345 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Unterrichtsausschusses

über die Regierungsvorlage (292 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Schulunterrichtsgesetz geändert wird

Die derzeitige Form der Reifeprüfung ist ausschließlich standortbezogen und trägt der zunehmenden Kompetenzorientierung im Schulwesen (Bildungsstandards) sowie internationalen Entwicklungen in Richtung (teil)standardisierter Prüfungsformen nicht in ausreichendem Maße Rechnung. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf soll daher die Reifeprüfung für die verschiedenen Schularten unterschiedlich aufbauend auf kompetenzorientierte Aufgabenstellungen sowie standardisierte und teilzentrale Prüfungsformen umgestellt werden.

Die Einführung einer standardisierten kompetenzorientierten Reifeprüfung mit zentralen und schulspezifischen Elementen unter Berücksichtigung schulautonomer pädagogischer Schwerpunkte ist gemäß dem Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, Abschnitt Bildung, beginnend mit der AHS für alle Schularten zu entwickeln. Im Bereich der berufsbildenden höheren Schulen und der höheren Anstalten der Lehrer- und der Erzieherbildung sollen derartige Modelle der teilzentralen Reifeprüfung ab dem Schuljahr 2010/11 erprobt und mit dem Schuljahr 2014/15 in das Regelschulwesen übergeführt werden. Dabei sind höchstmögliche Transparenz, Objektivität und Vergleichbarkeit für die Aussagekraft von österreichischen Abschluss-, Reife-, Reife- und Diplom- sowie Diplomprüfungszeugnissen von besonderer Bedeutung. Bereits die Verankerung von Bildungsstandards in § 17 des Schulunterrichtsgesetzes verfolgt das Ziel eines kompetenz- und ergebnisorientierten Unterrichts. Um die Aussagekraft von abschließenden Prüfungen als Dokumentation des Ergebnisses mehrjährigen Unterrichts zu erhöhen, sollen gemäß dem genannten Regierungsprogramm neben standortbezogenen Elementen auch zentrale Elemente in die Reifeprüfung Eingang finden.

Wie bei den Bildungsstandards sollen die zentralen Aufgabenstellungen bei den abschließenden Prüfungen zu einer stärkeren und nachhaltigeren Ergebnisorientierung in der Planung und Durchführung von Unterricht führen, konkrete Vergleichsmaßstäbe für die erreichten Leistungen der Schülerinnen und Schüler in der Diagnostik bieten sowie die Qualitätsentwicklung in der Schule und im Bildungswesen insgesamt unterstützen. Zentrale Aufgabenstellungen liefern zudem einen Vergleichsmaßstab, an dem aufgezeigt werden kann, in welchem Ausmaß es einer Schule gelingt, die Schülerinnen und Schüler mit (fach)spezifischen Kompetenzen auszustatten.

Die Ergebnisse der Schülerleistungen im Rahmen der teilzentralen Reifeprüfungen werden ebenso wie diese selbst zum Zwecke eines kontinuierlichen nationalen Bildungsmonitorings vom Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesen (BIFIE) zusammengefasst, analysiert und den Verantwortlichen für das Schulsystem berichtet. Daraus gewonnene Erkenntnisse sollen die Basis für Steuerungsentscheidungen im Bildungswesen bilden.

Die Neukonzeption der Reifeprüfungsbestimmungen für allgemein bildende höhere Schulen trägt mit den drei voneinander unabhängigen Säulen (verpflichtende vorwissenschaftliche Arbeit mit Präsentation, standardisierte schriftliche Klausurprüfung, standortbezogene mündliche Prüfung) auch den Anforderungen nach Erhöhung der Studierfähigkeit, Standardisierung und Kompetenzorientierung sowie der Wahrung von standortbezogenen Spezifizierungen und schulautonomen Profilbildungen Rechnung.

Das gegenständliche Vorhaben verursacht durch die Entwicklung, Erprobung und Einführung von standardisierten Aufgabenstellungen bei den schriftlichen Klausurarbeiten im Wesentlichen zwei Kostenbereiche, nämlich Entwicklungskosten bis 2013 und laufende jährliche Kosten ab 2014 für die Abwicklung der schriftlichen Reifeprüfung. Die operativen Arbeiten hinsichtlich der Entwicklung werden im Auftrag des BMUKK vom BIFIE abgewickelt und die dafür erforderlichen Budgetmittel werden über die gesetzliche Basiszuwendung des BIFIE bzw. über § 2 Abs. 3 – Gelder bereitgestellt. Das erforderliche Gesamtvolumen für den genannten Zeitraum beträgt ca. 13,7 Mio. € (2009: 2,5; 2010: 2,5; 2011: 2,7; 2012: 2,9; 2013: 3,1). Die laufenden jährlichen Ausgaben zur Durchführung der Reifeprüfungen ab 2014 setzen sich aus mehreren Teilbereichen zusammen: der regelmäßigen Erneuerung der Prüfungsaufgabenpools, der Infrastruktur und einem Logistikzentrum, dem Verfahrens- und Ergebnismonitoring sowie der Fort- und Weiterbildung für LehrerInnen. Weiters werden ab 2014 – so wie bisher – laufende jährliche Kosten für Prüfungstaxen und Abgeltungen für die Lehrkräfte anfallen. Keinesfalls wird es aber in diesem Bereich durch die geänderte neue Form der Reifeprüfung zu Mehrausgaben gegenüber dem Status-Quo kommen.

Der Unterrichtsausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 6. Oktober 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Elmar Mayer die Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Katharina Cortolezis-Schlager, Anneliese Kitzmüller, Ursula Haubner, Dr. Harald Walser, Hermann Gahr, Dieter Brosz, Franz Riepl, Anna Franz, Edith Mühlberghuber, Ewald Sacher, Mag. Helene Jarmer, Mag. Rosa Lohfeyer, Stefan Markowitz sowie die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur Dr. Claudia Schmied und der Ausschussobmann Abgeordneter Dr. Walter Rosenkranz.

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Zu Z 1 (bezüglich des neuen § 42j):

Im 25. Ministerrat wurde eine Protokollanmerkung formuliert, die die Einrichtung einer Bundes-Reifeprüfungskommission vorsieht.

,Die Bundesregierung stellt weiters fest, dass im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur eine beratende Bundes-Reifeprüfungs-Kommission eingerichtet wird, welche die Begleitung und Evaluierung aller zentralen Elemente der neuen Reifeprüfung zur Aufgabe hat.

Die Kommission soll

-       aus der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur oder einem(r) von ihr namhaft zu machendem(r) Vertreter(in) als Vorsitzende(r),

-       aus alternierend je zwei amtsführenden PräsidentInnen der Landesschulräte,

-       aus drei FachdidaktikerInnen aus dem Universitätsbereich. Die Entsendung erfolgt durch das BMUKK im Einvernehmen mit dem BMWF,

-       aus einem Vertreter der Universitätskonferenz,

-       aus je einem von der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur und vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung zu nominierenden Mitglied,

-       aus je einem Vertreter der Zentralausschüsse für AHS und BMHS,

-       aus einer / einem von der Bundesschülervertretung zu nominierenden VertreterIn und

-       aus einer / einem vom Elternbeirat im BMUKK zu nominierenden VertreterIn

bestehen.’

Die Bundes-Reifeprüfungskommission soll ,alle zentralen Elemente der neuen Reifeprüfung’ begleitend evaluieren und die Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur bezüglich etwaiger Verbesserungspotenziale in der Abwicklung der teilzentralen Reifeprüfung beraten. Sie wird sich dabei im Wesentlichen auf die Auswertungen und Evaluierungsergebnisse des BIFIE beziehen, das – wie mit der in parlamentarischer Behandlung stehenden Änderung zum BIFIE-Gesetz 2008 vorgeschlagen – den operativen Aufgabenbereich der Entwicklung, Implementierung, Auswertung und begleitenden Evaluierung der teilzentralen Reifeprüfung abdecken soll. Die Bundes-Reifeprüfungskommission fungiert als Qualitätssicherungsgremium, das die Ressortleitung vor allem in strategischer Hinsicht sowie im Hinblick auf die Terminfestsetzung berät.

Die Bundes-Reifeprüfungskommission ist so zusammengesetzt, dass die Expertise aus den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Forschung und Fachdidaktik vertreten sind. Weiters sind im Sinne der Mitwirkung der Personalvertretung und der Schulpartnerschaft Vertreterinnen und Vertreter der Lehrer, der Erziehungsberechtigten und der Schülerinnen und Schüler miteinbezogen. Die Bundes-Reifeprüfungskommission hat sich selbst eine Geschäftsordnung zu geben, die die wesentlichen Regelungen zur Geschäftsführung enthält.

Zu Z 2 (bezüglich § 82 Abs. 5o):

Der neue § 42j wird in der Inkrafttretens-Bestimmung des § 82 Abs. 5o aufgenommen und tritt wie der Abschnitt 8a. Abschnitt am 1. September 2013 in Kraft. Die Positionierung im Abschnitt 8a – der ja derzeit nur für die allgemein bildenden höheren Schulen gilt – ist damit begründet, dass das Schulunterrichtsgesetz vor Einführung der teilzentralen Reifeprüfung für die berufsbildenden höheren Schulen ohnehin geändert werden muss und die Bundes-Reifeprüfungskommission bei dieser Gelegenheit neu im Gesetz positioniert werden kann, so dass sie beide Schularten mitumfasst.“

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen in getrennter Abstimmung mit wechselnden Mehrheiten angenommen.

Ein von den Abgeordneten Elmar Mayer, Werner Amon, MBA, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Qualitätssicherung und Berichterstattung zur neuen Reifeprüfung wurde einstimmig beschlossen. Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Ab dem Schuljahr 2013/2014 soll die Reifeprüfung mit zentralen Elementen an der AHS, ab dem Schuljahr 2014/2015 auch an der BHS durchgeführt werden. Nach den Bestimmungen des Abschnitts 8a. sollen die standardisierten Teile der Reifeprüfung ein gemeinsames Kompetenzniveau der Absolventinnen und Absolventen in allen Formen der AHS sicherstellen. Die Klausurarbeiten finden zu zentral festgelegten Terminen statt.

Die teilzentrale Reifeprüfung wird vom BIFIE begleitend evaluiert, die strategische Beratung zur Abwicklung der Reifeprüfung soll durch die Bundes-Reifeprüfungskommission erfolgen.

Die Reifeprüfung stellt für junge Menschen eine essentielle Qualifikation und einen großen Schritt in der individuellen Bildungslaufbahn dar. Die Abwicklung von Elementen der Reifeprüfung in zentraler Form ist mit einem Systemwechsel verbunden, der den Absolventinnen und Absolventen in ihrer weiteren Bildungs- und Berufslaufbahn von Vorteil sein soll. Es wird daher als notwendig erachtet, den Nationalrat über die Evaluierungsergebnisse der neu konzipierten Reifeprüfung regelmäßig in Kenntnis zu setzen.“

Ferner beschloss der Unterrichtsausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:

„Der Unterrichtsausschuss stellt fest, dass die Reifeprüfungsverordnung für die allgemein bildenden höheren Schulen zur teilzentralen Reifeprüfung folgende Eckdaten beinhaltet:

         -      Die Hauptprüfung besteht aus einer vorwissenschaftlichen Arbeit, einer Klausurprüfung und einer mündlichen Prüfung. Die Klausurprüfung umfasst je nach Wahl der Kandidatin bzw. des Kandidaten drei bzw. vier schriftliche Klausurarbeiten, die mündliche Prüfung drei bzw. zwei mündliche Teilprüfungen.

         -      Die vorwissenschaftliche Arbeit umfasst 4500 bis 6000 Worte und bezieht sich auf einzelne Bereiche des Lehrstoffes, wobei auch weitere fachspezifische Bereiche miteinbezogen werden können. Der Prüfungskandidatin bzw. dem Prüfungskandidaten obliegt grundsätzlich die freie Wahlmöglichkeit der Prüferin bzw. des Prüfers. Die Arbeit ist zu präsentieren. Wird die Arbeit mit ,Nicht Genügend’ beurteilt, ist sie mit einer neuen Aufgabenstellung im nächsten Termin zu wiederholen.

         -      Bei der Wahl von drei Klausurprüfungen sind alle drei aus standardisierten Prüfungsgebieten (Deutsch bzw. Ungarisch, Kroatisch, Slowenisch, Mathematik und lebende Fremdsprache) abzulegen, bei der Wahl von vier Klausurprüfungen überdies eine Klausurarbeit aus nicht standardisierten Prüfungsgebieten oder aus den standardisierten Prüfungsgebieten Latein und Griechisch bzw. einer weiteren zur Auswahl stehenden lebenden Fremdsprache.

         -      Die Beurteilung standardisierter Aufgabenstellungen erfolgt in einem vorgegeben kriteriengeleiteten Beurteilungsverfahren durch die Prüfungskommission. Bei negativer Beurteilung in einem standardisierten Prüfungsgebiet kann eine Kompensationsprüfung abgelegt werden, deren Aufgabenstellung ebenso zentral erstellt wird.

         -      Bei der mündlichen Prüfung hat die Prüfungskandidatin bzw. der Prüfungskandidat einen Themenbereich zu ziehen, wodurch die Objektivität der Aufgabenstellung erhöht wird. Der Prüfer bzw. die Prüferin weist dem Prüfungskandidaten bzw. der Prüfungskandidatin eine Frage zur Beantwortung zu.

         -      Der Prüfungskommission gehört bei Prüfungsgebieten der mündlichen Prüfung ein fachkundiger Beisitzer an, der die jeweilige Fachkompetenz der Kommission erhöht.“

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Elmar Mayer gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Unterrichtsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2009 10 06

                                    Elmar Mayer                                                             Dr. Walter Rosenkranz

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann