277 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (208 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Aktiengesetz 1965, das SE-Gesetz, das Unternehmensgesetzbuch, das Umwandlungsgesetz, das Spaltungsgesetz, das Kapitalberichtigungsgesetz, das Gesellschafter-Ausschlussgesetz, das Übernahmegesetz, das Genossenschaftsrevisionsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz und das Grundbuchsgesetz geändert werden (Aktienrechts-Änderungsgesetz 2009 – AktRÄG 2009)

Die Richtlinie 2007/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über die Ausübung bestimmter Rechte von Aktionären in börsenotierten Gesellschaften, ABl. Nr. L 184 vom 14.7.2007, S. 17 (Aktionärsrechte-Richtlinie, AR-RL), ist bis spätestens 3. August 2009 umzusetzen. Dies macht vor allem umfangreiche Änderungen des AktG, insbesondere der Bestimmungen über die Hauptversammlung, erforderlich, die zugleich zum Anlass für eine weitergehende Rechtsbereinigung genommen werden sollen.

Die Aktionärsrechte-Richtlinie legt Anforderungen an die Ausübung bestimmter mit Stimmrechtsaktien verbundener Aktionärsrechte in börsenotierten Gesellschaften mit Sitz in einem Mitgliedstaat fest. Ziel der Richtlinie ist es vor allem, die Rechte der Aktionäre börsenotierter Gesellschaften zu vereinheitlichen und zu stärken und letztlich die Hauptversammlungspräsenzen zu erhöhen. Für die Teilnahme an der Hauptversammlung und die Ausübung des Stimmrechts wird der so genannte „Record-Date“-Nachweis eingeführt. Die bisher durch die notwendige Hinterlegung der Aktien bewirkte Handelssperre wird damit vermieden. Weiters werden Informationspflichten im Vorfeld der Hauptversammlung geregelt, Minderheitsrechte festgelegt und die Stimmrechtsabgabe durch Stellvertreter harmonisiert. Schließlich wird den Gesellschaften die Möglichkeit gegeben, in der Satzung elektronische Formen der Teilnahme an der Hauptversammlung und der Ausübung des Stimmrechts oder eine Abstimmung per Brief vorzusehen.

Da für die Regelungen der Sitzstaat zuständig ist und die Bestimmungen inhaltlich weitgehend dem Gesellschaftsrecht zuzurechnen sind, wird die Richtlinie im Aktiengesetz umgesetzt. Soweit es zweckmäßig erscheint, sollen die neuen Möglichkeiten auch Gesellschaften offen stehen, die nicht an der Börse notieren.

Darüber hinaus soll eine börsenotierte Aktiengesellschaft im Corporate Governance-Bericht angeben, welche Maßnahmen zur Förderung von Frauen im Vorstand, im Aufsichtsrat und in leitenden Stellungen der Gesellschaft gesetzt worden sind.

Neben Folgeanpassungen in einigen anderen Gesetzen soll es auch zu punktuellen Änderungen im Genossenschaftsrevisionsgesetz und im Grundbuchsgesetz kommen.

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 30. Juni 2009 in Verhandlung genommen. Als Berichterstatter fungierte der Abgeordnete Franz Glaser.

Die Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Johannes Jarolim brachten einen Abänderungsantrag ein, der wie folgt begründet war:

„Zu Artikel 1 (AktG):

Zu Z 1 (§ 10a):

Hier wird ein redaktionelles Versehen berichtigt.

Zu Z 2 (§ 87):

Durch die Ergänzung soll klargestellt werden, dass eine Person nur dann Minderheitenvertreter im Aufsichtsrat gemäß Abs. 4 erster Satz sein kann, wenn sie für die letzte zu besetzende Stelle auch tatsächlich kandidiert.

Zu Z 3 (§ 92):

Die in der Regierungsvorlage vorgeschlagene Rechtsbereinigung zwischen § 92 Abs. 4 AktG und § 110 Abs. 4 ArbVG soll vorerst unterbleiben, um einer zukünftigen Novellierung des ArbVG nicht vorzugreifen.

Zu Z 4 (§ 262):

Zu Abs. 19:

Die Frist, innerhalb derer die Gesellschaft auch per Fax übermittelte Depotbestätigungen akzeptieren darf, soll bis Ende 2016 verlängert werden, weil dies der voraussichtliche Endtermin für die flächendeckende Umstellung auf den neuen, für Depotbestätigungen besser geeigneten SWIFT-Standard 20022 ist. Eine entsprechende Festlegung – in der Einberufung der Hauptversammlung oder auch unabhängig von einer solchen – soll für den Zeitraum bis zur nächsten Hauptversammlung wirksam sein, allerdings nur dann, wenn die Gesellschaft auf ihrer Website durchgehend darauf hinweist. Bei einer nicht börsenotierten Gesellschaft ist dies somit nur möglich, wenn sie freiwillig eine Website betreibt.

Zu Abs. 20:

Im Hinblick auf mögliche Umstellungsprobleme im Zusammenhang mit der Übermittlung von Depotbestätigungen über SWIFT soll außerdem die – nur für börsenotierte Gesellschaften bestehende – Verpflichtung zur Verwendung dieses Kommunikationssystems für eine Übergangsfrist von mehr als zwei Jahren durch eine entsprechende Festlegung ausgesetzt werden können; dies allerdings nur unter der Voraussetzung, dass die Gesellschaft einen anderen elektronischen Kommunikationsweg zur Verfügung stellt. Auch hier soll eine solche Festlegung bis zur folgenden Einberufung gelten, sofern dies auf der Website der Gesellschaft ersichtlich ist.

Zu Artikel 9 (GenRevG)

Zu Z 1 (§ 7):

Analog zur Änderung von § 4 Abs. 3 soll auch in § 7 die Beschlussfassung der Generalversammlung über festgestellte Mängel durch die Anzeige einer festgestellten Bestandsgefährdung durch den Vorstand ersetzt werden.

Zu Z 2 (§ 9):

Die in § 270 Abs. 5 UGB bereits mit dem GesRÄG 2005, BGBl. I Nr. 59/2005, vollzogene Streichung des Verweises auf das (aufgehobene) Wirtschaftstreuhänder-Kammergesetz soll nunmehr auch im GenRevG nachvollzogen werden. Eine spezifische Regelung des Inkraftretens ist hier nicht erforderlich.

Zum Entfall von Artikel 10 (ArbVG)

Wie bereits zu § 92 Abs. 4 AktG ausgeführt, soll die in der Regierungsvorlage enthaltene Änderung von § 110 Abs. 4 ArbVG einer zukünftigen Novellierung dieses Gesetzes vorbehalten bleiben.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Johannes Jarolim einstimmig angenommen.

 

Ein von den Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Dr. Johannes Jarolim eingebrachter Entschließungsantrag wurde einstimmig mit Stimmenmehrheit beschlossen.

Ferner beschloss der Justizausschuss einstimmig folgende Feststellungen:

„Zu Artikel 1 Z 29 (§ 87 AktG) und Z 37 (§§ 110, 128AktG):

Das AktRÄG 2009 sieht für die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern einer börsenotierten Aktiengesellschaft vor, dass ein Aktionär oder eine Gruppe von Aktionären, die über 1% des Grundkapitals verfügen, gemäß § 110 AktG einen Beschlussvorschlag einbringen kann, der einen oder mehrere zusätzliche Kandidaten für die Aufsichtsratswahl beinhaltet. Nach § 87 Abs. 6 AktG ist ein solcher Beschlussvorschlag Voraussetzung für eine Einbeziehung der Kandidaten in die Abstimmung. Weiters ist nunmehr – im Unterschied zur bisherigen Rechtslage – grundsätzlich über jede zu besetzende Stelle gesondert abzustimmen, wobei die Antragssteller eine Reihenfolge vorweg festlegen können (§ 87 Abs. 3 AktG). Der Justizausschuss hält dazu fest, dass in Ermangelung einer solchen Festlegung davon auszugehen ist, dass eine vorgeschlagene Person für alle zu besetzenden Stellen kandidiert.

Dies bedeutet freilich nicht, dass über alle vorgeschlagenen Personen auch tatsächlich abgestimmt werden muss: Vielmehr soll es auch nach dem neuen Regime möglich sein, dass der Vorsitzende der Hauptversammlung die Wahl der Aufsichtsratsmitglieder möglichst effizient gestaltet und daher zunächst (unter Anwendung der Subtraktionsmethode, bei der nur die Nein-Stimmen und die Enthaltungen effektiv gezählt werden) über den aussichtsreichsten Kandidaten abstimmen lässt. Falls sich so ermitteln lässt, dass der Kandidat die erforderliche Mehrheit erzielt, ist eine Abstimmung über einen oder mehrere weitere Kandidaten nur dann  erforderlich, wenn die Wahl eines Minderheitsvertreters nach § 87 Abs. 4 AktG in Betracht kommt.

In diesem Sinn ist auch § 128 Abs. 1 Z 4 AktG zu verstehen, demzufolge der Vorsitzende die „für jeden Wahlkandidaten abgegebenen Stimmen sowie der Gegenstimmen“ zu verkünden hat: Damit sind nicht alle, sondern nur die Kandidaten gemeint, die tatsächlich in die Abstimmung einbezogen wurden (arg. „abgegebenen Stimmen“).

Zu Artikel 1 Z 37 (§ 106 AktG):

Nach dem vorgeschlagenen § 106 Z 9 AktG ist in der Einberufung einer börsenotierten Gesellschaft unter anderem „die Anzahl der Stimmrechte zum Zeitpunkt der Einberufung“ anzugeben. Diese Angabe wird von der Aktionärsrechterichtlinie (Art. 5 Abs. 4 lit. b) zwingend verlangt.

Der Justizausschuss vertritt dazu die Ansicht, dass unter dem „Zeitpunkt der Einberufung“ nicht der Zeitpunkt zu verstehen ist, zu dem die Einberufung veröffentlicht wird, sondern der – notwendigerweise um einige Tage frühere – Zeitpunkt, zu dem die Einberufung von der Gesellschaft (in der Regel vom Vorstand) verfasst wird, weil nach dem anerkannten Grundsatz „Nemo ultra posse tenetur“ von der Gesellschaft nichts faktisch Unmögliches verlangt werden kann. Daraus folgt, dass allfällige Schwankungen der Anzahl der Stimmrechte zwischen dem Zeitpunkt des Verfassens der Einberufung und deren Veröffentlichung im Text der Einberufung nicht berücksichtigt werden können.“

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Franz Glaser gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2009 06 30

                                   Franz Glaser                                                         Mag. Heribert Donnerbauer

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann