Vorblatt

Problem:

Im Zuge der B-VG-Novelle BGBl. I Nr. 2/2008 wurden durch die Einfügung der Art. 120a, 120b und 120c B-VG Regelungen über die sonstige Selbstverwaltung in das B-VG aufgenommen. Der neue Art. 120b Abs. 2 B-VG bringt einen Handlungsbedarf des Bundesgesetzgebers mit sich. Art. 120b Abs. 2 B-VG sieht vor, dass den Selbstverwaltungskörpern Aufgaben staatlicher Verwaltung übertragen werden können. Die Gesetze haben derartige Angelegenheiten ausdrücklich als solche des übertragenen Wirkungsbereiches zu bezeichnen und eine Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Verwaltungsorgan vorzusehen.

Eine entsprechende Bezeichnung des übertragenen Wirkungsbereichs und eine ausdrückliche Normierung der Weisungsbindung ist bisher für die von der Gewerbeordnung 1994 den Selbstverwaltungskörpern übertragenen Verwaltungsaufgaben nicht erfolgt.

Das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz sind an die Anforderungen des Art. 120b B-VG insoferne anzupassen, als aufgrund dieser Verfassungsbestimmung eine explizite Weisungsbindung für die Besorgung der Aufgaben im übertragenen Wirkungsbereich vorzusehen ist.

Ziel:

Anpassung der Gewerbeordnung 1994, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes an die Erfordernisse des Art. 120b B-VG.

Inhalt /Problemlösung:

Änderung der Gewerbeordnung 1994: Bezeichnung der von der Gewerbeordnung 1994 den Selbstverwaltungskörpern übertragenen Verwaltungsaufgaben als solche des übertragenen Wirkungsbereiches und ausdrückliches Vorsehen der Weisungsbindung gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend.

Änderung des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes: Weisungsbindung des Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Besorgung der im übertragenen Wirkungsbereich zu vollziehenden Aufgaben des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend.

Änderung des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes: Weisungsbindung des Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Besorgung der im übertragenen Wirkungsbereich zu vollziehenden Aufgaben des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend.

Alternativen:

Es bestehen keine Alternativen.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Dem Bund und den Ländern werden keine zusätzlichen Kosten erwachsen.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– – Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

         Die Anpassung hat keine Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort Österreich.

– – Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen:

         Es sind keine zusätzlichen Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimavertäglichkeit:

         Keine.

– Auswirkungen in konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

         Keine.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Mit dem vorliegenden Entwurf zur Änderung der Gewerbeordnung 1994, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes wird dem Auftrag des Bundesverfassungsgesetzgebers, die Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches als solche zu bezeichnen und die Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Verwaltungsorgan vorzusehen (Art. 120b Abs. 2 B-VG), entsprochen.

Inhalt:

Eine entsprechende Bezeichnung des übertragenen Wirkungsbereichs und eine ausdrückliche Normierung der Weisungsbindung ist bisher für die von der Gewerbeordnung 1994 den Selbstverwaltungskörpern übertragenen Verwaltungsaufgaben nicht erfolgt. Mit dem vorliegenden Entwurf werden die von der Gewerbeordnung 1994 den Selbstverwaltungskörpern übertragenen Verwaltungsaufgaben als solche des übertragenen Wirkungsbereiches bezeichnet und die Weisungsbindung ausdrücklich vorgesehen.

Das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz und das Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetz sind an die Anforderungen des Art. 120b B-VG insoferne anzupassen, als aufgrund dieser Verfassungsbestimmung eine explizite Weisungsbindung für die Besorgung der Aufgaben im übertragenen Wirkungsbereich vorzusehen ist. Dementsprechend wird mit dem vorliegenden Entwurf ein explizites Weisungsrecht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend in Angelegenheiten des der Kammer der Wirtschaftstreuhänder übertragenen Wirkungsbereiches verankert.

Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Durch den vorliegenden Entwurf zur Änderung der Gewerbeordnung 1994, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes entstehen keine Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmen im Sinne der Standardkostenmodell-Richtlinien, BGBl. II Nr. 278/2009.

Finanzielle Auswirkungen:

Durch den vorliegenden Entwurf zur Änderung der Gewerbeordnung 1994, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes werden dem Bund und den Ländern keine zusätzlichen Kosten erwachsen.

Kompetenzgrundlage:

Der vorliegende Entwurf zur Änderung der Gewerbeordnung 1994, des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes und des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 B-VG, wonach in Gesetzgebung und Vollziehung die ausschließliche Zuständigkeit des Bundes gegeben ist.

Besonderheiten des Normsetzungsverfahrens:

Keine.


Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung der Gewerbeordnung 1994):

Zu § 337 Abs. 1 und 2:

Bei den im § 337 Abs. 2 der Gewerbeordnung festgelegten Aufgaben handelt es sich um solche des übertragenen Wirkungsbereiches, welche nunmehr ausdrücklich als solche bezeichnet werden. Weiters wird eine Weisungsbindung gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend ausdrücklich vorgesehen.

Zu Art. 2 (Änderung des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes):

Zu § 146 Abs. 4:

Der übertragene Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist im § 146 Abs. 3 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes geregelt.

In den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder fallen insbesondere folgende Aufgaben: die öffentliche Bestellung und Anerkennung, die Durchführung von Zulassungsverfahren zu Fachprüfungen, die Durchführung von Fachprüfungen, die Durchführung von Verfahren zur Feststellung der Eigenschaft als Berufsanwärter, die Durchführung von Verfahren, mit denen die Ausübung anderer selbständiger oder unselbständiger Tätigkeiten untersagt wird, die Durchführung von Suspendierungsverfahren, die Durchführung von Widerrufs- und Entziehungsverfahren, die Durchführung von Verfahren zur Genehmigung der Fortführung einer Kanzlei und die Besorgung sonstiger Angelegenheiten, die der Kammer der Wirtschaftstreuhänder durch Gesetze übertragen werden.

Für die Besorgung jener Aufgaben, die in den übertragenen Wirkungsbereich gemäß § 146 Abs. 3 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes fallen, ist gemäß § 148 Abs. 2 Z 1 des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder zuständig.

§ 146 Abs. 4 enthält daher die Weisungsbindung des Präsidenten der Kammer der Wirtschaftstreuhänder bei der Besorgung der im übertragenen Wirkungsbereich zu vollziehenden Aufgaben des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes gegenüber dem Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend.

Zu Art. 3 (Änderung des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes):

Zu § 25d Abs. 3:

Der übertragene Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist im § 25d Abs. 3 des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes bereits geregelt. In Anpassung an die Erfordernisse des Art. 120b B-VG ist darüber hinaus für den übertragenen Wirkungsbereich ein Weisungsrecht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend vorzusehen.


Textgegenüberstellung

Artikel 1

Änderung der Gewerbeordnung

Geltende Fassung

Vorgeschlagene Fassung

§ 337. Die in diesem Bundesgesetz (in den §§ 53, 112 Abs. 3, 113 Abs. 3 bis 5, 123 Abs. 4, 125 Abs. 2, 286, 289 bis 293 und 355) festgelegten Aufgaben der Gemeinde sind mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens solche des eigenen Wirkungsbereiches.

§ 337. (1) Die in diesem Bundesgesetz (in den §§ 53, 112 Abs. 3, 113 Abs. 3 bis 5, 123 Abs. 4, 125 Abs. 2, 286, 289 bis 293 und 355) festgelegten Aufgaben der Gemeinde sind mit Ausnahme der Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens solche des eigenen Wirkungsbereiches.

(2) Die in diesem Bundesgesetz in den §§ 21 Abs. 4 und 5, 22 Abs. 1 und 2, 119 Abs. 5, 350, 351, 352 und 352a Abs. 2 festgelegten Aufgaben von Wirtschaftskammern und Fachorganisationen sowie bei diesen eingerichteten Stellen sind solche des übertragenen Wirkungsbereiches der Organisationen der gewerblichen Wirtschaft. Die jeweils genannten Selbstverwaltungskörper und Stellen sind bei der Besorgung dieser Aufgaben an  die Weisungen des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend gebunden.

Artikel 2

Änderung des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes

Geltende Fassung

Vorgeschlagene Fassung

§ 146. (1) bis (3) …

§ 146. (1) bis (3) …

(4) Der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ist bei der Besorgung von Aufgaben, die in den übertragenen Wirkungsbereich der Kammer der Wirtschaftstreuhänder gemäß § 146 Abs. 3 fallen, an die Weisungen des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend gebunden.

Artikel 3

Änderung des Abschlussprüfungs-Qualitätssicherungsgesetzes

Geltende Fassung

Vorgeschlagene Fassung

§ 25d. (1) bis (2) …

(3) Die Gleichwertigkeit wird von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften nach dem im Beschluss 2006/512/EG vom 22. Juli 2006 festgelegten Verfahren bewertet und festgestellt. Zuständige Stelle für die Bewertung der Gleichwertigkeit in Österreich ist die Kammer der Wirtschaftstreuhänder im übertragenen Wirkungsbereich. Solange die Kommission der Europäischen Gemeinschaften noch keine Feststellung vorgenommen hat, hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Gleichwertigkeit selbst zu beurteilen. Dabei kann sie die Bewertung eines anderen Mitgliedstaates ihrer Entscheidung zugrunde legen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder kann bei der Bewertung die Bewertungen und Feststellungen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften berücksichtigen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat die Gleichwertigkeit mit Bescheid abzulehnen, wenn eine der Voraussetzungen nicht erfüllt ist. Gegen diesen Bescheid steht das Rechtsmittel der Berufung zu. Über die Berufung hat der Landeshauptmann zu entscheiden. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat der Qualitätskontrollbehörde die Feststellung der Gleichwertigkeit bzw. die Ablehnung der Gleichwertigkeit zu übermitteln.

§ 25d. (1) bis (2) …

(3) Die Gleichwertigkeit wird von der Kommission der Europäischen Gemeinschaften in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften nach dem im Beschluss 2006/512/EG vom 22. Juli 2006 festgelegten Verfahren bewertet und festgestellt. Zuständige Stelle für die Bewertung der Gleichwertigkeit in Österreich ist die Kammer der Wirtschaftstreuhänder im übertragenen Wirkungsbereich. Solange die Kommission der Europäischen Gemeinschaften noch keine Feststellung vorgenommen hat, hat die Kammer der Wirtschaftstreuhänder die Gleichwertigkeit selbst zu beurteilen. Dabei kann sie die Bewertung eines anderen Mitgliedstaates ihrer Entscheidung zugrunde legen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder kann bei der Bewertung die Bewertungen und Feststellungen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften berücksichtigen. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat die Gleichwertigkeit mit Bescheid abzulehnen, wenn eine der Voraussetzungen nicht erfüllt ist. Gegen diesen Bescheid steht das Rechtsmittel der Berufung zu. Über die Berufung hat der Landeshauptmann zu entscheiden. Die Kammer der Wirtschaftstreuhänder hat der Qualitätskontrollbehörde die Feststellung der Gleichwertigkeit bzw. die Ablehnung der Gleichwertigkeit zu übermitteln. In Angelegenheiten des übertragenen Wirkungsbereiches unterliegt der Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder der Weisung des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend.