit die Investition möglicherweise gar nicht erfolgen. Eine Sozialisierung dieser Kosten führt langfristig zu niedrigeren Netzkosten für den Netzbereich und somit zu Vorteilen für sämtliche Netzkunden, da die Gesamtkosten auf eine größere Zahl an Kunden im Zeitablauf verteilt werden und es können sich darüber hinaus auch durch Investitionen von einzelnen Netzbetreibern Tarifsprünge ergeben. Als Nachteil der Sozialisierung ist allerdings auch zu berücksichtigen, dass bei einem zu groß gefassten Netzbereich (beispielsweise pro Regelzone) die Kostenorientierung sich für die einzelnen Unternehmen nicht mehr in den Tarifen wider-spiegelt. Die Anwendung eines Tarifes für Netze unterschiedlicher Netzbetreiber mit dem Sitz innerhalb desselben Bundeslandes erreicht somit eine ausreichende Kostenorientierung sowie sinnvolle Kostenaus-gleiche durch eine Sozialisierung innerhalb des Netzbereiches.

Auch erleiden die Unternehmen durch die tarifmäßige Zuordnung zu einem Netzbereich keine wirtschaft-lichen Nachteile. Insbesondere wird dabei nicht in das wirtschaftliche Ergebnis der Netzbetreiber einge-griffen, werden doch im Wege der Systemnutzungstarife - allenfalls in Verbindung mit den Ausgleichs-zahlungen - sämtliche Kosten, die etwa mit dem Bau, der Instandhaltung und dem Betrieb des Netzsys-tems in Zusammenhang stehen, zuzüglich einer marktüblichen Verzinsung auf das eingesetzte Kapital, ersetzt.

Aus verwaltungsökonomischer Sicht ermöglicht die überschaubare Anzahl an Netzbetreibern mit Sitz innerhalb eines Bundeslandes eine effiziente Vorgehensweise bei der Tarifierung sowie bei der Festset-zung der Ausgleichszahlungen.