213 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (207 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Erbringung von Zahlungsdiensten (Zahlungsdienstegesetz - ZaDiG) erlassen und das Bank­wesengesetz, das Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, das Konsumentenschutz­gesetz, das Finanzmarktaufsichtsbehördengesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz und das Wertpapieraufsichtsgesetz 2007 geändert werden sowie das Über­weisungsgesetz aufgehoben wird

Bislang existierte in der EU kein einheitliches Aufsichtsregime für Zahlungsdienstleister, die nicht Banken sind, und kein einheitlicher Rechtsrahmen für Zahlungsdienstleistungen, sondern nur einzelne Aspekte wie grenzüberschreitende Überweisungen waren harmonisiert geregelt. In weiten Bereichen trafen die unterschiedlichen Aufsichts-, Zivilrechts- und Konsumentenschutzregime aufeinander. Die Zahlungsdienstmärkte der Mitgliedstaaten waren bislang aufgrund ihrer nationalen Ausrichtung in 27 verschiedenen rechtlichen Ausformungen organisiert. Aufgrund unterschiedlicher Traditionen im Konsumentenschutz und Zivilrecht führt dies beim grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr oft zu erhöhten Kosten für Anbieter (zumeist Banken) und Kunden, insbesondere auch wegen der damit verbunden Rechtsunsicherheit und unterschiedlichen Rechtslage. Zudem führt das Nebeneinander von nationalen Bestimmungen und unvollständigen gemeinschaftlichen Rahmenbestimmungen zu zusätzlicher Verwirrung und mangelnder Rechtssicherheit. Diese Situation hemmte die Integration der europäischen Finanzmärkte gerade in dem dafür so wesentlichen Bereich des Zahlungsverkehrs.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Harmonisierung von Zahlungsdiensten:

Mit dem Entwurf zum Zahlungsdienstegesetz wird dem immer komplexeren und umfangreicheren Spektrum an angebotenen Zahlungsdienstleistungen Rechnung getragen. Mittels dieser nun innerhalb der Europäischen Union harmonisierten Regelungen ist es möglich, den Kunden gemeinschaftsweit ein hohes Schutzniveau zukommen zu lassen und gleichzeitig den Anbietern von Zahlungsdienstleistungen gemeinschaftsweit möglichst einheitliche Ausübungsbedingungen durch einen harmonisierten Rechtsrahmen zu gewährleisten. Die Stärkung des Kundenschutzes und des Kundenvertrauens spiegelt sich in umfassenden Informationspflichten und klaren Regeln über die Ausführung von Zahlungsdiensten und Rechten und Pflichten einschließlich Haftungsbestimmungen, wider. Zudem soll sichergestellt werden, dass die Integrität und Gesamteffizienz des Finanzsystems gewahrt bleibt. Dies soll unter anderem auch durch die Regelung und Beaufsichtigung von Zahlungsdienstleistern, die nicht Banken sind, (so genannte Zahlungsinstitute) erreicht werden.

Technik der Umsetzung:

Klar erkennbare Richtlinienumsetzung

Die Bundesregierung unterstützt die europäische Zielsetzung eines einheitlichen Rechtsrahmens für den Zahlungsverkehr. Dazu gehört auch die erkennbare Rückführbarkeit des Gesetzestextes auf den Richtlinientext. Daher wurden Systematik und Terminologie der Richtlinie so weit übernommen, als sie klar genug sind, um dem verfassungsrechtlichen Legalitätsprinzip zu entsprechen, und in die österreichische Rechtsordnung integrierbar sind. Andererseits bestand das Bemühen, Textmängel insbesondere in der deutschen Sprachfassung der Richtlinie sinnvoll auszugleichen, um eine klare Rechtslage zu gewährleisten.

Beibehaltung bewährter Strukturen

Die bereits im übrigen Finanzmarktaufsichtsrecht geltende Konzessionssystematik hat sich im Sinne der ordnungsgemäßen Funktionsweise des Marktes und des Kundenschutzes bewährt. Daher wird im vorliegenden Entwurf grundsätzlich die Fortführung dieser Konzessionsstruktur vorgeschlagen.

Klare Gesetzessystematik

In einem neuen Gesetz, dem Zahlungsdienstegesetz (ZaDiG), werden – nach dem Vorbild des WAG 2007 – Aufsichtsanforderungen für Zahlungsinstitute und Rechte und Pflichten für sämtliche Zahlungsdienstleister bei der Erbringung von Zahlungsdiensten geregelt. Das Überweisungsgesetz soll aufgehoben werden, die nach wie vor gültigen Sanktionsnormen, die im Zusammenhang mit der EG-Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen in Euro in das Überweisungsgesetz aufgenommen wurden, werden in das ZaDiG integriert. Das BWG wird im Hinblick auf gleichartige Bestimmungen über Wertstellung und Ausführung von Zahlungsdiensten bereinigt. Sowohl für die Normadressaten als auch für die Finanzmarktaufsicht (FMA) soll durch übersichtliche Abgrenzung der Rechtsbereiche eine möglichst klare Rechtslage geschaffen werden. Zusätzlich wird eine möglichst einheitliche und konsistente Terminologie auch gesetzesübergreifend angestrebt. Geringfügige Anpassungen, bedingt durch die Änderungen der Fern-Finanzrichtlinie durch die Richtlinie 2007/64/EG, werden im Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz und im Konsumentenschutzgesetz vorgenommen.

Priorität des Gesetzesrangs

Der Gesetzentwurf enthält einige Verordnungsermächtigungen der FMA, diese sind jedoch eng begrenzt und ausschließlich technischer Natur. Allerdings ist auch der weitaus größte Teil im Gesetzesrang umgesetzt, womit sich auch der Umfang des Gesetzes erklärt.

Umsetzung ohne Gold Plating:

Dem Grundsatz der Maximumharmonisierung wird entsprochen. Nach Absicht des Bundesministeriums für Finanzen enthält der Entwurf keine über dem Harmonisierungsniveau liegenden Vorschriften. Jedoch werden im Interesse der Finanzmarktstabilität und der Wettbewerbsgleichheit im Bereich des Meldewesens dem BWG ähnliche Meldepflichten für Zahlungsinstitute geschaffen.

Auswirkungen auf die Wirtschaft:

Die Auswirkungen sind als durchwegs positiv einzustufen. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die richtliniennahe Umsetzung der Bestimmungen gelegt, um im Sinne der Maximumharmonisierung keine nachteilige Wettbewerbsposition des Wirtschaftsstandortes Österreich zu bewirken. Durch die Einführung einer neuen Kategorie von Zahlungsdienstleistern (Zahlungsinstitute) wird die Schaffung neuer Arbeitsplätze gefördert.

Bei den Zahlungsdienstleistern sind durch die Umsetzung der vorliegenden Bestimmungen Implementierungskosten bezüglich neuer EDV-Systeme (zum Beispiel erweiterte Informations- und Transparenzpflichten) und allfällige zusätzliche Personalkosten schon angelaufen, da die von der Zahlungsdiensteindustrie angestrebte Einführung der SEPA-Standards solche Änderungen bereits größtenteils erfordert. Aus Wettbewerbssicht ist festzuhalten, dass Zahlungsdienstleister in anderen Mitgliedstaaten mit gleichartigen Kostenanforderungen zu rechnen haben, weshalb sich diese Kosten als wettbewerbsneutral darstellen. Mittelfristig kann mit belebenden Effekten gerechnet werden, da grenzüberschreitende Dienstleistungen erleichtert werden. Dies unterstützt die bereits starke Marktposition österreichischer Kreditinstitute in den EU-Nachbarstaaten zusätzlich, und auch österreichische Zahlungsinstitute können vom EU-Pass profitieren.

Gesicherte rechtliche Rahmenbedingungen fördern das reibungslose Funktionieren des österreichischen Finanzmarktes und das Vertrauen der Öffentlichkeit und führen zu vermehrten Investitionen in diesen Markt. Erhöhte Prosperität des Finanzmarktes führt auf Grund der Wechselwirkung zur Realwirtschaft zu positiven Effekten auf den Wirtschaftsstandort Österreich.

