268 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Rechnungshofausschusses

über den Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Josef Bucher, Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Überprüfung der Gebarung der ÖIAG und der Austrian Airlines hinsichtlich der Partnersuche bzw. der Privatisierungsversuche für die Austrian Airlines (1/URH2)

Der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses hat den im Titel erwähnten Bericht gemäß § 32e Abs. 4 erster Satz GOG vorgelegt.

Der Rechnungshofausschuss hat den gegenständlichen Bericht am 25. Juni 2009 in Verhandlung genommen.

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneter Erwin Hornek die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Martina Schenk, Mag. Christine Lapp und Mag. Dr. Manfred Haimbuchner.

Die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Martina Schenk und Mag. Dr. Manfred Haimbuchner kündigen an, jeweils einen Minderheitsbericht im Sinne des § 42 Abs. 4 GOG zu erstatten.

Der Rechnungshofausschuss hat gemäß § 32e Abs. 4 erster Satz GOG einstimmig beschlossen, den Bericht des Ständigen Unterausschusses als Verhandlungsgegenstand dem Nationalrat vorzulegen. Weiters beschloss der Rechnungshofausschuss mit Stimmenmehrheit, dem Hohen Hause die Kenntnisnahme dieses Berichtes zu empfehlen.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Rechnungshofausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      den angeschlossenen Bericht des Ständigen Unterausschusses des Rechnungshofausschusses gemäß § 32e Abs. 4 GOG betreffend „Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Josef Bucher, Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Überprüfung der Gebarung der ÖIAG und der Austrian Airlines hinsichtlich der Partnersuche bzw. der Privatisierungsversuche für die Austrian Airlines (1/URH2)“ zur Kenntnis nehmen,

2.      diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2009 06 25

                                   Erwin Hornek                                                              Mag. Werner Kogler

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann


Anlage

 

Bericht

des Ständigen Unterausschusses
des Rechnungshofausschusses

gemäß § 32e Abs. 4 GOG

betreffend Durchführung des Verlangens der Abgeordneten Josef Bucher, Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Überprüfung der Gebarung der ÖIAG und der Austrian Airlines hinsichtlich der Partnersuche bzw. der Privatisierungsversuche für die Austrian Airlines (1/URH2)

1. Allgemeine Einleitung

Am 28. Oktober 2008 haben ein Viertel der Abgeordneten gemäß § 32e Abs. 2 GOG des Nationalrates einen Antrag auf Durchführung des Verlangens auf Überprüfung der Gebarung der ÖIAG und der Austrian Airlines hinsichtlich der Partnersuche bzw. der Privatisierungsversuche für die Austrian Airlines (1/URH2) gestellt.

 

Das Verlangen wurde wie folgt begründet:

„Im April wurde seitens der AUA für das Geschäftsjahr 2008 ein Gesamtjahresverlust von 70 bis 90 Millionen Euro (bereits nach unten revidiert) prognostiziert, mittlerweile wurde die Summe von der AUA nach oben revidiert, es handelt sich um 100 bis 125 Millionen Euro. Der Gesamtschuldenstand könnte somit bis auf eine Milliarde Euro klettern, weshalb eine Privatisierung der Fluglinie eingeleitet wurde. Momentan gleicht der Prozess der Privatisierung einem Thriller und wirft erneut schlechtes Licht auf die staatliche Beteiligungsholding ÖIAG. Bereits 2007 kritisierte der Rechnungshof (Reihe Bund 2007/12) die ÖIAG aufgrund enorm hoher Beraterkosten über 250 Millionen Euro und Vorstands- und Geschäftsführerprämien über 45 Millionen (bei nicht verlustfrei durchgeführten Privatisierungen). Es begann eine Debatte um ÖIAG-Chef Peter Michaelis, dessen Vertrag im Juli 2008 ausgelaufen wäre. Seltsamerweise wurde sein Vertrag verlängert.

Während Ötsch noch im Frühjahr die AUA als saniert betrachtete, hätte die ÖIAG bereits auf eine Partnersuche drängen müssen, spätestens, nachdem der Einstieg des arabischen Investors Al Jaber missglückte (als dieser den tatsächlichen Stand der ‚Sanierung’ erfuhr).

Bereits 2006 erstellte der Unternehmensberater Roland Berger ein Gutachten, in welchem eine dringende Partnersuche für die AUA empfohlen wurde. AUA-Chef Alfred Ötsch ignorierte dieses Papier, Finanzminister Molterer und Infrastrukturminister Faymann hatten davon angeblich keine Kenntnis, bis sie vom Magazin ‚News’ (32/8) darauf angesprochen wurden.

Laut Bergers Gutachten sei die Air France im Hinblick auf den Standort Wien der vorzuziehende Partner. Die Air France-KLM war mit der russischen S7 und der Lufthansa einer der Bieter. Die Air France konnte  kein verbindliches Angebot vorlegen (‚Das aktuelle wirtschaftliche und finanzielle Umfeld macht ein Offert derzeit unmöglich’, so Airline-Sprecher Leurquin laut ‚SN’ vom 22.10.08), auch die S7 scheiterte laut Medien an der Finanzierung. Die Betreiber des Flughafen Wiens ziehen die S7 der Lufthansa vor, da ein Sprecher des Flughafen München in einem Interview erklärte, dass im Fall des Zuschlags der Lufthansa  zahlreiche Flüge von Wien nach München verlegt würden.

Ob das Interesse des verbliebene Bieters Lufthansa zuletzt noch den Ausschreibungsbedingungen entsprach ist zu bezweifeln, entspricht die Forderung nach einem Schuldenerlass doch einer Änderung des Privatisierungsauftrags. Nach der Verlängerung des Privatisierungsauftrags meldeten auch die Air France-KLM und die S7 wieder ihr Interesse, kritisierten allerdings die ÖIAG stark. Das ‚Profil’ berichtet von einer ‚systematischen Bevorzugung der Lufthansa und Manipulation der Privatisierung’. Ein Schreiben des Generaldirektors der Air France Spinetta an die ÖIAG erklärt, weshalb ein Angebot der Air France ausblieb. Der Grund sind fehlende Unterlagen und Informationen, ‚von denen wir glauben, dass sie entscheidend für eine tief gehende Analyse der Übernahme von Austrian wären.’ (‚Profil’, S.47).  Dem saudischen Investor Al Jaber wird dieser Vorwurf bekannt vorkommen.

Der ‚Kurier’ schreibt, dass die Lufthansa und die S7 als Kaufbedingung eine 500 Millionen Euro-Finanzspritze in Form eines ‚Standortsicherungspaketes’ aus österreichischen Steuermitteln fordern. Im Hinblick auf die wichtige Stellung der AUA als Arbeitgeber ist es unablässig, die Verkaufsstrategie der ÖIAG transparent nachvollziehen zu können, Missstände aufzudecken und Verantwortliche gegebenenfalls zur Rechenschaft zu ziehen.“

 

2. Ausschusssitzungen – Ablauf

Dem Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses gehören

von der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion

die Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Hannes Fazekas, Dr. Günther Kräuter, Mag. Christine Lapp und Rosemarie Schönpass,

vom Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei

die Abgeordneten Franz Hörl, Erwin Hornek, Mag. Dr. Beatrix Karl, Gabriel Obernosterer und Dorothea Schittenhelm,

vom Freiheitlichen Parlamentsklub

die Abgeordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Ing. Norbert Hofer und Wolfgang Zanger,

vom Parlamentsklubs des BZÖ

die Abgeordneten Gerald Grosz und Mag. Ewald Stadler

sowie vom Grünen Klub

die Abgeordneten Mag. Werner Kogler und Dr. Gabriela Moser an.

 

Obmann dieses Ständigen Unterausschusses ist der Abgeordnete Ing. Norbert Hofer, Stellvertreterin und Stellvertreter sind die Abgeordneten Mag. Christine Lapp und Erwin Hornek, Schriftführerinnen sind die Abgeordneten Rosemarie Schönpass, Dr. Gabriela Moser und Mag. Dr. Beatrix Karl.

 

Zur Durchführung der gegenständlichen Prüfung bestand im Ständigen Unterausschuss Einvernehmen, die Präsidentin des Nationalrates gemäß § 39 Abs. 2 GOG zu ersuchen, durch den Stenographendienst eine auszugsweise Darstellung der Verhandlungen abfassen zu lassen.

 

Nach der konstituierenden Sitzung am 25. November 2008 befasste sich der Ständige Unterausschuss mit dem gegenständlichen Prüfverlangen in Sitzungen am 16. Dezember 2008, 18. Februar 2009, 5. März 2009, 17. März 2009, 24. März 2009, 2. April 2009, 23. April 2009 und 25. Mai 2009.

 

Anlässlich der 2. Sitzung beschloss der Unterausschuss auf Antrag der Abgeordneten Mag. Christine Lapp und Erwin Hornek mit Stimmenmehrheit, die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie sowie den Bundesminister für Finanzen gemäß § 40 Abs. 1 GOG um die Einleitung von Erhebungen und um schriftliche Äußerung in Berichtsform im Sinne des gegenständlichen Prüfverlangens bis 12. Februar 2009 zu ersuchen.

Die Anträge der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Mag. Ewald Stadler auf einen Erhebungsbericht des Bundesministers für Finanzen zu Unterlagen im Zusammenhang mit den Privatisierungsversuchen, des Abgeordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner betreffend Teilnahme des Präsidenten des Rechnungshofes an den Verhandlungen und der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser auf Vorlage eines Berichtes über ein Gutachten bis Jänner 2009 blieben in der Minderheit.

In der 3. Sitzung wurden die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures sowie der Vizekanzler und Bundesminister für Finanzen Dipl.-Ing. Josef Pröll gehört. Diese Sitzung diente auch zur Beschlussfassung der Ladungen von Mag. Alfred Ötsch und Dr. Peter Michaelis für die nächste Sitzung als Auskunftspersonen.

Ein in dieser Sitzung gestellter Antrag der Abgeordneten Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Gerald Grosz und Mag. Werner Kogler betreffend Gutachten zu den Privatisierungsversuchen wurde von der Mehrheit abgelehnt.

Die Beratungen wurden am 5. März 2009 mit der Befragung der oben genannten Auskunftspersonen fortgesetzt. Auf Antrag der Abgeordneten Mag. Christine Lapp und Erwin Hornek wurde einstimmig die Ladung von Ing. Siegfried Wolf, Dr. Peter Malanik, Dr. Andreas Bierwirth, Univ.Prof. Dr. Christian Nowotny, Univ.Prof. Dr. Thomas Eilmansberger sowie Alfred Junghans beschlossen.

In der 5. Sitzung, in der die Befragung der Auskunftsperson Dr. Christian Nowotny durchgeführt wurde, blieb ein Antrag auf Ladung weiterer Auskunftspersonen der Abgeordneten Gerald Grosz, Dr. Gabriela Moser und Mag. Dr. Manfred Haimbuchner in der Minderheit, ebenso ein Antrag des Abgeordneten Gerald Grosz in der 6. Sitzung, die der Anhörung der Auskunftsperson Univ.Prof. Dr. Thomas Eilmansberger diente.

Die Auskunftsperson Ing. Siegfried Wolf wurde in der 7. Sitzung befragt. Zwei in dieser Sitzung gestellte Ladungsanträge der Abgeordneten Ing. Norbert Hofer, Dr. Gabriela Moser und Josef Bucher wurden von der Ausschussmehrheit abgelehnt.

Die Befragung der Auskunftspersonen Alfred Junghans, Dr. Peter Malanik und Dr. Andreas Bierwirth erfolgte in der 8. Sitzung. Ladungsanträge der Abgeordenten Dr. Martin Strutz, Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Dr. Gabriela Moser, Ing. Norbert Hofer und Mag. Werner Kogler blieben in der Minderheit.

In der 9. und letzten Sitzung am 25. Mai 2009 erfolgte die Beschlussfassung über diesen Bericht des Unterausschusses.

 

In Vertretung abwesender Mitglieder waren bei einzelnen Sitzungen anwesend:

für die sozialdemokratische Parlamentsfraktion die Abgeordneten Christian Faul, Rudolf Plessl, Ewald Sacher; für den Parlamentsklub der Österreichischen Volkspartei: Dr. Erwin Rasinger, Johann Höfinger, Hermann Gahr, Johannes Schmuckenschlager, Mag. Josef Lettenbichler; für den Freiheitlichen Parlamentsklub: Bernhard Themessl, Alois Gradauer, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, DDr. Werner Königshofer; für den Parlamentsklub des BZÖ: Christoph Hagen, Ing. Robert Lugar, Josef Bucher, Ernest Windholz, Maximilian Linder, Dr. Martin Strutz und für den Grünen Klub der Abgeordnete Dr. Peter Pilz.

An den Debatten beteiligten sich die Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Dr. Gabriela Moser, Erwin Hornek, Mag. Dr. Manfred Haimbuchner, Mag. Ewald Stadler, Mag. Dr. Beatrix Karl, Christian Faul, Gerald Grosz, Mag. Werner Kogler, Wolfgang Zanger, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Franz Hörl, Dorothea Schittenhelm, Hannes Fazekas, Gerhard Huber, Maximilian Linder, Rosemarie Schönpass, Alois Gradauer, Ing. Robert Lugar, Josef Bucher, Ernest Windholz, Dr. Peter Pilz, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Dr. Martin Strutz sowie der Obmann des Unterausschusses Abgeordneter Ing. Norbert Hofer.

 

 

 

3. Erhebungen

 

Erhebungsbericht des BMVIT

gemäß § 32e Abs. 2 GOG-NR i.V.m.

§ 40 Abs. 1 GOG-NR

 

Zum Verlangen der Abgeordneten Josef Bucher, Heinz Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Prüfung der Gebarung der ÖIAG und der Austrian Airlines hinsichtlich der Partnersuche bzw. der Privatisierungsversuche für die Austrian Airlines

Einleitend ist von Seiten des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) festzuhalten, dass das BMVIT weder auf die Gebarung der ÖIAG bzw. der Austrian Airlines noch auf eine etwaige Partnersuche und die Privatisierung der Austrian Airlines Einfluss hat.

Die Zuständigkeit des BMVIT als Oberste Zivilluftfahrtbehörde betreffend die Austrian Airlines AG (AUA) – sowie für alle anderen österreichischen Luftfahrtunternehmen auch – hat ausschließlich öffentlich-rechtlichen Charakter und beschränkt sich – neben der Erteilung der Betriebsgenehmigung – auf die flugbetriebliche und flugtechnische Betriebs- und Sicherheitsaufsicht (Safety), auf die Überprüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit für die Erteilung der Betriebsgenehmigung gemäß der EU-VO Nr. 1008/2008 sowie der Sicherheitsaufsicht (Security) gemäß der EU-VO Nr. 300/2008, soweit dies nicht in die Zuständigkeit des BMI fällt.

Die zuletzt stattgefundene Überprüfung der finanziellen Leistungsfähigkeit gemäß der EU-VO Nr. 1008/2008 durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer bestätigte die positive finanzielle Leistungsfähigkeit der Austrian Airlines für die Erhaltung der Betriebsgenehmigung.

Was hingegen die im vorliegenden Verlangen thematisierte Partnersuche und Privatisierung der AUA betrifft, so fällt dies nicht in den Zuständigkeitsbereich des BMVIT, denn dies ressortiert ausschließlich zur Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes, welche unmittelbar durch die ÖIAG und damit mittelbar für die AUA vom BMF als Eigentümervertreter des Bundes wahrgenommen wird.

Das BMVIT ist nie in das Verfahren betreffend den Privatisierungsprozess der AUA eingebunden worden und ist auch in der Vergangenheit lediglich ein Mal von der ÖIAG im Rahmen dieses Privatisierungsprozesses hinsichtlich allfälliger möglicher Auswirkungen auf die Betriebsgenehmigung der AUA bei Einstieg eines nicht-europäischen Luftfahrtunternehmens konsultiert worden.

Deshalb entziehen sich alle von den Abgeordneten Bucher, Strache, Kolleginnen und Kollegen aufgeworfenen Sachverhalte und Abläufe der Kenntnis des BMVIT und können sowohl mangels Zuständigkeit als auch mangels der erforderlichen Informationen nicht beantwortet werden.

Ergänzend wird dazu zur Aufsichtsverpflichtung der OZB gemäß § 141 Luftfahrtgesetz folgendes ausgeführt:

Gemäß § 141 Abs. 1 LFG unterliegen Luftverkehrsunternehmen (sowie auch Flugplätze, Zivilluftfahrerschulen, technische Luftfahrtunternehmen und Vermietungsunternehmen) der Aufsicht der für die Genehmigung zuständigen Behörde (für Luftfahrtunternehmen und Flughäfen: BMVIT). Gemäß Abs. 5 leg. cit. kann die Aufsichtsbehörde zu Haupt- oder Generalversammlungen, Aufsichtsratssitzungen und Sitzungen von Ausschüssen von Luftfahrtunternehmen (sowie auch von Flughäfen) einen rechtskundigen Vertreter entsenden. Dieser ist berechtigt, an den Sitzungen ausschließlich mit beratender Stimme teilzunehmen und alle Aufklärungen zu verlangen die zur Beurteilung der vorgesehenen Beschlüsse erforderlich sind.

Die Bestimmung des § 141 LFG findet sich bereits in der Stammfassung des LuftfahrtG (LFG), BGBl. Nr. 253/1957. Sie kann historisch so interpretiert werden, dass zum damaligen Zeitpunkt der Aufbau der österreichischen Luftverkehrswirtschaft in einem schwierigen Umfeld stattfand und eine verstärkte behördliche Kontrollmöglichkeit (welche es auch erlaubte, zeitgerecht allenfalls notwendige behördliche Maßnahmen einzuleiten) als notwendig gesehen wurde. Der Nachweis der finanziellen Leistungsfähigkeit von Luftverkehrsunternehmen war bereits in der Stammfassung des LFG eine der Voraussetzungen für die Erteilung einer Konzession als Luftfahrtunternehmen. Mit der Änderung der Rechtsgrundlage für Luftfahrtunternehmen vom LFG zur heute geltenden EU-Verordnung 1008/2008 hat sich an dieser Situation nichts geändert. Nach deren Abs. 3 lit. g iVm Art. 5 ist die finanzielle Leistungsfähigkeit nach wie vor u.a. eine wesentliche Voraussetzung für die Erteilung und den Erhalt einer Konzession als Luftfahrtunternehmen.

Die Aufsichtsbehörde ist durch den Leiter der Abteilung II/L1 der Gruppe Luft in den Aufsichtsräten der Austrian Airlines  AG und der Tyrolean Airways Tiroler Luftfahrt GmbH vertreten. Beim dritten Unternehmen der Austrian Gruppe, der Lauda Air Luftfahrt GmbH, ist seit ihrer Umwandlung von einer AG in eine GmbH, welche im 100 %-Eigentum der AUA steht, kein Aufsichtsrat mehr eingerichtet.

Der Vertreter der Aufsichtsbehörde ist kein Mitglied des Aufsichtsrates im gesellschaftsrechtlichen Sinn, er ist nicht berechtigt, an den Abstimmungen teilzunehmen. Die Tätigkeit als Aufsichtsorgan im Aufsichtsrat bezieht sich rein auf eine Kontrolle unternehmerischer Entscheidungen aus luftfahrtrechtlicher Sicht, d.h. auf Einhaltung der luftfahrtrechtlichen nationalen und EU-rechtlichen Normen.

 

 


Erhebungsbericht des Bundesministeriums für Finanzen

gemäß § 32e Abs. 2 GOG-NR i.V.m.

§ 40 Abs. 1 GOG-NR

 

 

1. Einleitung

Zum Ersuchen um Einleitung von Erhebungen und um schriftliche Äußerung in Berichtsform im Sinne des Prüfverlangens betreffend „Überprüfung der Gebarung der ÖIAG und der Austrian Airlines hinsichtlich der Partnersuche bzw. der Privatisierungsversuche für die Austrian Airlines“ durch den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses wird Folgendes festgestellt:

Die Republik Österreich, vertreten durch den Bundesminister für Finanzen, ist Alleinaktionärin der Österreichische Industrieholding AG (ÖIAG). Vom Bundesministerium für Finanzen werden gemäß § 2 Bundesgesetz über die Neuordnung der Rechtsverhältnisse der Österreichischen Industrieholding Aktiengesellschaft und der Post und Telekombeteiligungs-verwaltungsgesellschaft (ÖIAG-Gesetz 2000), BGBl. I Nr. 24/2000, ausschließlich die Rechte der Republik Österreich in der Hauptversammlung wahrgenommen. Dabei hat das Bundesministerium für Finanzen nach der bestehenden Gesetzeslage keine Möglichkeit, Entscheidungen von Organen der ÖIAG bzw. der Austrian Airlines AG (AUA) als einer zu 41,56 % im Eigentum der ÖIAG stehenden Gesellschaft zu beeinflussen.

Gemäß § 7 Abs. 1 ÖIAG-Gesetz 2000 ist die ÖIAG in Erfüllung des jeweils für eine Legislaturperiode von der Bundesregierung beschlossenen Privatisierungsauftrages mit der gänzlichen oder teilweisen Privatisierung jener Unternehmen betraut, deren Anteile ihr übertragen sind oder ihr künftig durch Bundesgesetz oder Rechtsgeschäft zur Privatisierung übertragen werden.

Gemäß § 7 Abs. 3 ÖIAG-Gesetz 2000 entscheidet die ÖIAG nach dem pflichtgemäßen Ermessen ihrer Organe, wann und in welchem Umfang Privatisierungen erfolgen. Dabei sind die Interessen der jeweiligen Beteiligungsgesellschaft, der ÖIAG sowie die Interessen des Bundes insbesondere im Hinblick auf die Bedienung der Schulden der ÖIAG angemessen zu berücksichtigen.

Die Gebarung der ÖIAG und der Austrian Airlines hinsichtlich der Erfüllung des Privatisierungsauftrages der Bundesregierung zur Privatisierung der Austrian Airlines AG im Sinne des gegenständlichen Prüfverlangens betrifft Entscheidungen von Organen der ÖIAG bzw. der AUA und somit keine in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen fallenden Gegenstände der Vollziehung, insbesondere auch keine Angelegenheiten der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten, und sind somit von dem in § 90 GOG 1975 determinierten Fragerecht nicht erfasst. Die Ausführungen zum Privatisierungsauftrag in den Kapiteln 3, 4 und 5 beziehen sich daher ausschließlich auf die dem Bundesministerium für Finanzen zukommenden Rechte der Republik Österreich als Alleineigentümerin der ÖIAG. Auf den Bericht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie gemäß der gegebenen Zuständigkeit wird verwiesen.

 

2. Wirtschaftliche Entwicklung der Austrian Airlines AG

Die im Jahr 1957 gegründete AUA ist von besonderer Bedeutung für den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich. Austrian Airlines hat derzeit rd. 8.000 Arbeitnehmer; mehr als 65.000 Arbeitsplätze sind direkt oder indirekt mit dem Wiener Flughafen verbunden, der mit allen seinen Zulieferbetrieben eine Wertschöpfung von 4,8 Milliarden Euro pro Jahr erwirtschaftet. Darüber hinaus trägt die gute und dichte Verkehrsanbindung über das Drehkreuz Wien nachweislich zur wirtschaftlichen Attraktivität des Standorts Österreich bei.

Nach einem langjährigen positiven Geschäftsverlauf der AUA beeinflussten vor allem exogene Faktoren, wie die weltweite Konjunkturschwäche, die Ereignisse vom 11. September 2001, die Lungenkrankheit SARS, die zunehmende Konkurrenz durch Low Cost Carrier am Drehkreuz Wien bzw. die Entwicklung der Treibstoffkosten in negativer Hinsicht die Geschäftsergebnisse des Unternehmens ab dem Jahr 2000. Das wirtschaftliche Umfeld hat sich in den ersten Monaten des Jahres 2008 weiterhin deutlich verschlechtert. Vor allem der hohe Kerosinpreis war für eine Airline in der Größe der AUA kaum zu verkraften.

Der dramatische Anstieg des Kerosinpreises in den ersten drei Quartalen des Jahres 2008 ist der folgenden Übersicht zu entnehmen:

 

Crude & jet fuel price history

 

Hinzu kam bereits in den ersten Monaten des Jahres 2008 eine weltweite Konjunkturverlangsamung, die zu einer schwächeren Nachfrage im touristischen Bereich führte (weiterer Rückgang der beförderten Passagiere im Charterverkehr im 1. Halbjahr 2008 um 5% gegenüber der bereits um 18% rückläufigen Vergleichszahl des 1. Halbjahres 2007). Vor allem die Langstrecke (weiterer Passagierrückgang im 1.Halbjahr 2008 um knapp 14% gegenüber der um 9,5% rückläufigen Vergleichszahl des 1. Halbjahres 2007) wurde insbesondere durch die beginnende Subprimekrise in den USA negativ beeinflusst. Da bereits zum damaligen Zeitpunkt keine Verbesserung des Umfelds in Sicht war, bestand dringender Handlungsbedarf, um die Zukunft von AUA abzusichern.

Das internationale Beratungsunternehmen Boston Consulting Group hat daher in einer umfassenden Studie strategische Optionen gemeinsam mit der AUA geprüft. Dabei wurden die Möglichkeiten und Konsequenzen eines Alleingangs der AUA (Stand alone) ebenso analysiert wie die Option der Hereinnahme eines strategischen Partners aus der Airline Industrie.

Das Ergebnis der eingehenden Analyse zeigt, dass der Erhalt der Eigenständigkeit der AUA grundsätzlich möglich ist, allerdings nur durch eine drastische Anpassung des Geschäftsmodells. Das erfordert aller Voraussicht nach eine deutliche Reduktion des Streckennetzes. Das besonders kostenintensive Langstreckennetz sowie jene Strecken, die mit teuren kleinen Fluggeräten geflogen werden, sind besonders gefährdet. All dies wäre mit massivem Stellenabbau verbunden. Auch im Hinblick auf den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich, die Rolle des Wiener Flughafens und die Interessen des österreichischen Fremdenverkehrs ist eine solche Lösung nicht wünschenswert. Darüber hinaus trägt die gute und dichte Verkehrsanbindung über das Drehkreuz Wien nachweislich zur wirtschaftlichen Attraktivität des Standorts Österreich bei. Die Ansiedlung zahlreicher internationaler Konzerne, die ihre Osteuropa-Aktivitäten von hier aus steuern, zeugt davon. Ebenso profitieren viele österreichische Unternehmen, die ihre Wachstumsmärkte in Osteuropa haben, von dieser Positionierung.

Die Absicherung des Standorts und dessen Beschäftigungswirkung – jede Million abgefertigter Passagiere bedeutet insgesamt ca. 3.500 Arbeitsplätze – kann am besten über einen strategischen Partner für die AUA erfolgen. Ein solcher Partner steigert die Finanzkraft und die Vertriebsstärke der AUA und ermöglicht so die Fortsetzung und Ausweitung des Wachstumskurses in Mittel- und Osteuropa.

Das Management der Austrian Airlines sowie die ÖIAG als Hauptaktionärin haben sich deshalb für einen strategischen Partner als beste Zukunftslösung ausgesprochen.

Die Beispiele KLM und SWISS zeigen, dass ein strategischer Partner stets daran interessiert ist, bestehende Assets weiter zu nutzen. Die Traditionsmarke Austrian Airlines, die im In- und Ausland für hohe Qualität und exzellenten Service steht, zählt zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren. Einzigartig ist auch das von Wien ausgehende dichte Streckennetz in CEE sowie im Nahen Osten. Hier ist es der AUA als First Mover in den letzten Jahren gelungen, eine Marktposition zu erreichen, die zu den wertvollsten Betriebskapitalien zählt.

Die Voraussetzungen für die richtige Partnerwahl mussten rasch und umgehend getroffen werden, wobei die Suche nach einem strategischen Partner keinen Aufschub duldete. Es gibt Beispiele in Europa, wo durch das Hinauszögern der notwendigen Entscheidung dem Wirtschaftsstandort und dem betroffenen Unternehmen erheblicher Schaden zugefügt wurde: So machte nach der Insolvenz der belgischen Fluglinie Sabena der Flughafen Brüssel einen schmerzhaften Schrumpfungsprozess durch. Die späte Privatisierung der Alitalia bedrohte nicht nur die Fluglinie selbst, sondern hat auch dazu geführt, dass der Mailänder Flughafen Malpensa erheblich an Bedeutung eingebüßt hat.

Nach eingehender Analyse ist der Aufsichtsrat der ÖIAG zu dem Schluss gelangt, dass AUA ihre Stärken – insbesondere die erfolgreiche Position in Osteuropa sowie im nahen und mittleren Osten – nur gemeinsam mit einem strategischen Partner weiter ausbauen kann, während im zuletzt deutlich verschlechterten Branchenumfeld die Variante einer Stand-Alone-Lösung nur mit einem drastischen Maßnahmenpaket und massiven Auswirkungen auf den Flughafen Wien verbunden gewesen wäre.

 

3. Privatisierungsauftrag der Bundesregierung

Der Aufsichtsrat der ÖIAG hat daher mit Beschluss vom 1. August 2008 der Bundesregierung  empfohlen, die ÖIAG zur Abgabe von bis zu 100 % ihrer Anteile an einen strategischen Partner zu ermächtigen.

Die Bundesregierung hat zur Zukunftssicherung der AUA, der Drehscheibe Wien-Schwechat sowie der Sicherstellung der damit verbundenen Arbeitsplätze umgehend eine verantwortungsvolle Entscheidung im Interesse des Wirtschafts- und Beschäftigungsstandortes Österreich getroffen und mit Beschluss des Ministerrates vom

12. August 2008 die ÖIAG ermächtigt, die Austrian Airlines AG bei Erhaltung einer österreichischen Kernaktionärsstruktur von 25 % + 1 Aktie zu privatisieren.

Dies mit dem Ziel

der Beibehaltung der Marke Austrian

der Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale in Österreich

der Aufrechterhaltung eines für den Standort angemessenen Streckennetzes, sowie der Bedachtnahme auf den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich

der bestmögliche Erhaltung sicherer Arbeitsplätze bei Austrian Airlines und am Wiener Flughafen, sowie

der Bildung eines Gremiums zur Wahrung der österreichischen Standortinteressen

In Erfüllung dieses Privatisierungsauftrages wurde der Privatisierungsprozess der ÖIAG für die AUA so strukturiert, dass die ÖIAG mit der raschen und umgehenden  Partnersuche am 13. August 2008 begonnen hat. Dazu wurde Interessenten die Möglichkeit gegeben, ein entsprechendes Angebot zu legen. Nach Prüfung und Evaluierung der Angebote wurde

eine Short List erstellt und den Gremien der ÖIAG zur Beschlussfassung vorgelegt. Nach Abgabe der Angebote am 24. Oktober 2008 erfolgte eine Auswertung der Angebote sowie die Vorbereitung der Antragstellung für den Aufsichtsrat am 27. Oktober 2008. Nach Vorliegen der Genehmigung durch den Aufsichtsrat war die Unterfertigung des Kaufvertrages vorgesehen.

Gemäß § 7 Abs. 1 ÖIAG-Gesetz 2000 endet ein von der Bundesregierung erteilter Privatisierungsauftrag mit Ablauf der jeweiligen Legislaturperiode, sodass der Privatisierungsauftrag der Bundesregierung vom 12. August 2008 mit Ende der

XXIII. Gesetzgebungsperiode des Nationalrates am 27. Oktober 2008 ausgelaufen ist.

Das im Zeitpunkt der Strukturierung des Prozesses durch das auktionale Verfahren erwartete Verhandlungsergebnis konnte jedoch bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht realisiert werden, sodass der Vorstand und der Aufsichtsrat der ÖIAG am 27. Oktober 2008 Vertreter der Bundesregierung über den Stand des Privatisierungsverfahrens informierte und um formelle Verlängerung des Privatisierungsauftrages für weitere Verhandlungen mit den Bietern ersuchte.

Die Bundesregierung hat daher bereits am 29. Oktober 2008 beschlossen, die Ermächtigung der ÖIAG, die Austrian Airlines AG entsprechend der Beschlussfassung der Bundesregierung vom 12. August 2008 zu privatisieren, bis 31. Dezember 2008 zu verlängern sowie die ÖIAG nach Verhandlungsabschluss zu unterstützenden Maßnahmen zur Standortsicherung von Austrian Airlines AG in Höhe von bis zu 500 Millionen Euro durch die Verwendung liquider Mittel und den Einsatz geeigneter Finanzierungsmethoden durch einen entsprechenden Beschluss der Bundesregierung zu ermächtigen und falls erforderlich, in einer Regierungsvorlage die dafür notwendigen gesetzlichen Vorraussetzungen zu schaffen.

 

4. Umsetzung des Privatisierungsauftrages

In Erfüllung des Privatisierungsauftrages der Bundesregierung hat die ÖIAG den Verkauf der von ihr gehaltenen Anteile von AUA an die Lufthansa am 5. Dezember 2008 finalisiert. Details der operativen Durchführung sind der Beilage zu entnehmen.

Die Lufthansa hat in ihrem Angebot alle im Privatisierungsauftrag formulierten Ziele wie folgt umgesetzt:

Lufthansa schätzt die Qualität der Marke „Austrian“, die einen wesentlichen Wert des Unternehmens darstellt, und strebt an, die Identität, Marke und das Produktprofil von Austrian Airlines zu pflegen und weiterzuentwickeln sowie Wien als wichtigen Standort in ihr Verbundnetzwerk einzubinden und zu stärken. Das strategische Konzept der Lufthansa zeigt, dass auch in Zukunft ein für den Standort Österreich attraktives Streckennetz aufrechterhalten wird, das in Abhängigkeit von der Entwicklung der Nachfrage und der Wirtschaftlichkeit weiter gestärkt werden soll. Sitz und Entscheidungszentrale der AUA werden weiterhin in Österreich angesiedelt sein. Die Restrukturierung der AUA soll sichere Arbeitsplätze bei Austrian Airlines und am Wiener Flughafen bestmöglich erhalten. Somit erfüllt das strategische Konzept der Lufthansa die Interessen Österreichs als Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort.

Die Erhaltung der im Privatisierungsauftrag geforderten österreichischen Kernaktionärsstruktur von 25% + 1 Aktie wurde in Form einer Stiftung umgesetzt. Durch diese Stiftungskonstruktion, die für mindestens fünf Jahre aufrechterhalten wird, gelingt es, sowohl den Anreiz zur Realisierung möglicher Synergiepotenziale bei sofortiger Inangriffnahme der Restrukturierung für Lufthansa nicht zu beeinträchtigen, als auch die österreichischen Interessen abzusichern. Die Stiftung hat zudem das Recht, zwei Vertreter in den Aufsichtsrat der AUA zu entsenden. Somit können die österreichischen Interessen auch in den Gremien der AUA vertreten werden. Weiters wird die Wahrung der österreichischen Standortinteressen durch einen Beirat überwacht, der den Aufsichtsrat der AUA beratend unterstützt. Es ist somit in europarechtskonformer Weise sichergestellt, dass österreichische Interessen am Standort Wien gewahrt bleiben und Lufthansa mit AUA als starkem Partner tätig sein kann.

Lufthansa bekennt sich in den „Business Integration Guidelines“ (BIG) ausdrücklich dazu, das Drehkreuz Wien, unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit, gleichberechtigt mit den Drehkreuzen Frankfurt/Main, München, Zürich und künftig auch Brüssel im Verbundsystem mit mehreren Knoten parallel zu betreiben und weiterzuentwickeln sowie die „Focus East“-Strategie als Kernkompetenz der AUA fortzuführen.

Die 36,626.875 Aktien der AUA werden der Lufthansa vorerst zu einem symbolischen Kaufpreis von einem Cent je Aktie, somit zu einem Preis von 366.268,75 Euro, übertragen. Die ÖIAG erhält zusätzlich einen Besserungsschein, der die ÖIAG an den Chancen und Risiken der Entwicklung der AUA im Lufthansa-Verbund beteiligt. Die Höhe der Auszahlung aus dem Besserungsschein bemisst sich auf Basis der Entwicklung der AUA während der nächsten drei Geschäftsjahre sowie der relativen Entwicklung der Lufthansa-Aktie gegenüber den Aktien von Vergleichsunternehmen während dieses Zeitraums. Der maximale Erlös aus dem Besserungsschein beträgt 164 Millionen Euro und entspricht dem Preis des öffentlichen Übernahmeangebotes.

Vor dem Hintergrund der anhaltend negativen Konjunkturaussichten und sowie der extremen Volatilität der Rohstoff- und Finanzmärkte musste die Ergebniserwartung der AUA im Laufe des Geschäftsjahres 2008 mehrmals nach unten korrigiert werden. Ohne umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen bzw. ohne eine Übernahme durch einen strategischen Partner kann die AUA aufgrund der vorhin erläuterten Rahmenbedingungen keinen werthaltigen Businessplan darstellen.

Da die AUA trotz einer Reduktion der lang- und kurzfristigen Schulden von rd. 3,6 Milliarden Euro per 31.Dezemder 2001 auf rd. 2,0 Milliarden Euro per 30. September 2008 nach wie vor durch eine sehr hohe Verschuldung belastet ist und die Restrukturierung der AUA - insbesondere im Lichte der gegenwärtig negativen wirtschaftlichen Entwicklung - eine substantielle operative Herausforderung darstellt, verlangt Lufthansa für die Übernahme der AUA im Gegenzug einen Zuschuss in Höhe von 500 Millionen Euro zur Stärkung der Eigenkapitalbasis der AUA, wobei sich Lufthansa verpflichtet, diese Mittel zur Gänze der AUA zuzuführen.

Wenn ein Insolvenzszenario vermieden werden soll, wäre, auch unabhängig von einer Transaktion mit Lufthansa, die Leistung einer staatlichen Beihilfe dringend erforderlich.

Mit einer Insolvenz wären- neben massiven unmittelbaren Folgen für die Belegschaft der AUA, für den Flughafen Wien und den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich-

auch langjährige, unabwägbare Belastungen aus dem Bundeshaushalt zu Lasten der Steuerzahler verbunden.

Eine Reihe von europäischen Luftfahrtunternehmen hat in den vergangenen 15 Jahren staatliche Beihilfen in Höhe von insgesamt ungefähr 17 Milliarden Euro erhalten. Diese Maßnahmen wurden von der Kommission – mit einigen Einwänden – u.a. für Air France, Alitalia, Olympic Airways, Sabena und Air Lingus gebilligt. Ohne staatliche Beihilfe kamen unter anderem Austrian Airlines (mit Ausnahme der Entschädigungsleistungen gemäß dem Luftfahrt-Entschädigungsgesetz, BGBl. I Nr. 71/2003, Art. 28, für die Kosten, die durch die Sperrung des amerikanischen Luftraumes für die Dauer von 4 Tagen, nämlich vom 11. bis 14. September 2001, entstanden sind) und SAS aus. Die Luftfahrtunternehmen, denen staatliche Beihilfen bewilligt wurden, hatten mit geringer Produktivität, hohen Betriebskosten und hohen Finanzlasten zu kämpfen. Die durchgeführten Maßnahmen sahen Kapitalerhöhungen zur Verbesserung der finanziellen Situation vor und gingen mit Schuldenabbau, Verbesserung der Produktivität, Kostensenkungsmaßnahmen und einem Restrukturierungsplan einher.

Der geforderte Zuschuss durch die ÖIAG stellt gemäß Art. 88 Abs. 3 EG-Vertrag eine notifizierungspflichtige Beihilfe dar und muss vor seiner Leistung auf Grundlage der Restrukturierungsleitlinien der Europäischen Kommission von dieser genehmigt werden. Erst nach Erteilung dieser Genehmigung kann eine Übertragung der AUA-Anteile an Lufthansa erfolgen und Lufthansa Einfluss auf die operative Führung der AUA nehmen. Daher ist die Erteilung der Genehmigung des Zuschusses für Lufthansa eine Bedingung für die Erfüllung des Vertrages.

Angesichts der angespannten Liquiditätssituation der AUA, welche die Dringlichkeit des Handlungsbedarfs hinsichtlich einer Neuorientierung unterstreicht, ist es für die Dauer des Beihilfeverfahrens und somit bis zur Übernahme durch Lufthansa erforderlich, der AUA eine Überbrückungsfinanzierung in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro bereit zu stellen. Die Restrukturierungsleitlinien der Europäischen Kommission sehen vor, dass eine solche Überbrückungsfinanzierung für die AUA zu Marktkonditionen gewährt werden kann und von der AUA zurückzuzahlen ist, sobald die Genehmigung der Restrukturierungsbeihilfe erteilt wird.

Der Aufsichtsrat der ÖIAG hat mit Beschluss vom 5. Dezember 2008 die Transaktion mit der Lufthansa unter folgenden Bedingungen genehmigt:

Die Leistung des Zuschusses kann erst nach Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung erfolgen, welche die ÖIAG zu unterstützenden Maßnahmen zur Standortsicherung von AUA in Höhe von 500 Millionen Euro durch einen entsprechenden Beschluss der Bundesregierung ermächtigt.

Die Einräumung einer Überbrückungsfinanzierung oder einer ähnlichen Maßnahme zugunsten der AUA in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro unter sinngemäßer Anwendung des § 9 Abs. 5 ÖIAG-Gesetz 2000, in dem die Förderung des Geschäftsbetriebs von Beteiligungsgesellschaften normiert ist, i.V.m. dem laufenden Privatisierungsauftrag, ist durch einen Beschluss der Hauptversammlung, der die zugrundeliegende Interpretation des Aufsichtsrates der ÖIAG bestätigt, bedingt.

 

5. Beschluss der Bundesregierung und Notifizierung an die Europäische Kommission

Zur Unterstützung eines erfolgreichen Abschlusses des Privatisierungsprozesses im Interesse Österreichs hat die Bundesregierung in der Ministerratssitzung am 16. Dezember 2008 beschlossen,

einen Zuschuss der ÖIAG in Höhe von 500 Millionen Euro zur Standortsicherung der Austrian Airlines AG entsprechend dem Akquisitionskonzept der Deutsche Lufthansa AG zu genehmigen;

der Einräumung einer Überbrückungsfinanzierung oder einer ähnlichen Maßnahme zugunsten der AUA durch die ÖIAG in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro gemäß § 9 Abs. 5 ÖIAG-Gesetz 2000 durch Hauptversammlungsbeschluss zuzustimmen;

den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Bundesgesetz über die Übertragung von Bundesbeteiligungen in das Eigentum der ÖIAG  geändert wird, dem Nationalrat zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen.

Der für die Einräumung einer Überbrückungsfinanzierung vorgesehene Beschluss der Hauptversammlung der ÖIAG wurde am 17. Dezember 2008 gefasst. Die für die Zuschussleistung und die Einräumung einer Überbrückungsfinanzierung gemäß Art. 88 (3) EG-Vertrag erforderliche Notifizierung bei der Europäischen Kommission erfolgte am 19. bzw. 21. Dezember 2008.

Die Europäische Kommission genehmigte die Überbrückungsfinanzierung am 19. Jänner 2009.

Das Bundesministerium für Finanzen geht davon aus, dass neben der Schaffung der erforderlichen Rechtsgrundlage für den Zuschuss der ÖIAG in Höhe von 500 Millionen Euro aufgrund der vom Ministerrat bereits beschlossenen Regierungsvorlage, welche im  Finanzausschuss des Nationalrates am 12. Februar 2009 in Verhandlung steht, die Genehmigung durch die Europäische Kommission im ersten Halbjahr 2009 erteilt wird.

Damit kann der Verkaufsprozess der AUA zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden. Alternativszenarien wären in jedem Fall mit unabsehbaren Folgen für die AUA, den Flughafen Wien, den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich, vor allem aber auch für den Steuerzahler verbunden.

Die Details des Ablaufs und Status des Privatisierungsverfahrens fallen in die ausschließliche Zuständigkeit der Organe der ÖIAG bzw. der AUA. Ein diesbezüglicher Bericht der ÖIAG wurde vom Bundesministerium für Finanzen eingeholt und liegt diesem Bericht bei.

 

 

ÖIAG

 

Privatisierung der

Austrian Airlines AG

Bericht über Ablauf und Status des Privatisierungsverfahrens, erstellt für den

Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses

 

12. Jänner 2009

 

Inhaltsverzeichnis

           1. Überblick................................................................................................................... ................................................................................................................... 13

 

           2. Analyse der Zukunftsoptionen der Austrian Airlines AG................................ ................................ 13

        2.1. Untersuchung strategischer Optionen unter Berücksichtigung standortpolitischer Aspekte............ ............ 13

        2.2. Empfehlung des Aufsichtsrates der ÖIAG.......................................................... .......................................................... 13

 

           3. Privatisierungsauftrag der Bundesregierung...................................................... ...................................................... 13

        3.1. Erteilung des Privatisierungsauftrages................................................................ ................................................................ 13

        3.2. Gültigkeitsdauer des Privatisierungsauftrages................................................... ................................................... 14

        3.3. Verlängerung des Privatisierungsauftrags.......................................................... .......................................................... 14

 

           4. Bieterverfahren.... 14

        4.1. Ausschreibung des Verkaufs des ÖIAG-Anteils an Austrian Airlines... 14

        4.2. Erste Phase des Bieterverfahrens... 14

        4.3. Zweite Phase des Bieterverfahrens... 15

        4.4. Umgang mit unverbindlichen Interessensbekundungen.... 17

        4.5. Rechtsgutachten zum Bieterverfahren.... 17

 

           5. Angebot der Deutsche Lufthansa AG.... 18

        5.1. Strategisches Konzept der Lufthansa... 18

        5.2. Verträge mit Lufthansa... 18

 

           6. Umsetzung des Privatisierungsauftrages... 19

        6.1. Erhaltung einer österreichischen Kernaktionärsstruktur.. 19

        6.2. Beibehaltung der Marke Austrian.... 19

        6.3. Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale in Österreich........................... ........................... 20

        6.4. Aufrechterhaltung des Streckennetzes und bestmögliche Erhaltung von Arbeitsplätzen.... 20

        6.5. Bildung eines Gremiums zur Wahrung der österreichischen Standortinteressen. 20

        6.6. Konformität der Umsetzung mit europäischem Recht.. 20

 

           7. Beschlussfassung im Aufsichtsrat der ÖIAG.... 20

 

           8. Leistung einer staatlichen Beihilfe an die Austrian Airlines AG.... 21

        8.1. Grundzüge des EU-Beihilfeverfahrens... 21

        8.2. Notwendigkeit der Leistung einer staatlichen Beihilfe... 21

        8.3. Restrukturierungsbeihilfe... 21

        8.4. Überbrückungsfinanzierung.... 22

        8.5. Notifizierung der staatlichen Beihilfe bei der Europäischen Kommission – Status des Verfahrens... 23

 

Überblick

Ziel der nachfolgenden Darstellungen ist die Erläuterung des Ablaufs und des vorläufigen Ergebnisses des Verfahrens zur Privatisierung der durch die ÖIAG gehaltenen Anteile der Austrian Airlines AG.

 

 

Analyse der Zukunftsoptionen der Austrian Airlines AG

Untersuchung strategischer Optionen unter Berücksichtigung standortpolitischer Aspekte

Nach der Erzielung eines geringen Jahresüberschusses im Geschäftsjahr 2007 führten im ersten Halbjahr 2008 der Ölpreisanstieg sowie die zunehmende Konkurrenz durch Low Cost Carrier am Drehkreuz Wien zu einer dramatischen Verschärfung der Wettbewerbssituation in der Luftfahrtbranche. Um die Chancen und Risiken für die AUA vor diesem Hintergrund zu definieren, nahm der Vorstand der AUA, unterstützt durch die Boston Consulting Group (BCG), eine umfangreiche Analyse der strategischen Optionen der Gesellschaft vor. Insbesondere sollten das Potenzial der Eigenoptimierung sowie Synergiepotentiale mit verschiedenen Partnern aus Sicht der AUA untersucht werden. Das Ergebnis dieser Analyse war die eindeutige Erkenntnis der Notwendigkeit einer strategischen Partnerschaft und wurde dem Aufsichtsrat der AUA im Rahmen einer a.o. Aufsichtsratssitzung am 28. Juli 2008 präsentiert.

Parallel dazu wurden die Investmentbank Merrill Lynch sowie die Arbeitsgemeinschaft airconomy und Oliver Wyman von der ÖIAG mit der Analyse der strategischen Optionen der AUA unter Berücksichtigung derer wirtschafts- und standortpolitischen Bedeutung beauftragt. Die Erkenntnisse aus dieser umfangreichen Untersuchung wurden in einem Abschlussbericht zusammengefasst. Als Kernaussage hält dieser Bericht fest, dass eine einmalige Kapitalzufuhr die Herausforderungen, vor denen die AUA steht, nicht nachhaltig lösen kann. Die Zukunftssicherung der AUA sowie die Wahrung standortpolitischer Interessen könnte hingegen am besten durch eine strategische Partnerschaft erreicht werden:

„Das Verfolgen einer „Stand-Alone“-Lösung macht eine weitere Kapitalerhöhung bzw. Verkäufe von Aktiva der Austrian Airlines erforderlich. Ferner muss ein drastisches Redimensionierungs- und Restrukturierungsprogramm umgesetzt werden, das nicht nur negativen Einfluss auf die Austrian Airlines sondern auch auf den Wirtschaftsstandort Österreich hat. Eine Partnerschaft mit einem strategischen Investor kann helfen, die sehr negativen Folgen einer „Stand-Alone“-Lösung abzuwenden […], wird ein nachhaltiges Restrukturierungspaket aber nicht gänzlich vermeiden können.“

Als wesentliche Selektionskriterien für einen Investor wurden in der Analyse das von ihm offenzulegende strategische Konzept für die AUA, seine Finanzkraft und die Fähigkeit zur substantiellen Bestandssicherung zum einen für die AUA, zum anderen auch für den Standort, definiert.

Empfehlung des Aufsichtsrates der ÖIAG

Sowohl die von AUA und BCG erarbeiteten Ergebnisse als auch die Untersuchung von Merrill Lynch sowie airconomy und Oliver Wyman wurden dem Aufsichtsrat der ÖIAG in seiner Sitzung am 1. August 2008 präsentiert. Der Vorstand der ÖIAG stellte den Antrag,

„ihn zu ermächtigen, den vorgeschlagenen Text zur Erteilung eines Privatisierungsauftrages an die Bundesregierung zu übermitteln, um ihn in die Lage zu versetzen, dem AR aus allen Handlungsoptionen angesichts des Wandels der europäischen Luftfahrtindustrie jene Lösung vorschlagen zu können, die auf die nachstehenden Ziele bestmöglich Bedacht nimmt:

Privatisierung von bis zu 100% der Austrian Airlines AG mit den Zielen:

Beibehaltung der Marke Austrian;

Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale in Österreich;

Sicherung von Arbeitsplätzen;

Aufrechterhaltung eines für den Wirtschaftsstandort Österreich angemessenen Streckennetzes.“

Nach eingehenden Beratungen wurde dieser Antrag mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Privatisierungsauftrag der Bundesregierung

Erteilung des Privatisierungsauftrages

Der am 12. August 2008 tagende Ministerrat folgte dieser Empfehlung und beschloss folgenden Privatisierungsauftrag, welcher der ÖIAG in einer a.o. Hauptversammlung am 5. September 2008 erteilt wurde:

„Die ÖIAG wird ermächtigt, die Austrian Airlines AG bei Erhaltung einer österreichischen Kernaktionärsstruktur von 25% + 1 Aktie zu privatisieren.

