189 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 503/A(E) der Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen betreffend Streichung des Selbstbehaltes bei Therapien für Kinder und Jugendliche

und

über den Antrag 518/A(E) der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend Etablierung kostenfreier Therapien für Kinder und Jugendliche

Die Abgeordneten Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 503/A(E) am 26.Februar 2009 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

Artikel 24 der UN-Konvention über die Rechte des Kindes lautet:

1. Die Vertragsstaaten erkennen das Recht des Kindes auf das erreichbare Höchstmaß an Gesundheit an sowie auf Inanspruchnahme von Einrichtungen zur Behandlung von Krankheiten und zur Wiederherstellung der Gesundheit. Die Vertragsstaaten bemühen sich sicherzustellen, daß keinem Kind das Recht auf Zugang zu derartigen Gesundheitsdiensten vorenthalten wird.

2. Die Vertragsstaaten bemühen sich, die volle Verwirklichung dieses Rechts sicherzustellen, und treffen insbesondere geeignete Maßnahmen, um

a)     die Säuglings- und Kindersterblichkeit zu verringern;

b)     sicherzustellen, daß alle Kinder die notwendige ärztliche Hilfe und Gesundheitsfürsorge erhalten, wobei besonderer Nachdruck auf den Ausbau der gesundheitlichen Grundversorgung gelegt wird;

c)     Krankheiten sowie Unter- und Fehlernährung auch im Rahmen der gesundheitlichen Grundversorgung zu bekämpfen, unter anderem durch den Einsatz leicht zugänglicher Technik und durch die Bereitstellung ausreichender vollwertiger Nahrungsmittel und sauberen Trinkwassers, wobei die Gefahren und Risiken der Umweltverschmutzung zu berücksichtigen sind;

d)     eine angemessene Gesundheitsfürsorge für Mütter vor und nach der Entbindung sicherzustellen;

e)     sicherzustellen, daß allen Teilen der Gesellschaft, insbesondere Eltern und Kindern, Grundkenntnisse über die Gesundheit und Ernährung des Kindes, die Vorteile des Stillens, die Hygiene und die Sauberhaltung der Umwelt sowie die Unfallverhütung vermittelt werden, daß sie Zugang zu der entsprechenden Schulung haben und daß sie bei der Anwendung dieser Grundkenntnisse Unterstützung erhalten;

f)      die Gesundheitsvorsorge, die Elternberatung sowie die Aufklärung und die Dienste auf dem Gebiet der Familienplanung auszubauen.

3. Die Vertragsstaaten treffen alle wirksamen und geeigneten Maßnahmen um überlieferte Bräuche, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, abzuschaffen.

Grundprinzip freiheitlicher Gesundheitspolitik ist das Bekenntnis zu einer hochwertigen medizinischen Versorgung für alle Staatsbürger. Gerade Kinder nehmen hier aber einen besonders wichtigen Stellenwert ein, da eine Investition in die Gesundheit unserer Kinder eine Investition in die Zukunft ist.

Defizite gibt es derzeit vor allem in der Gesundheitsversorgung und der Gesundheitsvorsorge bei Kindern und Jugendlichen. Österreichs Kinder und Jugendliche, die chronisch krank oder behindert sind, sind etwa besonders stark benachteiligt. Für die Familien der betroffenen Kinder stellt eine chronische Erkrankung oder eine Behinderung eine enorme Belastung dar.

So werden bei zahlreichen Kindertherapien wie Physiotherapie, Ergotherapie, logopädische Therapie, Psychotherapie etc. bundesländerweise unterschiedliche Selbstbehalte verlangt. Ein Verzicht oder ein frühzeitiger Abbruch wichtiger Therapien aus finanziellen Grünen muss künftig verhindert werden.“

 

Die Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 518/A(E) am 11. März 2009 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Zurzeit müssen von Familien bei zahlreichen Kindertherapien, z.B. Physiotherapie, Ergotherapie, logopädische Therapie, Psychotherapie etc., abhängig vom Bundesland, unterschiedliche Eigenmittel aufgewendet werden.

Dadurch entsteht die folgende Problematik:

Kinder werden aus Gründen der Leistbarkeit oft zu spät oder gar nicht zu medizinisch notwendigen Therapien gebracht. Auch Erfolg versprechende Therapien werden aus Kostengründen oft frühzeitig beendet oder abgebrochen.

Kinder können nicht über sich selbst entscheiden, individuelle Entwicklungschancen sollten keine Frage der finanziellen Möglichkeiten oder der Lebenshaltung der Eltern sein.

die Therapiebedürftigkeit ist besonders hoch in Familien mit niedrigem Sozialstatus, somit ist die Frage der Leistbarkeit besonders virulent[1].

Österreich ist seinen Kindern gegenüber säumig,  Kindertherapien werden z.B. in Deutschland ohne Selbstbehalte in ausreichender Zahl angeboten. Somit kann in diesem Bereich der Ruf des „weltbesten Gesundheitssystems“ keinesfalls vertreten werden.

Kostenfreie Therapien machen Sinn:

Folgekosten werden durch Vermeidung von chronifiziertem Leiden, wie auch  psychosomatischer und stressbedingter Folgeerkrankungen, die wiederum behandelt werden müssen, reduziert.

positive Auswirkungen auf Selbstständigkeit, Erwerbsfähigkeit

langfristig positive Kosten-Nutzen-Rechnung.

zukunftsorientierte Investition, die medizinische Notwendigkeiten mit sozialer Verträglichkeit und ökonomischer Sinnhaftigkeit verbindet .

Eindämmung der Gesamtkosten bei Kindertherapien sind durch Kassenverträge möglich, siehe Beispiel Deutschland[2].“

 

Der Gesundheitsausschuss hat die gegenständlichen Entschließungsanträge in seiner Sitzung am 08. Mai 2009 in Verhandlung genommen und einstimmig beschlossen, den Antrag 503/A(E) seinen Beratungen zu Grunde zu legen.

An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneter Bernhard Vock für den Antrag 503/A(E) und des Berichterstatters Dr. Kurt Grünewald für den Antrag 518/A(E) die Abgeordneten Johann Hechtl, Karl Öllinger, Ridi Maria Steibl, Renate Csörgits, Ursula Haubner, Dr. Sabine Oberhauser, Dr. Kurt Grünewald, Karl Donabauer sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, dipl. und die Ausschussobfrau Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser und Dr. Erwin Rasinger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Bezüglich der Einschränkung von Selbstbehalten wurde bereits in der letzten Legislaturperiode ein wichtiger Schritt gesetzt. Die Rezeptgebühr wurde mit 2% des Jahresnettoeinkommens beschränkt. Diese Maßnahme ist ein wesentlicher Beitrag um einkommensschwächere Personen oder aber auch Familien mit mehreren Kindern finanziell zu unterstützen.

Nunmehr soll mit den Spitalserhaltern über Möglichkeiten der Reduzierung bzw. Abschaffung des Verpflegungskostenbeitrages bei Spitalsaufenthalt von Kindern und Jugendlichen gesprochen werden.“

 

Bei der Abstimmung wurde der Entschließungsantrag in der Fassung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser und Dr. Erwin Rasinger mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Ein von den Abgeordneten Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Abänderungsantrag betreffend Streichung des Selbstbehaltes Bei Therapien für Kinder und Jugendliche fand nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Damit gilt der Entschließungsantrag 518./A(E) betreffend Etablierung kostenfreier Therapien für Kinder und Jugendliche als miterledigt.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Ridi Maria Steibl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2009 05 08

                                Ridi Maria Steibl                                              Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau



[1] Hölling H., Erhart M., Ravens-Sieberer U., Schlack R., Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen, Erste Ergebnisse aus dem Kinder- und Jugendsurvey (KiGGS), Springer Medizin Verlag 2007 http://www.kiggs.de >Experten/ErsteErgebnisse/ Basispublikation/Ergebnisse psychische Gesundheit

[2] Püspök R., Ambulante Therapien für Kinder und Jugendliche, Kostenabschätzung für Österreich bei Verzicht auf Selbstbehalte, Nov.2008, www.polkm.org