Die Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Österreich wird weiter verbessert, was letztlich durch die damit verbundene Wertschöpfung auch positive Beschäftigungseffekte auslöst.

Administrative Belastungen durch Umstellungen in der Anfangsphase auf die neuen Bestimmungen für Unternehmen werden durch Skaleneffekte durch in der Folge effizientere Abläufe und weniger Folgekosten durch mehr Rechtssicherheit –auch gerade bei grenzüberschreitenden Zahlungen - wieder aufgehoben. Das Gesetz sieht ein eigenes Konzessionsregime mit den damit verbundenen üblichen Informationsverpflichtungen vor. Bisher ausschließlich zum Betrieb des Finanztransfergeschäftes (§ 1 Abs. 1 Z 23 BWG) berechtigte Kreditinstitute können im Zuge eines Konzessionsüberganges Zahlungsdienste ausüben. Für solche Unternehmen ist abgesehen von einem einmaligen Umstellungsaufwand insgesamt von gegenüber dem BWG-Regime geringeren Verwaltungslasten auszugehen. Weiters ist abweichend vom Begutachtungsentwurf nunmehr auch eine Übergangsfrist für Unternehmen vorgesehen, die bereits jetzt bestimmte Zahlungsdienste erbringen, wenn sie einen entsprechenden Antrag stellen und entsprechende Anforderungen betreffend Kundenschutz und Geldwäscheprävention erfüllen. Auch dies soll einen reibungslosen Übergang für diese Unternehmen zu dem neuen Regime ermöglichen.

Die bisher im Überweisungsgesetz normierten Informationsverpflichtungen werden in das Zahlungsdienstegesetz übergeleitet. Da am Umfang dieser Informationsverpflichtungen keine wesentlichen Änderungen vorgenommen wurden, sind keine über die Bagatellgrenze hinausgehenden Änderungen bei den Verwaltungslasten zu erwarten.

Die neuen Bestimmungen betreffend den Abschluss eines Rahmenvertrages entsprechen weitgehend den bisher üblichen Regelungen in den „Allgemeinen Bankbedingungen“ beziehungsweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die im Rahmen des Girogeschäfts verwendet werden. Abgesehen von einem einmaligen Umstellungsaufwand ist auch hier nicht mit einer über die Bagatellgrenze hinausgehenden Änderung bei den Verwaltungslasten zu rechnen. Der Entfall der Anzeigepflicht der Kreditinstitute hinsichtlich der Eröffnung, Verlegung oder Schließung von Zweigstellen führt zu einer geringen Verminderung der Verwaltungslasten für Unternehmen.

Ausgewählte wichtige Regelungsbereiche:

Schaffung einer neuen Kategorie von Zahlungsdienstleistern

Durch die Einführung von EG-rechtlich harmonisierten Aufsichtsanforderungen für Zahlungsinstitute wird eine neue Kategorie von Zahlungsdienstleistern geschaffen; der Wettbewerb in diesem Bereich wird damit gefördert. Diese Zahlungsinstitute können aufgrund des so genannten “EU-Passes“ EU-weit tätig werden, damit wird der Zahlungsdienstleistungsmarkt für Nichtbanken EU-weit geöffnet.

Der Tätigkeitsbereich der Zahlungsinstitute wird umfassen:

–      Überweisungen,

–      die Ausgabe von Zahlungskarten und Durchführung von Kartenzahlungstransaktionen - auch mit einem Kreditrahmen,

–      Geldtransfergeschäfte,

–      so genannte telekommunikationsgestützte Zahlungen (= Zahlungen mittels Mobiltelefon)

–      Lastschriftverfahren von bei Zahlungsinstituten etablierten Zahlungskonten der Kunden, die jedoch keine Einlagenfunktion haben.

Die Kreditvergabe unterliegt den Verbraucherschutzbestimmungen und ist auf  Kreditierungen im Rahmen von Zahlungsdiensten und eine maximale Kreditlaufzeit von zwölf Monaten beschränkt. Das Kreditgeschäft an sich bleibt den Banken ebenso vorbehalten wie das Einlagengeschäft. Auf Zahlungskonten erliegende Kundengelder dürfen nicht für andere Geschäfte oder andere Zahlungsdienste verwendet werden und müssen konkurssicher aufbewahrt werden, sofern sie nicht unmittelbar weitergeleitet werden. Auf Zahlungskonten von Zahlungsinstituten erliegende Gelder sind definitionsgemäß keine Einlagen. Eine Veranlagung in andere Geschäfte, wie dies bei Banken der Fall ist, und als Folge eine verzinste Rückgabe, was das Wesen der Einlage ausmacht, scheidet daher aus. Das im Vergleich zu Banken eingeschränkte Tätigkeitsfeld und damit die weitaus geringere Systemrelevanz und Risikogeneigtheit schlägt sich in im Vergleich zu Banken deutlich geringeren Eigenmittelanforderungen nieder.

Neuer einheitlicher Rechtsrahmen für Zahlungsdienste in der EU

Es werden für sämtliche Zahlungsdienstleistungen, unabhängig von wem sie erbracht werden (Zahlungsinstitute oder Bank), einheitliche Regeln betreffend Information und Haftung, Wertstellungs- und Buchungsdatum und Regressmöglichkeiten normiert. Dadurch wird gleichzeitig ein rechtlicher Rahmen für das Projekt der europäischen Bankenindustrie für einheitliche technische Standards im Zahlungsverkehrsbereich (SEPA – Single European Payments Area) geschaffen. Durch die Normierung einer sehr kurzen Überweisungsdauer (binnen einem Tag, wobei bis 2012 eine Überweisungsfrist von maximal drei Tagen vereinbart werden kann, und für papierunterstützte Zahlungsaufträge jeweils einen Tag länger) und einer taggleichen Wertstellungspflicht wird einerseits das Bedürfnis der Kunden nach mehr Liquidität befriedigt, andererseits wird das Systemrisiko im Zahlungsverkehr verringert. Das Haftungsregime soll mehr Sicherheit für die Kunden und Klarheit für Kunden und Anbieter bringen.

Einlagensicherung:

Die Leistungen der gemeinschaftsrechtlich vorgesehenen Einlagensicherung sollen erhöht und gemeinschaftsrechtlich vereinheitlicht werden, um Wettbewerbsunterschiede zwischen den einzelnen Länderregimen zu vermeiden. Dies erfordert entsprechende gesetzliche Neuregelungen bei den gesicherten Einlagen der juristischen Personen. Flankierend sollen die Fristen für die Auszahlung der gesicherten Einlagen verkürzt werden.

In-Kraft-Treten:

Ein In-Kraft-Treten der umzusetzenden Bestimmungen zum vorgegebenen Termin ist jedenfalls notwendig, um die von der Richtlinie geforderte Vorgabe hinsichtlich des Zeitpunkts der Anwendung der Bestimmungen einhalten zu können. Darüber hinaus ist es aus Wettbewerbsgründen unerlässlich, den sowohl im Inland als auch grenzüberschreitend tätigen Normadressaten den harmonisierten rechtlichen Rahmen für die Erbringung ihrer Dienstleistungen rechtzeitig zur Verfügung zu stellen. Schließlich haben Kunden ab dem 1. November 2009 Anspruch auf das von der Zahlungsdiensterichtlinie eingeräumte Schutzniveau. Das Inkrafttreten der Bestimmungen in Umsetzung der Richtlinie 2009/14/EG orientiert sich an den Vorgaben der Richtlinie.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz zu Regelungen des Bundes auf diesem Gebiet ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 5 (Bankwesen) und  6 (Zivilrechtswesen) B-VG.

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 9. Juni 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Petra Bayr die Abgeordneten Mag. Peter Michael Ikrath, Lutz Weinzinger, Dr. Christoph Matznetter, Mag. Werner Kogler, Ing. Robert Lugar, Mag. Johann Maier sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka und der Ausschussobmann Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf mit Stimmenmehrheit angenommen.

Zur Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Petra Bayr gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (207 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2009 06 09

                                     Petra Bayr                                                          Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann