211 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Familienausschusses

über den Antrag 525/A(E) der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Rechtsanspruch auf kostenlosen Ganztagskinderbetreuungsplatz ab dem vollendeten ersten Lebensjahr

Die Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 11. März 2009 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Kinderbetreuung ist in Österreich Länder- bzw. Gemeindeangelegenheit. Entsprechend unterschiedlich sind die Angebote, Öffnungszeiten und Preise. Es gibt keine einheitlichen Qualitätskriterien, weder verbindliche Mindeststandards noch einen Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz.

Vor allem im ländlichen Raum fehlt es an Krippen- und Kindergartenplätzen, weshalb viele Kinder erst mit 4 oder 5 Jahren den Kindergarten besuchen. In Ballungsräumen gibt es zwar zahlreiche private, kirchliche und alternative Kinderbetreuungsangebote, doch sind diese häufig recht teuer. Kinderbetreuung kostet in Österreich - je nach Bundesland unterschiedlich - zwischen 30 und 450 Euro pro Monat. Es gibt zwar teilweise soziale Preisstaffelungen, aber diese kommen nur wenigen zu Gute. Zudem wird auf die Anzahl der zu betreuenden Kinder aus einer Familie (Geschwister) nur selten Rücksicht genommen. Vor allem Familien mit mehreren Kindern und Alleinerziehende leiden unter dieser finanziellen Last.

Auch die Qualität der angebotenen Kinderbetreuungsplätze ist mangelhaft. In vielen Bundesländern ist es üblich, den Kindergarten nur Vormittags anzubieten, Nachmittags, in den Abendstunden, während der Schulferien oder an Wochenenden sind Kindergärten zumeist geschlossen. Selbst Kindergärten, die über Mittag schließen und am Nachmittag nochmals für 2-3 Stunden geöffnet sind, gelten laut Statistik als ganztägig. Unter solchen Bedingungen kann keine erfolgreiche Frühförderung durchgeführt werden.

Um den sozialen Ausgleich zu schaffen und auch jenen Kindern den Besuch einer qualitativ hochwertigen Betreuungseinrichtung zu ermöglichen, denen es bisher aus finanziellen Gründen oder mangels Angebot nicht möglich war, muss ein Recht auf einen kostenlosen Kinderbetreuungsplatz geschaffen werden.

Elternbeiträge für den Besuch einer Kinderbetreuungseinrichtung aller Kinder ab dem ersten vollendeten Lebensjahr sollen künftig aus Bundesbudgetmitteln bestritten werden. Die Finanzierung der Elternbeiträge für Betreuungseinrichtungen aus dem Bundesbudget stellt die effektivste Form der Familienförderung dar. So werden punktgenau junge Familien mit Kindern finanziell entlastet. Jeder Euro, der vom Bund für die Kinderbetreuung übernommen wird, steht direkt diesen Familien zur Verfügung.

In Österreich gab es 2007 236.546 Kinder unter 3 Jahren. Lediglich 11,8% der Kinder befanden sich  in institutioneller Kinderbetreuung. Zum Vergleich: Dänemark 73%, Schweden 53%. Österreich hat sich im Rahmen des Barcelona-Ziels dazu verpflichtet, bis 2010 eine Betreuungsquote von 33% bei den Unter-3-Jährigen zu erreichen. Alleine um dieses Ziel erreichen zu können, fehlen derzeit etwa 53.000 Plätze. Um das Barcelona-Ziel bei den 3-5-Jährigen (Betreuungsquote 90%) zu erreichen, fehlen 17.000 Kindergartenplätze.

Insgesamt fehlen also alleine zur Erreichung des EU-Ziels derzeit rund 70.000 Betreuungsplätze. Österreich ist von der Erreichung des Ziels meilenweit entfernt.

Bevor an einen Rechtsanspruch bzw. an kostenlose Kinderbetreuung ab dem ersten Lebensjahr gedacht werden kann, braucht es primär einen Ausbau des bestehenden Angebots in Österreich. Aktuell gibt es immer noch viel zu wenig Betreuungsplätze (vor allem für Unter-3-Jährige), als dass ein Rechtsanspruch garantiert werden könnte.“

 

Der Familienausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 05. Juni 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Mag. Daniela Musiol die Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Anna Höllerer, Mag. Gisela Wurm, Anneliese Kitzmüller, Martina Schenk, August Wöginger, Dietmar Keck, Carmen Gartelgruber, Angela Lueger, Karl Öllinger, Rosemarie Schönpass, Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein sowie die Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend Christine Marek und die Ausschussobfrau Abgeordnete Ridi Maria Steibl.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Angela Lueger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Familienausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2009 06 05

                                  Angela Lueger                                                                 Ridi Maria Steibl

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau