Bundesgesetz, mit dem das Sicherheitspolizeigesetz geändert und ein Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung erlassen wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Inhaltsverzeichnis

Artikel 1 Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

Artikel 2 Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur                                                          Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung

Artikel 1

Änderung des Sicherheitspolizeigesetzes

Das Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 40/2009, wird wie folgt geändert:

1. In § 6 Abs. 1 zweiter Satz wird nach dem Wort „Sicherheit“ die Wendung „sowie des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung“ eingefügt.

2. § 6 Abs. 2 lautet:

„(2) Die dem Bundesminister für Inneres beigegebenen oder zugeteilten Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes versehen für den Bundesminister für Inneres Exekutivdienst.“

3. In § 38a SPG wird in den Absätzen 3 bis 7 jeweils das Zitat „§ 382b EO“ durch das Zitat „§§ 382b und 382e EO“ ersetzt.“

4. Dem § 93 wird in Abs. 2 nach dem zweiten Satz folgender dritter Satz eingefügt:

„Des Weiteren enthält der Sicherheitsbericht einen Bericht über die Tätigkeiten und Wahrnehmungen des Bundesamtes zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung.“

5. Dem § 94 wird folgender Abs. 26 angefügt:

„(26) § 6 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2009 tritt mit 1. Jänner 2010 in Kraft. § 38a Abs. 3 bis 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2009 tritt mit Ablauf des Tages der Kundmachung in Kraft. § 93 Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. XX/2009 tritt mit 1. Jänner 2011 in Kraft.“

Artikel 2

Bundesgesetz über die Einrichtung und Organisation des Bundesamts zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung

Einrichtung

§ 1. Zur wirksamen bundesweiten Vorbeugung, Verhinderung und Bekämpfung von Korruption, insbesondere zur Zusammenarbeit mit der Zentralen Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Korruption (Korruptionsstaatsanwaltschaft – KStA), sowie zur Wahrnehmung zentraler Funktionen im Bereich der sicherheits- und kriminalpolizeilichen Zusammenarbeit mit in diesem Bereich tätigen ausländischen und internationalen Einrichtungen besteht als organisatorisch außerhalb der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit eingerichtete Organisationseinheit des Bundesministeriums für Inneres für das gesamte Bundesgebiet das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung [§ 6 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991].

Organisation

§ 2. (1) Dem Bundesamt steht ein Direktor vor. Im Fall seiner Verhinderung sind die Aufgaben von seinem Stellvertreter wahrzunehmen.

(2) Der Direktor und sein Stellvertreter werden vom Bundesminister für Inneres nach Anhörung der Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes für eine Funktionsperiode von fünf Jahren bestellt. Wiederbestellungen sind zulässig.

(3) Zum Direktor oder Stellvertreter kann nur bestellt werden, wer besondere Kenntnisse und nationale und internationale Erfahrungen auf dem Gebiet der Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung aufweist. Darüber hinaus kann zum Direktor nur bestellt werden, wer mindestens fünf Jahre in einem Beruf tätig gewesen ist, in dem der Abschluss des Studiums der Rechtswissenschaften oder Wirtschaftswissenschaften Berufsvoraussetzung ist, und zum Stellvertreter, wer mindestens drei Jahre in einem solchen Beruf tätig gewesen ist.

(4) Als Direktor oder Stellvertreter kann nicht bestellt werden, wer Mitglied der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines allgemeinen Vertretungskörpers ist oder in den letzten sechs Jahren eine dieser Funktionen bekleidet hat.

(5) Bei der Betrauung der übrigen Bediensteten des Bundesamts ist auf die für ihre Aufgaben erforderlichen, rechtlichen und sonstigen Kenntnisse, Fähigkeiten und Eignungen für die konkrete Verwendung sowie auf hinreichende Erfahrungen im Tätigkeitsbereich Bedacht zu nehmen. Vor der Betrauung sind der Direktor und sein Stellvertreter zu hören.

(6) Dem Direktor und dem Stellvertreter ist die Ausübung jeder entgeltlichen Nebenbeschäftigung mit Ausnahme von Publikationen und Tätigkeiten im Bereich der Lehre untersagt.

Geschäftsordnung des Bundesamts

§ 3. Der Direktor hat festzulegen, wem die Genehmigung von Entscheidungen im Rahmen der Geschäftseinteilung zukommt, in welchen Angelegenheiten ihm die Genehmigung vorbehalten ist und wem die Genehmigung im Fall von Verhinderungen obliegt (Geschäftsordnung).

Aufgaben

§ 4. (1) Das Bundesamt ist bundesweit für sicherheits- und kriminalpolizeiliche Angelegenheiten wegen folgender strafbarer Handlungen zuständig:

           1. Missbrauch der Amtsgewalt (§ 302 des Strafgesetzbuches - StGB, BGBl. Nr. 60/1974),

           2. Bestechlichkeit (§ 304 StGB),

           3. Abgeordnetenbestechung (§ 304a StGB),

           4. Vorteilsannahme (§ 305 StGB),

           5. Vorbereitung der Bestechlichkeit (§ 306 StGB),

           6. Bestechung (§ 307 StGB),

           7. Vorteilszuwendung (§ 307a StGB),

           8. Vorbereitung der Bestechung oder der Vorteilsannahme (§ 307b StGB),

           9. Verbotene Intervention (§ 308 StGB),

         10. Untreue unter Ausnützung einer Amtsstellung oder unter Beteiligung eines Amtsträgers (§§ 153 Abs. 2 zweiter Fall, 313 oder in Verbindung mit § 74 Abs. 1 Z 4a StGB),

         11. Geschenkannahme durch Machthaber (§ 153a StGB),

         12. Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren (§ 168b StGB) und Schwerer Betrug (§ 147 StGB) sowie Gewerbsmäßiger Betrug (§ 148 StGB) auf Grund einer solchen Absprache,

         13. Geschenkannahme durch Bedienstete oder Beauftragte (§ 168c Abs. 2 StGB),

         14. Geldwäscherei (§ 165 StGB), soweit die Vermögensbestandteile aus einem in Z 1 bis Z 10, Z 12 zweiter und dritter Fall und Z 13 genannten Vergehen oder Verbrechen herrühren, Kriminelle Vereinigung oder Kriminelle Organisation (§§ 278 und 278a StGB), soweit die Vereinigung oder Organisation auf die Begehung der in Z 1 bis Z 10 genannten Vergehen oder Verbrechen ausgerichtet ist,

         15. strafbare Handlungen nach dem StGB sowie nach den strafrechtlichen Nebengesetzen, soweit diese mit Z 1 bis 14 in Zusammenhang stehen und soweit diese über schriftlichen Auftrag eines Gerichtes oder einer Staatsanwaltschaft vom Bundesamt zu verfolgen sind,

         16. strafbare Handlungen nach dem StGB sowie nach den strafrechtlichen Nebengesetzen von öffentlich Bediensteten aus dem Ressortbereich des Bundesministeriums für Inneres, soweit diese über schriftlichen Auftrag eines Gerichtes oder einer Staatsanwaltschaft vom Bundesamt zu verfolgen sind.

In den Fällen der Z 11 bis 14 kommt eine Zuständigkeit des Bundesamtes nur dann in Betracht, wenn die genannten Straftaten gemäß § 28 Abs. 1 2. Satz StGB für die Bestimmung der Strafhöhe maßgeblich sind.

(2) Das Bundesamt ist für Ermittlungen im Rahmen der internationalen polizeilichen Kooperation und Amtshilfe oder zur Zusammenarbeit mit den zuständigen Einrichtungen der Europäischen Union sowie mit den Ermittlungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union in den im Abs. 1 genannten Fällen zuständig. Das Bundesamt ist in Angelegenheiten des Abs. 1 Z 1 bis 14 im Hinblick auf die internationale polizeiliche Kooperation der zentrale nationale Ansprechpartner gegenüber OLAF, Interpol, Europol sowie anderen vergleichbaren internationalen Einrichtungen. § 4 Abs. 1 Bundeskriminalamt-Gesetz, BGBl. I Nr. 22/2002, bleibt unberührt.

(3) Das Bundesamt hat im Rahmen der Analyse von Korruptionsphänomenen Erkenntnisse über deren Vorbeugung, Verhinderung und Bekämpfung zu erstellen und diese in geeignete Präventionsmaßnahmen umzusetzen.

Meldestelle

§ 5. Die Sicherheitsbehörden oder -dienststellen, die von einer Straftat im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 bis 16 Kenntnis erlangen, haben diese unbeschadet ihrer  Berichtspflichten nach der Strafprozessordnung 1975 - StPO, BGBl. Nr. 631/1975, unverzüglich schriftlich dem Bundesamt zu berichten (Meldepflicht). Kein Bundesbediensteter darf davon abgehalten werden, einen Verdacht oder Vorwurf im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 bis 16 auch direkt und außerhalb des Dienstweges an das Bundesamt zu melden (Melderecht).

Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Dienststellen

§ 6. (1) Unbeschadet der Meldepflicht nach § 5 haben die Sicherheitsbehörden oder Sicherheitsdienststellen unaufschiebbare Ermittlungshandlungen, etwa zur Verhinderung eines drohenden Beweismittelverlustes, selbständig vorzunehmen, es sei denn das Bundesamt oder die KStA (§ 20a Abs. 2 StPO) trifft eine abweichende Anordnung.

(2) Das Bundesamt kann aus Zweckmäßigkeitsgründen andere Sicherheitsbehörden und -dienst-stellen mit der Durchführung einzelner Ermittlungen beauftragen. Auch kann es anordnen, dass ihm die beauftragte Stelle direkt über den Fortgang einer Angelegenheit laufend oder zu bestimmten Zeitpunkten zu berichten hat.

(3) Das Bundesamt kann die Durchführung von Ermittlungen an andere zuständige Sicherheitsbehörden und –dienststellen übertragen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse wegen der Bedeutung der Straftat oder der Person, gegen die ermittelt wird, nicht besteht. Von der Übertragung ist die zuständige Staatsanwaltschaft zu verständigen.

Weisungen

§ 7. Weisungen an das Bundesamt zur Sachbehandlung in einem bestimmten Verfahren sind schriftlich zu erteilen und zu begründen. Eine aus besonderen Gründen, insbesondere wegen Gefahr im Verzug, vorerst erteilte mündliche Weisung ist unverzüglich schriftlich nachzureichen.

Rechtsschutzkommission

§ 8. (1) Zur Wahrnehmung des besonderen Rechtsschutzes im Hinblick auf Sachverhalte im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Bundesamtes wird beim Bundesminister für Inneres eine Rechtsschutzkommission bestehend aus dem Rechtsschutzbeauftragten nach § 91a SPG und zwei weiteren Mitgliedern eingerichtet.

(2) Die weiteren Mitglieder nach Abs. 1 werden vom Bundespräsidenten auf Vorschlag der Bundesregierung nach Anhörung der Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes, des Verwaltungsgerichtshofes und des Obersten Gerichtshofes für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Wiederbestellungen sind zulässig.

(3) Zum weiteren Mitglied nach Abs. 1 darf nicht bestellt werden, wer in den letzten zwölf Jahren Direktor oder Stellvertreter des Bundesamtes war. Darüber hinaus gelten die in § 91b Abs. 1 SPG vorgesehenen Unvereinbarkeiten auch bei ihrer Bestellung.

(4) Die Bestellung zum weiteren Mitglied erlischt bei Verzicht, im Todesfall oder mit Wirksamkeit der Neu- oder Wiederbestellung.

(5) Zur Bewältigung der administrativen Tätigkeiten der Rechtsschutzkommission hat der Bundesminister für Inneres die notwendige Sach- und Personalausstattung bereitzustellen.

(6) Die Mitglieder der Rechtsschutzkommission haben Anspruch auf eine dem Zeit- und Arbeitsaufwand entsprechende Vergütung, deren Pauschalsätze sich nach der Rechtsschutzbeauftragten-Entschädigungsverordnung, BGBl. II Nr. 427/2000, bemessen.

Aufgaben und Rechte der Rechtsschutzkommission

§ 9. (1) Die Kommission hat ihr zur Kenntnis gebrachten, nicht offenkundig unbegründeten Vorwürfen gegen die Tätigkeit des Bundesamtes nach zu gehen, soweit den Betroffenen kein Rechtsmittel zur Verfügung steht.

(2) Die Mitglieder der Rechtsschutzkommission sind bei der Besorgung ihrer Aufgaben unabhängig und an keine Weisungen gebunden. Sie unterliegen der Amtsverschwiegenheit.

(3) Das Bundesamt hat der Rechtsschutzkommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben jederzeit Einblick in alle erforderlichen Unterlagen und Aufzeichnungen zu gewähren und ihr auf Verlangen Abschriften (Ablichtungen) einzelner Aktenstücke unentgeltlich zu erteilen; insofern kann ihr gegenüber keine Amtsverschwiegenheit geltend gemacht werden. Dies gilt jedoch nicht für Auskünfte und Unterlagen über die Identität von Personen oder über Quellen, deren Bekanntwerden die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Menschen gefährden würde, und für Abschriften (Ablichtungen), wenn das Bekanntwerden der Information die nationale Sicherheit oder die Sicherheit von Menschen gefährden würde.

(4) Über ihre Prüfungen kann die Rechtsschutzkommission jederzeit dem Bundesminister für Inneres und, soweit es ihr geboten erscheint, der Öffentlichkeit berichten. Überdies kann die Rechtsschutzkommission Empfehlungen an den Bundesminister für Inneres sowie an den Direktor richten.

(5) Die Rechtsschutzkommission erstattet dem Bundesminister für Inneres jährlich bis spätestens 30. April des Folgejahres einen Bericht über ihre Aufgabenwahrnehmung. Diesen Bericht hat der Bundesminister für Inneres dem ständigen Unterausschuss des Ausschusses für innere Angelegenheiten zur Überprüfung von Maßnahmen zum Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihrer Handlungsfähigkeit auf dessen Verlangen im Rahmen des Auskunfts- und Einsichtsrechtes nach Art. 52a Abs. 2 B-VG zugänglich zu machen.

(6) Die Rechtsschutzkommission erfüllt weder Aufgaben der Sicherheits- oder Kriminalpolizei noch ist sie Dienst- oder Disziplinarbehörde. Sie hat entsprechende Sachverhalte den zuständigen Stellen anzuzeigen.

Personalvertretung

§ 10.Die Personalvertretungsagenden für das Bundesamt werden von der zentralen Personalvertretung des Bundesministeriums für Inneres wahrgenommen.

Verweisungen

§ 11. Verweisungen in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze sind als Verweisungen auf die jeweils geltende Fassung zu verstehen.

Sprachliche Gleichbehandlung

§ 12. Soweit in diesem Bundesgesetz auf natürliche Personen bezogene Bezeichnungen nur in männlicher Form angeführt sind, beziehen sie sich auf Frauen und Männer in gleicher Weise. Bei der Anwendung der Bezeichnungen auf bestimmte natürliche Personen ist die geschlechtsspezifische Form zu verwenden.

Inkrafttreten

§ 13. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2010 in Kraft.

Verordnungen

§ 14. Verordnungen können auf Grund dieses Bundesgesetzes bereits nach seiner Kundmachung erlassen werden, dürfen jedoch nicht vor diesem in Kraft treten.

Vollziehung

§ 15. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Inneres betraut.