458 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Verkehrsausschusses

über das Volksbegehren „Stopp dem Postraub (343 der Beilagen)

 

Die Unterstützer dieses Volksbegehrens haben die Einleitung eines Verfahrens für ein Volksbegehren mit folgendem Wortlaut beantragt:

Stopp dem Postraub-Volksbegehren

Wir fordern:

Aufrechterhaltung der Infrastruktur und dadurch Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Bedingungen für die gesamte Bevölkerung; Novellierung des Postgesetzes und Erhebung in den Verfassungsrang; Fixierung von mindestens 1300 Postfilialen im Postgesetz, welche durch die Post AG zu führen sind; Schaffung von rechtlichen Rahmenbedingungen, die auch nach der Liberalisierung Brief einen fairen Wettbewerb sicher stellen.“

Das Volksbegehren wurde von den Initiatoren wie folgt begründet:

„Durch die gänzliche Liberalisierung des Briefmarktes 2011 (Europäische Postrichtlinie III), in den meisten Staaten Europas, so auch in Österreich, ist es notwendig den Postmarkt neu zu regeln. Den Initiatoren des Volksbegehrens geht es darum, auch in einem liberalisierten Postmarkt einen fairen Wettbewerb und damit die Qualität der Postdienstleistungen auch in ländlichen Regionen und die Arbeitsplätze der Postbediensteten zu erhalten.

Mit dem Postmarkt wird erstmals ein Markt liberalisiert, der nicht wächst. Es ist auch nicht anzunehmen, dass aufgrund der Liberalisierung mehr Briefe versandt werden. Dies bedeutet, dass es nur eine Umverteilung des Marktes gibt. Und hier ist für die gesamte Bevölkerung sicher zu stellen, dass die gleiche Qualität zu den gleichen Bedingungen österreichweit an Postdienstleistungen zur Verfügung steht.

Dies kann nur mit einem fairen Postmarktgesetz, welches den Marktzugang regelt, sichergestellt werden. Da dieses Thema alle Österreicher gleichermaßen betrifft, erscheint uns die Beschlussfassung des Postmarktgesetzes als Verfassungsgesetz mehr als gerechtfertigt. Eine Verordnung (Universaldienstverordnung) erscheint uns als viel zu schwache Regelung.

Eine klare Regelung über den Zugang zum Postmarkt muss durch einen Regulator genau überprüft werden. Ein Lizenzverfahren mit genauer Qualitätskontrolle ist gefordert. Finnland und Belgien haben hier bereits Vorschläge unterbreitet.

Als Postdienstleistungen sehen wir die Abholung, Annahme, Sortierung, Weiterleitung und die Abgabe von Sendungen bis zu einem Gewicht von 2 Kilogramm sowie die Sonderbehandlung Einschreiben und Wertversand. Da auch die Annahme für die Kunden die gleiche hohe Qualität haben muss, sind die Standorte (Postfilialen), welche die Österreichische Post AG mit eigenem Personal zu betreiben hat, mit 1300 zu fixieren. Diese 1300 Postfilialen sind an Werktagen täglich von Montag bis Freitag zu öffnen. Aufgrund spezifischer örtlicher Erfordernisse und der daraus resultierenden Bedürfnisse der Kunden sind die Öffnungszeiten auf Samstage, Sonn- und Feiertage oder auf Abendöffnungszeiten auszuweiten. Die wöchentliche Öffnungszeit darf, bezogen auf eine Fünftagewoche, 35 Stunden nicht unterschreiten. Auch andere Postunternehmen (Italien, Frankreich) haben ein vergleichsweise großes Netz, welches mit eigenem Personal betriebswirtschaftlich hervorragend geführt wird. Postpartner sind keine gleichwertige Alternative. 1000 Postämter wurden bereits geschlossen. Eine weitere Reduzierung der Standorte bedeutet eine Vernichtung von Staatsvermögen und schadet dem gesamten Unternehmen. Die Österreichische Post AG weist sehr hohe Gewinne aus (auch im Filialnetz), daher ist diese Negativstrategie nicht nachvollziehbar.

Weiters fordern wir, die Produkte des Filialnetzes zukünftig auch wieder über die Zustellschiene anzubieten. Die Österreichische Post AG verfügt über sehr gut ausgebildete Zusteller, welche nicht in den Verkaufsprozess miteingebunden werden. Auch diese Serviceleistung muss der Bevölkerung in Zukunft zur Verfügung stehen.

Daraus ergibt sich auch, dass die Zustelldienste nicht ausgelagert werden dürfen, sondern ebenfalls mit eigenem Personal zu verrichten sind. Eine neu zu verhandelnde Dienstordnung für neue Postbedienstete wäre wünschenswert.

Dieses Postgesetz muss sicherstellen, dass das Vertrauen der Bevölkerung in Postdienste durch die Aufrechterhaltung der Qualität auch weiterhin gegeben ist. Durch Scheinselbstständige, atypisch Beschäftigte usw. darf ein seit Jahrzehnten gewachsenes, gesundes System nicht gefährdet werden.

Daher fordern wir ein Postmarktgesetz im Verfassungsrang, welches den Postmarkt auch die nächsten Jahrzehnte fair regelt, den Zugang der Bevölkerung zu gleichen Bedingungen sicher stellt und damit auch möglichst viele hochwertige Arbeitsplätze in dieser Sparte sichert.

Das bedeutet unter anderem, dass Briefsendungen von Montag bis Freitag, ausgenommen Feiertag, täglich zuzustellen sind. Dabei sind mindestens 95 Prozent der Briefsendungen am nächsten Werktag nach Auslieferung österreichweit zuzustellen. Jeder Anbieter von Postdienstleistungen muss die Abholung, Annahme, Sortierung, Weiterleitung und die Abgabe von Sendungen im gesamten Bundesgebiet Österreich zu gleichen Preisen anbieten und sicherstellen.“

Das Volksbegehren wurde von 140.582 Stimmberechtigten unterstützt (Anzahl der gültigen Eintragungen inkl. Unterstützungserklärungen).

Der Verkehrsausschuss hat das gegenständliche Volksbegehren in seiner Sitzung am 10November 2009 in Verhandlung genommen. Im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Abgeordneten Johann Singer ergriffen in der Debatte der Zustellungsbevollmächtigte des Volksbegehrens, Manfred Wiedner und der Stellvertreter des Zustellungsbevollmächtigten Andreas Schieder sowie die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Johann Rädler, Christoph Hagen, Harald Vilimsky, Dipl.-Ing. Gerhard Deimek, Dr. Ferdinand Maier, Gabriele Binder-Maier, Johann Hell, Mag. Christiane Brunner, Josef Jury, DDr. Werner Königshofer, Ing. Hermann Schultes, Dr. Günther Kräuter, Ing. Mag. Hubert Kuzdas und die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie Doris Bures das Wort.

Ferner beschloss der Verkehrsausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:

„Das Volksbegehren ,Stopp dem Postraub’, das 140.582 gültige Eintragungen und Unterstützungserklärungen erhalten hat, hat die Aufrechterhaltung der Infrastruktur und dadurch die Sicherung von Postdienstleistungen zu gleichen Bedingungen für die gesamte Bevölkerung zum Ziel.

Auch die dem Verkehrsausschuss vorliegende Regierungsvorlage verfolgt diese Ziele und beinhaltet die flächendeckende Grundversorgung der österreichischen Bevölkerung mit Postdienstleistungen.

Ab 2011 wird der Postmarkt in Folge einer europäischen Richtlinie in Österreich vollständig liberalisiert. Es werden daher - wie ebenfalls im Volksbegehren gefordert - die rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, die auch nach der Liberalisierung einen fairen Wettbewerb sicher stellen.

Die Österreichische Post Aktiengesellschaft ist ein erfolgreiches, börsenotiertes Unternehmen und wird dann noch stärker im freien Wettbewerb mit privaten Anbietern stehen. Daher muss das neue Postmarktgesetz die notwendigen Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass das Unternehmen auf diesem künftig freien Markt in einer Konkurrenzsituation bestehen kann. Aus grundsätzlichen wirtschaftspolitischen Überlegungen ist daher eine Erhebung in den Verfassungsrang oder eine gesetzliche Verpflichtung des Unternehmens, jedenfalls 1300 Postfilialen zu führen, nicht zweckmäßig.

Das neue Postmarktgesetz soll die zu erbringende Dienstleistung und eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung mit Postdienstleistungen durch einen anderen rechtstechnischen Zugang gewährleisten: Die flächendeckende Versorgungsgarantie wird durch die Mindestanzahl von 1.650 Post-Geschäftsstellen, die das Gesetz vorschreibt, sichergestellt.

Der Verkehrsausschuss geht im Sinne des Volksbegehrens davon aus,


dass es auch im unternehmerischen Interesse der Österreichischen Post Aktiengesellschaft gelegen ist, langfristig das richtige Angebot am richtigen Ort vorzuweisen und

-       dass hinsichtlich der Postgeschäftsstellen ein adäquates Verhältnis von Postfilialen und Postpartnern bestehen bleibt,

-       dass auch im Sinne eines unternehmerischen Erfolgs Dienstleistungen im Interesse von Konsumenten und Bediensteten marktgerecht erhalten bleiben und

-       durch den Einsatz von Postpartnern an jenen Standorten, an denen ein eigenbetriebenes Postamt nicht mehr kostendeckend zu führen ist, die Servicequalität für die Bevölkerung ungeschmälert aufrechterhalten wird oder sogar noch ausgebaut werden kann.

Die Versorgung der Bevölkerung mit Postdienstleistungen – insbesondere auch in ländlichen Gebieten – ist mit der Regierungsvorlage 319 d.B. garantiert.

Weiters stellt der Verkehrsausschuss fest, dass das neue Postmarktgesetz der Österreichischen Post Aktiengesellschaft erstmals vorschreibt, dass bei Ausfall einer Post-Geschäftsstelle (eines Postpartners) diese so ersetzt werden muss, dass die Versorgungssicherheit durch den Einsatz einer anderen Post-Geschäftsstelle im Sinne des § 7 gewährleistet ist.“

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Johann Singer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verkehrsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2009 11 10

                                  Johann Singer                                                                     Anton Heinzl

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann