233 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

233 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Umweltausschusses

über die Regierungsvorlage (222 der Beilagen): Bundesgesetz zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase (Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009)

Maßnahmen zur Verringerung der Emissionen fluorierter Treibhausgase sind im Kontext breiter angelegter Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels zu betrachten. Der Klimawandel gilt als eine der größten ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen für die Menschheit. Die erste Gegenmaßnahme der internationalen Gemeinschaft angesichts dieser Bedrohung war die Verabschiedung des Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen im Jahr 1992, dessen Zielsetzung darin besteht, die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre auf einem Niveau zu stabilisieren, das eine gefährliche anthropogene Beeinträchtigung des Klimasystems verhindert. Auf diese Maßnahme folgte die Annahme des Kyoto-Protokolls im Jahre 1997, das die Industrieländer verpflichtet, die Gesamtmenge ihrer Treibhausgasemissionen im Zeitraum 2008 – 2012 (erster Verpflichtungs­zeitraum) um 5,2 % unter den Stand von 1990 zu senken.

Das Protokoll von Kyoto regelt neben den Treibhausgasen Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Distickstoffoxid (N2O) eine Gruppe von synthetischen Gasen auf Kohlenwasserstoffbasis, die so genannten fluorierten Treibhausgase (F-Gase). Diese gliedern sich wiederum aus chemischer Sicht in die vollfluorierten Kohlenwasserstoffe (FKW), die teilfluorierten Kohlenwasserstoffe (HFKW) und Schwefelhexafluorid (SF6).

Die fluorierten Treibhausgase werden zwar in viel geringeren Quantitäten emittiert, als dies bei CO2, CH4 oder N2O der Fall ist, zeichnen sich jedoch durch ein außerordentlich hohes Treibhauspotenzial aus (Global Warming Potential = GWP), das eine auf die Wirksamkeit von CO2 bezogene Verhältniszahl darstellt. Das GWP der derzeit gebräuchlichsten F-Gase beträgt zwischen 120 (für HFKW-152a, ein Treibmittel für Schaumstoffe) und 22.200 (für SF6, ein Gas, das in Hochspannungsschaltanlagen, Schallschutzfenstern, als Inertisierungsgas in der Magnesiumindustrie usw. eingesetzt wird oder wurde). Die mengenmäßig bedeutendsten HFKW bewegen sich im Bereich zwischen GWP = 1.300 und GWP = 12.000. Ein F-Gas mit einem GWP = 10.000 ist 10.000 mal treibhauswirksamer als CO2. Mit anderen Worten, die Emission von 1 Tonne einer solchen Chemikalie entspricht der Emission von 10.000 Tonnen Kohlendioxid.

Die Europäische Gemeinschaft hat sich im Rahmen des sechsten Umweltaktionsprogramms (2001-2010) zur Bekämpfung des Klimawandels bekannt, und hat sich weiters im Rahmen des Kyoto-Protokolls verpflichtet, ihre Emissionen im ersten Verpflichtungszeitraum um 8 % zu senken (Minderung um 336 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent). Die Arbeitsgruppe für fluorierte Gase, die im Rahmen des Europäischen Programms zur Klimaänderung (ECCP) tagte, hat in ihrem Bericht vom Juni 2001 festgestellt, dass die Emissionen fluorierter Treibhausgase im Jahr 1995 bei etwa 65 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent bzw. 2 % der gesamten Treibhausgasemissionen der Europäischen Gemeinschaft lagen. Da unter der Annahme, dass keine Maßnahmen ergriffen würden, bis 2010 ein Anstieg der Emissionen auf ca. 98 Mio. t Kohlendioxid-Äquivalent, d.h. um ca. 50 % prognostiziert wurde, war evident, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Die Kommission hat im August 2003 ihren Vorschlag für eine umfassende Regelung der fluorierten Treibhausgase vorgelegt, am 17. Mai 2006 wurde die Verordnung (EG) Nr. 842/2006 über bestimmte fluorierte Treibhausgase erlassen.

Es ist die Aufgabe dieses Gesetzes, einerseits die Vollziehung der direkt geltenden Europäischen Regelungen sicher zu stellen, und zwar durch Festlegung von  für die Vollziehung zuständigen Behörden, durch Übertragung von bestimmten Aufgaben an diese und durch rechtliche Anbindung dieser Aufgaben an das bestehende Instrumentarium des chemikalienrechtlichen Vollzuges, andererseits in bestimmten Bereichen (Maßnahmen zur Qualifizierung und Zertifizierung von Personen und Unternehmen) auf Grundlage der EU-Vorgaben eigene nationale  Ausführungsregelungen zu schaffen.

Ziel:

Für die Vollziehung, Überwachung und Durchsetzung der Verordnung über bestimmte fluorierte Treibhausgase samt Durchführungsverordnungen (EG), soll ein Bundesgesetz zur Reduktion der Emissionen fluorierter Treibhausgase (Fluorierte Treibhausgase-Gesetz 2009) erlassen werden.

Inhalt, Problemlösung:

Der vorliegende Gesetzentwurf sieht darüber hinaus eigenständige Durchführungsregelungen zu der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 über bestimmte fluorierte Treibhausgase samt Durchführungs­verordnungen (EG) vor. Die Verordnung über bestimmte fluorierte Treibhausgase wird selbstständig, aber im Wesentlichen unter Rückgriff auf Instrumente und Behörden gemäß dem ChemG 1996 in mittelbarer Bundesverwaltung überwacht, gegebenenfalls auch behördlich durchgesetzt und sanktioniert werden können.

Die in diesem Gesetzentwurf enthaltenen Regelungen wurden in ihrer inhaltlichen Form zusammen mit den Regelungen des REACH-Durchführungsgesetzes und der Chemikaliengesetznovelle in Form eines „Artikelgesetzes“ im Herbst 2008 zur Begutachtung ausgesendet. Im Zuge der Verhandlungen im März 2009 kam man überein, die Materie der fluorierten Treibhausgase wegen der Dringlichkeit der Etablierung von nationalen Maßnahmen zur Durchführung der REACH-Verordnung aus dem gemeinsamen Paket herauszulösen und in ein eigenes Gesetz zu überführen, welches hiermit vorgelegt wird.

Alternativen:

Keine.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Im Hinblick darauf, dass der vorliegende Entwurf primär als Rechtsrahmen für die in der gesamten Gemeinschaft in gleicher Art und Weise direkt geltenden einschlägigen Verordnungen (EG) dient, sind durch dieses Gesetzesvorhaben  auf Grund ihrer EU-rechtlichen Bedingtheit keinerlei eigenständige Auswirkungen auf Betriebe oder auf Beschäftigte zu erwarten.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

Die vorgeschlagenen Regelungen sehen keine Verwaltungslasten für Unternehmen vor. Es werden keine Kosten im Sinne der Standardkostenmodell-Richtlinien, BGBl. II Nr. 233/2007, verursacht.

Verhältnis zu den Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Dieser Vorschlag ist EU-konform und dient dazu, diejenigen Begleitmaßnahmen, die zur Anwendung und Durchsetzung von Gemeinschaftsrechtsakten, der Verordnung (EG) Nr. 842/2006 samt Durchführungsverordnungen (EG) in Österreich notwendig sind, festzulegen. Des Weiteren werden auch Maßnahmen zur Erfüllung der gemeinschaftsrechtlichen Pflichten Österreichs getroffen.

Besonderheiten des Rechtserzeugungsverfahrens:

Da im Bereich der Ausbildung die Vollziehung von Qualifizierung und Zertifizierung im Personalbereich in erster Instanz an die einschlägigen Organisationen der gewerblichen Wirtschaft übertragen werden soll, ist gemäß Art. 102 Abs. 1 B-VG die Zustimmung der Länder hierfür erforderlich. Der Gesetzgeber überträgt ihnen diese hoheitlichen Aufgaben in Form einer Beleihung, weil sie sachlich am besten geeignet scheinen, da sich diese Organisationen im Berufsausbildungsrecht im Rahmen der Ausbildung von Lehrlingen seit Jahren bewährt haben und daher die erforderliche Erfahrung im Zusammenhang mit der Abnahme von Prüfungen zur Qualifizierung von Personal besitzen, und weiters in diesen Institutionen erfahrene Prüfer, die die entsprechende Sachkunde besitzen, verfügbar sind. Daher ist es im Sinne des Prinzips von Sachlichkeit und Effizienz nicht nur zweckmäßig, sondern höchst sinnvoll und angeraten, ein ähnliches Konzept wie im Berufsausbildungsrecht zu verwenden, und auch hier die Aufgaben von Prüfung und Zertifizierung an die einschlägigen Organisationen der gewerblichen Wirtschaft zu übertragen. Angesichts dieser Sachlage wäre es schwer vertretbar, in erster Instanz zur Vollziehung dieser Aufgaben den Landeshauptmann oder die ihm unterstellten Landesbehörden (Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung) heranzuziehen, da in diesem Fall dort erst eigene Prüf- und Zertifizierungsstellen eingerichtet werden müssten und daher dies eine zusätzliche Belastung für diese Behörden bedeuten würde, was den Grundsätzen der Verwaltung in Hinblick auf Einfachheit, Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit widersprechen würde.

Es sollte davon ausgegangen werden, dass die Übertragung an diese Institutionen unproblematisch ist, da die Länder im Zuge der Begutachtung sowie der Verhandlungen zu diesem Gesetz entsprechend informiert und eingebunden waren und gegen dieses Konzept seitens der Länder keine Einwände vorgebracht wurden. Da unstrittig ist, dass diese Materie in mittelbarer Bundesverwaltung (Art. 102 B-VG) zu vollziehen ist, und nur in erster Instanz eine Übertragung an Institutionen außerhalb der allgemeinen staatlichen Verwaltung vorgesehen ist, und keinesfalls die Vollziehung in mittelbarer Bundesverwaltung in ihrem verfassungsrechtlich verankerten Prinzip tangiert werden soll, obliegt es dem Landeshauptmann, dessen Mitwirkung eine zentrale Säule der mittelbaren Bundesverwaltung und somit ein tragendes Element des bundesstaatlichen Verfassungsprinzips darstellt, als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde und die im Instanzenzug übergeordnete Behörde gemäß Art. 103 Abs. 4 B-VG zu fungieren.

 

Der Umweltausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 23. Juni 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Andrea Gessl-Ranftl die Abgeordneten Ing. Hermann Schultes und Gerhard Steier sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Umweltausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (222 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2009-06-23

                             Andrea Gessl-Ranftl                                                                  Petra Bayr

                                 Berichterstatterin                                                               Obfraustellvertreterin