Ziel ist,

die Beibehaltung der Marke Austrian

die Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale in Österreich

die Aufrechterhaltung eines für den Standort angemessenen Streckennetzes, sowie die Bedachtnahme auf den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich

die bestmögliche Erhaltung sicherer Arbeitsplätze bei Austrian Airlines und am Wiener Flughafen, sowie

die Bildung eines Gremiums zur Wahrung der österreichischen Standortinteressen“

Gültigkeitsdauer des Privatisierungsauftrages

Gemäß § 7 Abs. 1 ÖIAG-Gesetz 2000 wird ein Privatisierungsauftrag für die jeweils laufende Legislaturperiode erteilt. Die Legislaturperiode endet nach Artikel 27 B-VG an dem Tag, an dem der neue Nationalrat zusammentritt. Dieser ist vom Bundespräsidenten längstens innerhalb von 30 Tagen nach der Wahl einzuberufen. Da die Neuwahlen für den 28. September 2008 angesetzt waren, war davon auszugehen, dass die damalige Legislaturperiode spätestens am 28. Oktober 2008 endete. Folglich hätte die allfällige Unterzeichnung vertraglicher Vereinbarungen mit einem strategischen Partner innerhalb dieses Zeitrahmens erfolgen müssen. Die scheidende Bundesregierung hatte für den Fall, dass während der damals laufenden Legislaturperiode kein Vertragsabschluss mit einem Investor zustande käme, in Aussicht gestellt, den Privatisierungsauftrag bis Jahresende zu erneuern, sollte sie vom Bundespräsidenten – dem bisherigen Usus folgend – als provisorische Bundesregierung eingesetzt und mit der einstweiligen Fortführung der Geschäfte betraut werden.

Verlängerung des Privatisierungsauftrags

Da das Privatisierungsverfahren bis zum Ende der damaligen Legislaturperiode nicht abgeschlossen werden konnte, wurde mit Beschluss der Bundesregierung vom 29. Oktober 2008 der ursprüngliche Privatisierungsauftrag bis 31. Dezember 2008 verlängert. Dieser Privatisierungsauftrag wurde der ÖIAG in der a.o. Hauptversammlung am 13. November 2008 erteilt. Weiters wurde von der Bundesregierung vorgesehen, die ÖIAG nach Verhandlungsabschluss zu unterstützenden Maßnahmen zur Standortsicherung von Austrian Airlines in Höhe von bis zu € 500 Millionen durch die Verwendung liquider Mittel und den Einsatz geeigneter Finanzierungsmethoden durch einen entsprechenden Beschluss der Bundesregierung zu ermächtigen und dafür die notwendigen gesetzlichen Voraussetzungen zu schaffen.

Bieterverfahren

Ausschreibung des Verkaufs des ÖIAG-Anteils an Austrian Airlines

Unmittelbar nach dem Beschluss des Privatisierungsauftrages durch den Ministerrat am 12. August 2008 wurde mit der Schaltung einer Anzeige in der Wiener Zeitung sowie in der EMEA-Ausgabe der Financial Times am 13. August 2008 ein den EU-Grundsätzen für die Privatisierung staatlicher Unternehmen entsprechendes Bieterverfahren eingeleitet. Potenzielle Bieter wurden eingeladen, bis zum 24. August 2008 ihr Interesse für die von der ÖIAG gehaltenen Anteile an der AUA bei der Investmentbank Merrill Lynch zu bekunden. Insgesamt gingen zwölf Interessensbekundungen ein. Sechs Interessenten wurden als geeignete Bieter selektiert und zum Bieterverfahren zugelassen. Die Durchführung des Bieterverfahrens erfolgte in zwei Phasen. Da die Gültigkeitsdauer des Privatisierungsauftrages durch das Auslaufen der damaligen Legislaturperiode zeitlich begrenzt war, sollte das Verfahren bis zum 28. Oktober 2008, dem Ende dieser Legislaturperiode, abgeschlossen werden.

Erste Phase des Bieterverfahrens

Konzeption der ersten Phase

In der ersten Phase des Verfahrens wurden die sechs zugelassenen Interessenten aufgefordert, bis zum 12. September 2008, 14:00 Uhr CET, ein Akquisitionskonzept für die AUA einzureichen. Die folgenden geforderten, inhaltlichen Bestandteile dieses Akquisitionskonzepts wurden den Investoren in einem Prozessbrief, der ihnen nach Unterzeichnung einer Vertraulichkeitsvereinbarung zuging, dargelegt:

Die Identität des Bieters;

die Zustimmung interner Organe des Bieters zum Akquisitionskonzept;

ein strategisches Konzept für die AUA unter Berücksichtigung der im Privatisierungsauftrag formulierten Ziele;

Angaben zur beabsichtigten Transaktionsstruktur;

Angaben zur Finanzierung der Akquisition;

Verzicht auf Gewährleistungen und Garantien;

vom Bieter gestellte Anforderungen an die Due Diligence;

Angaben zu erforderlichen Genehmigungen;

der Ausschluss von Treuhanderwerben;

Kontaktdaten des Bieters;

sonstige relevante Angaben.

Zusätzlich wurde den Investoren ein Informationspaket über Austrian Airlines, das öffentlich zugängliche Informationen inklusive einer umfangreichen Unternehmenspräsentation enthielt, zugesandt.

Ziel der ersten Phase war eine Selektion geeigneter strategischer Partner, mit denen in der zweiten Phase konkrete Verhandlungen über einen Verkauf der Anteile der ÖIAG an der AUA aufgenommen werden konnten.

Die Schwerpunkte der Evaluierung der Bieter lagen in der ersten Phase des Bieterverfahrens auf der Qualität der strategischen Konzepte sowie der Bereitschaft der potenziellen Investoren, die Transaktionsverträge bis zum 28. Oktober 2008, d.h. innerhalb des durch die Gültigkeitsdauer des Privatisierungsauftrages vorgegebenen Zeitrahmens, zu unterzeichnen.

Um die Bieter bei der Erstellung ihrer Akquisitionskonzepte zu unterstützen, wurden Telefonkonferenzen zu den Inhalten des strategischen Konzepts mit airconomy und Oliver Wyman sowie Treffen mit den Rechtsanwaltskanzleien CHSH und WilmerHale zu den Themen Transaktionsstruktur und regulatorische Anforderungen angeboten. Weiters wurde im Rahmen von Managementgesprächen ein Kennenlernen des AUA-Vorstandes auf Senior Management-Ebene ermöglicht.

Ergebnis der ersten Phase

Drei Bieter, Air France-KLM, Lufthansa und S7, reichten ihre Akquisitionskonzepte fristgerecht bei Merrill Lynch ein. Diese wurden auf Basis der zwei Schwerpunkte, (1) Qualität des strategischen Konzepts und (2) Transaktionssicherheit, evaluiert.

Beurteilung der strategischen Konzepte

Die von den Bietern erstellten strategischen Konzepte wurden von airconomy und Oliver Wyman unter Zugrundelegung eines zuvor festgelegten Punkteschemas, das den Grad der Vollständigkeit der geforderten Angaben für die strategischen Konzepte abbildete, ausgewertet. Bei Anwendung dieses Bewertungsschemas lagen die Punktewerte der strategischen Konzepte der drei Bieter nahe beieinander. Folglich sprachen airconomy und Oliver Wyman die Empfehlung aus, alle drei Bieter zur zweiten Phase des Bieterprozesses zuzulassen.

Beurteilung der Transaktionssicherheit

Die juristischen Aspekte der Akquisitionskonzepte wurden von der österreichischen Wirtschaftskanzlei CHSH analysiert. Insbesondere wurde die Umsetzbarkeit der vom jeweiligen Bieter vorgeschlagenen Transaktionsstruktur geprüft. Da das von S7 eingereichte Akquisitionskonzept als unvereinbar mit den rechtlichen Bestimmungen zur Aufrechterhaltung der Betriebsgenehmigung der AUA eingeschätzt wurde und darüber hinaus weitere Mängel aufwies – so wurde beispielsweise die Aktionärsstruktur im Angebot unterschiedlich dargestellt und kein geprüfter Jahresabschluss für das vorangegangene Geschäftsjahr beigelegt – wurde seitens CHSH empfohlen, S7 nur unter Auflagen im weiteren Verfahren zu belassen.

Nach eingehender Beratung beschloss der Vorstand der ÖIAG, alle drei Bieter zur zweiten Phase des Bieterverfahrens zuzulassen, wobei der weitere Verbleib von S7 im Prozess u.a. mit der Auflage versehen wurde, die Fähigkeit zur Aufrechterhaltung der Betriebsgenehmigung der AUA im Falle des Zuschlags an S7 als Ergebnis des Privatisierungsprozesses durch eine Bestätigung des zuständigen Bundesministeriums bzw. der EU-Kommission nachzuweisen.

Zweite Phase des Bieterverfahrens

Konzeption der zweiten Phase

Am 16. September 2008 wurde den qualifizierten Bietern Air France-KLM, Lufthansa und S7 der Prozessbrief für die zweite Phase des Bieterverfahrens zugesandt. In diesem Prozessbrief wurde die Abgabe des finalen Angebotes in zwei Schritte unterteilt und den Bietern die Zeitachse für die Abgabe des finalen Angebotes dargelegt, für die, den einzelnen Schritten entsprechend, zwei Termine gesetzt wurden.

Die Abgabe des finalen Angebotes sollte bis zum 21. Oktober 2008, 11:00 Uhr CET, erfolgen. Dieses Angebot sollte allerdings keinen Preis, sondern folgende Punke umfassen:

Die Identität des Bieters;

eine Bestätigung, dass die Einreichung des finalen Angebotes von allen zuständigen internen Gremien genehmigt wurde;

eine überarbeitete Version des in der ersten Phase eingereichten strategischen Konzeptes;

eine Mark-up-Version der Vertragsentwürfe;

eine Darstellung der beabsichtigten Transaktionsstruktur, unter welcher die Aufrechterhaltung der Betriebslizenz gewährleistet ist;

Angaben zur Finanzierung der Transaktion, insbesondere der Nachweis eines Investment Grade-Ratings o.ä. Kreditrisikos bzw. alternativ die Vorlage einer Bankgarantie einer Bank mit Sitz innerhalb der Europäischen Union;

eine Erläuterung des vorgesehenen Ablaufs des Fusionskontrollverfahrens;

die Bestätigung des Abschlusses der Due Diligence;

die gültige Unterzeichnung des finalen Angebotes;

der Ausschluss von Treuhanderwerben;

Kontaktdaten des Bieters;

sonstige relevante Angaben;

die Bestätigung, dass das vorliegende Angebot als unbedingt zu verstehen ist.

Als Termin für die verbindliche Einreichung des Kaufpreises und der finalen Verträge, zu deren Unterzeichnung der Bieter bereit ist, wurde der 24. Oktober 2008, 20:00 Uhr CET, festgelegt.

In der zweiten Phase wurde den qualifizierten Bietern im Rahmen der Due Diligence weitreichender Zugang zu bewertungsrelevanten unternehmensinternen Informationen ermöglicht. Des Weiteren wurden eine umfangreiche Managementpräsentation, Managementgespräche sowie thematisch organisierte Expertenmeetings angeboten.

Am 30. September 2008 gingen den Bietern einheitliche Vertragsentwürfe mit der Aufforderung zu, ihre Änderungsvorschläge dazu bis zum 21. Oktober 2008 zu übermitteln. Die ÖIAG, unterstützt durch ihre Berater, hatte nach eingehender Prüfung von Transaktionsvarianten auf Basis der Vorgaben des Privatisierungsauftrags sowie der anwendbaren Vorschriften des EU-Rechts (insbesondere Privatisierungsgrundsätze und Grundsatz des freien Kapitalverkehrs) sowie des österreichischen Rechts (insbesondere ÖIAG-Gesetz 2000, Übernahmegesetz) und auch nach Gesprächen mit Vertretern der Bieter ein Transaktionskonzept entwickelt, das einerseits das Element des Kernaktionärsgedankens, nämlich eine Absicherung einer Sperrminorität bei wesentlichen Maßnahmen beinhaltete und andererseits die besten finanziellen und strategischen Aussichten für die AUA bringen sollte. Jedem Bieter wurde die Möglichkeit eingeräumt, die zugesandten Vertragsentwürfe mit der ÖIAG und CHSH vor der Abgabe der für 21. Oktober 2008 geforderten Änderungsvorschläge zu diskutieren.

Um S7 über die identifizierten rechtlichen Mängel ihres Akquisitionskonzeptes in Kenntnis zu setzten, wurde dieser Bieter, gleichzeitig mit Zugang des Prozessbriefes, in einem separaten Schreiben aufgefordert, spätestens bis zum ersten Abgabetermin der 2. Phase, dem 21. Oktober 2008, 11:00 Uhr CET, folgende Unterlagen beizubringen:

Die Bestätigung der zuständigen Behörde, dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie oder der Europäischen Kommission, dass die Betriebsgenehmigung der AUA gemäß Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über die Erteilung von Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen durch die beabsichtigte Akquisition nicht gefährdet ist;

eine detaillierte Darstellung der Aktionärsstruktur der S7;

den geprüften Jahresabschluss des vorangegangenen Geschäftsjahres, dessen Vorlage bereits bei der Einreichung des Akquisitionskonzeptes gefordert worden war.

Ergebnis der zweiten Phase

Erster Einreichtermin – 21. Oktober 2008

Lufthansa reichte am 21. Oktober 2008 als einziger Bieter ein dem Prozessbrief entsprechendes Angebot inklusive Vertragswerk und strategischem Konzept, jedoch – wie im Prozessbrief vorgesehen – ohne Preis, ein.

Am gleichen Tag erreichte die ÖIAG ein Schreiben von Air France-KLM. Gemäß diesem Schreiben sah sich Air France-KLM aufgrund folgender Punkte nicht in der Lage, ein verbindliches Angebot abzugeben:

Starke Rechte des österreichischen Kernaktionärs;

stark verschlechternde ökonomische Rahmenbedingungen;

enger Zeitplan der Privatisierung.

Ferner führte Air France-KLM an, Zugang zu den Lufthansa- und Allianzverträgen haben zu wollen, die aber zu diesem Zeitpunkt aus rechtlichen Gründen nicht offengelegt werden konnten. Air France-KLM hatte allerdings vorgesehene Erläuterungs-Meetings zum Thema Vertragswerk/österreichischer Kernaktionär wie auch zu den Allianzverträgen nicht wahrgenommen und ihre gesamte Due Diligence ca. eineinhalb Wochen vor dem 21. Oktober eingestellt.

Das Schreiben von S7, das der ÖIAG am Tag nach Ablauf der Abgabefrist zugestellt wurde, führte insbesondere folgende Punkte als Gründe dafür an, dass kein verbindliches Angebot eingereicht wurde:

Angespannte Finanz- und Ertragsposition der AUA;

fehlendes Sanierungskonzept seitens des Managements, sodass eine erfolgreiche Fortführung der AUA nicht gewährleistet sei.

Zweiter Einreichtermin – 24. Oktober 2008

Am 24. Oktober 2008 reichte Lufthansa ein verbindliches Angebot ein. Die Lufthansa hatte somit ein dem Prozessbrief entsprechendes Angebot mit Preisvorstellungen fristgerecht übermittelt. Da die Vertragsdokumentation der Lufthansa einen geteilten Preis für den Erwerb der Aktien von der ÖIAG bzw. dem Streubesitz vorsah[1] sowie ein Zuschuss zur Teil-Entschuldung der AUA verlangt und das von der ÖIAG vorgeschlagene Kernaktionärskonzept verändert wurde, wurden der Lufthansa umgehend die für die ÖIAG nicht akzeptablen Punkte schriftlich kommuniziert.

S7 reichte am 24. Oktober 2008 ein explizit unverbindliches Schreiben ein, das weder den Nachweis der Sicherung der Betriebsgenehmigung der AUA noch die übrigen, im separaten Schreiben der ÖIAG geforderten Unterlagen beinhaltete und überdies eine Teil-Entschuldung der Gesellschaft zu Lasten der ÖIAG forderte. Da dieses Schreiben nicht den Anforderungen des Prozessbriefes entsprach, war es im Bieterverfahren nicht weiter zu berücksichtigen.

Umgang mit unverbindlichen Interessensbekundungen

Am 1. November 2008 wurden die von Air France-KLM im Schreiben vom 21. Oktober 2008 genannten Kritikpunkte (zu weit gehende Kernaktionärsrechte, enger Zeitplan der Privatisierung, zu wenig Transparenz bezüglich der Allianz- und Lufthansaverträge) in einem Gespräch zwischen dem Vorstand der ÖIAG, dem Vorsitzenden des Privatisierungsausschusses sowie drei Vertretern von Air France-KLM adressiert. Am 5. November 2008 ging ein Schreiben des Chairman und CEO der Air France-KLM beim Vorstand der ÖIAG sowie beim Vorsitzenden des Privatisierungsausschusses ein, in dem die weitere Beteiligung am Privatisierungsprozess gefordert wurde. Als Begründung wurde angeführt, dass sich durch den negativen Kaufpreis die Bedingungen des Prozesses geändert hätten. Dieses Schreiben war explizit unverbindlich und enthielt kein Angebot.

Mit Vertretern der S7 wurde am 6. November 2008 in einem Termin mit ÖIAG, Merrill Lynch sowie CHSH das Schreiben vom 24. Oktober 2008 erläutert. S7 bestätigte, dass es sich hierbei um ein nicht verbindliches Schreiben handelt. Das gesamte finanzielle Risiko für die ÖIAG bzw. für die Republik Österreich aus diesem unverbindlichen Schreiben beliefe sich auf rund € 1,5 Mrd. Weiters teilten österreichische Konsortialpartner von S7 mit, dass sie sich aus dem Projekt zurückgezogen hätten.

Nach der Sitzung des Privatisierungsausschusses vom 13. November 2008 wurden Air France-KLM und S7 informiert, dass sie mangels prozesskonformen Angebots aus dem laufenden Privatisierungsprozess ausgeschieden wurden.

Rechtsgutachten zum Bieterverfahren

Um die Rechtskonformität des Privatisierungsprozesses zu prüfen und zu bestätigen, beauftragte die ÖIAG zwei Gutachter, o. Univ.-Prof. DDr. Thomas Eilmansberger, Leiter des Fachbereichs für Arbeits-, Wirtschafts- und Europarecht an der Universität Salzburg und o. Univ.-Prof. Dr. Christian Nowotny, Vorstand des Instituts für Zivil- und Unternehmensrecht der Wirtschaftsuniversität Wien, mit der Erstellung eines Gutachtens zu folgenden Fragestellungen:

„(a)  Beurteilung, ob die gewählte und dokumentierte Information zu strikten Vertraulichkeitsverpflichtungen unterliegenden Verträgen (Star-Alliance-Verträge, bilaterale Verträge zwischen AUA und Lufthansa) in mehreren Stufen und unter Einschränkungen den Vorgaben der EU-Privatisierungsgrundsätze, nämlich den Interessenten eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, entspricht

(b)    Prüfung, ob das Angebot der Lufthansa unter Forderung eines Zuschusses (als "negativem Kaufpreis" statt eines "positiven" Kaufpreises) eine nicht prozesskonforme Bedingung darstellt

(c)    Prüfung, wie mit einem Bieter, der entgegen den im Prozessbrief enthaltenen Vorgaben kein verbindliches Angebot abgegeben hat, zu verfahren ist“

Beide Gutachter bestätigten die Konformität der Abwicklung des Privatisierungsverfahrens mit den Privatisierungsgrundsätzen der europäischen Kommission.

Angebot der Deutsche Lufthansa AG

Strategisches Konzept der Lufthansa

Das von Lufthansa unterbreitete strategische Konzept ist schlüssig und wird durch den Vorstand der AUA unterstützt. Es entspricht den Vorgaben, die im Privatisierungsauftrag gemacht wurden und hebt insbesondere hervor:

Optimierung des Verbundnetzwerkes zwischen AUA, Lufthansa und Swiss;

Beibehaltung der Flottenstärke:

Langstrecke: Beibehaltung von zehn Flugzeugen;

Erhalt der Kurz- und Mittelstrecke:

Kurzfristig: Konsolidierung von 89 Flugzeugen auf 82 (bis 2011 insbesondere auf der Kurzstrecke);

danach Wachstum auf 88 Flugzeuge bis 2013.

Die geplanten Synergien haben einen positiven wirtschaftlichen Effekt. Als Folge ergibt sich eine nachhaltige Stärkung der AUA am Standort Wien, die auch den Interessen des Flughafens in Bezug auf den Erhalt des Verkehrs am Drehkreuz Wien Rechnung trägt.

Die Grundsätze zur Umsetzung dieser Strategie wurden – außerhalb des Privatisierungsverfahrens – in Business Integration Guidelines festgehalten, die zwischen Lufthansa, österreichischer Privatstiftung und AUA abgeschlossen wurden. Gegenstand der Vereinbarung ist im Wesentlichen die Governance nach Kontrollerwerb und die Regelung der Verkehrsinfrastruktur (Anbindung und Verhältnis des Drehkreuzes in Wien zu den Drehkreuzen Frankfurt, München, Zürich und Brüssel).

Verträge mit Lufthansa

Kernelemente der Transaktion

Lufthansa erwirbt die 36.626.875 Aktien der ÖIAG durch einen Kaufvertrag zu einem Preis von zunächst € 366.268,75 und sieht vor, die Anteile der Syndikatspartner im Rahmen des Übernahmeangebots zu erwerben. Es wird erwartet, dass die Syndikatspartner hierzu vorab ihre Zustimmung erteilen, dies ist aber nicht Vollzugsbedingung. Auch die freien Aktionäre bekommen ein Übernahmeangebot, das dem volumensgewichteten Sechs-Monats-Durchschnittskurs gemäß ÜbG entspricht (€ 4,49 pro Aktie).

Die ÖIAG erhält weiters einen Besserungsschein, dessen maximaler Auszahlungsbetrag aus übernahmerechtlichen Gründen auf den Angebotspreis für den Streubesitz beschränkt ist. Der Besserungsschein bezieht sich auf die Entwicklung des kumulierten EBITDAR[2] der AUA der Jahre 2009 bis 2011 sowie die relative Entwicklung der Lufthansa-Aktie gegenüber Aktien von Vergleichsunternehmen während desselben Zeitraums. Bei positiver Entwicklung der Parameter aus dem Besserungsschein ergibt sich aus heutiger Sicht eine Zahlung an die ÖIAG in Höhe von maximal € 164 Millionen.

Das Übernahmeangebot ist Gegenstand einer 75%-Akzeptanzschwelle, die jedoch abgesenkt wird, wenn sich zeigt, dass 75% Akzeptanz des Angebotes nicht erreicht werden und die ÖIAG das Übernahmeangebot positiv unterstützt.

Die Lufthansa verlangt für die Übernahme der AUA einen Zuschuss in Höhe von € 500 Millionen (vgl. dazu Abschnitt 0, S. 21). Lufthansa ist verpflichtet, diesen Zuschuss zur Eigenkapitalstärkung der AUA einzusetzen. Die Eigenkapitalstärkung soll durch eine Kapitalerhöhung bei AUA erfolgen.

Aufgrund des Liquiditätsbedarfs der AUA zwischen Unterschrift und Vollzug der Transaktion war v.a. zur Anschlussfinanzierung auslaufender Flugzeugfinanzierungen eine Überbrückungsfinanzierung zu Marktkonditionen durch die ÖIAG erforderlich, welche jedoch von AUA rückzahlbar ist. Eine finanzielle Unterstützung der AUA durch die ÖIAG konnte unter sinngemäßer Anwendung des § 9 Abs 5 ÖIAG-Gesetz 2000, in dem die Förderung des Geschäftsbetriebs von Beteiligungsgesellschaften normiert ist, i.V.m. dem laufenden Privatisierungsauftrag, eingeräumt werden (vgl. Abschnitt 21, S. 21). Lufthansa garantiert für die Rückführung des an die AUA gewährten Überbrückungskredites im Fall der Durchführung der Transaktion.

Die Finanzierung der AUA nach Übernahme durch die Lufthansa erfolgt, insbesondere bis zur Durchführung der Kapitalerhöhung, durch welche der Zuschuss in Höhe von € 500 Millionen in die Gesellschaft eingebracht werden soll, im Rahmen der Konzernfinanzierung.

Ausgestaltung der Kernaktionärsstruktur

Die im Privatisierungsauftrag festgeschriebene österreichische Kernaktionärsstruktur wurde durch eine bei Zusammenschlüssen in der europäischen Luftfahrt übliche Stiftungslösung realisiert. Mindestens 50% + € 70 an einer österreichischen GmbH (NewCo), welche die Anteile der AUA übernimmt, und damit indirekt mindestens 25% + 1 Aktie an der Austrian Airlines AG, werden von einer österreichische Stiftung gehalten.

Die ÖIAG hat das Recht, zwei Vorstände dieser Stiftung zu nominieren. Diese müssen von der ÖIAG unabhängig sein. Lufthansa hat bei der Erstnominierung ein Vetorecht. Gleichzeitig hat die ÖIAG ein Vetorecht bei der Erstnominierung des von Lufthansa zu bestimmenden Vorsitzenden. Damit hat ÖIAG direkt bzw. indirekt ein Mitwirkungsrecht bei der Ernennung von drei von fünf Stiftungsvorständen. Alle Entscheidungen des Kernaktionärs werden mit einfacher Mehrheit getroffen. Für wesentliche Maßnahmen mit Bezug zu den Zielen des Privatisierungsauftrags ist eine 4/5-Mehrheit im Stiftungsvorstand erforderlich (die österreichischen Stiftungsvorstände haben ein gemeinsam ausübbares Vetorecht):

Das Bestehen der Stiftung ist mit fünf Jahren befristet.

Vorgesehene Vollzugsbedingungen

Die Durchführung der Transaktion steht unter mehreren Bedingungen, wie beispielsweise die Genehmigung der Leistung des Zuschusses durch die Europäische Kommission, mit deren Erfüllung frühestens im zweiten Quartal 2009 gerechnet wird.

Sowohl ÖIAG als auch Lufthansa haben ein Rücktrittsrecht, falls bis 30. Juni 2009 nicht alle Vollzugs-Bedingungen erfüllt sind.

Für den Fall, dass der Zuschuss durch die europäische Kommission zwar genehmigt wird, jedoch nach einem bereits erfolgten Vollzug der Transaktion Lufthansa, durch Entscheidung der Europäischen Kommission oder österreichischer Gerichte, die Lufthansa zur Zahlung einer festgestellten unerlaubten Beihilfe für den Erwerb der ÖIAG-Aktien verpflichtet wird, hat sich Lufthansa ein Rücktrittsrecht vorbehalten.

Umsetzung des Privatisierungsauftrages

Die Umsetzung der Ziele des Privatisierungsauftrages wurde in Übereinstimmung mit den Vorgaben des XXIII. Wettbewerbsberichtes der Europäischen Kommission (1993), die u.a. ein offenes, transparentes, bedingungsfreies und nicht-diskriminierendes Privatisierungsverfahren fordern, folgendermaßen vorgenommen:

Erhaltung einer österreichischen Kernaktionärsstruktur

Im Privatisierungsauftrag vom 12. August 2008 hatte die österreichische Bundesregierung den Erhalt einer österreichischen Kernaktionärsstruktur im Ausmaß von 25% + 1 Aktie vorgegeben.

ÖIAG wäre bereit gewesen, in der AUA investiert zu bleiben, sofern kein Bieter die österreichische Kernaktionärsstruktur darstellen hätte können. Alle Bieter, die indikative Angebote im Privatisierungsverfahren eingereicht hatten (Lufthansa, Air France-KLM, S7), hatten eine temporäre (indirekte) österreichische Mehrheitsbeteiligung, überwiegend durch eine österreichische Privatstiftung, an AUA vorgeschlagen, um sowohl den Voraussetzungen der bilateralen Luftverkehrsabkommen als auch den Vorgaben des Privatisierungsauftrages zu entsprechen. Die ÖIAG griff diese Anregungen auf und sah für die Umsetzung der Aufrechterhaltung der Kernaktionärsstruktur eine österreichische Privatstiftung vor.[3]

Beibehaltung der Marke Austrian

Die Beibehaltung der Marke "Austrian" wurde von allen Bietern als Vorteil empfunden und zu keinem Zeitpunkt des Privatisierungsverfahrens beanstandet. Sie wurde in der Vertragsdokumentation zweifach verankert: Zum einen erfordert die Aufgabe der Marke eine qualifizierte Mehrheit im Stiftungsvorstand der österreichischen Privatstiftung. Somit wäre die Zustimmung eines von der ÖIAG nominierten Stiftungsvorstandes erforderlich. Zum anderen soll die Satzung von Austrian Airlines AG so angepasst werden, dass eine Änderung der Beibehaltung der Marke „Austrian“ einen einstimmigen Beschluss der Hauptversammlung der Austrian Airlines AG erfordert.

Aufrechterhaltung der Entscheidungszentrale in Österreich

Die Austrian Airlines AG verfügt über eine Betriebsgenehmigung gemäß der VO (EG) Nr. 1008/2008 vom 24.9.2008. Nach dieser Verordnung muss der Hauptgeschäftssitz im dem Mitgliedsstaat liegen, in dem die Betriebsgenehmigung beantragt worden ist (Art 4 (a) der Verordnung). Der Satzungs- und Verwaltungssitz der Austrian Airlines AG muss daher aufgrund regulatorischer Erfordernisse in Österreich beibehalten werden. Die Beibehaltung der Entscheidungszentrale in Österreich wurde in der Stiftungsurkunde der österreichischen Privatstiftung verankert. Eine Sitzverlegung außerhalb Wiens erfordert eine qualifizierte Mehrheit im Stiftungsvorstand der österreichischen Privatstiftung. Weiters soll die Satzung von Austrian Airlines AG so angepasst werden, dass eine Sitzverlegung außerhalb Österreichs einen einstimmigen Beschluss der Hauptversammlung von Austrian Airlines AG erfordert.

Aufrechterhaltung des Streckennetzes und bestmögliche Erhaltung von Arbeitsplätzen

Beide Ziele wurden als Bemühensverpflichtungen umgesetzt. Das strategische Konzept der Lufthansa zeigt, dass auch in Zukunft ein für den Standort Österreich attraktives Streckennetz aufrechterhalten wird, das in Abhängigkeit von der Entwicklung der Nachfrage und der Wirtschaftlichkeit weiter gestärkt werden soll. Sitz und Entscheidungszentrale der AUA werden weiterhin in Österreich angesiedelt sein. Die Restrukturierung der AUA soll ohne signifikanten Personalabbau in Österreich erfolgen. Die Standortinteressen werden durch das strategische Konzept der Lufthansa voll umfänglich gewahrt. Des Weiteren bekennt sich Lufthansa in den Business Integration Guidelines ausdrücklich dazu, das Drehkreuz Wien, unter Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit, gleichberechtigt mit den Drehkreuzen Frankfurt/Main, München, Zürich und künftig auch Brüssel im Verbundsystem mit mehreren Knoten parallel zu betreiben und weiterzuentwickeln sowie die „Focus East“-Strategie als Kernkompetenz der AUA fortzuführen.

Bildung eines Gremiums zur Wahrung der österreichischen Standortinteressen

Das Gremium wurde auf Ebene der Austrian Airlines AG in Form eines Beirates umgesetzt. Dieser Beirat dient der Wahrung der Standortinteressen unter Maßgabe der Wirtschaftlichkeit und berät den Aufsichtsrat im Zusammenhang mit Aspekten des Privatisierungsauftrages der österreichischen Bundesregierung vom 12. August 2008. Er ist mit fünf Personen besetzt, wobei auch die von ÖIAG nominierten Stiftungsvorstände Mitglieder dieses Beirats sind. Der Beirat muss für die Dauer von fünf Jahren erhalten werden.

Konformität der Umsetzung mit europäischem Recht

Die Umsetzung der Ziele des Privatisierungsauftrages wurde in europarechtskonformer Weise vorgenommen. Jene im Privatisierungsauftrag formulierten Ziele, die für einen Käufer nicht preissensitiv sind, wurden vertraglich bindend verankert. Dies betrifft Marke, Standort, Beirat und Schutz vor Aushöhlung der Gesellschaft. Jene Ziele, welche die Preisvorstellungen des Käufers potenziell beeinflussen, wurden als Bemühungsverpflichtungen in den Vereinbarungen mit Lufthansa berücksichtigt.

Die Forderung nach einer österreichischen Kernaktionärsstruktur im Rahmen der Privatisierung könnte europarechtlich bedenklich sein (Bevorzugung von Bietern mit österreichischem Partner), allerdings wurde die u.E. europarechtskonforme Umsetzung der „Erhaltung einer österreichischen Kernaktionärsstruktur“ durch Einbeziehung einer österreichischen Stiftung in die Transaktionsstruktur erreicht.

Beschlussfassung im Aufsichtsrat der ÖIAG

In der Sitzung am 5. Dezember 2008 genehmigte der Aufsichtsrat der ÖIAG den Verkauf der 36.626.875 Aktien der Austrian Airlines AG zu einem Preis von € 366.268,75, was einem Preis von € 0,01 je Aktie entspricht, an Deutsche Lufthansa AG bzw. an eine von dieser zu benennenden Gesellschaft.

In seinem Beschluss hielt der Aufsichtsrat fest, dass die Leistung des Zuschusses in Höhe von € 500 Millionen erst nach Inkrafttreten einer gesetzlichen Regelung, welche die ÖIAG zu unterstützenden Maßnahmen zur Standortsicherung von AUA in Höhe von € 500 Millionen ermächtigt, erfolgen kann.

Der Einräumung einer Überbrückungsfinanzierung oder einer ähnlichen Maßnahme zugunsten der AUA in Höhe von bis zu € 200 Millionen unter sinngemäßer Anwendung des § 9 Abs. 5 ÖIAG-Gesetz 2000, in dem die Förderung des Geschäftsbetriebs von Beteiligungsgesellschaften normiert ist, i.V.m. dem laufenden Privatisierungsauftrag, wurde vom Aufsichtsrat unter der Voraussetzung zugestimmt, dass diese ihr zugrundeliegende Gesetzesinterpretation durch einen Beschluss der Hauptversammlung bestätigt wird.

Leistung einer staatlichen Beihilfe an die Austrian Airlines AG

Grundzüge des EU-Beihilfeverfahrens

Gemäß Art. 88 (3) EG-Vertrag sind Rettungsbeihilfen (Überbrückungsfinanzierung) und Restrukturierungsbeihilfen (Zuschuss) von der Bundesregierung der Kommission zu notifizieren.

Eine Rettungsbeihilfe kann in Form eines Darlehens/Kredits oder einer Darlehensbürgschaft zu Marktkonditionen gewährt werden und ist grundsätzlich zurückzuzahlen. Die Rettungsbeihilfe muss aus Liquiditätsgründen erforderlich sein, sich auf den erforderlichen Minimumbetrag beschränken und kann für maximal sechs Monate bzw. ab Notifizierung einer Restrukturierungsbeihilfe bis zur Entscheidung der Kommission gewährt werden.

Eine Restrukturierungsbeihilfe kann nur auf Grundlage der Restrukturierungsleitlinien der Europäischen Kommission genehmigt werden. Die Umsetzung des vorzulegenden Restrukturierungsplans muss zur Wiederherstellung der langfristigen Rentabilität bei der AUA führen. Um Wettbewerbsverzerrungen, die aus der Gewährung dieser Beihilfe resultieren könnten, zu vermeiden, können von der Kommission bei Genehmigung der Beihilfe Ausgleichsmaßnahmen verfügt werden, welche über den Restrukturierungsplan hinausgehen (sofern die Stand-alone Lösung angestrebt wird). Die Beihilfe soll das erforderliche Minimum nicht überschreiten und darf nur einmal gewährt werden. Ein eigener Beitrag durch das Unternehmen bzw. den neuen Gesellschafter ist erforderlich.

Grundsätzlich verhindert die Übernahme eines Unternehmens nicht die Genehmigung einer Beihilfe. Die Kommission nennt einen Zeitrahmen von sechs Monaten für das Beihilfeverfahren.

Im Falle der erfolgreichen Transaktion mit Lufthansa besteht die Möglichkeit, dass der von der ÖIAG geplante Zuschuss in Höhe von € 500 Millionen von der Kommission als non state aid eingestuft wird. Die Kommission beurteilt den Sachverhalt unter anderem nach dem private investor test: Hätte ein privater Investor zur Vermeidung höherer Liquidierungskosten für das zu verkaufende Unternehmen bzw. zur Vermeidung von aus einem Insolvenzszenario drohenden Nachteilen das Unternehmen ebenfalls mit der Zusage verkauft einen Teil der Restrukturierungskosten zu übernehmen, dann enthält dieser Vorgang keine staatliche Beihilfe. Da alternativ zur Leistung eines Zuschusses an Lufthansa ein höherer Eigenbeitrag zur Restrukturierung oder hohe Verpflichtungen aus einem Liquidationsszenario zu erwarten wären, lautet der bei der Kommission in Bezug auf diesen Zuschuss an die Lufthansa eingebrachte Antrag auf „non state aid“.

Notwendigkeit der Leistung einer staatlichen Beihilfe

Gemäß der aktuellen Mittelfristplanung der AUA hat das Unternehmen bis zu einem möglichen Vollzug der Transaktion kurzfristigen Liquiditätsbedarf. Ohne umfangreiche Restrukturierungsmaßnahmen bzw. ohne eine Übernahme durch einen strategischen Partner kann weiters für die Geschäftsjahre 2009 bis 2011 kein werthaltiger Businessplan dargestellt werden. Soll ein Insolvenzszenario vermieden werden, ist – unabhängig vom Zustandekommen der Transaktion mit Lufthansa – die Leistung einer staatlichen Beihilfe erforderlich. Die AUA hat in der Vergangenheit keine staatliche Beihilfe erhalten (mit Ausnahme der Entschädigungsleistungen gemäß dem Luftfahrt-Entschädigungsgesetz, BGBl. I Nr. 71/2003, Art. 28, für die Kosten, die durch die Sperrung des amerikanischen Luftraumes für die Dauer von 4 Tagen, nämlich vom 11. bis 14. September 2001, entstanden sind).

Restrukturierungsbeihilfe

Höhe des Zuschusses bei Verkauf an Lufthansa

Die in den vergangenen Jahren umgesetzten Eigenoptimierungsmaßnahmen der AUA und bereits erfolgte Einschnitte im Streckennetz haben nicht ausgereicht, um die langfristige Rentabilität der Gesellschaft zu sichern. In einem volkswirtschaftlich schwachen Marktumfeld ist die Gesellschaft nicht in der Lage, ihre Kosten einschließlich Abschreibungen und Finanzierungskosten aus eigener Kraft zu decken. Die Lufthansa plant daher weitere Restrukturierungsmaßnahmen, um die langfristige Rentabilität des operativen Geschäfts der AUA herzustellen.

Infolge von Umsatz- und Kostensynergien erwartet Lufthansa, dass das operative Ergebnis (EBIT) der AUA bereits im Jahr 2010 wieder positiv ausfallen wird. Die AUA weist allerdings eine weit überhöhte Nettoverschuldung aus. Die damit verbundenen Finanzierungskosten (Zinsen) würden dazu führen, dass in den drei Jahren von 2010 bis 2012 trotz eines positiven EBIT Nettoverluste erwirtschaftet würden. Erst im Jahr 2013 würde ein geringer Gewinn erreicht.

Ferner ist davon auszugehen, dass der freie Cashflow in den Jahren bis 2012 nicht ausreicht, um den Schuldendienst samt Zinsen abzudecken. Auch die langfristige Prognose zeigt kein besseres Bild, da nach einer kurzfristigen Erholung zwischen 2012 und 2015 in den Jahren ab 2016 – im Wesentlichen aufgrund der dann notwendigen Flottenerneuerung – mit einem signifikant negativen freien Cashflow zu rechnen wäre.

Um den Fremdfinanzierungsgrad zu reduzieren und die Lasten aus dem Schuldendienst zu reduzieren, forderte die Lufthansa für die Übernahme der AUA daher einen Zuschuss in Höhe von € 500 Millionen. Aus der Rückführung der Nettoverbindlichkeiten auf das Niveau von Lufthansa und den weiteren Restrukturierungskosten ergeben sich Gesamtkosten der Restrukturierung in Höhe von insgesamt mehr als € 1 Milliarde. Der Zuschuss von € 500 Millionen beträgt daher weniger als 50% dieser Kosten.

Gesetzliche Grundlage der Zahlung des Zuschusses

Die österreichische Bundesregierung hatte sich mit Ministerrats-Beschluss vom 29. Oktober 2008 vorbehalten, einen derartigen Zuschuss bis zu einer maximalen Höhe von € 500 Mio noch zu genehmigen (vgl. Abschnitt 0, S. 14). Mit Ministerrats-Beschluss vom 16. Dezember 2008 wurde der Teil-Entschuldung der AUA im Ausmaß von € 500 Millionen zugestimmt. Die Bundesregierung sieht vor, die ÖIAG durch eine entsprechende Änderung des Bundesgesetzes über die Übertragung von Bundesbeteiligungen in das Eigentum der ÖIAG zur Zahlung des Zuschusses zu ermächtigen.

Strukturierung der Zahlung des Restrukturierungszuschusses an Lufthansa

Der Restrukturierungszuschuss soll zum Zeitpunkt der Durchführung der Transaktion mit Lufthansa in eine neu zu gründende Gesellschaft einbezahlt und an Lufthansa mit der Verpflichtung zur Durchführung einer Kapitalerhöhung übertragen werden.

Darüber hinaus hat Lufthansa die AUA so auszustatten, dass diese ihren finanziellen Verpflichtungen zwischen Übernahme durch die Lufthansa und der Eintragung der Kapitalerhöhung im Firmenbuch nachkommen kann.

Im Ergebnis führt die gewählte Struktur dazu, dass die Haftung der ÖIAG für den Restrukturierungszuschuss und die Rettungsbeihilfe zusammen zu keinem Zeitpunkt € 500 Millionen übersteigen kann (vgl. dazu die Ausführungen in Abschnitt 0, S. 23).

Höhe der Beihilfe im Stand-alone Szenario

Wird die Transaktion nicht durchgeführt, ist das Alternativszenario ein Stand-alone Modell mit radikaler Redimensionierung der Gesellschaft. Aufgrund fehlender Kosten- und Erlössynergien sind die Kosten der Restrukturierung im Stand-alone Szenario höher anzusetzen als der von Lufthansa geforderte Zuschuss in Höhe von € 500 Millionen.

Das vorgelegte Restrukturierungskonzept der AUA beziffert die Höhe der erforderlichen Restrukturierungsbeihilfe für die Jahre 2009 bis 2011 mit insgesamt bis zu € 840 Millionen.[4] Dieser Betrag ergibt sich aus der Höhe des im Restrukturierungsplan ungedeckten Liquiditätsbedarfs im Stand-alone Szenario.

Die Nachhaltigkeit der standortfördernden Lufthansa-Lösung ist mit großer Wahrscheinlichkeit eher zu erreichen als jene des weitaus kostspieligeren Schrumpfens auf Stand-alone Basis, das zu Lasten des Standortes und somit nicht nur direkt sondern durch Folgeeffekte auch indirekt zu Lasten der SteuerzahlerInnen erfolgen müsste.

Überbrückungsfinanzierung

Gemäß den mit Lufthansa unterzeichneten Verträgen kann ein Vollzug der Transaktion erst nach Genehmigung der Beihilfe durch die Europäische Kommission erfolgen (vgl. Abschnitt 0, S. 19). Angesichts der angespannten Liquiditätssituation der AUA ist es für die Dauer des Beihilfeverfahrens und somit bis zur Übernahme durch Lufthansa erforderlich, der AUA eine Überbrückungsfinanzierung bereit zu stellen.

In einer a.o. Hauptversammlung am 17. Dezember 2008 wurde der ÖIAG bestätigt, dass die Einräumung einer Überbrückungsfinanzierung oder einer ähnlichen Maßnahme zugunsten der AUA in Höhe von bis zu € 200 Millionen unter sinngemäßer Anwendung des § 9 Abs. 5 ÖIAG-Gesetz 2000, in dem die Förderung des Geschäftsbetriebs von Beteiligungsgesellschaften normiert ist, i.V.m. dem laufenden Privatisierungsauftrag, erfolgen kann. Da diese Überbrückungsfinanzierung als Rettungsbeihilfe bei der Europäischen Kommission zu notifizieren war, muss sie folgenden Voraussetzungen entsprechen (vgl. Abschnitt 0, S. 21):

Limitierung auf den minimal notwendigen Betrag;

marktmäßige Verzinsung sowie

Rückzahlbarkeit innerhalb von sechs Monaten bzw. ab Notifizierung einer Restrukturierungsbeihilfe bis zur Entscheidung der Kommission.

Kurzfristiger Liquiditätsbedarf der AUA

Der Liquiditätsbedarf der AUA ist primär auf die durch die Finanzkrise beeinflusste, unzufriedenstellende Entwicklung des operativen Cashflows sowie die gemäß Tilgungsvereinbarungen zu leistenden substanziellen Rückzahlungen von Verbindlichkeiten zurückzuführen. Vor dem Hintergrund der anhaltenden und sich weiter verschärfenden Finanzkrise und dem nicht funktionierenden Interbankenverkehr sind derzeit Wertpapierbelehnungen und Flugzeuganschlussfinanzierungen auf absehbare Zeit nicht darstellbar. Weiters ist aus derzeitiger Sicht eine Verschärfung des durch die konjunkturelle Abschwächung bedingten Nachfragerückgangs zu erwarten.

Die Höhe der erforderlichen Überbrückungsfinanzierung (Rettungsbeihilfe) wurde aus der Budgetplanung für 2009 (Stand-alone vor Vollzug der Transaktion und vor Partnersynergien) abgeleitet und von der AUA mit bis zu € 200 Millionen beziffert. Diesem Betrag liegt die Annahme zugrunde, dass ein Vollzug der Transaktion im zweiten Quartal 2009 erfolgen kann.

Strukturierung der Überbrückungsfinanzierung

Die Überbrückungsfinanzierung für die AUA wurde in Form eines durch ÖIAG beauftragten Rahmenkreditvertrags einer österreichischen Bank an eine 100%-ige Tochtergesellschaft von Austrian Airlines AG gewährt. Als Sicherheit für den Rahmenkreditvertrag dient eine entsprechende Bareinlage der ÖIAG, welche von der Bank verzinst wird. Am Tag der Übernahme durch die Lufthansa geht die Haftung für den Rahmenkredit auf ein Unternehmen im Einflussbereich des Lufthansa-Konzerns über und die Einlage der ÖIAG wird zurückgeführt.

Limitierung auf den minimal notwendigen Betrag

Der Kredit wird in monatlichen Tranchen in Übereinstimmung mit einem festgelegten Ziehungsplan abgerufen.

Marktkonforme Verzinsung

Da die Überbrückungsfinanzierung in Form eines durch Bareinlage besicherten Rahmenkredits abgewickelt wird, ist die Tochtergesellschaft der AUA verpflichtet, einerseits Zinsen für die Ausnutzung des Kredites an die Bank und andererseits Zinsen für die Bereitstellung der Sicherheit an die ÖIAG zu zahlen. Somit erfolgt die Bereitstellung der Überbrückungsfinanzierung zu marktkonformen Konditionen.

Laufzeit der Überbrückungsfinanzierung und Rückzahlung

Die Laufzeit der Überbrückungsfinanzierung beträgt sechs Monate bzw. bis zum Abschluss der Prüfung des Restrukturierungsplanes durch die Kommission. Konkret endet die Haftung der ÖIAG für den Rahmenkreditvertrag der österreichischen Bank an ALF aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen zwischen ÖIAG, AUA und Lufthansa am Tag der Durchführung der Transaktion.

Vorteil der gewählten Struktur

Die Bereitstellung einer mittelfristigen Fazilität mit wechselnden Sicherheitsstellern unter Einbindung einer Bank bietet einen wesentlichen Vorteil. Durch die Abwicklung über Bankkonten kann die taggleiche Abwicklung der Zahlung des Restrukturierungszuschusses durch ÖIAG bei gleichzeitiger Rückführung der Rettungsbeihilfe an die ÖIAG erfolgen. Somit befinden sich zu keinem Zeitpunkt der Transaktion Mittel der ÖIAG in Höhe von mehr als € 500 Millionen im Einflussbereich der Lufthansa.

Notifizierung der staatlichen Beihilfe bei der Europäischen Kommission – Status des Verfahrens

Am 7. November 2008 fand ein erstes Vorgespräch bezüglich einer Beihilfe mit Vertretern der Europäischen Kommission statt, an dem ÖIAG, AUA, das Bundesministerium für Finanzen, teilnahmen. Am 18. und 21. November 2008 wurden Folgegespräche unter Teilnahme der Lufthansa geführt. Sowohl die Rettungsbeihilfe als auch der Restrukturierungszuschuss wurden am 19. Dezember 2008 bzw. am 21. Dezember 2008 notifiziert. Der Erhalt der Notifizierung wurde durch die Europäische Kommission bestätigt.

 

 

 

In der Sitzung am 18. Feber 2009 sind BM Doris Bures und BM DI Josef Pröll als Auskunftspersonen zur Verfügung gestanden und haben umfassend Auskunft gegeben. Zusammenfassend kann festgehalten werden:

 

 

BM Doris Bures:

 

Das BMVIT ist oberste Luftfahrtbehörde und durch einen Regierungskommissär mit beratender Stimme im AUA-Aufsichtsrat vertreten. Von der  Möglichkeit, einen rechtskundigen Vertreter in den AUA-Aufsichtsrat zu entsenden, hat das Verkehrsministerium Gebrauch gemacht. Die Tätigkeit des Aufsichtsorgans im Aufsichtsrat bezieht sich auf die Kontrolle der unternehmerischen Entscheidungen aus luftfahrtrechtlicher Sicht, auf die Einhaltung luftfahrtrechtlicher nationaler und EU-rechtlicher Normen.

Das BMVIT hat jedoch keine Vertretung im ÖIAG-Aufsichtsrat und daher in diesem Bereich auch keine Zuständigkeiten.

Was die Frage der Rolle des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie  im Zuge der Privatisierung der Austrian Airlines betrifft, war das BMVIT lediglich in Fragestellungen von möglichen rechtlichen Auswirkungen auf Betriebsgenehmigungen beim Kauf der AUA durch eine Airline, die nicht den EU-rechtlichen Regelungen unterliegt, eingebunden.

Darüberhinaus obliegt es dem BMVIT als Voraussetzung für die Erteilung einer Betriebsgenehmigung festzustellen, ob die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unternehmens gegeben ist. Seit dem Jahr 2006 ist im BMVIT ein externer Sachverständiger, ein unabhängiger Wirtschaftsprüfer mit dieser Aufgabe betraut. Auf der Grundlage seines Gutachtens ist  von der Obersten Zivilluftfahrtbehörde die finanzielle Leistungsfähigkeit zu beurteilen.

Im Jahr 2006 wurde auf Grund der Kapitalerhöhung bei der AUA von 350 Mio € die finanzielle Leistungsfähigkeit bestätigt. Im Jahr 2008 konnte dies nur auf Grund des Beschlusses der Überbrückungsfinanzierung in Höhe von 200 Mio € erfolgen – die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Betriebsgenehmigung für die AUA waren aus dieser Sicht gegeben.

Angesprochen auf Auswirkungen des Privatisierungsprozesses auf den Flughafen Wien:

Der Ministerrat hat am 12. August 2008 beschlossen, dass die österreichische Kernaktionärsstruktur von 25% plus 1 Aktie aufrechterhalten werden soll, die Marke „Austrian“ soll weiterhin bestehen bleiben und die Entscheidungszentralen in Österreich verbleiben. Eine weitere Vorgabe seitens der Bundesregierung war die Aufrechterhaltung eines für den Standort angemessenen Streckennetzes sowie die Bedachtnahme auf den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich.

 

 

BM Pröll:

Am 1. August 2008 wurde im Aufsichtsrat der ÖIAG der Beschluss mit der Empfehlung an die Bundesregierung hinsichtlich einer Totalprivatisierung der Austrian Airlines gefasst. Am 12. August 2008 wurde im Ministerrat von der Bundesregierung der Privatisierungsauftrag an die ÖIAG beschlossen, mit der Ermächtigung an die ÖIAG, die Austrian Airlines unter gewissen Voraussetzungen wie etwa der Beibehaltung einer österreichischen Kernaktionärs-struktur von 25 % plus 1 Aktie zu privatisieren.

Am 13. August 2008 hat bereits die Partnersuche durch die ÖIAG begonnen.

Mit dem Privatisierungsauftrag der Bundesregierung Mitte August 2008 wurden seitens der Politik die erforderlichen Schritte eingeleitet und abgewickelt. Es wurde der Privatisierungsauftrag an die ÖIAG erteilt und in weiterer Folge von den zuständigen Gremien - Vorstand, Aufsichtsrat und Privatisierungsausschuss der ÖIAG - umgesetzt.

Es liegt jedoch nicht in der Kompetenz  des BMF, über die ordnungsgemäße Geschäftsgebarung sowie über Fragen zu wirtschaftlichen Entscheidungen der Austrian Airlines bzw. ÖIAG Stellung zu nehmen. Dies ist nach den aktienrechtlichen Bestimmungen Aufgabe der Vorstände bzw. des Aufsichtsrats.

Eine Verkaufsbedingung des von der ÖIAG verhandelten Vertrags mit der Lufthansa war ein 500 Mio €-Zuschuss sowie einer Überbrückungshilfe von 200 Mio €. Seitens der Verantwortungsträger in der ÖIAG wurde entschieden, dass die von der Bundesregierung formulierten Forderungen des Privatisierungsauftrags von der Lufthansa als Bestbieter erfüllt  ebenso die österreichische Kernaktionärsstruktur von 25% plus 1 Aktie in Form einer Stiftungslösung sichergestellt wurden. Der von der Lufthansa als Vertragsbestandteil relevierte Zuschuss in Höhe von 500 Mio € wurde von der Bundesregierung genehmigt und die rechtliche Grundlage durch ein eigenes Bundesgesetz geschaffen, das vom Nationalrat im Februar 2009 (Bundesrat März 2009) beschlossen wurde.

Mit der Beschlussfassung des ÖIAG-Gesetzes im Jahr 2000 im Parlament wurde die rechtliche Basis dafür geschaffen, dass politischer Einfluss einerseits und ordnungsgemäßes Management und Durchführung bei Staatsbeteiligungen andererseits getrennt sind, dass im ÖIAG-Aufsichtsrat und Vorstand je nach aktienrechtlichen Vorgaben und in Erfüllung des ÖIAG-Gesetzes die notwendigen Maßnahmen vorbereitet, evaluiert und entschieden werden. Das gilt in der Frage der strategischen Ausrichtung des Unternehmens sowie bei Personalenscheidungen - Stichwort sich selbst erneuernder Aufsichtsrat - und in weiterer Folge auch für Unternehmen, bei denen die ÖIAG Staatsbeteiligungen hält. Mit der Beschlussfassung des ÖIAG-Gesetzes wurden die Verantwortlichkeiten neu definiert, um politischen Einfluss auf die Unternehmen zu unterbinden.

§ 7 Abs. 3 ÖIAG-Gesetz besagt, dass der von der Bundesregierung erteilte Privatisierungsauftrag von den Organen der ÖIAG in eigener Verantwortung umzusetzen ist.

Was in Auftrag gegebene Gutachten und Studien über die Ausrichtung des Unternehmens anbelangt, so liegen diese in der Ingerenz des Vorstands und des Aufsichtsrats und sind Bestandteile des operativen Geschäfts der ÖIAG.

Der dem Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses übermittelte Erhebungsbericht mit einer Beilage der ÖIAG wurde auf Grundlage der rechtlichen Situation vom Finanzministerium erstellt.

Das Unternehmen Austrian Airlines befindet sich momentan in einer sehr schwierigen Phase. Im Hinblick auf die anhängigen Prüfverfahren in der Europäischen Kommission werden seitens der zuständigen Stellen die entsprechenden Gespräche geführt und alle Details erörtert. Alle Anstrengungen sind jetzt darauf konzentriert, die Prüfverfahren der Europäischen Union bestmöglich zu begleiten, um zu einem positiven Abschluss zu kommen.  Österreich stellt keinen Einzelfall dar, es hat auf europäischer Ebene in den letzten zehn Jahren bereits vergleichbare Vorgangsweisen gegeben: insgesamt wurden bis zu 17 Milliarden € in der europäischen Luftfahrt durch nationale Unterstützungsmaßnahmen bei verschiedenen Luftfahrtslinien platziert.

Die wirtschaftliche Situation für die Luftfahrt hat sich infolge der dramatischen Einbrüche bei den Passagierzahlen in ganz Europa zugespitzt. Zudem ist es im Jahr 2008 gegenüber den Vergleichszeiträumen der Vorjahre zu einer Vervierfachung des Kerosinpreises gekommen.

In der Sitzung am 5. März 2009 sind Mag. Alfred Ötsch und Dr. Peter Michaelis dem Ständigen Unterausschuss als Auskunftspersonen zur Verfügung gestanden und haben umfassend Auskunft gegeben. Zusammenfassend kann festgehalten werden:

 

Mag. Alfred Ötsch:

Ab April, Mai 2008 habe sich innerhalb von fast drei Monaten der Kerosinpreis verdoppelt, was letztlich dazu geführt habe, dass alle Businesspläne in Frage gestellt werden mussten. Diese dramatische Entwicklung auf der Kerosinpreisseite habe zu einer Ergebnisbelastung von ca. 140 Mio € für das Unternehmen geführt. Auf Grund dieser ungünstigen Rahmenbedingungen wurde eine Überarbeitung der Businesspläne vorgenommen und geprüft, ob noch zusätzliche Ergebnisverbesserungspotenziale aus dem Unternehmen heraus möglich sind. Die Potenziale waren allerdings insgesamt nicht ausreichend, um nachhaltig ein positives Ergebnis sicherstellen zu können, wobei allerdings zu diesem Zeitpunkt von einer Wirtschaftskrise noch keine Rede war.

Die Businesspläne wurden alle mehrfach und intensiv mit dem Aufsichtsrat diskutiert und auch beschlossen. Der Aufsichtsrat war in die aktuelle Situation immer eingebunden, auch in die entsprechenden aktienrechtlichen Veröffentlichungen wie ad-hoc-Meldungen und Information der Aktionäre.

Unter diesen Rahmenbedingungen sei die Änderung der Strategie des Unternehmens erfolgt, unterlegt von einem internen Projekt, gemeinsam mit einem Berater (Boston Consulting), der auch externe Expertise und Marktkenntnis aus anderen Märkten und Unternehmen miteingebracht hat; das ist also sehr fundiert erarbeitet worden. Auf dieser Basis seien Vorstand und Aufsichtsrat zur Erkenntnis gekommen, den Eigentümer um einen Privatisierungsauftrag zu ersuchen. Die Organverteilung sieht vor, dass der Vorstand mit dem Aufsichtsrat kommuniziert und dieser mit dem Eigentümer. Eine direkte Kommunikation zwischen Vorstand und Eigentümer habe es nicht gegeben – so wie es das Aktienrecht vorsieht.

Da das Jahr 2008 ein besonders dramatisches Jahr in Bezug auf die Entwicklung der Prognosezahlen für das Geschäftsjahresende gewesen sei, wurde vom Aufsichtsrat ein sogenanntes Business Audit in Auftrag gegeben, im Zuge dessen der Wirtschaftsprüfer genauestens überprüfte, ob das Budget 2008 korrekt erstellt wurde, ob die jeweiligen Hochrechnungen und Abweichungen zum Budget und Voraussichten für das Geschäftsjahresende fundiert waren und ob der Aufsichtsrat auch rechtzeitig informiert wurde.

Infolge der Übernahme der Lauda Air durch die AUA seien deren Schulden um ca. 800 Mio € angestiegen und  die AUA war auch mit einem Streckennetz konfrontiert, das operativ stark im Minus war. Die Übernahme der Lauda Air bedeutete eine Riesen-Hypothek für das Unternehmen AUA.

Im Jahr 2006 lag der Nettoschuldenstand bei ca. 1,7 Milliarden € und die Eigenkapitalquote betrug ungefähr 17 %. Die Aufgabenstellung war trotz allem, das Unternehmen eigenständig in die schwarzen Zahlen zu führen. Mag. Ötsch sei zum Zeitpunkt seiner Amtsübernahme überzeugt gewesen, dass es möglich sei, das Unternehmen trotz schwieriger Ausgangslage nachhaltig in positive Zahlen zu führen, wobei die hohe Verschuldung und die Eigenkapitalquote sehr problematisch waren.

Es sei Ende 2006 gelungen, die dringend erforderliche Kapitalerhöhung at market (ca. 260 Mio €] zu platzieren. Kern des im Zuge der Kapitalerhöhung vorgelegten Konzepts war die Restrukturierung der Langstrecke als größter Verlustbringer und diese wurde im Jahr 2007 umgesetzt. Sechs Langstreckenflieger wurden ausgeflottet ebenso das dazugehörige produktive Personal; auch im Overhead-Bereich wurden Maßnahmen gesetzt, sodass insgesamt 1000 Planstellen bzw. 600 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eingespart werden konnten. Diese Maßnahmen haben in Verbindung mit einer guten Konjunktur und stabilen Öl- und Kerosinpreisen dazu geführt, dass Ende 2007 das Ergebnis um mehr als 100 Mio € verbessert werden konnte und sogar ein geringfügiges positives Ergebnis nach Steuern von 3 Mio € verzeichnet werden konnte, was ein großer Erfolg war. Damit wurde auch der langfristige Businessplan deutlich übertroffen, was dem Vorstand  Zuversicht gab. Vor diesem Hintergrund eines knapp positiven Ergebnisses für das Jahr 2007, einer Ergebnisverbesserung von 100 Mio €, wurde von Mag. Ötsch auf die Frage, ob die AUA saniert sei, die Aussage getätigt, dass „die AUA saniert ist, wenn man unter Sanierung versteht, dass die größten Verlustquellen beseitigt sind“. Seine Aussage sei allerdings in der Öffentlichkeit verkürzt – ohne diesen Zusatz – wiedergegeben worden. Er habe in einem ausführlichen Ö1-Interview zur 50-Jahr-Feier der AUA dann eine Klarstellung getroffen und vom ersten Schritt in die richtige Richtung gesprochen.

Was Herrn Al Jaber betrifft, so könne dieser nicht behaupten, über die wahre Situation des Unternehmens getäuscht worden zu sein, da dieser mit seinen Beratern,  Anwälten und dem ehemaligen AUA-Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Due-Diligence-Prüfung das Unternehmen umfassend geprüft habe. Al Jaber wollte investieren und nach intensiven Prüfungen und Verhandlungen wurde der Vertrag auch abgeschlossen, allerdings von Al Jaber nicht eingehalten, weshalb die AUA eine Klage eingereicht hat. Das Verfahren ist nun bei Gericht anhängig.

Die einzigen Airlines in Europa, die bislang noch keine staatliche Unterstützung erhalten haben, sind die Austrian Airlines, KLM und SAS. Alle anderen Airlines haben bereits eine Staatsunterstützung bekommen, zum Teil in einem erheblichen Ausmaß, wobei Air France mit 3 Milliarden € Spitzenreiter ist.

Eine Bereinigung der Flugzeugflotte, die durch die Übernahme der Lauda Air sehr inhomogen ausgestaltet war, wäre mit sehr hohem Kostenaufwand verbunden gewesen und scheiterte letztlich daran. Für eine Umflottung hätte man sehr viel Geld „in die Hand nehmen“ müssen,  finanzielle Mittel, die nicht vorhanden waren.

Die komplexe Thematik des Kerosin-Hedging wurde mehrfach im Vorstand und Aufsichtsrat  diskutiert und auch Gutachten in Auftrag gegeben, da es sich dabei um ein sehr diffiziles Finanzierungsinstrument handelt. Entscheidend dabei sei, ob man auf steigende Kerosinpreise spekuliert oder nicht und dafür sei in jedem Fall ein ausreichender, finanzieller Rückhalt erforderlich. Aus diesem Grund sei diese Spekulation für die AUA auch nicht in Frage gekommen – erst nach der Kapitalerhöhung mit einer höheren Eigenkapitalquote konnte man dieses Finanzierungsinstrument in Anspruch nehmen, aus Risikoerwägungen heraus allerdings auf nur 20% des Kerosinbedarfs beschränkt.

Im Jahr 2008 habe eine gänzlich unerwartete Entwicklung ihren Lauf genommen, da nach dem Peak im Juni 2008 die Kerosinpreise wieder dramatisch gefallen sind und große Probleme für jene Fluglinien verursacht haben, die ihre Hedging-Politik fortgesetzt haben.

Gemeinsam von der ÖIAG und vom Vorstand – noch unter der Ära von  Vagn Sörensen – wurde bei Roland Berger ein Gutachten in Auftrag gegeben, um das Unternehmen zu prüfen und Ergebnisverbesserungspotentiale zu erarbeiten. Empfohlene Maßnahmen dieses Gutachtens wurden auch vom Vorstand umgesetzt wie z. B. die Langstreckenthematik. Dieses Gutachten wurde dem Rechnungshof zur Kenntnis gebracht und war auch Teil der Rechnungshofprüfung.

Dem AUA-Vorstand sei jedoch ein Gutachten, das Partnervarianten überprüft und die Aussage getroffen hätte, die stand-alone-Strategie sei nicht möglich, nicht bekannt gewesen. Nach Ansicht von Mag. Ötsch gibt es entweder dieses Gutachten nicht oder es wurde dem Vorstand der AUA nicht zur Kenntnis gebracht. In dem ihm bekannten Gutachten von Roland Berger sei jedoch kein Hinweis enthalten, dass die stand-alone-Strategie nicht möglich sei.

Der AUA-Vorstand habe immer nur - aktienrechtlich korrekt - mit dem Aufsichtsrat kommuniziert; inwieweit der Aufsichtsrat seinerseits mit dem Eigentümer kommuniziert habe, entziehe sich seiner Kenntnis.

Man müsse zwischen Vorstandsverantwortung und Eigentümerverantwortung bzw. – strategie unterscheiden: Das Management habe zu akzeptieren, wenn Eigentümerstrategie sei, keine Privatisierung vorzunehmen. Das Management habe die Aufgabe, daraus das Beste zu machen. Nach Ansicht von Mag. Ötsch habe aber durchaus die Chance bestanden, es auch ohne Privatisierung mit Umsetzung gewisser Maßnahmen zu schaffen. In dem Moment, wo die äußeren Umstände gezeigt haben, dass dies nicht mehr möglich sei, wurde sofort reagiert und vom Beginn der unerwarteten Treibstoffpreisentwicklung bis zum Signing ist weniger als ein halbes Jahr vergangen.

Was den Privatisierungsprozess anbelangt, war der Vorstand nur in der Phase eingebunden, in der es um die Managementpräsentationen ging. Allen Bietern wurde die gleiche Managementpräsentation gegeben, im Zuge der Due Diligence wurden vom Vorstand Fragen der Bieter beantwortet.

Der Vorstand habe sich zu einer sehr schlanken Organisation durchgerungen, indem eine Hierarchieebene herausgenommen wurde, was zur Folge hat, dass sehr viele Bereichsleiter direkt an den Vorstand berichten. Unter dem Vorstand gibt es 20 Direct-Reports die direkt geführt werden.

Es gebe bis heute keinen einzigen an ihn gerichteten, konkreten Vorwurf eines Managementfehlers. Auf Wunsch des Aufsichtsratspräsidiums sei es zu einer einvernehmlichen Vertragsauflösung gekommen, wobei sich beide Seiten zu Stillschweigen verpflichtet hätten.

Die Austrian Airlines ist bereits im Rahmen der Star Alliance schon sehr eng mit der Lufthansa verbunden, da im Deutschland-Österreich-Verkehr ein Joint Venture besteht, das auch kartellrechtlich freigestellt ist. Alle Partnerschaftssynergien, die ohne Kapitalbeteiligung zu erreichen waren, wurden bereits im Rahmen der Star Alliance vollzogen. Im Mai 2008 wurde bei der Hauptversammlung gemeinsam von Vorstand und Aufsichtsrat ein Strategie-Check in Auftrag gegeben, da sich nicht zuletzt auf Grund des enormen Anstiegs der Kerosinpreise abzeichnete, dass mit der stand-alone-Strategie nicht mehr nachhaltig positive Ergebnisse erzielt werden können.

Im Aufsichtsrat wurde immer intensiv das Budget des nächsten Jahres im Detail sowie auf Basis dieses Budgets ein darüber hinaus gehender Rahmenplan für die weiteren vier Jahre  präsentiert und diskutiert. Die Zahlen zum damaligen Zeitpunkt (2007) hätten gezeigt, dass ein Weg in die Zukunft mit nachhaltig positiven Ergebnissen alleine möglich schien.

Mitbestandteil des Budgets und der Rahmenplanung ist die sogenannte Sensitivitätsanalyse, die untersucht, welche externe Faktoren vorhanden sind, die einen besonderen Einfluss auf das Ergebnis haben. Dass sich einige externe Faktoren so dramatisch innerhalb kürzester Zeit verändert haben, habe niemand vorhersehen können. In Zukunft werde mehr Augenmerk auf das Sensitivitätsmanagement gelegt und Strategien, Businesspläne noch stärker auf sogenannte Sensitivitäten geprüft werden müssen.

 

 

Dr. Peter Michaelis:

Die ÖIAG habe die Aufgabe, ständig zu überprüfen, ob die strategische Ausrichtung des Beteiligungsportfolios ihre Richtigkeit habe. Die ÖIAG habe immer wieder auf Eigentümerebene darauf hingewiesen, dass die wirtschaftliche Lage der AUA durch den Eintritt in eine Partnerschaft auf ein besseres Fundament gestellt werden könnte. Es sei jedoch das Recht des Eigentümers darüber zu befinden, ob er einen Privatisierungsauftrag erteilt oder nicht.

Vor dem Hintergrund eines weiteren schlechten Wirtschaftsjahres 2005 und einer angespannten Kapitalausstattung wurde das Beratungsunternehmen Roland Berger beauftragt, darzustellen, welche Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden. Roland Berger hat im April 2006 eine sehr umfangreiche Arbeit vorgelegt und aufgezeigt, dass es Ergebnispotenziale in der Gesellschaft sowie Verbesserungspotenziale im Zusammenwirken mit dem Flughafen, Austro Control und der OMV gibt. 95% der Studie haben sich mit Ergebnis-, Verbesserungspotenzialen und mit zusätzlichem Potenzial der Stakeholder beschäftigt. Die restlichen 5 % haben sich der Frage gewidmet: Falls ein Privatisierungsauftrag erteilt würde, welche Partnerschaften wären sinnvoll und wie hoch wäre der finanzielle Aufwand („Optionen bezüglich Partnerschaften“). Dieser Teil stellt unter anderem die Kosten bei einem Allianzwechsel dar, z. B. wenn man die Star Alliance verlässt und mit der Air France zusammengeht. Es wird aufgezeigt, was ein potenzieller Partner zusätzlich aufwenden müsste, um diesen Allianzwechsel vornehmen zu können.

In der Roland Berger Studie steht jedoch an keiner Stelle geschrieben, dass eine strategische Partnerschaft gebraucht würde, sondern sie zeigt Verbesserungspotenziale auf, die noch gehoben werden können sowie ein Maßnahmenpaket zur Effizienzsteigerung. Lediglich als Zusatz wurde - für den Fall der Erteilung eines Privatisierungsauftrags - noch untersucht, welche Partnerschaften geeignet und welche Kosten damit verbunden wären. In der Öffentlichkeit sei jedoch - fälschlicherweise - der Eindruck entstanden, dass die Roland Berger Studie zwingend von einem strategischen Partner spricht. Nach dem Privatisierungs-beschluss im ÖIAG-Aufsichtsrat haben Aufsichtsratsmitglieder der ÖIAG noch einmal Einblick in die Roland Berger Studie genommen, um sich zu vergewissern, dass nicht schon zum damaligen Zeitpunkt ein strategischer Partner zwingend empfohlen worden wäre.

Die gesamte Roland Berger Studie wurde auch dem Rechnungshof übergeben und die Übernahme von ihm bestätigt. Auch der Rechnungshof kommt in seinem Bericht nicht zu dem Ergebnis, dass eine Fehlleistung der AUA vorliege, indem sie Empfehlungen der Roland Berger Studie, was eine strategische Partnerschaft anbelangt, nicht befolgt hätte.

Die Studie könne allerdings dem Unterausschuss nicht zur Verfügung gestellt werden.

Die Studie ist auch nicht in ihrer Gesamtheit dem AUA-Vorstand zur Kenntnis gebracht worden, sondern lediglich die 95% der Studie, die Ergebnisverbesserungspotenziale intern und Optimierungspotenziale mit den Stakeholdern beinhaltet haben. Da es keinen Privatisierungsauftrag gab, wurde der Teil „Optionen bezüglich Partnerschaften“ nicht dem Vorstand übergeben.

Auf  Grundlage der Roland Berger Studie wurde eine Kapitalerhöhung durchgeführt.

Im Jahr 2007 ging es dem Unternehmen erstmals wieder besser, was auch mögliche Investoren wie Al Jaber angelockt hat, der signalisiert habe, mit 150 Mio € und 20 % in das Unternehmen einsteigen zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt hätte wohl niemand eine Diskussion zugelassen, dass sich die ÖIAG - über das Engagement von Al Jaber hinaus - einen Privatisierungsauftrag geben lassen wolle. Michaelis war der Meinung, dass selbst durch die Beteiligung von Al Jaber die AUA nicht die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit haben werde, um allein bleiben zu können. Dies ist auch in einem speziellen Vertrag, in dem das Aussstiegsszenario vereinbart wurde, festgeschrieben.

Das Engagement von Al Jaber ist – trotz Unterzeichnung der Verträge - letztendlich daran gescheitert, dass sich durch das Ansteigen des Ölpreises die wirtschaftliche Situation zunehmend verschlechtert habe. Auf Grund der dramatischen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage habe die ÖIAG erkannt, dass nun der Zeitpunkt gekommen sei, die Überzeugungsarbeit bei der Regierung im Hinblick auf einen Privatisierungsauftrag massiv zu verstärken. Deshalb wurde das Beratungsunternehmen Boston Consulting beauftragt, sich in einer Studie mit der Frage auseinanderzusetzen, ob angesichts der wirtschaftlichen Situation die stand-alone-Strategie noch weiterverfolgt werden könne oder der Eigentümer überzeugt werden muss einen Privatisierungsauftrag zu erteilen.

Klares Ergebnis der Studie Ende Juli 2008 war, dass das Eingehen einer Partnerschaft unumgänglich sei. Auch der Vorstand habe zu diesem Zeitpunkt den Aufsichtsrat von Austrian Airlines informiert, dass stand-alone nicht mehr möglich sei und man in eine strategische Partnerschaft eintreten müsse. Daraufhin wurde der ÖIAG-Aufsichtsrat davon in Kenntnis gesetzt und der Beschluss gefasst, die Regierung um Erteilung eines Privatisierungsauftrags zu ersuchen. Am 12. August 2008 hat die Bundesregierung den Privatisierungsauftrag erteilt. Dies war die richtige Entscheidung, wenn man betrachtet, dass sich von Tag zu Tag die wirtschaftliche Lage und somit auch die Möglichkeit einer positiven Verwertung der Gesellschaft verschlechtert haben.

Dr. Michaelis habe den Eigentümer in regelmäßigen Abständen darauf aufmerksam gemacht, dass eine Partnerschaft für die Zukunft der AUA besser geeignet sei. StS Matznetter habe in einer Rechnungshofausschuss-Sitzung sehr klar zum Ausdruck gebracht, dass er von Privatisierungen nichts halte. Es sei aber das Recht des Eigentümers, zu entscheiden, wie mit seinem Eigentum umgegangen werde. In den beiden letzten Regierungsprogrammen war zur Privatisierung nichts vorgesehen; dazu gibt es sicherlich auch unterschiedliche Auffassungen.

In Brüssel sind zur Zeit das Beihilfeverfahren und das Fusionskontrollverfahren anhängig. Signale aus Brüssel sehen so aus, dass bis Jahresmitte eine klare Entscheidung aus Brüssel kommen könnte, dass es keine substantiellen Auflagen geben werde. Sollten substantielle Auflagen erteilt werden, habe sich die Lufthansa ausbedungen und sei berechtigt, vom Vertrag Abstand zu nehmen. Das größte Risikopotenzial bestehe darin, dass sich die wirtschaftliche Situation in der Luftfahrtbranche generell sehr verschlechtert. Im Kaufvertrag mit der Lufthansa sind bestimmte Eckdaten festgelegt, die die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens betreffen; werden diese durch Einsparungs- und Restrukturierungsmaßnahmen nicht erreicht, kann die Lufthansa  vom Kaufvertrag Abstand nehmen. Die Hauptanstrengungen des neu eingesetzten Vorstands sind daher in erster Linie darauf ausgerichtet, diese Einsparungspotenziale auch tatsächlich zu heben.

Weiters habe die Lufthansa als Übernahmeangebot 4,49 € für den Streubesitz angeboten mit der Forderung, dass sie bis zum 11. Mai 2009 im Besitz von 75% der Aktien sein müsse.

Da Austrian Airlines den Hauptbeitrag für den Flughafen Wien zu den sogenannten Transferpassagieren leisten, würde sich – bei Scheitern des Verkaufsprozesses – auch die Situation des Flughafens dramatisch verschlechtern.

Das strategische Konzept der Lufthansa habe sehr überzeugt, was die Standortfrage anbelangt, weil die Austrian Airlines in ihrer Substanz, in ihrer heutigen strategischen Positionierung mit einigen Langstreckenflügen, mit dem Fokus East in dieser Form aufrechterhalten werden soll.

Eine Alternative zur Lufthansa gebe es nicht; Worst case wäre, wenn das Unternehmen insolvent würde, was ein Vielfaches dessen kosten würde, was nun als negativer Kaufpreis aufgewendet werden muss. Auch die Redimensionierung der Airline würde deutlich mehr als der negative Kaufpreis kosten und zusätzlich gravierende Folgen für den Standort Wien haben. Die Maßnahmen, die eingeleitet worden sind, lassen zum jetzigen Zeitpunkt die Gefahr einer Insolvenz nicht erkennen.

Insgesamt müssen 225 Mio € eingespart werden; die Hälfte dadurch, dass Kapazitäten stillgelegt werden, wodurch variable Kosten reduziert werden. Auch seitens der Belegschaft müsse ein Beitrag geleistet werden, weiters laufen Verhandlungen und Gespräche mit den Stakeholdern, mit dem Flughafen Wien, mit der OMV und mit dem Finanzministerium, was die Sicherheitsabgabe betrifft.

Im Hinblick auf die beiden anhängigen Verfahren in Brüssel werden intensivst Maßnahmen gesetzt: Das Beihilfenverfahren läuft seit 19. Dezember 2008 – hier wurden bereits sehr große Fortschritte erzielt. Brüssel achtet sehr genau darauf, dass der fusionsrechtliche sowie beihilfenrechtliche Teil am Ende des Verfahrens zeitgleich entschieden werden können. In ständigem Kontakt mit Brüssel werde daher vorab schon ausgelotet, ob die Unterlagen für den fusionsrechtlichen Teil den Erfordernissen entsprechen, um rasch zu einer Entscheidung zu kommen.

Auf die Frage, ob ein höherer Privatisierungserlös erzielt hätte werden können, wenn zu einem früheren Zeitpunkt privatisiert worden wäre: Wäre zu einem früheren Zeitpunkt privatisiert  worden, wäre der Schuldenstand der Austrian Airlines ein viel höherer gewesen und es sei fraglich, ob tatsächlich der Privatisierungserlös höher ausgefallen wäre. Was jetzt erschwerend hinzukomme und auch im Kaufpreis seinen Niederschlag gefunden habe, sei die schwere Wirtschaftskrise.

Zum Vorwurf, Bieter seien im Zuge des Privatisierungsverfahrens diskriminiert worden, wurden zwei anerkannte Rechtsprofessoren, Univ. Prof. Dr. Christian Nowotny und Univ. Prof. Dr. Thomas Eilmansberger, beauftragt,  zwei getrennte Gutachten zu erstellen und sich die einzelnen Verfahrensschritte sehr genau anzusehen. Beide kommen zu dem Ergebnis, dass ein sehr transparenter, nachvollziehbarer und den EU-Anforderungen genügender Privatisierungsprozess abgewickelt worden sei.

Im Hinblick auf die Geheimhaltungsklausel der Star-Alliance-Verträge wurde der Air France angeboten, diese Thematik mit Vertrauensanwälten beider Seiten zu diskutieren und Fragen, die von wirtschaftlicher Bedeutung sind, abzuklären.

Es wurde ein sehr umfassender Datenraum eingerichtet und eine Vielzahl von Expertengesprächen angeboten – all das wurde dokumentiert. Es wurde ein sehr aufwendiges, transparentes Verfahren abgewickelt und auch die Bieter haben sehr intensiv von den Informationsmöglichkeiten Gebrauch gemacht.

Das Problem der Air France, das sie im Zuge des Verfahrens erkannt haben dürfte, war, dass zwischen Lufthansa und Austrian Airlines bereits eine Reihe von Kooperationsverträgen  abgeschlossen sind und insofern seitens der Air France ein großer Zusatzaufwand auch für den Allianzwechsel erforderlich gewesen wäre. Michaelis bedauert das Ausscheiden der Air France, bekräftigt allerdings, dass es eine Benachteiligung sicherlich nicht gegeben habe.

Der Aktionär Republik Österreich hat mit der Stiftungskonstruktion Auflagen festgelegt, die unter EU-Gesichtspunkten kritisch zu prüfen sind, wobei die fünf Jahre ein Grenzwert sind, der für Brüssel gerade noch akzeptabel sei. Es bestehe die Hoffnung, dass sich fünf Jahre nach dem Zusammengehen von Lufthansa und Austrian Airlines herausstellt, dass die Interessen, die mit diesem Verkauf verfolgt wurden, auch in Zukunft weitergelebt werden.

Die Studie der Boston Consulting Group wurde nicht von der ÖIAG in Auftrag gegeben, sondern von den Austrian Airlines. Alle Erkenntnisse, die daraus gewonnen wurden, sind in einem Datenraum aufgelegen und der Aufsichtsrat hatte die Möglichkeit, Einsicht in die Studie zu nehmen.

Für Transaktionen dieser Art ist externe Unterstützung auf rechtlicher Ebene, von Verkehrsexperten (Luftverkehrsrechtsexperten) unbedingt erforderlich. Die Kosten, die für diese Privatisierung insgesamt aufgewendet wurden, seien im Rahmen dessen, was auch in der Vergangenheit bei Privatisierungen für Beratung und Expertise ausgegeben wurde.

Im AUA-Management gab es keine strafrechtlichen und/oder aktienrechtlichen Verfehlungen. Das Management habe sich darum bemüht, nach bestem Wissen und Gewissen zu arbeiten. Es wäre besser gewesen, wenn vielleicht schon zu einem früheren Zeitpunkt die Möglichkeit bestanden hätte, nach einem adäquaten Partner Ausschau zu halten. Im Nachhinein ist es immer leichter zu erkennen, an welcher Stelle man vielleicht anders hätte handeln sollen.

Die ÖIAG hatte zu Beginn im Jahr 2000 einen Schuldenstand in Höhe von 6,3 Milliarden €. Mittlerweile ist es gelungen, alle Schulden zu tilgen und noch über 1 Milliarde € an Dividenden an die Republik zu zahlen.

Die Lufthansa verfolgt ein sogenanntes Multi-Hub-Konzept, eine Netzwerkstrategie. Es wird versucht, durch das Zusammenholen von mehreren Standorten – Frankfurt, Zürich, München, demnächst wohl Brüssel und auch Wien – aus dieser Netzwerkstruktur das Verkehrsaufkommen zu generieren, um wettbewerbsfähig zu sein. Die Austrian Airlines haben eine sehr gute Servicequalität und sind auch von den technischen Anforderungen her sehr gut aufgestellt. Das Problem ist, dass die AUA auf Grund ihrer Betriebsgröße an den Skaleneffekten, die große Carrier haben, nicht partizipieren kann, und dadurch dass die AUA sehr stark regional und mittelstreckenmäßig aufgestellt ist, in besonderem Maße dem Wettbewerbsdruck der Low Cost Carrier ausgesetzt ist. Unter dem Dach eines großen Carriers wie der Lufthansa kann die AUA einerseits weiterhin ihre gute Servicequalität einbringen und andererseits an den Skaleneffekten, z. B. günstigere Einkaufsmöglichkeiten bei den großen Flugzeugproduzenten, bessere Verhandlungsposition beim Einkauf des Treibstoffes, teilhaben.

Weiters kann die Position, die die AUA bereits an der Peripherie zum osteuropäischen Raum aufgebaut hat, von der Lufthansa genutzt werden. Mit dieser Fokus-East-Strategie würde sie ihre Position Richtung Osten noch weiter verstärken und die AUA hätte die Möglichkeit, aus  Wien heraus nach wie vor wichtige Langstecken aus dem Netzwerk bedienen zu können. Ein kluges Konzept, auch für die Zukunft des Standortes.

 

In der Sitzung am 17. März 2009 ist Univ. Prof. Dr. Christian Nowotny dem Ständigen Unterausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden. Zusammenfassend kann festgehalten werden:

 

Univ. Prof. Dr. Christian Nowotny wurde Mitte November 2008 gebeten, ein Gutachten zum Privatisierungsprozess der Austrian Airlines zu erstellen.

Es ist zu prüfen, ob die gewählte und dokumentierte Information zu strikten Vertraulichkeitsverpflichtungen unterliegenden Verträgen – Star Alliance-Verträgen, bilaterale Verträgen zwischen AUA und Lufthansa – in mehreren Stufen und unter Einschränkungen den Vorgaben der EU-Privatisierungsgrundsätze, nämlich den Interessenten eine informierte Entscheidung zu ermöglichen, entspricht.

Es ist zu prüfen, ob das Angebot der Lufthansa unter Forderung eines Zuschusses als negativem Kaufpreis eine nicht prozesskonforme Bedingung darstellt.

Es ist zu prüfen, wie mit einem Bieter, der entgegen den im Prozessbrief enthaltenen Vorgaben kein verbindliches Angebot abgegeben hat, zu verfahren ist.

Es ist zu prüfen, ob ein bereits ausgeschiedener Bieter wieder in das Verfahren aufgenommen werden kann.

Um dieses Gutachten zu erstellen, habe er eine Reihe von Unterlagen bekommen wie die beiden Prozessbriefe von Merrill Lynch – jener Investmentbank, die von der ÖIAG beauftragt worden ist, den Verkaufsprozess zu gestalten. Der Verkaufsprozess wurde in Stufen abgewickelt und die Vorgaben dafür wurden in zwei Prozessbriefen festgelegt.

Wesentlich war, ob zunächst einmal das Verfahren selbst den EU-Vorgaben für einen Privatisierungsprozess entspricht. Das EU-Recht hat jedoch keine genauen Vorgaben, sondern nur Richtlinien, die besagen, dass – soweit die Privatisierung nicht über die Börse erfolgt – ein transparenter Verkaufsprozess stattfinden muss, der dem sogenannten Private Investor Test standhalten soll, dh der Staat muss sich bei einem Verkauf von Unternehmensbeteiligungen so verhalten wie es auch ein privater Verkäufer tun würde. Damit ist insbesondere das Verbot der verdeckten Beihilfe angesprochen.

Es wurde ein elektronisch zugängliches Archiv, ein elektronischer Datenraum, eingerichtet,

der für die Interessenten von 17. September bis 21. Oktober 2008 geöffnet war. In diesem Datenraum waren insgesamt 1.257 Dokumente enthalten.

Aus Sicht von Prof. Nowotny war dies ein ausreichender Zeitraum und auch die Intensität der Fragestellungen, die alle sofort beantwortet wurden, war einem Private Investor Test vergleichbar.

Ein Problem, das von Air France/KLM angesprochen wurde, bestand darin, dass keine volle Einsicht in die Star Alliance Verträge und die Verträge betreffend die Kooperation von Lufthansa und Austrian Airlines gewährt wurde, da beide Verträge strikte Verschwiegenheitsverpflichtungen enthalten.

Es wurde versucht, diesen Nachteil insofern zu beheben, als in einer Zusammenstellung dargestellt wurde, dass beide Verträge eine Chance of Control-Klausel enthalten, wonach die Lufthansa berechtigt wäre, die Verträge vorzeitig zu kündigen, wenn bei der AUA ein Kontrollwechsel eintritt, womit auch erhebliche Abschlags- und Entschädigungszahlungen verbunden wären.

Der Air France/KLM wurde weiters eine Präsentation von Management und AUA-Rechtsanwälten angeboten, im Rahmen dessen die Verträge nochmals erläutert wurden und Fragen gestellt werden konnten. Diese Präsentationsgelegenheit wurde nicht wahrgenommen, weil Air France/KLM bereits vorher erklärt habe, kein Anbot abzugeben.

Das Verfahren war somit einwandfrei, denn ohne Zustimmung der Lufthansa war die AUA nicht berechtigt, eine volle Einsicht in die Verträge zu gewähren. Die Alternative wäre gewesen, die Lufthansa von diesem Verfahren auszuschließen, was allerdings eindeutig rechtswidrig gewesen wäre.

Problematisiert wurde auch, dass das Angebot der Lufthansa als Bedingung einen Sanierungszuschuss von ca. 500 Mio € enthalten hat. Es wurde der Vorwurf erhoben, dass dies kein prozesskonformes Angebot sei. Die Bedingungen des Verfahrens, die Merrill Lynch den Bietern mitgeteilt hat, haben die Verknüpfung des Angebots mit Bedingungen allerdings nicht ausgeschlossen. Nach den Verfahrensregeln der ÖIAG war es demnach möglich, dass ein Bieter sein Angebot von gewissen Gegenleistungen abhängig machen könne – insofern war das Angebot prozesskonform.

Zu prüfen ist auch, ob eine derartige Verknüpfung mit einer Zuschussleistung den EU-rechtlichen Vorgaben entspricht, dem Private Investor Test. Gemäß der Literatur und einzelnen Kommissionsentscheidungen ist es unzulässig, ein Angebot im Rahmen eines Privatisierungsprozesses mit nicht sachgerechten Bedingungen zu verknüpfen. Wenn das Angebot hingegen verknüpft ist mit wirtschaftlichen Maßnahmen bei dem Unternehmen, das zu privatisieren ist, etwa mit Sanierungsmaßnahmen, dann ist dies eine einwandfreie Verknüpfung, die sachgerecht ist und mit dem Private Investor Test im Einklang steht.

Die Lufthansa hat das Angebot daran geknüpft, dass die Kommission die von ihr als Bedingung vorgegebene Beihilfe genehmigt, dh wenn diese Beihilfe genehmigt wird, ist die Lufthansa gebunden.

Ob der Zuschuss der Höhe nach sachgerecht ist, ist keine Frage, die im Zuge des Verkaufsverfahrens zu diskutieren ist, weil der Zuschuss ohnedies jedenfalls notifizierungspflichtig ist. Die Kommission hat bei einer derartigen staatlichen Beihilfe die Aufgabe zu prüfen, ob sie zu einer Verzerrung des Wettbewerbs beiträgt und in der Höhe für die Sanierung auch wirklich notwendig ist. Schon etliche Luftfahrtunternehmen haben staatliche Beihilfen erhalten, auch die Air France war einer der größten Zuschussempfänger. Nach der bisherigen Praxis der EU-Kommission ist es sehr wichtig, dass die Marktteilnehmer erhalten bleiben. Eine Insolvenz der AUA wäre daher für den Luftfahrtmarkt schädlich, weil damit ein Anbieter automatisch wegfallen und ein Marktanteil den anderen Bietern relativ günstig zufallen würde.

Die Kommission untersucht einmal primär die Rechtfertigung der Beihilfe. Ein zweiter Punkt wird die Stiftungslösung mit 25% plus 1 sein. Da diese auf fünf Jahre befristet ist und nach fünf Jahren die Sperrwirkung entfällt, sollte das Privatstiftungsmodell in dieser Form zulässig sein. Ähnliche Stiftungslösungen wurden auch bei der Swiss und KLM gewählt und letztlich EU-rechtlich abgesegnet.

Es hat am Ende des Verfahrens nur ein Angebot gegeben und das war das Angebot der Lufthansa. Sowohl Air France/KLM als auch S 7 haben bekanntgegeben, dass sie kein Angebot abgeben werden.

Das Privatisierungsverfahren hat somit nach Ansicht von Univ. Prof. Dr. Nowotny sowohl dem Privatisierungsauftrag als auch den Vorgaben, die in den Prozessbriefen enthalten waren, sowie den EU-Vorgaben entsprochen.

 

 


In der Sitzung am 24. März 2009 ist Univ. Prof. Dr. Thomas Eilmansberger dem Ständigen Unterausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden. Zusammenfassend kann festgehalten werden:

 

Univ. Prof. Dr. Eilmansberger wurde von der ÖIAG beauftragt, zu prüfen, ob der Privatisierungsvorgang im Einklang mit gemeinschaftsrechtlichen, beihilferechtlichen Vorgaben des Gemeinschaftsrechts abgelaufen ist; speziell in der Phase, als man vor der Entscheidung stand, ob man das Verfahren wieder neu eröffnen solle, um Bieter, die kein fristgerechtes bzw. gar kein Angebot gelegt haben, ins Verfahren wieder aufzunehmen. Teilergebnis des Gutachtens war, dass es zulässig gewesen sei, mit der Lufthansa allein weiterzuverhandeln.

Das Privatisierungsverfahren sei insgesamt bedenkenfrei durchgeführt worden. Die ÖIAG sei auch sehr pro-aktiv gewesen, was die Informationsweitergabe an die Bieter betroffen habe. Er habe den Eindruck gewonnen, dass offenbar wirklich Interesse bestand, alle Bieter ins Boot zu holen, um einen besseren Kaufpreis zu erzielen und dass man vor allem auch die Air France als Bieter gewinnen wollte.

Nicht nur im Rahmen der Due Diligence wurden Informationen gewährt, sondern es wurden auch aktiv Informationen und Treffen angeboten, bei denen den Anwälten auch Informationen, die der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen, gegeben wurden. Air France hätte alle relevanten und notwendigen Informationen bekommen können, um ein konkretes Angebot zu legen. Der Vorwurf der Air France, sie sei nicht ausreichend informiert worden, war nicht nachvollziehbar.

Das EG-Beihilfenrecht in Bezug auf Privatisierungsvorgänge ist eher „weich“, da es nur Grundsätze, die die EU-Kommission veröffentlicht und die Praxis, die die Kommission bei der Beurteilung solcher Privatisierungsvorgänge entwickelt hat, kennt, jedoch keine positiv- rechtlich verbindliche Rahmenbedingungen.

Was das Angebot der Lufthansa mit dem negativen Kaufpreis anbelangt, musste jeder Bieter die Möglichkeit zumindest in Betracht ziehen, dass auch ein solches negatives Angebot zulässig sein würde. In den Ausschreibungsbedingungen war ein negativer Kaufpreis nicht ausgeschlossen - verständlicherweise war auch nicht ausdrücklich erwähnt, dass dies möglich sei. Im Interesse der Erzielung eines möglichst guten Angebotes war es sicher vernünftig, diese Möglichkeit nicht explizit zu erwähnen. Somit war das Lufthansa-Angebot bedingungs- und prozesskonform und kein Ausscheidungsgrund.

Die nächste Frage, die es zu prüfen galt: Wurden durch diesen negativen Kaufpreis die Bedingungen derart geändert, sodass man auch die anderen Bewerber wieder mitbieten lassen musste? Dies war genau zu überlegen, da potenziell etwas zu gewinnen war, den Wettbewerb wieder zu eröffnen und vielleicht auch die Lufthansa auf diese Weise dazu zu bringen, ihr Angebot nachzubessern.

Ein Grundsatz des Beihilfenrechts besagt, dass der Verkäufer sich möglichst so verhalten solle wie ein privater Verkäufer. Beide Wege (Fortsetzung bzw. Neueröffnung) wären grundsätzlich offengestanden, aber der vernünftigere in dieser Situation - auch im Hinblick auf den Zeitdruck und die wirtschaftliche Situation der AUA - war, den Verkaufsprozess nur mit der Lufthansa fortzuführen.

Air France habe nie konkrete Signale gegeben, ernsthaft wieder in den Verkaufsprozess einsteigen zu wollen. Air France hätte ohne weiteres die Klarstellung haben können, dass auch ein negativer Kaufpreis möglich sei, hat diese aber nicht gesucht. Das Bemühen der ÖIAG, die Air France als Bieter zu gewinnen und zu halten, war jedenfalls vorhanden.

Einschränkungen ergeben sich aus Geheimhaltungsverpflichtungen, die die Austrian Airlines und Lufthansa, die sich in einer Allianz befinden, wechselseitig eingegangen sind sowie aus dem Kartellrecht. Danach soll verhindert werden, dass sich jemand an einem solchen Verkaufsprozess nur deshalb beteiligt, um Informationen über Mitbewerber zu erhalten, weshalb aus kartellrechtlichen Gründen geboten ist, das Verfahren stufenweise abzuwickeln und volle Einsicht hinsichtlich wettbewerbersensiblen Informationen erst dann zu gewähren, wenn feststeht ist, dass es sich um einen ernsthaften Interessenten handelt. Die stufenweise Vorgangsweise wurde auch in diesem Privatisierungsprozess gewählt.

In einer Situation, in der sich einer der Bewerber in einem engen Kooperationsverhältnis mit dem Zielunternehmen befindet, wird es immer eine gewisse Informationsasymmetrie geben, die nicht zu beheben ist, es sei denn – in diesem konkreten Fall – durch einen Ausschluss der Lufthansa vom Verkaufsprozess. Dies wäre jedoch eindeutig unverhältnismäßig.

In jeder Phase des Privatisierungsverfahrens waren genug Informationen für die Bieter vorhanden, um beurteilen zu können, ob es Sinn macht, sich noch weiter am Verfahren zu beteiligen und ein Anbot zu legen.

Entscheidend ist, ob der 500 Mio €-Zuschuss als Beihilfe nach den Grundsätzen der Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen zulässig ist oder nicht. Dazu muss eine Anmeldung, eine Notifikation an die Kommission vorbereitet werden, wofür im Vorfeld Gespräche notwendig sind sowie in mehreren Phasen schriftliche Dokumente zu erstellen und mit Brüssel auszutauschen sind.

Weder die Republik noch die ÖIAG könnten jetzt einseitig den negativen Kaufpreis verändern und ebenso ist auch die Lufthansa an ihr Angebot gebunden. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation der Austrian Airlines ist jedenfalls kein ausreichender Grund für eine der beiden Parteien, diesen Betrag zu ändern. Dies ist aber auch deshalb ausgeschlossen, weil in Bezug auf die 500 Mio € das Beihilfegenehmigungsverfahren auf EU-Ebene läuft.

Die AUA hat bislang noch keine staatliche Beihilfe erhalten, was sehr wesentlich ist im Hinblick auf den Grundsatz, dass ein Unternehmen nur einmal eine solche Beihilfe bekommen solle.

Eine „Alitalia-Problematik“ im Hinblick auf eine mögliche Rückzahlungsverpflichtung kann sich nicht stellen, da das „Closing“ erst stattfindet, wenn alle Bedingungen auch wirklich erfüllt sind, dh wenn die beihilfenrechtliche und die fusionskontrollrechtliche Genehmigungen vorliegen. In Brüssel wird auch geprüft, ob der Unternehmenszusammenschluss nach kartellrechtlichen Grundsätzen zulässig ist.

Ein Allianzwechsel ist mit großem, zusätzlichen Kostenaufwand verbunden – das mag auch die Zurückhaltung von Air France in gewisser Weise erklären.

 

In der Sitzung am 2. April 2009 ist Ing. Siegfried Wolf (Vorsitzender des ÖIAG-Privatisierungsausschusses) dem Ständigen Unterausschuss als Auskunftsperson zur Verfügung gestanden. Zusammenfassend kann festgehalten werden:

 

Die ÖIAG hat am 12. August 2008 den Privatisierungsauftrag von der Bundesregierung erhalten und ab 13. August 2008 wurde begonnen, einen transparenten Verkaufsprozess zu starten, den Ing. S. Wolf als Vorsitzender des ÖIAG-Privatisierungsausschusses begleitet hat.

Nach dem Ausschreibungsprozedere konnte sich jeder, der Interesse hatte, bewerben. Der Verkaufsprozess wurde in drei Phasen eingeteilt: Begonnen wurde mit einer sogenannten Akquise, der Möglichkeit, dass sich jeder bewirbt. Die zweite Stufe war, die Ernsthaftigkeit des Bewerbers zu überprüfen, indem ihm ein Konzept abverlangt wurde. Erst ganz zum Schluss, im dritten Stadium, war ein Kaufpreis zu nennen.

Zu Beginn gab es acht ernstzunehmende Interessenten, im zweiten Prozess ist die Zahl auf sechs Bewerber geschrumpft und im dritten Prozess sind drei Bewerber -  Lufthansa, Air France und S 7 – übriggeblieben, wobei sich am 24. Oktober 2008 herausstellte, dass nur die Lufthansa ein ernsthaftes Interesse hatte.

Ing. S. Wolf hat sowohl mit Air France als auch mit S 7 persönliche Gespräche geführt, es gab persönliche Treffen und Telefonate, schlussendlich blieb aber die Lufthansa als einziger ernsthafter Interessent übrig.

Bei der Air France habe er den klaren und eindeutigen Willen des Unternehmens vermisst, sich in Form eines konkreten Anbots mit Kaufpreis zu deklarieren. Meist wurde die ÖIAG – ebenso wie österreichische Medien - lediglich über  die Absichten der Air France-KLM informiert.

Der Schuldenstand der AUA in Höhe von 1,6 Milliarden € bedeutet auch 1,6 Milliarden Verpflichtung und grundsätzlich auch einen Kaufpreis von 1,6 Milliarden €.  Werden bestehende Schulden mitübernommen, so handelt es sich dabei um einen Teil des Kaufpreises.

2001 lag der Schuldenstand des Unternehmens bei 2,4 Milliarden € und der Umsatz bei

1,910 Milliarden €. Zweimal wurde ein positiver Geschäftserfolg dargestellt, aber ansonsten habe man jedes Jahr zwischen 60 und 70 Million € Zuschuss geben müssen. Es wurden auch immer wieder Kapitalerhöhungen durchgeführt.

Sehr wichtige Kriterien im Zuge der Privatisierung waren, dass Österreich international erreichbar sein müsse, dass die Entscheidungszentrale in Österreich sowie die Marke „AUA“ erhalten bleiben und so viele Arbeitsplätze wie möglich gesichert werden müssen.

Die Maxime im Privatisierungsausschuss hat gelautet: Alles zu unternehmen, damit das Unternehmen AUA so gut wie möglich erhalten bleibt und die gut ausgebildeten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter längerfristig einen Arbeitsplatz haben.


Zur ÖIAG:

Im Jahr 2000 betrug der Unternehmenswert aller Beteiligungen der österreichischen Staatsholding 7,6 Milliarden € bei einem Schuldenstand von 6,3 Milliarden €. Ende 2007 belief sich der Unternehmenswert auf 8,7 Milliarden € und der Schuldenstand auf null. Zusätzlich wurden 1,2 Milliarden € an den Finanzminister an Dividenden abgeführt.

Seitens der ÖIAG wurde beim Eigentümervertreter eine Partnersuche für die Austrian Airlines sowie ein Börsegang für die Post beantragt bzw. angeregt. Für die Post wurde die ÖIAG mit dem Börsegang beauftragt, im Hinblick auf die AUA wurde lediglich auf mögliche Allianzen verwiesen.

Der Wunsch des Aufsichtsrats, strategische Partnerschaften zu suchen, war klar formuliert. Im Aufsichtsrat wurde seit zwei, drei Jahren über die AUA und deren mäßigen wirtschaftlichen Erfolg diskutiert.

Im Sommer 2008 sei Gefahr im Verzug gewesen und eine klare Entscheidung notwendig geworden, um das Unternehmen nicht sehendes Auges in die Insolvenz schlittern zu lassen. Es war notwendig, mit aller Vehemenz und Dringlichkeit den Terminplan mit aller Konsequenz, Transparenz und Klarheit vorliegen zu haben.

Die Übernahme der Lauda-Air-Schulden sei der Todesstoß des Unternehmens gewesen; mit der Übernahme der Lauda-Air habe man sicherlich einen fatalen Fehler begangen. Man habe nun ein „Unternehmenssammelsurium“, eine inhomogene Flottenstruktur, wodurch zusätzlich eine noch viel größere laufende Bürde übernommen wurde, indem die doppelten, dreifachen Kosten in jedem Bereich entstehen. Mit der Entscheidung, die Lauda-Air zu übernehmen, habe er jedoch nichts zu tun gehabt.

„Deal Breaker“ im laufenden Privatisierungsprozess könnten zwei Punkte sein: Erstens bei Illiquidität, wenn das Unternehmen in die Insolvenz schlittert, hat die Lufthansa vertragsgemäß die Möglichkeit auszusteigen. Mit dem 200 Mio €-Überbrückungskredit, der als Vorauszahlung für die 500 Mio €-Beihilfe zu sehen ist, sollte die Illiquidität jedoch vermieden werden können.

Der zweite problematische Punkt ist, wenn die EU-Kommission die Genehmigungen nicht erteilt. Das Beihilfenverfahren laufe gut und dürfte eigentlich kein Problem machen. Zwei unabhängige Rechtsgutachter sind der ÖIAG dabei beratend zur Seite gestanden.

Heikler sei das Wettbewerbsverfahren, im Zuge dessen Brüssel gravierende Auflagen erteilen könnte, die sich wirtschaftlich sehr zum Schaden für das Unternehmen auswirken könnten. Zum Wert eines Unternehmens gehören auch die Slots und Landesrechte; käme es z. B. zu einer signifikanten Reduktion dieser Slots, dann würde dem Unternehmen Austrian Airlines die wirtschaftliche Basis entzogen.

Eine Flottenharmonisierung sei angesichts der angespannten wirtschaftlichen Situation des Unternehmens nicht bzw. kaum möglich gewesen, einige Strecken-Harmonisierungen wurden aber vorgenommen.

Was die Zulässigkeit eines negativen Kaufpreises betrifft, wäre es grob fahrlässig gewesen, dies schon in den Ausschreibungsbedingungen als Möglichkeit vorzusehen. Ein negativer Kaufpreis war nie ein Ausschließungsgrund und auch die Übernahme von Schulden sind Teil eines Kaufpreises.

Die Stiftungslösung sei das einzige richtige Mittel, um als österreichischer Kernaktionär noch weiterhin Einfluss zu haben.

Der Privatisierungsausschuss habe zehn Sitzungen abgehalten, wobei in der ÖIAG grundsätzlich alle Aufsichtsratsmitglieder zu allen Ausschuss-Sitzungen eingeladen werden. Er habe bewusst darauf geachtet, dass Arbeitnehmervertreter Alfred Junghans an jeder Sitzung  teilnimmt, was auch der Fall war. Diesen habe er trotz anfänglicher Startschwierigkeiten im Laufe der Verhandlungen als jemanden kennengelernt, dem das Unternehmen sehr am Herzen liege. Sehr betroffen machen ihn aber Aussendungen mancher Betriebsräte – hier fehle ihm jegliches Verständnis für den Umgang mit Wert und Achtung und Akzeptanz vor Eigentum.

Der Vorwurf einer Nichtgleichbehandlung von Bietern müsse auf das Schärfste zurückgewiesen werden, da jeder Bewerber dieselben Chancen gehabt habe.

Der Vorsitzende des Privatisierungsausschusses hätte erforderlichenfalls das Verfahren neu eröffnet, wenn er die ernsthafte Absicht und den klaren, eindeutigen Willen der Air France, die AUA erwerben zu wollen, gesehen hätte.

Sollte der Zusammenschluss mit der Lufthansa scheitern, müsste das Unternehmen auf eine Dimension zurückgefahren werden, die gleichbedeutend mit einer Regionalfluglinie sei, um überhaupt eine wirtschaftliche Basis zu haben.

Es sei zu hoffen, dass sich das Unternehmen AUA mit einer strategischen Partnerschaft, die Synergien mit einbringt, besser entwickelt. Werden diese Synergien z. B. hinsichtlich Einkaufsmöglichkeiten von Treibstoff umgesetzt, die Basis der Kaufüberlegung waren, wird das Unternehmen AUA in einer halbwegs vernünftigen Größenordnung fortgeführt werden können.

Zu den steuerlichen Praktiken hinsichtlich der Austrian Airlines Lease & Finance mit Sitz auf Guernsey: Diese rechtliche Konstruktion wurde im Aufsichtsrat der ÖIAG diskutiert. Die Konstruktion sei geprüft und für rechtmäßig befunden worden.

In diesem so wichtigen Fall, wo es um die Arbeitsplätze von 8.500 Mitarbeitern und um den Wirtschaftsstandort Österreich gehe, sollte kein politisches Kleingeld gewechselt werden.

Er habe als Vorsitzender des Privatisierungsausschusses versucht, jedem zuzuhören, jedem Argument zugänglich zu sein, Wettbewerb zu schüren, um den besten Partner für die AUA zu finden. Es sei gelungen, die richtige Entscheidung zu treffen.

 

 

In der Sitzung am 23. April 2009 sind Alfred Junghans, Dr. Peter Malanik und Dr. Andreas Bierwirth als Auskunftspersonen zur Verfügung gestanden und haben Auskunft gegeben. Zusammenfassend kann festgehalten werden:

 

Alfred Junghans:

 

Speziell im letzten Jahr habe sich unglaublich viel getan, das nicht so sehr der Austrian Airlines zuzuschreiben sei. Die Partnersuche selbst hätte man, sagen viele, früher angehen können, was jetzt mit der Weisheit der Erfahrung natürlich leicht zu sagen sei.

Er habe sich immer bemüht, zu dokumentieren, dass nicht nur die Lufthansa als möglicher Partner in Frage komme. Ein Partner, mit dem man auch international seit neun Jahren zusammenarbeitet, habe natürlich Startvorteile. Für einen anderen Mitbewerber kommen bei der Übernahme der Austrian Airlines durch einen Allianzwechsel ungleich mehr Aufwendungen zum Tragen.

Die Wirtschaftslage habe sich dramatisch verschlechtert und zwar bei allen Airlines. Er habe immer gesagt, man müsse auch – z. B. im Hinblick auf die Air France -  überlegen, ob ergänzende Märkte nicht besser wären als überschneidende, ob nicht ein Partner, der in großer Entfernung sein Streckennetz hat, besser sei als einer, der dieselben Strecken fliegt.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Austrian Airlines zeichnet eine überdurchschnittlich hohe Unternehmensbindung aus, was sich immer wieder zeige. Die Maßnahmen im Rahmen des Sparpakets der Belegschaft bestehen im wesentlichen aus einer Kombination aus Kurzarbeitsmodell und freiwilligem Gehaltsverzicht. Im Bereich des kaufmännisch-technischen Personals ist es so, dass sämtliche Führungskräfte bis zur vierten Ebene auf bis zu 5 % bzw. die höheren Ebenen auf bis zu 7,5 %, 10% ihres Gehalts verzichtet haben und dass die Pensionskassenbeitragszahlungen vom Unternehmen zu 75% ausgesetzt werden. Freie Dienstnehmerverträge werden nicht verlängert. Auch beim fliegenden Personal (Flight Attendants) werden Kurzarbeitsmodelle eingeführt. Die Piloten, bei denen auf Grund des Gehaltsgefüges Kurzarbeit eher ein Nachteil für das Unternehmen wäre, haben in einer Urabstimmung mit Dreiviertel-Mehrheit einem Gehaltsverzicht zugestimmt.

Die Flugzeugflotte der Austrian Airlines besteht aus elf verschiedenen Flugzeugtypen und sei das Ergebnis einer „zusammengeerbten“ Flotte, was enorme Komplexitätskosten nach sich gezogen habe bzw. noch ziehe. Der damalige Erwerb der Lauda Air sei auch aus diesem Grund ein wirtschaftlicher Wahnsinn gewesen, mit der Übernahme der Lauda Air habe man eine erhebliche finanzielle Last übernommen, auch weil kaum Synergien gefunden werden konnten. Diese Übernahme erfolgte zu einer Zeit, als andere Staaten ihre Airlines mit massiven Beihilfen unterstützt haben – im Gegensatz zur Republik Österreich. Die Air France habe z. B. ungefähr zu diesem Zeitpunkt 40 Milliarden Francs an Unterstützung bekommen; die British Airways wurde vor ihrer Vollprivatisierung vom Staat komplett entschuldet.

Die kaufmännisch-technische Belegschaft der Austrian Airlines hat derzeit ein Durchschnittsgehalt von ungefähr 2.680,- € brutto und zählt daher nicht zu den Großverdienern der Branche. Die Belegschaft sei durch die öffentliche Diskussion über den Privatisierungsvorgang ziemlich verunsichert, weil sie dadurch auch noch in ein falsches Licht gerückt würde. Die schlimmste Aussage sei gewesen, dass die Austrian Airlines nahe der Insolvenz wären. Die Belegschaft würde sich wünschen, dass möglichst rasch eine Entscheidung getroffen würde. Der Lufthansa sei man im Hause auf Grund der dortigen professionellen Vorgangsweise mit viel Airline-Erfahrung positiv gesonnen.

Der Betriebsrat habe immer kritisiert, dass in Zeiten offensichtlich laufend steigender Treibstoffpreise eine entsprechende Hedging-Strategie gefehlt habe. Er sei der Meinung, dass man hätte hedgen müssen und das Nicht-hedgen die größere Spekulation in Zeiten wie diesen gewesen sei. Auf der anderen Seite müsse man aber sagen, dass mit dem Verfall des Treibstoffpreises in dieser Form im letzten Quartal 2008 auch nicht gerechnet werden konnte.

Hätte man im Normalfall so gehedgt wie der Durchschnitt der anderen Airlines, hätte das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich um einige hundert Millionen € mehr lukrieren können. Auf der anderen Seite habe gerade jetzt die Air France, die in den letzten Jahren auch durch das hedging sehr gut dagestanden sei, durch den Verfall des Treibstoffpreises große Nachteile.

Was die Abfertigung von Mag. Ötsch betrifft, deren Höhe er nicht kenne, herrsche hier seitens des Betriebsrats und der Belegschaft Unverständnis.

Was den Privatisierungsvorgang anbelangt, so war im Zuge der sich immer ändernden Vorzeichen doch eine gewisse Eile geboten. Am Anfang des Privatisierungsprozesses sei die Zeit, die die Bieter zur Verfügung gehabt haben, um sich zu melden, eher knapp bemessen gewesen.

Die wirtschaftliche Lage des Unternehmens sei im Aufsichtsrat laufend diskutiert worden.

Auftrag der Roland Berger Studie sei allerdings dezidiert nicht gewesen, festzustellen, ob die Austrian Airlines einen Partner brauchen – dies sei eine der größten Mystifikationen der Geschichte. Die Studie wurde im ÖIAG-Aufsichtsrat weder offengelegt noch diskutiert, auch das Management der Austrian Airlines habe von dieser Studie nur Teile bekommen. Ihm, Junghans, sei die Studie bis zum November 2008 nicht bekannt gewesen. Im Zuge der Einrichtung des Datenraums konnten auch zwei Arbeitnehmervertreter im ÖIAG-Aufsichtsrat Einblick in die Studie nehmen; ob alle Teile der Studie im Datenraum aufgelegen seien, könne er nicht sagen. Kritisiert wurde von den Arbeitnehmervertretern im Aufsichtsrat, dass das Roland Berger Gutachten nicht ausgehändigt wurde. Den die AUA betreffenden Teil habe die Austrian Airlines auch bekommen.

Im Aufsichtsrat der Austrian Airlines wurde auf das Roland Berger Gutachten hingewiesen, dass die Schlüsse, die daraus gezogen wurden, wie eben die Kapitalerhöhung, damit verbundene Redimensionierungsmaßnahmen in Bezug auf Langstrecken, z. B. Einstellung der Destination Australien, erfolgt seien.

Bei der Lufthansa, die immer mehr das Ostgeschäft gesteigert habe, habe er in den letzten Jahren oft das Gefühl gehabt, der eigene Partner im Rahmen der Star Alliance sei der größte Konkurrent im Osten. Deshalb habe er sich die Frage gestellt, ob es nicht besser wäre, dem Air-France-Verbund anzugehören, da in der Regel immer eher ergänzende als überschneidende Märkte besser seien. Jetzt solle man aber danach trachten, dass die Zukunft des Standorts mit dieser Privatisierung gesichert sei und das Unternehmen wieder zur Ruhe komme.

Wie Österreich mit dem Thema Standortpolitik umgehe, habe auch eine gesamtwirtschaftliche Bedeutung und daher seien alle gefordert. Der Flughafen Wien habe einen Transferanteil von ca. zwei Drittel, was sehr wichtig sei, auch für die Ansiedelung von Wirtschaftsbetrieben, von Standorten, Osteuropazentralen. Eine Studie der Wirtschaftskammer besage, dass nicht nur die Arbeitsplätze der Austrian Airlines, sondern insgesamt indirekt an die 60.000 Menschen mit ihren Familien mitbetroffen seien. Die Schweiz habe ihre nationale Fluglinie im Sinne des Standortes geschützt, als ein Billigcarrier einen Hub aufbauen wollte, um in die Lücke der Swiss Air hineinzugehen. In der Schweiz wird daher auch heute der Low-Cost-Carrier-Anteil noch immer unter 10 Prozent gehalten, während er in Wien über 20 Prozent beträgt, noch dazu mit Doppel-, Trippel-Parallelitäten der Strecken. Im Gegensatz zur AUA beschäftigen die Low-Cost-Carrier – wie Fly Niki und Sky Europe – nur wenige Personen in Österreich und wenn, dann großteils mit Werkverträgen.

Die aktuelle Abwertung der Flugzeuge in Höhe von fast 300 Mio € wurde im Aufsichtsrat diskutiert – auf Grund der geltenden Bilanzierungsregeln, der IFRS-Regeln, musste die Abwertung vorgenommen werden.

Aus seiner Sicht schaffe es die Austrian Airlines bis zum Closing; was allerdings dem Unternehmen immens schade, sei die derzeitige öffentliche, zum Teil auch überzogene Diskussion, die auch im Ausland registriert und sich nachteilig auswirken würde.

Er habe als Personalvertreter alle Kolleginnen und Kollegen aufgerufen, gerade in dieser sehr schwierigen Situation, als Austrian Airlines präsent zu sein und zu akquirieren. Unternehmen wie die Austrian Airlines, die in Österreich Arbeitsplätze schaffen, erhalten und sichern wollen, sollten durch die Kaufentscheidung der Österreicherinnen und Österreicher unterstützt werden. In diesem Zusammenhang würde er sich gerade in dieser Situation auch von den Vertretern der Republik einen dahingehenden Appell wünschen.

Seitens des neuen Vorstands wurde auf Betreiben des Betriebsrats ein Beratungsauftrag mit Boston Consulting storniert, was eine Forderung im Zusammenhang mit dem Sparpaket war.  Die Belegschaft eines Dienstleistungsbetriebs mit hoher Firmenbindung habe ohnehin ein Gespür dafür, was an Verbesserungen, Einsparungen möglich sei und so sei es auch ohne Berater gelungen, noch weitere 20 Mio € an Einsparungspotenzial zu finden. Die Zusammenarbeit mit Malanik und Bierwirth funktioniere gut.

 

 

Dr. Peter Malanik:

 

Dr. Peter Malanik ist seit etwa 25 Jahren bei der Austrian Airlines in verschiedensten Funktionen tätig, hat bislang sein gesamtes Berufsleben in dieser Unternehmung verbracht und es ist ihm daher ein besonderes Anliegen, das Unternehmen in dieser extrem schwierigen Phase in eine positive Zukunft zu bringen.

Mit dem Beginn der Liberalisierung des Luftverkehrs Anfang der neunziger Jahre hat sich das Umfeld, haben sich die Bedingungen, unter denen Fluggesellschaften tätig sind, gravierend verändert: völlige Strukturveränderung von relativ geschützten Märkten hin zu einem innerhalb der EU vollkommen offenen Markt mit freiem Wettbewerb. Es habe sich sehr rasch gezeigt, dass große Luftfahrtsysteme wesentliche Vorteile gegenüber kleineren Systemen haben. In den neunziger Jahren haben fast alle europäischen Fluggesellschaften umfangreiche staatliche Subventionen bekommen, nur einige wenige jedoch nicht wie z. B. die KLM, SAS und auch die Austrian Airlines, die angesichts der nun zur Genehmigung anstehenden

500 Mio €-Beihilfe 15 Jahre länger ohne Subvention ausgehalten habe.

Ende der neunziger Jahre habe man sich entschlossen, die Lauda Air zu kaufen. Dazu kam Anfang der 2000er-Jahre noch eine Serie von internatioalen Krisen wie 9/11, Irak-Krieg, SARS und Vogelgrippe.

Mit dem Kauf der Lauda Air habe sich das Unternehmen eine sehr große Struktur angeeignet und sei dadurch zu einer relativ großen Fluggesellschaft geworden. Man habe sich bemüht, einen möglichst hohen Anteil an Transferpassagieren zu befördern – diese Transferpassagiere seien aber die „umkämpftesten“ Passagiere. Fast zwei Drittel der Passagiere der Austrian Airlines sind Transferpassagiere. Die Aufrechterhaltung dieses Geschäftsmodells sei nur möglich gewesen, weil eine Spezialisierung, eine Fokussierung auf kleinere Märkte in Zentralosteuropa aufgebaut worden sei. Es ist gelungen, einen besonderen Schwerpunkt auf Zentralosteuropa zu setzen, bedingt durch die geographische Lage Wiens und durch traditionell gute Geschäftsbeziehungen der österreichischen Wirtschaft nach Zentralosteuropa.

Die 2000er Jahre waren durchwegs immer Krisenjahre, von dem einen oder anderen guten Jahr abgelöst, was mit ein Grund gewesen sei, dass das Unternehmen nicht schon in den 2000er Jahren redimensioniert wurde. Flugzeuge in Krisenjahren zu verkaufen sei nur mit massiven Buchwertverlusten möglich, was vermieden werden sollte. Man habe versucht, die durch die Übernahme der Lauda Air völlig inhomogene Flugzeugflotte so gut wie möglich zu standardisieren und harmonisieren, womit man noch lange nicht fertig, aber doch einige  Schritte weitergekommen sei.

2008 habe sich herausgestellt, dass das Unternehmen in der derzeitigen Größenordnung über die letzten Jahre fast alle Reserven aufgebraucht habe und man sich überlegen müsse, wie denn das Unternehmen auf einer Stand-alone-Basis in die Zukunft geführt werden könne.  Schon Anfang 2008 war eine heikle Situation absehbar und als sich die wirtschaftliche Krise verschärft hat, musste sich das Management ernsthaft die Frage stellen, ob denn eine Stand-alone-Strategie für dieses Unternehmen kurzfristig und ganz sicher mittelfristig überhaupt noch zukunftsfähig sei. Man sei zum Schluss gekommen, dass die Weiterexistenz des Unternehmens im derzeitigen Zuschnitt nur möglich sein werde, wenn die Größenvorteile eines großen strategischen Partners genützt werden können. Aus diesem Grund habe man dem Aufsichtsrat empfohlen, wiederum dem Eigentümer zu empfehlen, einen Privatisierungsprozess einzuleiten, was auch geschehen sei.

Der Privatisierungsprozess sei unter schwierigen Umstände sehr rasch über die Bühne gegangen, es gebe kaum einen Privatisierungsprozess einer nationalen Fluggesellschaft, der so rasch durchgeführt worden sei und das unter durchaus erschwerten Bedingungen wie Subprime-Krise in den Vereinigten Staaten, explodierende Treibstoffpreise, Verfall der Treibstoffpreise, Zusammenbruch der Nachfrage und zu guter Letzt auch ein laufender Nationalratswahlkampf und Neubildung einer Regierung.

Es sei wichtig, unabhängig davon, in welchem Verbund das Unternehmen in Zukunft fliegen werde, dass die Austrian Airlines ihre Eigenständigkeit für Entscheidungen behalte; gleichzeitig brauche das Unternehmen aber auch die Größenvorteile einer großen Struktur. Vor dem Hintergrund der deutlichen Ergebnisverbesserung des Jahres 2007 gegenüber 2006 habe man geglaubt, dass es gelingen werde mit dem Fokus auf Zentralosteuropa, auf Sekundärdestinationen, immer mehr Monopolstrecken,… die Eigenständigkeit auch in der Eigentümerschaft noch eine Zeitlang erhalten zu können. Die Marktpositionierung in Zentralosteuropa mache die Austrian Airlines grundsätzlich interessant und attraktiv.

Die Weltwirtschaft habe sich aber im Jahr 2008 dramatisch verändert, wobei in den ersten beiden Monaten des Jahres 2008 noch durchaus budgetkonforme Ergebnisse erzielt werden konnten. Im April, Mai 2008, auch nach dem Scheitern des Einstiegs von Al Jaber und der damit beabsichtigten Kapitalerhöhung, musste man sich die Frage stellen, ob es nicht besser wäre, vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Wirtschaftskrise einen Strategiewechsel zu vollziehen. Infolge von Streckenergebnissen, die immer weniger ertragreich wurden, der Treibstoffpreisentwicklung, die es in dieser Form noch nicht gegeben habe, verfestigte sich diese Meinung immer mehr. In der Aufsichtsratssitzung im Mai wurde darüber diskutiert, ob nicht eine strategische Neubewertung des Unternehmens notwendig wäre. Mit den Beratern von Boston Consulting habe man sich mögliche zukünftige Partner angeschaut, nicht nur Fluggesellschaften, sondern auch Finanzinvestoren.   Die Bewertung habe erbracht, dass nur große Airline Systeme wie Lufthansa, Air France, KLM jene Größenvorteile und Synergien mitbringen, die die Austrian Airlines bräuchten.

Ein Management müsse sich mit der Eigentümerstruktur „abfinden“ und versuchen, vor diesem Hintergrund das Unternehmen so gut wie möglich aufzustellen und möglichst optimal in die Zukunft zu bringen. Man habe die Frage der stand-alone-Variante immer wieder diskutiert, es sei allerdings klar geworden, dass die Republik eine österreichische Austrian Airlines wünsche, dass die rot-weiss-rote Heckflosse erhalten bleiben müsse. Im Unternehmen sei bekannt gewesen, dass die österreichische Eigentümerschaft der Austrian Airlines sehr wichtig sei. Ein Vorstand müsse aus den vorgegebenen Rahmenbedingungen das Beste machen.

Im Zuge des Privatisierungsprozesses sei eine Bewusstseinsbildung entstanden, die sehr wichtig für die Zukunft der Austrian Airlines als wesentlicher Beitrag zur Infrastruktur und als Unterstützer der Wirtschaft der österreichischen Ostregion sei. Es sei keine Selbstverständlichkeit, dass man in Österreich eine Luftverkehrsdrehscheibe habe und es gehe nicht mehr allein um den Wettbewerb um die Passagiere, sondern um den Wettbewerb um Drehscheiben. Österreich habe eine gute geographische Lage, da es östlich von Wien keine Drehscheibe mehr in den Osten gebe, was ein wesentlicher Vorteil sei. Nachteil sei jedoch, dass Wien nicht gerade ein günstiger Standort, sondern als Luftverkehrsdrehscheibe relativ kostenintensiv sei, was zum Teil am Flughafen liege, zum Teil aber auch an anderen Rahmenbedingungen wie z. B. der Sicherheitsgebühr, die in Österreich doppelt so hoch sei wie im Durchschnitt aller anderen europäischen Länder. In diesem Punkt habe man seitens der Politik erfreulicherweise eine  Meinungsänderung vollzogen und im Rahmen des Budgetbegleitgesetzes eine Änderung der Sicherheitsgebühr vorgesehen. Auch mit dem Flughafen habe man eine Einigung gefunden, die den Flughafen Wien als Drehscheibe deutlich wettbewerbsfähiger mache. Das seien wesentliche Beiträge, um den Luftverkehrsstandort Österreich konkurrenzfähiger zu machen und es der Austrian Airlines ermöglichen, in einem Lufthansa-Verbund als erfolgreiche Airline ihre Eigenständigkeit zu erhalten.

Es habe die deutliche Erkenntnis eingesetzt, wie wichtig es sei, die Drehscheibenfunktion Wiens zu erhalten. Die Unterstützung seitens der österreichischen Bundesregierung im Zusammenhang mit den beiden Verfahren in Brüssel sei ausgesprochen gut und nachdrücklich. Im Zuge des Beihilfeverfahrens werde geprüft, ob der negative Kaufpreis der Lufthansa überhaupt eine Beihilfe sei. Nachzuweisen ist, dass sich die ÖIAG, die Republik nicht anders verhalten habe als ein privater Eigentümer in einer vergleichbaren Situation. In der Argumentation gegenüber der EU-Kommission, dass es sich nicht um eine Beihilfe handelt, sondern dass sich der öffentliche Eigentümer nicht anders verhalten habe als ein privater Eigentümer in einer vergleichbaren Situation, sei man auf einem guten Weg.

Das Zusammenschlussverfahren sei bei einer anderen Generaldirektion der EU-Kommission anhängig und gestalte sich etwas schwieriger, weil man mit einer Vielzahl von sehr detaillierten Fragen der EU-Kommission konfrontiert sei, die man so rasch wie möglich beantworten wolle. Beim Zusammenschlussverfahren gebe es im Gegensatz zum Beihilfeverfahren strikte Fristen, die einzuhalten seien. Daher müsse bereits im Vorfeld möglichst viel an Informationen geliefert werden, möglichst viele Fragen beantwortet werden, da die Fristen in dem Moment, in dem sie zu laufen beginnen, nicht mehr gestoppt werden können. Im Kurzverfahren habe man nur einen Monat und zehn Tage Zeit. Umso wichtiger sei es, bereits in der Vorbereitung, bevor diese Fristen zu laufen beginnen, möglichst viel abzuklären. Der Zeitpunkt, zu dem eine Anmeldung des Verfahrens dringlich und notwendig werde, sei jetzt gekommen und werde nächste Woche erfolgen. Der Entwurf der Anmeldung liege bereits seit langem bei der EU-Kommission und werde nun auch sozusagen finalisiert.

Im Rahmen der 50-Jahr-Feier der Austrian Airlines habe an einem Tag eine Mitarbeiterveranstaltung stattgefunden, bei der den Mitarbeitern gegenüber die Wertschätzung ausgedrückt werden sollte, und am folgenden Tag eine Feier für die größten Kunden, sozusagen eine Marketingveranstaltung.

Von 2006 auf 2007 konnte das Ergebnis des Unternehmens verbessert werden, nämlich von einem sehr großen Verlust auf einen kleinen Gewinn. Man wollte damit auch ein Zeichen setzen und zu einem Neuaufbruch antreten, da ein Turnaround gelungen sei und eine Redimensionierung in der Langstrecke durchgeführt worden sei. Externe Krisen würden aber jeden Neubeginn zerschlagen und das Unternehmen wieder zurückwerfen.

Es sei nicht einfach, mit Monopollieferanten bessere Konditionen auszuhandeln, was zwar durchaus in den letzten Jahren immer wieder gelungen sei, aber manchmal brauche es einfach externen Druck, um weiterzukommen. In Zeiten einer Wirtschaftskrise sei jedem bewusst, dass ein essentieller Beitrag, der über das übliche Maß hinausgehe, erforderlich sei.

Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Unternehmens leisten einen Krisenbeitrag, das Sparpaket der Piloten habe die Zustimmung von einer Dreiviertelmehrheit gefunden, was beweise, dass die Einsparungsmaßnahmen unter den derzeitigen Bedingungen von den Mitarbeitern auch wirklich getragen werden. Abgesehen davon bedürfe es aber nachhaltiger Kostenreduktionen und Strukturveränderungen, um in einem Lufthansa-Konzern die Position der Austrian Airlines auch halten und verteidigen zu können. Darüber müsse man in einem zweiten Schritt diskutieren.

Darauf angesprochen, ob 19 Bereichsleiter bei der Austrian Airlines tatsächlich notwendig seien: Es sei sinnvoll, dass bestimmte Funktionen in einem Unternehmen direkt dem Vorstand berichten. Es sei – auch wenn es nach sehr viel klinge – eine flache Hierarchie mit einer sehr guten Struktur. Es sei aber richtig, jede Organisationsstruktur immer wieder auf ihre Notwendigkeit zu prüfen, daher werde man auch die Zahl der Direct Reports noch einmal überprüfen und da und dort auch reduzieren, wobei man den dadurch möglichen Einsparungseffekt nicht überschätzen solle. Es sei falsch zu glauben, die Austrian Airlines hätten einen aufgeblähten Führungsapparat, das Unternehmen habe mit 7.500 Mitarbeitern   gerade einmal 160 Führungskräfte im oberen und mittleren Management.

Die Abwertungen der Flugzeuge hätten den größten „Brocken“ zum Verlust des letzten Jahres beigetragen, wobei das Unternehmen zwingend den IFRS-Vorschriften, den internationalen Rechnungslegungsvorschriften unterliegt, die keine Wahl lassen, und zudem eine Stichtagsbetrachtung vorschreiben, die für das Unternehmen negativ ausgefallen sei.

Die Austrian Airlines Lease & Finance Company Limited sei eine Tochtergesellschaft, die in Guernsey angesiedelt und eine Konstruktion sei, um die Flugzeuge günstig zu finanzieren. Sie sei in Guernsey angesiedelt, weil diese Konstruktion von fast allen Fluggesellschaften so gewählt würde und sich die Flugzeugfinanzierer bevorzugt mit  einer Jurisdiktion auseinandersetzen wollen. Die Konstruktion sei sicherlich nicht zur Steuervermeidung geeignet und gedacht, schon allein in Anbetracht der Höhe der Verlustvorträge im Unternehmen.

Was die Beiziehung von externen Beratern und den damit verbundenen hohen Kosten anbelangt, sei im Unternehmen selbst genug Expertise und Kreativität vorhanden, um mit eigenen Ressourcen vieles vor- und aufzubereiten. Dies habe sich in den letzten beiden Monaten gezeigt, als binnen kürzester Zeit – ohne Berater - der größte Kosteneinsparungsbetrag in diesem Unternehmen erzielt werden konnte und zwar in Höhe von 225 Mio €. Die Beiziehung von externen Berater sei nur dann gerechtfertigt, wenn entweder kurzfristig eine sehr spezielle Expertise erforderlich sei, die im Hause nicht vorhanden sei oder wenn man vorübergehend in einem bestimmten Bereich einen enorm großen Arbeitsanfall habe.

Die Austrian Airlines werden es finanziell mit der Überbrückungsbeihilfe bis zum closing, bis zum Abschluss der Verfahren in Brüssel schaffen. Im worst-case - ohne Partner - wäre das derzeitige Geschäftsmodell der Austrian Airlines mit extrem hohen Transferanteil jedenfalls nicht haltbar; ohne Partner sei ein anderes Geschäftsmodell notwendig, der Transferanteil würde von derzeit über 60 Prozent auf max. 20 bis 25 Prozent reduziert, was eine enorme Schrumpfung des Unternehmens zu einer Regionalfluglinie bedeuten würde. Auch diese Redimensionierung des Unternehmens wäre mit extrem hohen Kosten verbunden. Der Verlust von Arbeitsplätzen wäre substantiell, vor allem aber nicht nur im Unternehmen selbst, sondern auch im Umfeld des Standortes Wien. Auch der Flughafen Wien könnte seine derzeitige Größe nicht halten.

 

 

Dr. Andreas Bierwirth:

 

Die Austrian Airlines werden als ein Unternehmen wahrgenommen, das mit einer vortrefflichen Markenqualität, mit einem Image, das insbesondere über die Serviceführerschaft begründet ist, glänzt und dem die Fokussierung auf Osteuropa gelungen sei. Es sei aber ein Unternehmen, das im Sinne des Unternehmensergebnisses keinen wirklichen Markterfolg gehabt habe.

Das letzte Jahr sei durch Paradigmenwechsel gekennzeichnet gewesen: der hohe Anstieg der Treibstoffpreise, danach deren Verfall sowie der massive Einbruch bei den Passagierzahlen, der strategische Richtungswechsel. Die Austrian Airlines seien auch in hohem Maß betroffen vom wirtschaftlichen Kollaps in den Ländern Ukraine, Rumänen, Bulgarien.

Auf Grund des nicht vorhersehbaren Ausmaßes der Wirtschaftskrise sei der Vorstand der Austrian Airlines nun verpflichtet, alle Synergien, alle kostensenkenden Maßnahmen, die realisiert werden können, umzusetzen, um die Krise möglichst eigenständig zu kompensieren und die Werthaltigkeit des Business Case für die Lufthansa zu erhalten.

Er müsse sagen, dass eine nationale Airline überall in der ganzen Welt bisher nur privatisiert worden sei, wenn es ihr schlecht gegangen sei. Es gebe keinen Fall, bei dem sich die Politik getraut hätte, eine National-Airline mit tollem Image und als Teil der nationalen Identität, zu einem Zeitpunkt privatisieren, zu dem sie erfolgreich gewesen sei.

Es sei bei der Austrian Airlines binnen kürzester Zeit gelungen, das Privatisierungsverfahren erfolgreich umzusetzen, trotz Wahlkampf und dadurch eingeschränkter Handlungsfähigkeit der Politik. Das wisse das Management zu würdigen.

Dr. Michaelis habe sich ihm gegenüber dahingehend geäußert, dass er persönlich zwar die Notwendigkeit eines Privatisierungsauftrags sehe, aber seitens der Eigentümer die Meinung vorherrsche, die AUA nicht zu privatisieren.

Es gebe heutzutage kaum noch eine nationale Airline, die eigenständig sei bzw. keine großen Probleme habe.

Jene Maßnahmen, die Ötsch als Vorstand eingeleitet bzw. umgesetzt habe, seien absolut ident mit Maßnahmen im Zuge einer Privatisierung, wobei nur die „Verpackung“ eine andere gewesen sei. Als Beispiele seien die Kapitalerhöhung, Reduzierung der Langstrecken zu nennen – Schritte, um eine Airline attraktiver zu machen.

Kein Management der Austrian Airlines habe die Chance gehabt, am Standort Wien vernünftige, wettbewerbsfähige Kosten zu bekommen, weil ein klassisches Monopol vorherrsche. Der Flughafen Wien habe über Jahre extrem hohe Gewinne gehabt und sei einer der profitabelsten Flughäfen Europas mit dem höchsten Anteil von Erlösen aus dem Bereich des Aviation-Geschäfts. Über die Lufthansa hat sich nun im Rahmen der Due Diligence herausgestellt, dass die Austrian Airlines dadurch einen monopolistischen Wettbewerbsnachteil in Höhe von 47 Mio € pro Jahr habe – im Vergleich zu München und Zürich noch stärker. In den nächsten Jahren sollte hier über die Transparenz eine Normalisierung einsetzen. Auch der Flughafen Frankfurt sei erst dann günstig geworden, als die Lufthansa in München ein Hub aufgemacht habe.

Ähnlich verhalte es sich mit der OMV, die ihren Sprit in Wien deutlich teurer verkaufe als in München, aus einer Raffinerie, die mit Schwechat viel näher liegt als jene, die den Flughafen München beliefere, in Ingolstadt. Wenn die Austrian Airlines den Sprit gemeinsam mit der Lufthansa einkaufen, werde es einen höheren Mengenrabatt geben.

Aus heutiger Sicht sei die 50-Jahr-Feier übertrieben gewesen. 2007 sei auf Grund der Hochkonjunktur ein erfolgreiches Jahr gewesen und man glaubte in diesem Moment endlich auch wieder an den Erfolg.

Bis jetzt sei es dem AUA-Management gelungen, mögliche Knackpunkte, die die Lufthansa zum Ausstieg aus dem Vertrag berechtigen würden, nicht eintreten zu lassen. Im Kaufvertrag sei vereinbart, dass eine angemessene Anzahl von Auflagen seitens der EU-Kommission von der Lufthansa akzeptiert werden müsse.

Eine Partnerschaft mit der Lufthansa sei immer noch besser als jeder Plan B, als die Redimensionierung der Austrian Airlines, wodurch auch das Geschäftsmodell Wien kollabieren würde. Dies würde für die Republik und für die gesamte Region eine Riesengefahr bedeuten und einen volkswirtschaftlichen Kollateralschaden nach sich ziehen.

Er sei überzeugt, dass die Privatisierung erfolgreich abgeschlossen werden könne.

Bei allen Führungskräften sei die Auszahlung der variablen Gehaltsbestandteile, der Bonuszahlungen für das Jahr 2008 gestoppt worden, da die Liquidität des Unternehmens auch ein Knackpunkt im Vertrag mit der Lufthansa sei. Für das Jahr 2009 werde es mit Sicherheit keine Bonuszahlungen geben.

Es sei bei allen Airlines in Europa üblich, dass die Flugzeugfinanzierung über Finanzierungsgesellschaften abgeleistet werde, die in Guernsey, Malta oder der Karibik angesiedelt seien. Theoretisch könnte man aus dieser Konstruktion einen Steuervorteil ziehen, wozu man allerdings einen Gewinn erwirtschaften müsste. Dieser theoretische Steuervorteil werde bei den Austrian Airlines infolge des hohen Verlustvortrags auch in den nächsten Jahren nicht zum Tragen kommen.

Im April 2008 sei intern die Neubewertung der strategischen Neuausrichtung der Austrian Airlines vorgenommen worden, im Mai 2008 erstmals in der Hauptversammlung, wobei die Ölpreisentwicklung sowie das Ausmaß der Weltwirtschaftskrise nicht vorhersehbar bzw. abschätzbar waren.

Die Austrian Airlines habe keinen Langstreckenmarkt – gemeinsam mit der Lufthansa sei das eventuell möglich, wobei zu diskutieren sei, ob im Bereich der Langstrecke noch einmal restrukturiert werden müsse, wenn die Konjunktur so bleibt. Aber auch die Restrukturierung koste viel Geld. Im Bereich der Mittelstrecke finde gerade eine Diskussion statt, ob mit relativ kleinen Flugzeugen zu hohen Preisen oder mit großen Flugzeugen nach Westeuropa und noch größeren nach Osteuropa geflogen werden solle, womit die Stückkosten deutlich gesenkt werden könnten.

Was die Anzahl der Bereichsleiter anbelangt, werde etwas zu ändern sein, allerdings erst nach dem Zusammenschluss mit der Lufthansa, um nicht alle sechs Monate eine neue Organisationsstruktur aufbauen zu müsse. Die 19 Bereichsleiter berichten direkt an den Vorstand.

Er sei überzeugt, dass es die Austrian Airlines bis zum Closing schaffen werde. 133 Mio € der 200 Mio € Überbrückungsbeihilfe dürfen von der Austrian Airlines verwendet werden, darüberhinausgehend brauche man die Genehmigung der Lufthansa, die ihrerseits dann allerdings Kaufpreisnachforderungen gegenüber der ÖIAG stellen könnte. Er sei aber optimistisch, dass die Austrian Airlines die 133 Mio € nicht überschreiten werden bzw. nur dann überziehen werde, wenn es seitens der Lufthansa ohnedies eine Genehmigung gibt, ohne Kaufpreisnachverhandlung. Auch beim Thema Liquidität sei er sehr optimistisch.

Die beiden Verfahren auf EU-Ebene laufen grundsätzlich gut, wobei mögliche Auflagen noch ein Thema werden könnten. Der Flughafen Wien verursache mit den Low Costern ohnehin sehr viel Wettbewerb, sodass die Austrian Airlines schon derzeit dem Wettbewerb intensiv ausgesetzt sind.

 

 

4. Zur Geschäftsordnung

 

Im Zuge der Beratungen wurde seitens mancher Oppositionsfraktion die Rechtsansicht vertreten, dass der Ständige Unterausschusses des Rechnungshofausschusses dieselben Rechte und Kompetenzen wie der Rechnungshof habe, da dieser ein Hilfsorgan des Parlaments sei. Diese Position ist rechtlich nicht haltbar: Rechtsgrundlage für Überprüfungen durch den Rechnungshof sind das Bundes-Verfassungsgesetz sowie das Rechnungshofgesetz, in dem ausdrücklich die verschiedenen Prüfrechte des Rechnungshofes vorgesehen sind. Rechtsgrundlage für die Vorgangs- bzw. Verfahrensweise im Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses ist jedoch einzig und allein die Geschäftsordnung des Nationalrates. In § 32e Abs. 5 GOG ist normiert, dass für diesen Unterausschuss die Bestimmungen über Organisation und Verfahren der Unterausschüsse sowie die Bestimmungen des §32b Abs. 2 GOG gelten. In Entsprechung dieser Bestimmungen wurden gemäß § 40 Abs. 1 GOG Erhebungsberichte von den zuständigen Bundesministerien eingeholt und Auskunftspersonen geladen, die dem Unterausschuss Rede und Antwort gestanden sind. Darüberhinausgehende Rechte sieht die Geschäftsordnung für den Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses aber nicht vor.

 

 

5. Schlussfolgerungen

 

Die Beratungen im Ständigen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses haben gezeigt, dass das Verfahren zur Privatisierung der Austrian Airlines von der ÖIAG transparent, offen  und entsprechend den Privatisierungsgrundsätzen der EU-Kommission abgewickelt wurde, was auch von den beiden Rechtsgutachtern, Univ. Prof. Dr. Thomas Eilmansberger sowie Univ. Prof. Dr. Christian Nowotny, bestätigt wurde. Unter sehr schwierigen Rahmenbedingungen ist es dennoch binnen weniger Monate gelungen, das Privatisierungsverfahren mit dem Verkauf der ÖIAG-Anteile im Umfang von 41,6 % an die Lufthansa am 5. Dezember 2008 zu finalisieren.

Die Befragungen im Unterausschuss haben gezeigt, dass die ÖIAG alles unternommen hat, den Interessenten und Bewerbern in diesem Privatisierungsverfahren möglichst viel an Informationen zukommen zu lassen. Der Vorwurf einer angeblichen Ungleichbehandlung der Air France/KLM konnte nach den Befragungen der Auskunftspersonen nicht erhärtet werden. Es wurde seitens der ÖIAG, vom Vorsitzenden des ÖIAG-Privatisierungsausschusses, nichts unversucht gelassen, auch die Air France-KLM als ernsthaften Bieter zu gewinnen und zu einem konkretem Anbot zu bewegen. Mangels eines prozesskonformen Angebots wurde demnach Air France-KLM aus dem Privatisierungsprozess ausgeschieden.

Zudem wurde in Zweifel gezogen, ob denn das Angebot der Lufthansa unter Forderung eines Zuschusses (in Höhe von 500 Mio € als negativem Kaufpreis) prozesskonform gewesen sei, was von den beiden zugezogenen Rechtsgutachtern jedoch eindeutig bestätigt wurde. Nach den Ausschreibungsbedingungen und Verfahrensregeln der ÖIAG war es möglich und zulässig, dass ein Bieter sein Angebot von gewissen Gegenleistungen abhängig macht. In den Ausschreibungsbedingungen war ein negativer Kaufpreis nicht ausgeschlossen und jeder Bieter musste - angesichts der angespannten wirtschaftlichen Lage der Austrian Airlines - zumindest die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass auch ein Angebot mit negativem Kaufpreis zulässig sein würde. Diese Möglichkeit allerdings bereits in den Ausschreibungsbedingungen explizit vorzusehen, wäre – im Interesse der Erzielung eines möglichst guten Angebots – wirtschaftlich gesehen sehr unvernünftig. Das Angebot der Lufthansa war bedingungs- und prozesskonform.

Das in den Medien oft zitierte Gutachten vom Beratungsunternehmen Roland Berger, das im Jahr 2005 von der ÖIAG in Auftrag gegeben und im April 2006 vorgelegt wurde, zeigt laut Auskunftspersonen Verbesserungspotenziale im Unternehmen sowie Optimierungspotenziale mit Stakeholdern auf. In der Öffentlichkeit ist jedoch fälschlicherweise der Eindruck entstanden bzw. auch verstärkt worden, dieses Gutachten würde dringend eine Partnersuche für die Austrian Airlines empfehlen, was jedoch laut Auskunftspersonen nicht der Fall sei und von ÖIAG-Vorstand Dr. Michaelis im Rahmen seiner Befragung eindeutig bestätigt wurde. Lediglich in einem kleinen Zusatzteil („Optionen bezüglich Partnerschaften“) dieses sehr umfangreichen Gutachtens wurde - für den Fall der Erteilung eines Privatisierungsauftrags – auch der Frage nachgegangen, welche Partnerschaften sinnvoll bzw. geeignet und welche Kosten damit verbunden wären. Dem Rechnungshof wurde das Gutachten in vollem Umfang zur Kenntnis gebracht und übergeben.

Empfohlene Maßnahmen aus diesem Roland Berger Gutachten wie die Redimensionierung der Langstrecken (z. B. Einstellung der Destination Australien und anderer in Fernost und Nordamerika) sowie eine Kapitalerhöhung wurden 2006/2007 vom Vorstand der Austrian Airlines auch umgesetzt.

Der Wunsch einer Regierung nach einer rot-weiss-roten Airline, die in gewisser Weise auch ein Teil der nationalen Identität ist, und das Bestreben, diese möglichst lange auf eigenständigem Kurs zu belassen, erscheint verständlich und ist auch legitim.

Dazu kam noch, dass die gesamte Luftfahrtbranche in den letzten Jahren von vielen Krisen geschüttelt wurde - angefangen vom 11. September 2001, SARS, Vogelgrippe, Irak-Krieg bis hin zur nicht vorhersehbaren Treibstoffpreisentwicklung im letzten Jahr und momentanen Weltwirtschaftskrise - und sich kaum ein geeigneter Zeitpunkt für eine Privatisierung gefunden hätte.

Im Zuge der Beratungen im Unterausschuss konnte aber auch festgestellt werden, dass seitens der Verantwortlichen sofort reagiert wurde, als angesichts der sich ständig verschlechternden wirtschaftlichen Lage im ersten Quartal 2008 Anzeichen auftraten, dass die Austrian Airlines alleine nicht überlebensfähig sein würden und somit eine Neubewertung der strategischen Ausrichtung des Unternehmens notwendig wurde. In dem Moment als sich abzeichnete, dass das Unternehmen seinen eigenständigen Kurs nicht mehr fortsetzen können wird, wurden unverzüglich sowohl auf politischer als auch auf operativer Ebene die notwendigen Schritte und Maßnahmen eingeleitet. Diese gipfelten im Beschluss des Ministerrates vom 12. August 2008, die Austrian Airlines bei Erhaltung einer österreichischen Kernaktionärsstruktur von 25% + 1 Aktie zu privatisieren. Bereits am 13. August 2008 hatte die ÖIAG in der Erfüllung dieses Privatisierungsauftrags mit der raschen und umgehenden Partnersuche begonnen.

Die Beratungen im Unterausschuss haben auch gezeigt, dass es keine Alternative zum Verkauf der Austrian Airlines an die Lufthansa gibt, auch wenn dieser nur mit einer staatlichen Beihilfe in Höhe von 500 Mio € möglich ist. Im Falle einer Insolvenz der Austrian Airlines müsste die Republik ein Vielfaches aufwenden und wäre noch zusätzlich mit dramatischen, unabsehbaren Auswirkungen auf den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich konfrontiert.

In diesem Zusammenhang muss erwähnt werden, dass in den vergangenen 15 Jahren viele europäische Airlines wie z. B. Air France, Alitalia, Olympic Airways, Sabena ua staatliche Beihilfen in beträchtlichem Ausmaß, die von der EU-Kommission gebilligt wurden, bekommen haben, und zwar in einer Gesamthöhe von 17 Milliarden €.

Austrian Airlines, SAS und KLM zählen zu den wenigen Luftfahrtunternehmen, die bislang ohne staatliche Unterstützung ausgekommen sind.

Als immens große finanzielle Bürde, an der die Austrian Airlines noch immer zu tragen haben, hat sich die Übernahme der Lauda-Air  herausgestellt. Dadurch haben sich die Austrian Airlines eine unüberschaubare Struktur angeeignet und sind zu einer relativ großen Fluggesellschaft geworden mit einer völlig inhomogenen Flugzeugflotte, was zusätzlich noch Komplexitätskosten verursacht. Der Kauf der Lauda Air durch die AUA wurde von den Auskunftspersonen Wolf und Junghans als „fataler Fehler“ und „wirtschaftlicher Wahnsinn“ bezeichnet.  Auch die Monopolstellung von Flughafen Wien AG und OMV hat sich all die Jahre nicht zum Vorteil für die Austrian Airlines ausgewirkt.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Austrian Airlines, die eine hohe Unternehmensbindung auszeichnet, sind bereit, in dieser Krisensituation ihren persönlichen Beitrag für das Unternehmen zu leisten und werden im Rahmen des 225 Mio €-Sparpakets Maßnahmen wie Kurzarbeitsmodelle, Gehaltsverzicht, Aussetzen von Pensionskassenbeitragszahlungen, uäm mittragen.

Da tausende Arbeitsplätze betroffen sind - nicht nur im Unternehmen selbst, sondern nachgelagert auch beim Flughafen Wien und in dessen weiteren Umfeld - und es somit um die Existenz vieler geht, kann nur an alle appelliert werden, sich in dieser schwierigen Situation der gemeinsamen Verantwortung für den Wirtschafts- und Beschäftigungsstandort Österreich bewusst zu sein.

Angesichts der momentan sehr ernsten Situation muss alles getan werden, damit die beiden auf EU-Ebene anhängigen Genehmigungsverfahren, das beihilfenrechtliche sowie das fusionskontrollrechtliche, möglichst rasch zu einem positiven Abschluss kommen. Seitens des Finanzministeriums, der ÖIAG und der Austrian Airlines wird alles Erforderliche unternommen, damit der Verkauf der Austrian Airlines an die Lufthansa auch seitens der Europäischen Union genehmigt wird.

 

Bei der Abstimmung wurde dieser Bericht mit Stimmenmehrheit angenommen.

Der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses stellt daher den Antrag, der Rechnungshofausschuss wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2009 05 25

                                   Erwin Hornek                                                                 Ing. Norbert Hofer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann



[1] Zwar wurde prozesskonform ein einheitlicher Preis pro Aktie für die ÖIAG und den Streubesitz geboten, während allerdings der Streubesitz bei Übernahme der Aktien zumindest den volumensgewichteten Sechs-Monats-Durchschnittskurs erhalten sollte, war für die ÖIAG vorerst nur ein Betrag von € 0,01 pro Aktie vorgesehen. Der Differenzbetrag zum volumensgewichteten Sechs-Monats-Durchschnittskurs wurde für die ÖIAG an einen Besserungsschein geknüpft (vgl. Abschnitt 0, S. 18).

[2] Earnings before interest, taxes, depreciation, amortization and rent

[3] Ein ähnliches Modell wurde bereits bei SWISS und auch bei Air France-KLM im Hinblick auf die Erhaltung nationaler bilateraler Luftverkehrsabkommen ohne EU-Eigentümerklauseln umgesetzt.

[4] Dieser Stand-alone Plan wurde dem Aufsichtsrat der AUA in seiner Sitzung am 27. November vom Vorstand der AUA präsentiert und zur Kenntnis genommen. Weder im Aufsichtsrat der AUA noch im Aufsichtsrat der ÖIAG erfolgte eine Beschlussfassung zum Stand-alone Plan.