Vorblatt

Problem

Mit der B-VG-Novelle BGBl. I Nr. 2/2008 wurden ua. Regelungen für die nichtterritoriale Selbstverwaltung getroffen, denen bis zum 1. 1. 2010 auch in der RAO und der NO zu entsprechen ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 4. 12. 2008, G 15/08 ua., § 37 Abs. 1 Z 2b RAO, mit dem der Österreichische Rechtsanwaltskammertag zur Erlassung von Richtlinien für Treuhandschaften von Rechtsanwälten ermächtigt wird, als verfassungswidrig aufgehoben. Die mit 31. 12. 2009 in Kraft tretende Aufhebung macht eine Nachfolgeregelung in diesem zentralen Bereich des Mandantenschutzes erforderlich.

Das in der RAO normierte Wahlrecht im Zusammenhang mit der Besetzung bestimmter Kammerfunktionen muss grundsätzlich persönlich im Rahmen der Plenarversammlung ausgeübt werden. Dies bereitet zum Teil Schwierigkeiten bei den erforderlichen Präsenzquoren.

Im Ordnungsstrafverfahren nach der NO bestehen gewisse Defizite.

Inhalt und Ziele

Sowohl in der RAO und der NO soll für die Tätigkeit der Kammern eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechende Grundlage geschaffen werden. In der RAO sollen deshalb (erstmals) Rechtsanwaltsanwärter in die Kammermitgliedschaft einbezogen werden. Entsprechend den bisherigen Gegebenheiten sollen die Kammern ihre Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich erledigen.

Für Treuhandschaften von Rechtsanwälten sieht der Vorschlag verfassungsrechtlich einwandfreie Grundlagen vor. Für Wahlen nach der RAO wird die Einführung der (fakultativen) Briefwahl vorgeschlagen.

Das Ordnungsstrafverfahren nach der NO wird neu geordnet, dies insbesondere durch die Einführung eines Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen, dessen Mitglieder weisungsfrei gestellt sind, und die Einführung eines die Kammerinteressen wahrnehmenden Kammeranwalts. Ferner sollen die Befugnisse des Untersuchungskommissärs präzisiert und klargestellt werden.

In der NO sollen für die Aufbringung und Einhebung der Kammerbeiträge gesetzliche Grundlagen für Beitragsordnungen geschaffen werden.

Alternativen

Sowohl bei den Rechtsanwälten als auch bei den Notaren wäre es möglich, die Kammern mit der Besorgung weiterer Aufgaben im übertragenen Wirkungsbereich zu betrauen. Die damit einhergehende Bindung an Weisungen des Bundesministers für Justiz bedeutete aber eine fundamentale Abkehr vom bisherigen Selbstverständnis der freien Rechtsberufe und vom bewährten System der autonomen Aufgabenerfüllung durch deren Kammern.

Der ersatzlose Wegfall der Bestimmung des § 37 Abs. 1 Z 2b RAO wäre grundsätzlich möglich, hätte aber schwerwiegende nachteilige Auswirkungen auf den Mandantenschutz.

Im Übrigen bestehen zu den einzelnen Maßnahmen keine näher in Betracht zu ziehenden Alternativen.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens

– Finanzielle Auswirkungen:

Die Novelle wird nicht zu personellen oder finanziellen Belastungen des Bundes und der anderen Gebietskörperschaften führen. Bei den Gerichten ist nicht mit einem Mehranfall zu rechnen.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen

-- Auswirkungen auf die Beschäftigungslage und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die Regelungen über Treuhandschaften werden das Vertrauen von Unternehmen und Verbrauchern stärken. Insoweit ist ein positiver Effekt für den Wirtschaftsstandort Österreich zu erwarten.

-- Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Unternehmer:

Der Entwurf enthält keine Informationspflichten, die zu zusätzlichen Verwaltungskosten oder -lasten von Unternehmen führen könnten.

– Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union

Die vorgesehenen Regelungen fallen nicht in den Anwendungsbereich des Rechts der Europäischen Union.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

1. Obwohl im Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) bis zur Novelle BGBl. I Nr. 2/2008 ausdrücklich nur der Bereich der Selbstverwaltung der Gemeinden ausdrücklich erwähnt war, waren schon bisher verschiedenste sonstige Selbstverwaltungskörper bekannt und anerkannt. Begründet wurde die Existenz dieser „nichtterritorialen Selbstverwaltung“ ua. damit, dass das B-VG diese Strukturen im Zeitpunkt seiner Erlassung „vorgefunden“ hat und auch in den Kompetenzartikeln seit jeher berufliche Interessenvertretungen erwähnt wurden und werden, die im Jahr 1920 bereits als Selbstverwaltungskörper bestanden und die der Verfassungsgesetzgeber offenbar in dieser Organisationsform weiterbestehen lassen wollte. Der Verfassungsgerichtshof  hat es dabei in seiner ständigen Rechtsprechung auch ausdrücklich als verfassungsrechtlich zulässig erachtet, dass der einfache Gesetzgeber berufliche Interessenvertretungen als Selbstverwaltungskörper einrichtet. Ausdrücklich ausgesprochen wurde dies ua. auch für die Rechtsanwalts- (VfSlg. 2902/1955, 3290/1957 und Erk 15. 10. 1976, V 9/76) sowie die Notariatskammern (VfSlg. 6767/1972).

Trotz dieser bereits in der Vergangenheit erfolgten ausdrücklichen Anerkennung der Existenz der nichtterritorialen Selbstverwaltung auch in der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs hat sich der Verfassungsgesetzgeber mit der B-VG-Novelle BGBl. I Nr. 2/2008 dazu entschlossen, auch den Bereich der „sonstigen“ Selbstverwaltung auf eine eindeutige verfassungsrechtliche Grundlage zu stellen. Art. 120a Abs. 1 B-VG ordnet dazu nunmehr an, dass Personen zur selbständigen Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben, die in ihrem ausschließlichen oder überwiegenden gemeinsamen Interesse gelegen und geeignet sind, durch sie gemeinsam besorgt zu werden, durch Gesetz zu Selbstverwaltungskörpern zusammengefasst werden können.

Da Rechtsanwalts- und Notariatskammern bereits bisher zulässigerweise als Selbstverwaltungskörper eingerichtet waren, erfordern die jüngsten, mit 1. 1. 2010 in Kraft tretenden verfassungsrechtlichen Neuregelungen weder im Bereich der RAO noch der NO grundlegende Strukturänderungen der Kammerorganisation. Entsprechendes gilt auch für die Einrichtung und den Aufbau des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags (dessen zulässige Errichtung der Verfassungsgerichtshof ua. damit begründet hat, dass trotz des föderalistischen Aufbaus der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltskammern durch Bildung autonomer Länderkammern die österreichische Rechtsanwaltschaft als Ganzes ein einheitlicher Berufsstand ist; VfGH 21. 6. 1993, B 1868/92) und der Österreichischen Notariatskammer, aber auch für die Notariatskollegien und jede ihrer Gruppen. Eine wesentliche Neuerung ergibt sich im Bereich der Rechtsanwaltschaft aber dann doch: Nach Art. 120a Abs. 1 B-VG setzt die Besorgung der einen bestimmten Personenkreis betreffenden öffentlichen Aufgaben in Selbstverwaltung voraus, dass die davon betroffenen Personen auch tatsächlich in den Selbstverwaltungskörper integriert sind (und dort auch eine entsprechende Einflussmöglichkeit haben). Dies erfordert die (bisher nicht vorgesehene) Einbeziehung der Rechtsanwaltsanwärter als Kammermitglieder, und zwar auch in Ansehung der Einrichtungen zur Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung sowie der Mitwirkung in Disziplinarangelegenheiten.

Die Selbstverwaltungskörper haben nach dem neuen Art. 120b Abs. 1 B-VG das Recht, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen und im Rahmen der Gesetze (im Verordnungsrang stehende) Satzungen zu erlassen. Auch das spiegelt im Wesentlichen das aktuelle Konzept der Selbstverwaltung in der RAO und der NO wider. Überhaupt machen die B-VG-Bestimmungen zur nichtterritorialen Selbstverwaltung deutlich, dass der Verfassungsgesetzgeber damit im Wesentlichen bestrebt war, den Fortbestand bereits vorhandener und bewährter gesetzlicher Strukturen der Selbstverwaltung zu ermöglichen und verfassungsrechtlich abzusichern. Nach der derzeitigen Konzeption sowohl der RAO als auch der NO sind die den Kammern im Rahmen der Selbstverwaltung zukommenden Aufgaben nun aber allesamt solche, die sie in eigener Verantwortung und damit im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen haben. Die Schaffung eines übertragenen Wirkungsbereichs, wie ihn Art. 120b Abs. 2 B-VG ermöglichen würde (aber nicht als Element der Selbstverwaltung voraussetzt), in dem bestimmte (im Gesetz ausdrücklich als solche des übertragenen Wirkungsbereichs zu bezeichnende) Aufgaben der staatlichen Verwaltung in Weisungsbindung gegenüber dem obersten Verwaltungsorgan zu besorgen sind, wäre insoweit ein Fremdkörper und kaum mit dem Selbstverständnis und der Autonomie der freien Rechtsberufe zu vereinbaren. Der Entwurf sieht daher vor, dass alle den Kammern nach der jeweiligen Berufsordnung zukommenden Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen sind.

Diese Festlegung steht auch im Einklang mit den vom Verfassungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Frage, unter welchen Voraussetzungen Angelegenheiten dem eigenen Wirkungsbereich zugeordnet werden können, entwickelten Grundsätzen (vgl. VfGH 25. 9. 2008, G 10/08; 24. 6. 2009, G 74/08 u.a.). Danach dürfen einer Selbstverwaltungskörperschaft zur eigenverantwortlichen, weisungsfreien Besorgung nur solche Angelegenheiten überlassen werden, die im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der zur Selbstverwaltungskörperschaft zusammengefassten Personen gelegen und geeignet sind, durch diese Gemeinschaft besorgt zu werden; insoweit bedarf es einer eindeutigen Gruppenbezogenheit der Verwaltungsaufgaben im Hinblick auf die Mitglieder der Selbstverwaltung. Diese besondere und eindeutige Gruppenbezogenheit ist bei den den Kammern gesetzlich übertragenen Aufgaben gegeben. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Besorgung der in den eigenen Wirkungsbereich übertragenen Aufgaben oft (und letztlich selbstverständlich) auch gewisse wirtschaftliche Auswirkungen auf Dritte hat. Als Beispiel sei etwa die Eintragung in die oder die Streichung von der Liste der Rechtsanwälte genannt. Diese ureigenste, weisungsfrei zu besorgende Aufgabe der Rechtsanwaltskammern hat zwangsläufig Reflexwirkungen auf Dritte, weil nur in die Liste eingetragene Personen als Rechtsanwalt tätig werden dürfen. Unmittelbare Rechte und Pflichten von Personen, die von jenem Personenkreis verschieden sind, welcher dem Selbstverwaltungskörper die erforderliche demokratische Legitimation vermittelt (VfSlg. 17.023/2003, S 674, und VfSlg. 17.869/2006, S 886 f.), werden damit aber nicht begründet. Zudem ist es jedenfalls künftig auch so, dass der Bewerber zum Zeitpunkt seines Antrags auf Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte in aller Regel (als Rechtsanwaltsanwärter) bereits Kammermitglied ist (und es sich bei ihm somit gerade um keinen Dritten handelt).

Entsprechend den Vorgaben des Art. 120b Abs. 2 B-VG kommt der Bundesministerin für Justiz hinsichtlich der Aufgabenbesorgung durch die Kammern im eigenen Wirkungsbereich ein Aufsichtsrecht zu, das freilich – unter Berücksichtigung der bisherigen gesetzlichen Gegebenheiten – in seiner Intensität sehr differenziert ausgestaltet ist (und von bloßen Auskunftsrechten bis hin zur Aufhebung von nicht dem Gesetz entsprechenden Satzungen reicht).

2. Mit Erkenntnis vom 4. 12. 2008, G 15/08, V304, 305/08, hat der Verfassungsgerichtshof § 37 Abs. 1 Z 2b RAO in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2003 per 31. 12. 2009 als verfassungswidrig aufgehoben; ferner wurden § 9b der im Verordnungsrang stehenden RL-BA 1977 sowie das Statut der Treuhand-Revision der Rechtsanwaltskammer Niederösterreich als gesetzwidrig aufgehoben, wobei auch diese Aufhebungen mit 31. 12. 2009 in Kraft treten. Grund für das betreffende, mit Prüfungsbeschluss des VfGH vom 6.12.2007, B 147/06, von Amts wegen eingeleitete Gesetzes- bzw. Verordnungsprüfungsverfahren waren Bedenken des Verfassungsgerichtshofs insbesondere im Hinblick auf das in Art. 18 B-VG zum Ausdruck kommende Legalitätsprinzip. § 37 Abs. 1 Z 2b RAO in seiner noch bis zum 31. 12. 2009 geltenden Fassung sieht vor, dass der Österreichische Rechtsanwaltskammertag Richtlinien für die Festlegung von Pflichten im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften, insbesondere von Melde-, Auskunfts- und Versicherungspflichten, sowie für die Schaffung und Führung von verbindlichen Einrichtungen, die der Sicherung und Überwachung der Erfüllung dieser Pflicht dienen und die auch mittels automationsunterstützem Datenverkehr geführt werden können, erlassen kann.

Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs enthalte die Bestimmung des § 37 Abs. 1 Z 2b RAO nun nicht nur Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Übernahme und Durchführung von Treuhandschaften, sondern auch wesentliche Eingriffsbefugnisse. Darin unterscheide sich diese Verordnungsermächtigung auch von jenen in § 37 Abs. 1 Z 1, 2 und 2a RAO, hinsichtlich derer der Verfassungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits von einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage im Sinn des Art. 18 B-VG ausgegangen ist. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs greife die Verordnungsermächtigung des § 37 Abs. 1 Z 2b RAO dabei auch nicht nur in die Rechtsstellung des einzelnen Rechtsanwalts, sondern auch wesentlich in die Rechte und Pflichten Dritter ein. Auch bestünden weder allgemeine gesetzliche Regelungen noch gefestigte Standesauffassungen, die eine hinreichend verlässliche Auslegung der Verordnungsermächtigung erlauben würden.

Vor diesem Hintergrund erachtete der VfGH insbesondere die Formulierung „Schaffung und Führung von verbindlichen Einrichtungen, die der Sicherung und Überwachung der Erfüllung dieser Pflichten dienen“ im Lichte des Art. 18 B-VG mangels ausreichender Determinierung als verfassungswidrig. Der Gesetzgeber habe es unterlassen, nähere Regelungen darüber zu treffen, über welche rechtlichen Mittel die in § 37 Abs. 1 Z 2b RAO vorgesehenen Einrichtungen verfügen müssten und in welchem Umfang Eingriffe zulässig seien. Vielmehr habe er diesbezügliche Regelungen zu Gänze den Verordnungsgebern überlassen, was im Widerspruch zu Art. 18 B-VG in Verbindung mit Art. 120b Abs. 1 B-VG stehe.

Die als Folge daraus angeordnete Aufhebung dieser für den Bereich des Klientenschutzes ganz zentralen Bestimmung der RAO mit 31. 12. 2009 macht eine Nachfolgeregelung erforderlich. Der Vorschlag sieht dazu insgesamt drei Regelungsbereiche vor: Zum ersten sollen in einem neuen § 10a RAO die den Rechtsanwalt treffenden besonderen Treuhänderpflichten (die die sich aus dem Zivilrecht ergebenden allgemeinen Pflichten eines Treuhänders ergänzen) festgelegt werden. Zum zweiten wird im vorgeschlagenen § 23 Abs. 4 RAO die Errichtung einer Treuhandeinrichtung, derer sich der Rechtsanwalt zum Schutz seines Mandanten bei der Abwicklung von Treuhandschaften bei Beträgen über 40 000 Euro (bzw. auch unter dieser Betragsgrenze, wenn eine entsprechende Verpflichtung gesetzlich vorgesehen ist) generell bedienen muss, ebenso als Pflicht der Rechtsanwaltskammer definiert wie die Verpflichtung zum Abschluss einer Versicherung durch diese. Zum dritten enthält der neu gefasste § 27 Abs. 1 lit. g RAO eine Richtlinien-Ermächtigung an die Rechtsanwaltskammer. Mit diesen Richtlinien (Satzungen im Sinn des Art. 120b Abs. 1 B-VG) sollen die näheren Modalitäten der Errichtung und (auch automationsunterstützt möglichen) Führung der Treuhandeinrichtung geregelt, daneben aber auch die in § 10a RAO grundsätzlich festgelegten Pflichten der Rechtsanwälte noch konkreter ausgestaltet werden.

3. Gerade bei größeren Rechtsanwaltskammern haben sich zuletzt vereinzelt Schwierigkeiten bei der Erfüllung der für die Beschlussfähigkeit der Plenarversammlung erforderlichen Präsenz- und Abstimmungsquoren ergeben. Dies bereitet bei notwendigen Wahlen (in denen die Nach- oder Wiederbesetzung verschiedener Kammerfunktionen zeitgerecht vor Ablauf der jeweiligen Amtszeit zu klären ist) ebensolche Probleme wie bei dringenden, der Plenarversammlung zur Beschlussfassung vorbehaltenen Angelegenheiten. Gleichzeitig herrscht aber Übereinstimmung mit den Vertretern der Rechtsanwaltschaft, dass vom Grundprinzip der persönlichen Anwesenheit der Kammermitglieder in der Plenarversammlung als dem zentralen demokratischen Organ der Rechtsanwaltskammer an sich nicht abgegangen werden soll.

Der Entwurf räumt daher den Rechtsanwaltskammern  die Möglichkeit ein, künftig in ihren Geschäftsordnungen die Möglichkeit sowohl der Briefwahl als auch der Briefabstimmung vorzusehen. Inhaltlich soll sich das betreffende Verfahren dabei in seinen wesentlichen Grundsätzen an der Nationalrats-Wahlordnung 1992 orientieren.

Sowohl bei der „herkömmlichen“ Wahl als auch gegebenenfalls bei der Briefwahl (nicht aber bei der Briefabstimmung) soll in Hinkunft für jeden Wahlberechtigten die Möglichkeit bestehen, die Wahl bei der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission anzufechten, wenn eine Person zu Unrecht von der Wahl ausgeschlossen, zur Wahl zugelassen oder als gewählt erklärt worden ist. Eine Neudurchführung der Wahl kommt aber nur dann in Betracht, wenn es rechnerisch möglich ist, dass ohne den geltend gemachten Wahlanfechtungsgrund eine andere Person in die jeweilige Funktion gewählt gewesen wäre.

4. Im Ordnungsstrafverfahren nach der NO besteht in verschiedenen Bereichen Überarbeitungsbedarf. In organisatorischer Hinsicht gilt dies insbesondere für den derzeit vorgesehenen Rechtszug von der Notariatskammer an den Ständigen Ausschuss der Österreichischen Notariatskammer, dessen Mitglieder nicht weisungsfrei gestellt sind. Auch fehlt im Berufungsverfahren in Ordnungsstrafsachen derzeit eine Person, die die Interessen der jeweiligen Notariatskammer wahrnehmen würde. Zudem besteht ein Klarstellungsbedarf im Zusammenhang mit den Befugnissen des Untersuchungskommissärs. All dem trägt der Entwurf mit verschiedensten Maßnahmen Rechnung.

Als wohl wesentlichste Neuerung sieht der Vorschlag damit im Zusammenhang die Einrichtung eines Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen bei der Österreichischen Notariatskammer vor. Bei diesem Berufungssenat handelt es sich um ein entsprechend der Ermächtigung in Art. 20 Abs. 2 B-VG weisungsfrei gestelltes, aus sechs Mitgliedern bestehendes Organ der Selbstverwaltung, das zur Entscheidung über solche Berufungen gegen Beschlüsse der Notariatskammer in Ordnungsstrafsachen berufen ist, die einen Schuldspruch enthalten. Entsprechend dem Art. 20 Abs. 2 letzter Satz B-VG soll dem Bundesminister für Justiz hinsichtlich dieses Berufungssenats ein (im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben eingeschränktes) Aufsichtsrecht zukommen. Ferner soll mit dem Kammeranwalt eine neue Partei im Berufungsverfahren in Ordnungsstrafsachen eingeführt werden, die in diesem Verfahrensstadium die Interessen der betreffenden Notariatskammer vertreten soll.

5. Das Beitragswesen ist in der Notariatsordnung derzeit nur sehr allgemein geregelt, was für die Einhebung von Kammerbeiträgen durch die Notariatskammern ebenso wie für die Österreichische Notariatskammer gilt. Daraus ergeben sich nach Auskunft der Österreichischen Notariatskammer in der praktischen Anwendung zum Teil nicht unerhebliche Probleme. Um dem abzuhelfen, sieht der Vorschlag eine Ermächtigung an die Notariatskollegien und die Österreichische Notariatskammer vor, für ihren jeweiligen Bereich in Beitragsordnungen nähere Vorschriften zur Festsetzung, Vorschreibung, Einhebung und Eintreibung der Beiträge (Kammerbeiträge bzw. für bestimmte Zwecke gebundene Beiträge) zu erlassen. Bei diesen Beitragsordnungen handelt es sich um im eigenen Wirkungsbereich zu erlassende Satzungen im Sinn des Art. 120b Abs. 2 erster Satz B-VG.

6. Der Entwurf enthält darüber hinaus verschiedene weitere Änderungen im Bereich des Berufsrechts der Rechtsanwälte und Notare.

7. Kein unmittelbarer Änderungs- oder Regelungsbedarf ergibt sich für Rechtsanwälte und Notare im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt.

Für den Bereich der Rechtsanwälte folgt dies aus Art. 3 Abs. 1 der „Dienstleistungsrichtlinie“, der den Bestimmungen anderer Gemeinschaftsrechtsakte, die spezifische Aspekte der Aufnahme oder Ausübung einer Dienstleistungstätigkeit in bestimmten Bereichen oder Berufen regeln, Anwendungsvorrang gegenüber der Richtlinie 2006/123/EG einräumt. Da die Dienstleistungserbringung durch europäische Rechtsanwälte in den Richtlinien 98/5/EG und 77/249/EWG (zu deren Umsetzung in Österreich das EIRAG ergangen ist) erschöpfend geregelt ist, verbleibt für die Bestimmungen der Richtlinie 2006/123/EG kein offener Anwendungsbereich mehr. Dies gilt auch für die erforderlichen Kontaktaufnahmen mit der nach den genannten Richtlinien zuständigen Stelle des Aufnahmestaats (die in Österreich unzweifelhaft die Rechtsanwaltskammer ist und die demgemäß in § 37a EIRAG auch als Ansprechpartner im Sinn der Richtlinien 98/5/EG und 77/249/EWG definiert wurde), sodass insoweit auch nicht die Art. 6 und 8 der Richtlinie 2006/123/EG (und hier insbesondere die Regeln über den „Einheitlichen Ansprechpartner“) zum Tragen kommen. Die zusätzliche Einschaltung eines Einheitlichen Ansprechpartners im System des EIRAG hätte auch keinen Mehrwert, weil damit nur ein zusätzlicher Verwaltungsaufwand verbunden wäre und zwangsläufig auch die Verfahrensabwicklung erschwert würde. Einziger Effekt wäre nämlich, dass der Einheitliche Ansprechpartner ohne Notwendigkeit in den unmittelbaren Kontakt zwischen europäischem Rechtsanwalt und österreichischer Rechtsanwaltskammer, der gemäß § 37a EIRAG bereits jetzt mittels E-Mail erfolgen kann, „dazwischen geschaltet“ würde. Das würde einer Deliberalisierung in Ansehung eines bereits vom Gemeinschaftsrecht harmonisierten Sektors (RL 2005/36/EG, RL 98/5/EG und RL 77/249/EG sowie 2005/60/EG) gleichkommen. Die durch die Dienstleistungsrichtlinie angestrebten Ziele der Verfahrensbeschleunigung und -vereinfachung würden damit konterkariert.

Kein Anlass zu einer Änderung oder Anpassung besteht ferner im Zusammenhang mit dem in der Rechtsanwaltsordnung vorgesehenen Verbot inter- und multidisziplinärer Partnerschaften für Rechtsanwälte und Rechtsanwalts-Gesellschaften. Aus den Regelungen des § 21c Z 1 lit. a bis e und des § 21c Z 8 RAO ergibt sich, dass einem Rechtsanwalt ein Zusammenschluss zur gemeinsamen Berufsausübung nur mit einem anderen Rechtsanwalt, nicht aber mit einem Angehörigen einer anderen Berufsgruppe gestattet ist. Ihre Rechtfertigung findet diese Regelung darin, dass der Rechtsanwalt in Österreich nach den geltenden berufsrechtlichen Bestimmungen verpflichtet ist, seine Partei in voller Unabhängigkeit und unter ausschließlicher Wahrnehmung ihrer Interessen zu vertreten, jedes Risiko eines Interessenkonflikts zu vermeiden und der ihn treffenden strengen Verschwiegenheitspflicht zu entsprechen. Diesen Anforderungen könnte der Rechtsanwalt im Fall eines inter- bzw. multidisziplinären Zusammenschlusses aber nicht verlässlich und in allen Fällen entsprechen. Das daraus resultierende Verbot inter- und multidisziplinärer Partnerschaften steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs. Dieser hat in seinem Erkenntnis vom 1. 10. 2004 VfSlg 17.312 das Verbot so genannter „Sternsozietäten“ nicht beanstandet, weil die mit der Regelung bezweckte vorbeugende Vermeidung der Gefahr von Interessenkonflikten und die Absicherung des Verbots der Doppelvertretung, dessen Einhaltung für das Treueverhältnis zwischen Anwalt und Klient und für das Bild der Anwaltschaft im Allgemeinen für wesentlich erachtet wird, im öffentlichen Interesse liegen. Die österreichische Rechtslage entspricht aber auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Rs C-309/99, Wouters). In dieser Entscheidung ist der EuGH zum Ergebnis gelangt, dass die Art. 5 und 59 EG-Vertrag einer nationalen Regelung, durch die Sozietäten zwischen Rechtsanwälten und Wirtschaftsprüfern verboten werden, nicht entgegen stehen, weil diese Regelung bei vernünftiger Betrachtung als für die ordnungsgemäße Ausübung des Rechtsanwaltsberufs, wie er in dem betreffenden Staat geordnet ist, erforderlich angesehen werden konnte.

Art. 25 der Dienstleistungsrichtlinie sieht nunmehr zwar vor, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass die Dienstleistungserbringer keinen Anforderungen unterworfen werden, die sie verpflichten, ausschließlich eine bestimmte Tätigkeit auszuüben oder die die gemeinschaftliche oder partnerschaftliche Ausübung unterschiedlicher Tätigkeiten beschränken. Allerdings gilt auch diese Bestimmung für den Bereich der Rechtsanwälte nicht, weil die vorgehende Richtlinie 98/5/EG in ihrem Art. 11 Z 5 ausdrücklich auf Regeln im Aufnahmestaat Bezug nimmt, nach denen Rechtsanwälten die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einer Gruppe untersagt wird, der standesfremde Personen angehören; damit hat der Gemeinschaftsgesetzgeber auf entsprechende Beschränkungen und Verbote multidisziplinärer Tätigkeiten in den Mitgliedstaaten seinerzeit sehr wohl Bedacht genommen und deren Zulässigkeit insoweit auch anerkannt.

Selbst wenn man aber davon ausginge, dass Art. 25 der Richtlinie 2006/123/EG grundsätzlich auch für den Bereich der Rechtsanwälte zum Tragen kommt, stünde das dem in der RAO normierten Verbot der Beteiligung an inter- und multidisziplinären Partnerschaften nicht entgegen. Art. 25 lit. a der Dienstleistungsrichtlinie sieht nämlich gleichzeitig ausdrücklich vor, dass Dienstleistungsanbieter entsprechenden Anforderungen (die sie verpflichten, ausschließlich eine bestimmte Tätigkeit auszuüben oder die die gemeinschaftliche oder partnerschaftliche Ausübung unterschiedlicher Tätigkeiten beschränken) unterworfen werden können, wenn es sich um Angehörige reglementierter Berufe handelt und soweit dies gerechtfertigt ist, um die Einhaltung der verschiedenen Standesregeln im Hinblick auf die Besonderheiten der jeweiligen Berufe sicherzustellen, und soweit es nötig ist, um ihre Unabhängigkeit und Unparteilichkeit zu gewährleisten. Die insoweit für eine Beschränkung oder einen gänzlichen Ausschluss der Zulässigkeit von multidisziplinären Zusammenschlüssen gemeinschaftsrechtlich normierten Voraussetzungen wären in Bezug auf die österreichischen Rechtsanwälte aber allesamt erfüllt, dies insbesondere im Hinblick auf die den Rechtsanwalt treffende umfassende Verschwiegenheitspflicht, das Gebot der ausschließlichen Interessenwahrung seiner Partei und das Verbot der Doppelvertretung.

Die Unanwendbarkeit der Richtlinie 2006/123/EG auf die Tätigkeiten der Notare folgt aus Art. 2 Abs. 2 lit. l der Dienstleistungsrichtlinie.

Finanzielle Auswirkungen:

Personelle oder finanzielle Belastungen des Bundes und der anderen Gebietskörperschaften sind auf Grund der Novelle nicht zu erwarten. Bei den Gerichten ist nicht mit einem Mehranfall zu rechnen. Vielmehr ist auf Grund der Neuordnung des Rechtsmittelverfahrens betreffend die Entscheidungen der Notariatskammern mit gewissen (letztlich aber wohl jedenfalls nur geringen) Entlastungen im Bereich der Präsidenten der Oberlandesgerichte zu rechnen, weil diese künftig für Berufungen (Beschwerden) gegen Bescheide der Notariatskammer nicht mehr zuständig sein sollen (an ihre Stelle tritt der Ständige Ausschuss der Österreichischen Notariatskammer).

Kompetenzgrundlage:

Die Zuständigkeit des Bundes ergibt sich im Wesentlichen aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Angelegenheiten der Rechtsanwälte und Notare).

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Änderung der Rechtsanwaltsordnung)

Zu Z 1 (§ 1 RAO)

Auf Wunsch der Rechtsanwaltschaft wurde mit der Zivilverfahrens-Novelle 2004, BGBl. I Nr. 128/2004, eine zwingende Mindestausbildung für Rechtsanwaltsanwärter im Bereich Mediation im Ausmaß von sechs Halbtagen eingeführt. An die Stelle der insoweit zunächst im Gesetz vorgesehenen „Mediationsausbildung“ ist mit dem BRÄG 2008, BGBl. I Nr. 111/2007, eine zwingende Ausbildung „aus dem Bereich zivilgerichtliches Verfahren und außergerichtliche Streitbeilegung“ im selben zeitlichen Ausmaß getreten. Ungeachtet dieser Anpassung hat sich die gesetzliche Festschreibung zeitlicher Mindesterfordernissen in einem spezifischen Ausbildungsbereich – ungeachtet seiner Bedeutung – nach Mitteilung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags in der praktischen Handhabung nicht bewährt. Sie soll daher wieder beseitigt werden.

Zu Z 2 und 7 (§§ 1a, 1b und 21c RAO)

Hierbei handelt es sich um Zitatanpassungen.

Zu Z 3 (§ 5a Abs. 1)

Im Fall der Verweigerung der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte steht dem Bewerber nach § 5a Abs. 1 RAO das Recht der Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission zu. Auf das Verfahren vor der OBDK sind nach § 5a Abs. 2 Z 3 RAO im Wesentlichen die Vorschriften des AußStrG anzuwenden. In der Praxis haben sich im Zusammenhang mit diesem Verweis Unklarheiten über die Dauer der Berufungsfrist ergeben. Der vorgeschlagene neue § 5a Abs. 1 letzter Satz RAO stellt dazu nunmehr klar, dass diese Frist 14 Tage beträgt.

Zu Z 4 (§ 8a Abs. 1 RAO)

Im Rahmen der Länderprüfung Österreichs, die der Internationale Währungsfonds in den Jahren 2008 und 2009 im Auftrag der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) durchführte, kritisierte der Währungsfonds (unter anderem) die Formulierung des § 8a Abs. 1 RAO. Die Bestimmung sei – so der Prüfbericht – insofern missverständlich, als man auf Grund der Formulierung eine doppelte Bedingung für die Anwendung von Sorgfaltspflichten gegenüber Kunden annehmen könnte („…that [the] scope of the CDD [Customer Due Diligence] requirements is unclear from the reading of the first Paragraph of Article 8a(1) RAO and Article 36a(1) NO […] This introduces a possible confusion that a double condition is required in order to perform CDD obligations, including the apparent connection with ML [money laundering] or FT [financing of terrorism]“).

Mit der vorgeschlagenen Neuformulierung des Einleitungssatzes des § 8a Abs. 1 RAO sollen diese Unklarheiten ausgeräumt werden. Inhaltlich soll sich an den den Rechtsanwalt insofern treffenden Pflichten aber nichts ändern.

Zu Z 5 (§ 8b Abs. 1 Z 2 RAO)

Die Änderung dient der Beseitigung eines Redaktionsversehens.

Zu Z 6 (§ 10a RAO)

Zu den Gründen für die Neuordnung der Treuhandschutzregelungen der RAO sei zunächst auf die Ausführungen unter Punkt 2. des Allgemeinen Teils der Erläuterungen verwiesen.

Bislang waren die Pflichten des Rechtsanwalts im Zusammenhang mit der Übernahme und Abwicklung von Treuhandschaften in der RAO nur allgemein (im Rahmen der Richtlinien-Ermächtigung an den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag nach § 37 Abs. 1 Z 2b RAO) zu Grunde gelegt. Der vorgeschlagene § 10a RAO sieht demgegenüber nunmehr vor, dass die vom Rechtsanwalt im Zusammenhang mit einer von ihm übernommenen Treuhandschaft einzuhaltenden besonderen Pflichten ausdrücklich gesetzlich geregelt werden (wobei deren nähere Ausgestaltung in einigen Punkten noch den von der Rechtsanwaltskammer nach § 27 Abs. 1 lit. g RAO zu erlassenden Richtlinien vorbehalten ist). Dabei sieht der Entwurf davon ab, das Institut der Treuhandschaft als solches in der RAO zu definieren bzw. die allgemeinen Pflichten eines Treuhänders festzulegen; dies richtet sich vielmehr weiterhin nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regeln.

Der in § 10a RAO vorgeschlagene „Pflichtenkatalog“ des Rechtanwalts (der ebenso für eine Rechtsanwalts-Partnerschaft oder eine Rechtsanwalts-GmbH gilt) deckt sich in den wesentlichen Punkten mit den bislang in § 9b RL-BA 1977 geregelten Anforderungen, denen die Treuhandeinrichtungen der einzelnen Rechtsanwaltskammern zu entsprechen haben. Wie bisher trifft den Rechtsanwalt die Pflicht, jedenfalls Treuhandschaften, bei denen der Treuhanderlag der Betrag von 40 000 Euro übersteigt, grundsätzlich über eine von der Rechtsanwaltskammer zu führende Treuhandeinrichtung zu sichern. Entsprechendes gilt, wenn für bestimmte Treuhandschaften eine Absicherung in einer Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer in einer anderen gesetzlichen Vorschrift angeordnet ist; dies ist insbesondere nach § 12 Abs. 3 Z 4 BTVG der Fall. Ausgenommen von dieser Sicherungspflicht sind lediglich Beträge, die der Rechtsanwalt im Rahmen einer Prozessführung oder Forderungsbetreibung, der Verwaltung von Vermögen oder der Tätigkeit als Ausgleichs- oder Masseverwalter entgegennimmt oder die der Entrichtung von Gerichtsgebühren, Steuern oder Abgaben gewidmet sind. Dabei ist zu beachten, dass für Fremdgelder, die im Rahmen solcher Tätigkeiten übernommen werden, weiterhin die so genannte „Fremdgeld-Richtlinie“ (§ 43 RL-BA 1977) gilt (vgl. dazu näher Hochegger, Die Treuhand-Einrichtungen der Österreichischen Rechtsanwaltskammern, immolex 2002, 23). Nach dem vorgeschlagenen § 10a Abs. 3 RAO entfällt die Sicherungspflicht ferner dann, wenn die Partei nach entsprechender ausdrücklicher Aufklärung über die damit verbundenen Folgen auf die Abwicklung über die Treuhandeinrichtung schriftlich verzichtet. Ein solcher Verzicht ist freilich dort nicht möglich, wo eine Sicherungspflicht gesetzlich ausdrücklich vorgesehen ist; dies stellt § 10a Abs. 3 letzter Satz RAO klar.

Für die Effektuierung des Mandantenschutzes wesentlich sind die Verpflichtungen des Rechtsanwalts, die Treuhandschaft vor der ersten Verfügung über den Treuhanderlag der Treuhandeinrichtung zu melden und über die Beendigung der Treuhandschaft zu berichten. Der Rechtsanwalt wird ferner dazu verpflichtet, der Treuhandeinrichtung eine Überprüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung der von ihm übernommenen Treuhandschaften nach den nach § 27 Abs. 1 lit. g RAO zu erlassenden Richtlinien durch Erteilung entsprechender Auskünfte und Einsichtnahme in alle betreffenden Unterlagen zu ermöglichen. Da mit solchen Auskünften und Einsichtnahmen auch in die Rechte der Partei eingegriffen wird, muss er sich von dieser von der Verpflichtung zur Verschwiegenheit entbinden lassen. Wenn konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung zur Abwicklung von Treuhandschaften über die Treuhandeinrichtung entweder nicht oder nicht hinreichend nachkommt, soll sich das Auskunfts- und Einsichtnahmerecht der Rechtsanwaltskammer nach dem vorgeschlagenen § 10a Abs. 6 RAO auf alle vom Rechtsanwalt abzuwickelnden oder bereits abgewickelten (und grundsätzlich „meldepflichtigen“) Treuhandschaften erstrecken.

Schließlich soll der Rechtsanwalt gesetzlich ausdrücklich verpflichtet werden, Beiträge zur Aufbringung der Prämien der von der Rechtsanwaltskammer nach dem vorgeschlagenen § 23 Abs. 4 RAO zur Sicherung der Rechte der Treugeber abzuschließenden Versicherung zu leisten. Die Beiträge sollen dabei für alle in die Liste der Rechtsanwälte eingetragenen Kammermitglieder gleich hoch und damit unabhängig von der Zahl der vom einzelnen Rechtsanwalt über die Treuhandeinrichtung abgewickelten Treuhandschaften oder der Höhe der jeweiligen Treuhandbeträge bemessen werden.

Zu Z 8 (§ 22 Abs. 1 RAO)

Wie schon unter Punkt 1. im Allgemeinen Teil der Erläuterungen ausgeführt, stellt die (bisher nicht vorgesehene) Einbeziehung der Rechtsanwaltsanwärter als Kammermitglieder einen der wesentlichen Punkte der durch die B-VG-Novelle BGBl. I Nr. 2/2008 bedingten Änderungen der RAO dar. Der vorgeschlagene § 22 Abs. 1 RAO stellt dazu klar, dass die Kammern neben den in die Liste eingetragenen Rechtsanwälten, die im Sprengel der Kammer (der sich mit dem Bundesland deckt) ihren Kanzleisitz haben, auch von den Rechtsanwältsanwärtern, die bei diesen Rechtsanwälten in praktischer Verwendung stehen und ihrerseits in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter eingetragen sind, gebildet werden.

Zu Z 9 bis 12 (§ 23 Abs. 1 bis 3 RAO)

Mit den Änderungen des § 23 Abs. 1 bis 3 RAO wird – hier im Zusammenhang mit dem Wirkungs- und Zuständigkeitsbereich der Rechtsanwaltskammer – gleichfalls auf die Einbeziehung der Rechtsanwaltsanwärter als Kammermitglieder Bedacht genommen.

Zu Z 13 (§ 23 Abs. 4 und 5 RAO)

Der vorgeschlagene neue § 23 Abs. 4 RAO normiert zunächst die (bislang in § 9b RL-BA 1977 vorgesehene) Verpflichtung der Rechtsanwaltskammern, Treuhandeinrichtungen zum Schutz der Abwicklung der von den Rechtsanwälten ihres Sprengels übernommenen Treuhandschaften mit einem Treuhanderlag über 40 000 Euro (bzw. auch unter diesem Betrag, wenn eine ausdrückliche gesetzliche Sicherungspflicht besteht) einzurichten und zu führen. Damit einher geht die Verpflichtung der Rechtsanwaltskammer, eine Versicherung zur Sicherung der Rechte der Treugeber am Treuhanderlag abzuschließen, deren Treuhandschaften über die von der Rechtsanwaltskammer zu führende Treuhandeinrichtung tatsächlich abgewickelt werden. Diese Versicherung wird – wie schon bisher bei den Treuhandschutzeinrichtungen der Rechtsanwaltskammern üblich – jedenfalls solche Schäden abzudecken haben, die der Partei auf Grund einer vorsätzlich unerlaubten Verfügung über den im Rahmen der Treuhandschaft anvertrauten Treuhanderlag zugefügt werden (Vertrauensschadenversicherung). Schäden der Partei auf Grund eines fahrlässigen Fehlverhaltens des Rechtsanwalts im Rahmen der Abwicklung der Treuhandschaft werden dagegen regelmäßig Deckung in der vom Rechtsanwalt nach § 21a RAO abzuschließenden Berufshaftpflichtversicherung finden (vgl. zu dieser näher Manhart, Vermögensschaden-Haftpflicht, AnwBl 1998, 606). Die Rechtsanwaltskammern können in den nach dem vorgeschlagenen § 27 Abs. 1 lit. g RAO zu erlassenden Richtlinien aber auch vorsehen, dass im Rahmen einer neben der Vertrauensschadenversicherung abzuschließenden Versicherung auch für solche Schadensfälle vorgesorgt wird, die über den gesetzlichen Deckungsumfang der Versicherung des einzelnen Rechtsanwalts (oder die von diesem allenfalls ohnedies vereinbarte höhere Versicherungssumme) hinausgehen. Auch hinsichtlich einer solchen Großschadenversicherung besteht dann eine Verpflichtung des Rechtsanwalts, Beiträge zur Aufbringung der Versicherungsprämien zu leisten (siehe den vorgeschlagenen § 10a Abs. 7 RAO). Nach dem vorgeschlagenen Abs. 4 letzter Satz ist dem Treugeber von der Rechtsanwaltskammer auf dessen Verlangen Auskunft darüber zu geben, ob eine ihn betreffende Treuhandschaft tatsächlich bei der Treuhandeinrichtung gesichert ist, wie diese Sicherung ausgestaltet ist und in welcher Weise dafür Versicherungsschutz besteht. Nähere Details zu Form und Inhalt einer solchen Information sind in den von den Rechtsanwaltskammern nach dem vorgeschlagenen § 27 Abs. 1 lit. g RAO zu erlassenden Richtlinien zu regeln. Nicht notwendig ist es im Zusammenhang mit den geforderten Auskünften über den Versicherungsschutz aber etwa, dem Treugeber eine Kopie der konkreten Versicherungspolizze zur Verfügung zu stellen oder ihm Einsicht in diese zu gewähren.

Nach dem vorgeschlagenen § 23 Abs. 4 RAO hat die Rechtsanwaltskammer ferner die Einhaltung der Pflichten der Rechtsanwälte nach § 10a RAO und nach den Richtlinien nach § 27 Abs. 1 lit. g RAO zu überprüfen. Die Pflichten der Rechtsanwaltskammer dürfen damit im Zusammenhang aber nicht überspannt werden. So wird die Kammer im Rahmen der Abwicklung einer „routinemäßigen“ Treuhandschaft keine Verpflichtung treffen, den konkreten Treuhandauftrag auf seine inhaltliche Ausgestaltung zu überprüfen oder etwa die Einhaltung der sich aus dem Auftrag ergebenden Auszahlungsbedingungen zu überwachen.

Wie bereits unter Punkt 1. des Allgemeinen Teils der Erläuterungen ausgeführt, haben die Rechtsanwaltskammern schon nach geltendem Recht die ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben eigenständig im Rahmen der Selbstverwaltung zu besorgen, ohne dass der Bundesministerin für Justiz ein Weisungsrecht zukommen würde. Auch unmittelbare Aufsichtsbefugnisse des Bundesministers für Justiz über die Rechtsanwaltschaft bestehen bislang nur in einigen wenigen, im Gesetz ausdrücklich genannten Fällen (vgl. insbesondere § 78 DSt). Diese bewährte Ausgestaltung der Selbstverwaltung der Rechtsanwaltschaft findet auch in den neuen Bestimmungen der Bundesverfassung über die nichtterritoriale Selbstverwaltung ihre Deckung. Aus den Art. 120a ff. B-VG folgt nämlich, dass Wesensmerkmal der „sonstigen“ Selbstverwaltung die Aufgabenbesorgung in eigener Verantwortung frei von Weisungen ist, sodass jedenfalls ein eigener Wirkungsbereich der Kammer vorzusehen ist. Dies gilt dagegen nicht für die Aufgabenbesorgung im übertragenen Wirkungsbereich, also die Übertragung von Aufgaben staatlicher Verwaltung an die Selbstverwaltungskörper zu deren Besorgung unter Weisungsbindung gegenüber dem zuständigen obersten Verwaltungsorgan. Ein solcher übertragener Wirkungsbereich kann (Art. 120b Abs. 2 erster Satz B-VG), muss aber nicht vorgesehen werden. Der vorgeschlagene § 23 Abs. 5 RAO sieht insoweit vor, dass die Rechtsanwaltskammer die ihr gesetzlich übertragenen Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen hat.

Im Rahmen der Aufsichtsbefugnis (vgl. Art. 120b Abs. 1 B-VG) soll dem Bundesminister für Justiz künftig auch das Recht zukommen, sich über die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung der Rechtsanwaltskammern zu unterrichten. Diese haben ihm zu diesem Zweck die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Die weiteren Aufsichtsrechte bleiben auf die schon bisher vorgesehenen Fälle beschränkt. Auch dies steht im Einklang mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben: Nach Art. 120b Abs. 1 B-VG besteht das Aufsichtsrecht hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung (nur) „nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen“. Dem Bundesminister für Justiz soll demgemäß (auch weiterhin) das Recht auf die Versagung oder die Erteilung der Genehmigung der Geschäftsordnungen der Rechtsanwaltskammern und der Ausschüsse sowie der Satzungen der Versorgungseinrichtung, die (allfällige) Erlassung von Satzungen der Versorgungseinrichtungen im Fall der Säumigkeit der Rechtsanwaltskammer, die Einforderung der Vorlage der von der Rechtsanwaltskammer zu führenden Register über die Verfahrenshilfebestellungen sowie das Aufsichtsrecht nach § 78 DSt zukommen. Darüber hinausgehende Aufsichtsmaßnahmen gegenüber den Rechtsanwaltskammern sieht der Vorschlag nicht vor.

Zu Z 14 und 15 (§§ 24, 24a und 24b RAO)

Die Einbeziehung der Rechtsanwaltsanwärter und -anwärterinnen als Kammermitglieder (siehe dazu schon die Ausführungen unter Punkt 1. des Allgemeinen Teils der Erläuterungen) erfordert es ua., dass diesen ein gewisser Einfluss auf die Aufgabenbesorgung durch die Rechtsanwaltskammer eröffnet wird. In Art. 120c Abs. 1 B-VG hält ausdrücklich fest, dass die Organe der Selbstverwaltungskörper aus dem Kreis ihrer Mitglieder nach demokratischen Grundsätzen zu bilden sind (woraus freilich nicht die Notwendigkeit resultiert, dass jedes Kammermitglied für jede Kammerfunktion wählbar sein muss). Dies erfordert eine entsprechende Anpassung des die Wahlen in der Plenarversammlung regelnden § 24 RAO. Der insoweit bestehende Änderungsbedarf soll gleichzeitig zu einer näheren Regelung des Ablaufs des Wahlvorgangs genutzt werden. Nichts ändern soll sich dabei aber am grundsätzlichen System der Personenwahl, wobei zum Präsidenten, zum Präsidenten-Stellvertreter, zum Prüfungskommissär zur Rechtsanwaltsprüfung und zum Rechnungsprüfer auch künftig nur (in die Liste nach § 5 RAO eingetragene) Rechtsanwälte gewählt werden können sollen (vgl. damit im Zusammenhang auch § 13 EIRAG). Das aktive Wahlrecht kommt den Rechtsanwaltsanwärtern aber auch hinsichtlich dieser Funktionen zu. Nur eine scheinbare Einschränkung der aktiven Mitwirkungsmöglichkeiten der Rechtsanwaltsanwärter am Kammergeschehen stellt der vorgeschlagene § 24 Abs. 1 Z 4 RAO dar. Der Umstand, dass die Delegierten zur Vertreterversammlung (§ 39 RAO) nur aus dem Kreis der dem Rechtsanwaltsstand angehörenden Ausschussmitglieder durch die in die Liste eingetragenen Rechtsanwälte zu wählen sind, beruht darauf, dass die dem Ausschuss angehörenden Rechtsanwaltsanwärter automatisch Delegierte der Vertreterversammlung sind (und folglich auch nicht gewählt werden müssen).

Die Wahlen sind grundsätzlich in geheimer und persönlicher Wahl während der Plenarversammlung durchzuführen. Am bisherigen Erfordernis der absoluten Stimmenmehrheit soll dabei aber nur mehr bei der Wahl des Präsidenten und des Präsidenten-Stellvertreters festgehalten werden. Neu bei diesen beiden Wahlen ist, dass eine Stichwahl nicht erst nach der Durchführung von zwei Wahlgängen zu erfolgen hat (dazu kritisch Bammer, Das geltende Kammerwahlrecht und seine Alternativen, AnwBl 2006, 134), sondern diese „engere Wahl“ bereits nach einem Wahlgang ohne absolute Stimmenmehrheit für einen der Kandidaten durchzuführen ist.

Bereits im ersten Wahlgang soll dagegen künftig bei der Wahl der Ausschussmitglieder die einfache Mehrheit der Stimmen ausreichen; Entsprechendes wird für die Wahl der Rechnungsprüfer, der Prüfungskommissäre zur Rechtsanwaltsprüfung und – soweit diese zu wählen sind (vgl. den vorgeschlagenen § 39 RAO) – die Wahl der Delegierten zur Vertreterversammlung vorgeschlagen.

Um im Zusammenhang mit der Wahl der Delegierten der Vertreterversammlung bereits vorab sicherzustellen, dass auf sich nach der Wahl allenfalls ergebende Veränderungen bei der Zahl der zustehenden Delegierten (siehe den vorgeschlagenen § 39 Abs. 1 Z 2 RAO) reagiert werden kann oder etwa um eine entsprechende Vorsorge für den Fall des Ausscheidens eines der Delegierten aus dem Ausschuss vor Ablauf der Amtsdauer zu treffen, wird nichts dagegen sprechen, eine größere Zahl als die zum Zeitpunkt der Plenarversammlung gesetzlich zustehende Anzahl an Delegierten zur Wahl zu bringen und gleichzeitig vorzusehen, dass die Gewählten (entsprechend der auf sie entfallenden Stimmen) in der Reihenfolge ihrer Wahl in die Delegiertenversammlung zu entsenden sind. Selbstverständlich kann die Plenarversammlung für den Fall des Ausscheidens eines Delegierten aber auch eine Ersatzwahl vornehmen (§ 25 Abs. 1 RAO). Diesfalls hat dann jedenfalls der neu Gewählte an die Stelle des Ausgeschiedenen zu treten.

Obgleich die persönliche Anwesenheit bei der Plenarversammlung und die Beteiligung an den dortigen Wahlen und Abstimmungen die zentrale demokratische Möglichkeit des Rechtsanwalts auf Beteiligung am Kammergeschehen darstellt (Hoffmann, Wahlen in die Standesvertretung – Welchem System ist der Vorzug zu geben?, AnwBl 2006, 141), wurde das bisherige System der RAO, das keine Alternative zum Anwesenheitserfordernis vorsieht, um an Wahlen teilzunehmen, zuletzt wiederholt kritisiert. Über Anregung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags sieht der vorgeschlagene § 24a RAO daher vor, dass in den Geschäftsordnungen der Rechtsanwaltskammern die Teilnahme an den in der Plenarversammlung  durchzuführenden Wahlen mittels Briefwahl vorgesehen werden kann. Inhaltlich orientieren sich die Bestimmungen über die einzuhaltenden Förmlichkeiten im Zusammenhang mit dem Ausfüllen des Stimmzettels (Abgabe einer eidesstattlichen Erklärung) an § 60 Nationalrats-Wahlordnung 1992. Um bei der Wahl berücksichtigt werden zu können, muss das (den Stimmzettel sowie das Wahlkuvert beinhaltende) Rückkuvert spätestens einen Tag vor der Plenarversammlung, in deren Rahmen die Wahl stattfindet, einlangen.

Die Abs. 4 bis 7 des vorgeschlagenen § 24a RAO legen die Vorgehensweise bei der Überprüfung und Auszählung der im Weg der Briefwahl abgegebenen Stimmzettel fest. Nicht ausdrücklich geregelt ist dabei der Fall, dass sich bei der Wahl des Präsidenten und des Präsidenten-Stellvertreters die Notwendigkeit eines zweiten Wahlgangs ergibt. Bei Zulassung der Briefwahl durch die Geschäftsordnung kann in einem solchen Fall nicht einfach die Stichwahl unter ausschließlicher Beteiligung der in der Plenarversammlung persönlich anwesenden Kammermitglieder durchgeführt werden; vielmehr wird eine solche Konstellation die Anberaumung eines neuen Wahltermins unter neuerlicher Beteiligungsmöglichkeit aller Kammermitglieder erforderlich machen.

Die Möglichkeit einer Wahlanfechtung war in der RAO bislang nicht vorgesehen. Dies wurde verschiedentlich als verfassungsrechtlich bedenklich beurteilt (Poier, Die verfassungsrechtlichen Rahmenbedingungen für Rechtsanwaltskammerwahlen, AnwBl 2006, 125; Bammer aaO). Dieser Kritik soll mit dem vorgeschlagenen § 24b RAO Rechnung getragen werden. Die Regelung sieht vor, dass die Wahl von jedem Wahlberechtigten binnen einer Woche nach Veröffentlichung des Wahlergebnisses bei der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission angefochten werden kann, wenn eine Person zu Unrecht von der Wahl ausgeschlossen, zur Wahl zugelassen oder als gewählt erklärt worden ist. Die Anordnung einer allfälligen Neudurchführung der Wahl durch die OBDK soll allerdings nur dann in Betracht kommen, wenn es rechnerisch möglich ist, dass ohne den geltend gemachten Wahlanfechtungsgrund eine andere Person in die jeweilige Funktion gewählt worden wäre.

Zu Z 16 und 17 (§ 25 RAO)

Die derzeit vorgesehene Amtsdauer des Präsidenten, des Präsidenten-Stellvertreter und der übrigen Ausschussmitglieder der Rechtsanwaltskammer ist mit drei Jahren vergleichsweise kurz. Sie soll auf Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags auf vier Jahre erhöht werden, und zwar auch für die zu wählenden Delegierten zur Vertreterversammlung aus dem Kreis der Rechtsanwälte. Eine kürzere Amtsdauer erscheint dagegen – schon um zu häufige Überschneidungen mit deren Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte zu vermeiden – für die Mitglieder des Ausschusses aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter geboten. Eine Amtsdauer von bloß zwei Jahren ist ferner für die Rechnungsprüfer sinnvoll.

Zu Z 18 (§ 26 Abs. 1 RAO)

Die Änderung dient der Klarstellung im Zusammenhang mit der Einbeziehung der Rechtsanwaltsanwärter als Kammermitglieder.

Zu Z 19 (§ 26 Abs. 1a RAO)

Der vorgeschlagene § 26 Abs. 1a RAO ordnet an, dass die Mitgliedschaft im Ausschuss künftig auch Rechtsanwaltsanwärtern zusteht, wobei es für die Anzahl der zu wählenden Rechtsanwaltsanwärter auf die Anzahl der nach § 30 RAO eingetragenen Rechtsanwaltsanwärter ankommt. Diese Ausschussmitglieder sind dann auch automatisch und ohne weitere Wahl Delegierte der Vertreterversammlung (siehe den vorgeschlagenen § 39 RAO).

Zu Z 20 (§ 26 Abs. 2 bis 4 RAO)

Wie bisher wird in § 26 Abs. 2 RAO die Besorgung bestimmter, dem Ausschuss zugeordneter Geschäfte in Abteilungen vorgesehen, wenn der Ausschuss eine bestimmte Mindestgröße (zehn Mitglieder) aufweist. Die vom Ausschuss zusammenzusetzenden Abteilungen sollen künftig aus zumindest drei Ausschussmitgliedern (sowie zwei Ersatzmitgliedern) bestehen.

§ 26 Abs. 3 RAO trifft eine Regelung hinsichtlich der Vorsitzführung im Ausschuss und in den Abteilungen. Wie bisher soll danach der Vorsitz grundsätzlich dem Präsidenten, einem Präsidenten-Stellvertreter oder dem – gemessen an allen Mitgliedern des Ausschusses bzw. der Abteilung – an Lebensjahren ältesten Mitglied des Ausschusses oder der Abteilung zukommen. Sind diese aber allesamt verhindert, soll es künftig auch möglich sein, dass der Ausschuss oder die Abteilung ein Mitglied des Ausschusses (vorübergehend) zum Vorsitzenden wählt; damit soll die Handlungsfähigkeit des Ausschusses/der Abteilung sichergestellt werden.

Die in § 26 Abs. 4 RAO schon bisher vorgesehene Möglichkeit, bestimmte, im Gesetz angeführte Agenden durch ein dazu bestimmtes Mitglied des Ausschusses oder der Abteilung besorgen zu lassen, soll um einige regelmäßig wiederkehrende Aufgaben erweitert werden.

Zu Z 21 (§ 26 Abs. 6 RAO)

§ 26 RAO geht im Zusammenhang mit den Beschlussfassungen im Ausschuss bzw. dessen Abteilungen grundsätzlich von der persönlichen Anwesenheit der Ausschussmitglieder in einer gemeinsamen Sitzung aus. Dies bereitet gerade bei eiligen Angelegenheiten, die eine rasche Reaktion des Ausschusses oder der Abteilung erfordern, Probleme. Der vorgeschlagene § 26 Abs. 6 RAO sieht daher vor, dass Beschlüsse des Ausschusses oder der Abteilung in dringenden Fällen auch schriftlich, mittels Telefax oder auf elektronischem Weg unter Verwendung der elektronischen Anwaltssignatur gefasst werden können. Eine solche Beschlussfassung außerhalb einer Sitzung im Umlaufverfahren setzt aber voraus, dass alle stimmberechtigten Mitglieder des Ausschusses oder der Abteilung der Beschlussfassung in dieser Form im Vorhinein zugestimmt haben. Eine solche Vorabzustimmung kann von den Ausschuss- bzw. Abteilungsmitgliedern dabei auch schon zu Beginn der jeweiligen Funktionsperiode generell und damit für alle künftig anfallenden dringenden Angelegenheiten abgegeben werden.

Zu Z 22 (§ 27 Abs. 1 lit. b RAO)

Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 27 Abs. 1 lit. b RAO wird die Wahl der Delegierten zur Vertretersammlung ausdrücklich als eine der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer zugewiesene Angelegenheit bestimmt.

Zu Z 23 (§ 27 Abs. 1 lit. g RAO)

Mit den nach dem vorgeschlagenen § 27 Abs. 1 lit. g RAO von den Rechtsanwaltskammern zu erlassenden Richtlinien sollen sowohl die der Rechtsanwaltskammer in § 23 Abs. 4 RAO als auch einzelne der dem Rechtsanwalt nach § 10a RAO im Zusammenhang mit der Übernahme und Abwicklung von Treuhandschaften auferlegten Pflichten näher ausgestaltet werden. In Ansehung der von der Kammer zu errichtenden und zu führenden Treuhandeinrichtung soll ua. näher geregelt werden, wie und in welcher (organisatorischen) Form die Treuhandeinrichtung errichtet wird, wie die administrative Abwicklung der einzelnen Treuhandfälle über die Einrichtung erfolgt, ob und inwieweit die Einrichtung selbst in die Verfügung über oder die Freigabe des Treuhanderlags eingebunden ist, nach welchen Grundsätzen die Überprüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung der von den Rechtsanwälten übernommenen Treuhandschaften zu erfolgen hat, wie die Auswahl des oder der die Überprüfung konkret vornehmenden Kammermitglieds bzw. Kammermitglieder zu erfolgen hat, welche Versicherung(en) von der Rechtsanwaltskammer zur Sicherung der Rechte der Treugeber abgeschlossen werden, welche Schäden von der Versicherung bzw. den Versicherungen abzudecken sind sowie welchen Deckungsumfang und welche Deckungssumme die Versicherung(en) aufzuweisen haben, wie die von den Rechtsanwälten zur Aufbringung der Versicherungsprämien zu entrichtenden Beiträge (§ 10a Abs. 7 RAO) festgesetzt werden und wann sie vom Rechtsanwalt zu entrichten sind, wie die den Treugebern zu erteilende Information über Funktion und Wirkungsweise der Treuhandeinrichtung einschließlich des konkreten Versicherungsschutzes zu erfolgen hat und wie diese inhaltlich auszugestalten ist. Hinsichtlich der dem Rechtsanwalt auferlegten Pflichten haben die Richtlinien insbesondere Regelungen darüber zu enthalten, wie und in welcher Form der Rechtsanwalt seiner Verpflichtung zur Mitwirkung an der Überprüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung der von ihm übernommenen Treuhandschaften (§ 10a Abs. 5 RAO) nachzukommen hat.

Zu Z 24 (§ 27 Abs. 2 RAO)

Bereits bisher war in § 27 Abs. 2 RAO vorgesehen, dass die von den Kammermitgliedern an die Rechtsanwaltskammer zu leistenden Jahresbeiträge (§ 27 Abs. 1 lit. d RAO) für alle Kammermitglieder gleich hoch zu bemessen sind. Dies soll künftig nicht nur für die von den Rechtsanwälten, sondern auch für die von den Rechtsanwaltsanwärtern (die bislang nicht Kammermitglieder und damit „beitragsfrei“ waren) zu leistenden Beiträge gelten, dies freilich mit der Maßgabe, dass die Beitragshöhe für die Gruppe der Rechtsanwaltsanwärter niedriger sein muss als die Beiträge für die Gruppe der Rechtsanwälte. Grund dafür ist die regelmäßig geringere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Rechtsanwaltsanwärter. Konkret sollen sich die Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter höchstens auf die Hälfte der für Rechtsanwälte festgesetzten Beitragshöhe belaufen dürfen.

Aus Gründen der Zweckmäßigkeit soll die Plenarversammlung ferner beschließen können, dass die von den Rechtsanwaltsanwärtern zu leistenden Beiträge jeweils bei dem Rechtsanwalt einzuheben sind, bei dem sie in praktischer Verwendung stehen.

Zu Z 25 (§ 27 Abs. 4 RAO)

Mit den Änderungen soll darauf Bedacht genommen werden, dass – soweit dies die Geschäftsordnung der jeweiligen Rechtsanwaltskammer vorsieht – künftig auch die Beteiligung an Beschlussfassungen der Plenarversammlung im Weg der Briefabstimmung möglich sein wird. Bei der Ermittlung der für die Beschlussfähigkeit erforderlichen Quoren sind dabei nur gültig abgegebene Stimmen zu berücksichtigen.

Zu Z 26 (§ 27 Abs. 5 RAO)

Nach dem vorgeschlagenen § 27 Abs. 5 RAO soll in den Geschäftsordnungen der Rechtsanwaltskammern auch vorgesehen werden können, dass neben den in der Plenarversammlung vorzunehmenden Wahlen auch die Abstimmungen in den der Plenarversammlung vorbehaltenen Angelegenheiten mit an die Kammer zu übermittelndem Brief erfolgen können. Auf diese Briefabstimmungen sind die Bestimmungen des vorgeschlagenen § 24a RAO über die Briefwahl sinngemäß anzuwenden. Wird die Möglichkeit einer solchen Briefabstimmung eröffnet, so bedingt dies gleichzeitig, dass den sich brieflich an der Wahl beteiligenden Kammermitgliedern schon gemeinsam mit den zu übermittelnden Unterlagen sämtliche zur Abstimmung gelangenden Tagesordnungspunkte und deren genauer Inhalt bekanntgegeben werden, widrigenfalls über die betreffenden Punkte in der Plenarversammlung nicht wirksam abgestimmt werden kann.

Zu Z 27 und 31 (§§ 28 Abs. 1 lit. a und 29 RAO)

Ausschließlich Rechtsanwälte sind nach § 21 Abs. 1 RAO berechtigt, sich im Rahmen ihrer Berufstätigkeit der elektronischen Anwaltssignatur zu bedienen. Die Ausstellung der Ausweiskarten für die elektronische Anwaltssignatur ist gemäß § 28 Abs. 1 lit. a RAO eine Aufgabe des Ausschusses der jeweiligen Rechtsanwaltskammer. Mit den vorgeschlagenen Änderungen der §§ 28 Abs. 1 lit. a und 29 RAO soll der unrichtige Eindruck vermieden werden, dass auch Rechtsanwaltsanwärtern entsprechende Ausweiskarten für die elektronische Ausweiskarten auszustellen sind. Diese sind von der Rechtsanwaltskammer vielmehr wie bisher mit Legitimationsurkunden auszustatten (§§ 15 Abs. 4, 28 Abs. 1 lit. b RAO), die gleichzeitig auch ihre Kammermitgliedschaft nachweisen.

Zu Z 28 (§ 28 Abs. 1 lit. g RAO)

Hierbei handelt es sich um eine sprachliche Überarbeitung der Bestimmung über die Möglichkeit der Anrufung des Ausschusses der Rechtsanwaltskammer zur Vermittlung bei Meinungsverschiedenheiten zwischen zwei (oder mehr) Kammermitgliedern im Rahmen der Berufsausübung.

Zu Z 29 (§ 28 Abs. 1 lit. m RAO)

Die bisher ausdrücklich der Plenarversammlung zugewiesene Aufgabe der Festsetzung einer angemessenen Vergütung für die Erstattung von Gutachten über die Angemessenheit des Honorars insbesondere in Gerichtsverfahren (vgl. den bisherigen § 27 Abs. 1 lit. g RAO) soll künftig vom Ausschuss besorgt werden.

Zu Z 30 (§ 28 Abs. 3 RAO)

Mit der – neben einer sprachlichen Anpassung – in § 28 Abs. 3 RAO vorgeschlagenen Änderung soll die Einberufung einer außerordentlichen Plenarversammlung künftig von einer geringeren Anzahl an Kammermitgliedern verlangt werden können.

Zu Z 32 (§ 33 Abs. 5 RAO)

Über einen Rechtsanwalt darf weder im Zivil- noch im Strafverfahren eine Geldstrafe verhängt werden (vgl. § 200 Abs. 3 ZPO, § 236 Abs. 1 StPO). Entsprechende Regelungen finden sich auch im Verwaltungsverfahren (§ 34 Abs. 4 AVG), im Abgabenverfahren (§ 112 Abs. 5 BAO), im Finanzstrafverfahren (§ 127 Abs. 8 FinStrG) und im Patentverfahren (§ 82 Abs. 5 Patentgesetz 1970). Der damit nicht im Einklang stehende § 33 Abs. 5 RAO (nach dem das in den bestehenden Gesetzen über das Zivil- und Strafverfahren begründete Recht zur Verhängung von Geldstrafen auch gegen Rechtsanwälte geübt werden kann) kann insoweit entfallen.

Zu Z 33 (§ 35 Abs. 3 RAO)

Zu der im vorgeschlagenen § 35 Abs. 3 RAO enthaltenen Besorgung der dem Österreichischen Rechtsanwaltskammertag gesetzlich übertragenen Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich sei auf die zu Punkt 1. des Allgemeinen Teils der Erläuterungen sowie auf die Erläuterungen zum vorgeschlagenen § 23 Abs. 5 RAO verwiesen. Als Aufsichtsbefugnis (vgl. Art. 120b Abs. 1 B-VG) soll dem Bundesminister für Justiz das Recht zukommen, sich über die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags zu unterrichten. Dieser hat dem Bundesminister für Justiz zu diesem Zweck die erforderlichen Auskünfte zu erteilen.

Zu Z 34 bis 36 (§§ 36 und 37 RAO)

Mit diesen Änderungen wird auf die Einbeziehung der Rechtsanwaltsanwärter als Kammermitglieder Bedacht genommen.

Zu Z 37 (§ 39 RAO)

§ 39 regelt die Zusammensetzung der Vertreterversammlung. Auch hier ist die vorgeschlagene Einbeziehung der Rechtsanwaltsanwärter als Kammermitglieder entsprechend zu berücksichtigen. Delegierte sollen künftig jedenfalls die Präsidenten der Rechtsanwaltskammern und die den Ausschüssen der Rechtsanwaltskammern angehörenden Rechtsanwaltsanwärter (siehe dazu den vorgeschlagenen § 26 Abs. 1a RAO) sein. Daneben sollen der Vertreterversammlung – wie bisher – Delegierte der Rechtsanwaltskammern aus dem Kreis der Rechtsanwälte angehören, und zwar ein Delegierter pro angefangenen 100 Kammermitgliedern aus dem Kreis der Rechtsanwälte. Beibehalten wird auch die Regelung, dass auf die sich insoweit ergebende Zahl an „Rechtsanwalts-Delegierten“ einer Kammer die auf Grund des Amtes erfolgende Entsendung des Präsidenten entsprechend anzurechnen ist. Bei Rechtsanwaltskammern mit einer Mitgliederzahl von weniger als 100 Kammermitgliedern ist daher weiterhin nur der Präsident Delegierter aus dem Kreis der Rechtsanwälte der betreffenden Kammer.

Zu Z 38 (§ 41 Abs. 1 RAO)

Die vorgeschlagene Ergänzung des § 41 Abs. 1 RAO stellt klar, dass – ebenso wie bei den Rechtsanwaltskammern (vgl. den vorgeschlagenen § 24 Abs. 2 RAO) – zum Präsidenten und zum Präsidenten-Stellvertreter des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags ausschließlich Rechtsanwälte (und nicht auch Rechtsanwaltsanwärter) gewählt werden können. Entsprechendes wird auch für die Funktion des Rechnungsprüfers vorgesehen.

Zu Z 39 (§ 44 RAO)

Mit der vorgeschlagenen Änderung des § 44 RAO wird klargestellt, dass die Kosten des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags von den Rechtsanwaltskammern auch künftig nach dem Verhältnis ihrer Mitglieder aus dem Kreis der Rechtsanwälte zu tragen sein sollen; die Rechtsanwaltsanwärter bleiben bei der Ermittlung des betreffenden Aufteilungsschlüssels daher auch weiterhin unberücksichtigt.

Zu Z 40 und 41 sowie 43 bis 46 (§§ 48 Abs. 2, 49 Abs. 1, 1a und 2, 50 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1 RAO)

Die Ausweitung der Kammermitgliedschaft auf Rechtsanwaltsanwärter umfasst auch deren Einbeziehung in das System der anwaltlichen Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung. Das wiederholt kritisierte Fehlen einer sozialen Absicherung der Rechtsanwaltsanwärter soll damit beseitigt werden.

Zu Z 42 (§ 49 Abs. 1 letzter Satz RAO)

Mit dem vorgeschlagenen § 49 Abs. 1 letzter Satz RAO wird der bereits jetzt geltende Grundsatz, dass bei allfälligen Änderungen der Satzungen der Versorgungseinrichtungen wohlerworbene Rechte zu berücksichtigen sind und der Vertrauensschutz zu wahren ist, ausdrücklich in das Gesetz übernommen. Demgemäß sind etwa im Zusammenhang mit der ebenfalls vorgeschlagenen (kontinuierlichen) Anhebung des Pensionsalters auf 70 Jahre für die Altersrente (siehe den vorgeschlagenen § 50 Abs. 2 Z 2 lit. a RAO) entsprechende Vorkehrungen (insbesondere angemessen lange Übergangsfristen) in den Satzungen zu treffen, um eine Beeinträchtigung solcher wohlerworbener Rechte zu verhindern.

Zu Z 47 (§ 50 Abs. 2 Z 1a RAO)

Im neu gefassten § 50 Abs. 2 Z 1a RAO wird ua. die Einführung einer Ein-Jahresfrist, binnen derer ein Antrag auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitsversorgungsleistung zu stellen sein soll, vorgeschlagen. Diese Frist soll mit dem Erlöschen der Berechtigung zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft (§ 34 Abs. 1 RAO) zu laufen beginnen. Damit soll vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag berichteten Schwierigkeiten begegnet werden, die zuletzt im Zusammenhang mit einigen Fällen, in denen ein entsprechender Antrag erst Jahre nach dem tatsächlichen Eintritt der Berufsunfähigkeit gestellt wurde (und damit im Zusammenhang von den Rechtsanwaltskammern im Rahmen der von ihr nach § 51 RAO jährlich zu beschließenden Leistungs- und Umlagenordnung nicht berücksichtigte Versorgungszahlungen eingefordert wurden), aufgetreten sind. Der vorgeschlagene letzte Halbsatz der Z 1a („§ 1494 ABGB ist sinngemäß anzuwenden“) stellt dazu aber klar, dass diese Frist dann gehemmt wird, wenn der potenziell Anspruchsberechtigte an einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung (§ 268 Abs. 1 ABGB) leidet, wobei eine Hemmung nur dann anzunehmen ist, soweit ein gesetzlicher Vertreter erforderlich, aber noch nicht bestellt ist oder wenn dem eine Interessenkollision entgegensteht (Dehn in KBB2 § 1494 Rz 2 mwN).

Neu in die Berufsunfähigkeitsversorgung einbezogen werden die Rechtsanwaltsanwärter, wobei bei der Ausgestaltung der Versorgungseinrichtungen in den Satzungen der Rechtsanwaltskammern selbstverständlich auch für diese insbesondere die Grundsätze des § 49 Abs. 1 RAO zu beachten sind.

Zu Z 48 (§ 50 Abs. 2 Z 2 lit. a RAO)

Wie schon bisher wird in § 50 Abs. 2 Z 2 lit. a RAO als zeitliches Mindesterfordernis für den Anspruch auf Altersversorgung die Beitragspflicht zu einer Versorgungseinrichtung in der Dauer von mindestens zwölf Monaten vorgesehen. Neu ist, dass Beitragsmonate in Hinkunft auch schon von Rechtsanwaltsanwärtern erworben werden können. Bei diesen ist aber zu berücksichtigen, dass sie zum einen geringere Beiträge zu entrichten haben (vgl. den vorgeschlagenen § 53 Abs. 2 erster Satz RAO) und zum anderen nicht selbst zu Verfahrenshelfern bestellt werden können und daher auch nicht unmittelbar und in eigener Verantwortung Leistungen erbringen, die im Rahmen der vom Bund zu bezahlenden, von den Rechtsanwaltskammern ua. für die Altersversorgung zu verwendenden „allgemeinen“ Pauschalvergütung berücksichtigt werden. In den Satzungen soll daher vorgesehen werden können, dass Beitragsmonate für die Altersversorgung von Rechtsanwaltsanwärtern nur aliquot erworben werden können. Dieser anteilsmäßige Erwerb muss dabei aber in einem ausgewogenen Verhältnis zur tatsächlichen Beitragsleistung der Rechtsanwaltsanwärter stehen.

Auf Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags soll in § 50 Abs. 2 Z 2 lit. a RAO (unter Beibehaltung der Möglichkeit der Gewährung einer [mit nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnenden Abschlägen verbundenen] vorzeitigen Alterspension mit Vollendung des 61. Lebensjahrs) ferner die (kontinuierliche) Anhebung des Pensionsalters auf 70 Jahre für die Altersrente vorgesehen werden, dies selbstverständlich unter Wahrung bisher schon erworbener Rechte. Diesen „wohlerworbenen“ Rechten ist im Rahmen der Gestaltung der Satzungen der Versorgungseinrichtungen der Rechtsanwaltskammern hinreichend Rechnung zu tragen.

Zu Z 49 bis 55 und 57 (§§ 50 Abs. 2 Z 2 lit. b, d und e, 50 Abs. 3, 52 Abs. 2 und 3 sowie 53 Abs. 2 Z 1 und 2 RAO)

Auch mit diesen Änderungen wird der Ausweitung der Kammermitgliedschaft auf Rechtsanwaltsanwärter und deren Einbeziehung in die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung Rechnung getragen.

Zu Z 56 (§ 53 Abs. 2 RAO)

Wie bei den künftig auch von den Rechtsanwaltsanwärtern zu entrichtenden Kammerbeiträgen nach § 27 Abs. 1 lit. d RAO sollen auch die in der Umlagenordnung festzusetzenden Beiträge für die Versorgungseinrichtung für Rechtsanwaltsanwärter geringer sein als jene für Rechtsanwälte. Das zum vorgeschlagenen § 27 Abs. 2 RAO erster Satz Gesagte gilt sinngemäß.

Zu Z 58 (§ 53 Abs. 2 Z 3 RAO)

Mit der Änderung des § 53 Abs. 2 Z 3 RAO soll darauf Bedacht genommen werden, dass die in Hinkunft als Kammermitglieder miteinbezogenen Rechtsanwaltsanwärter nicht selbst zu Verfahrenshelfern bestellt werden können und daher auch nicht unmittelbar Leistungen erbringen, die im Rahmen der vom Bund zu zahlenden, von den Rechtsanwaltskammern für die Alters-, Berufsunfähigkeits- und Hinterbliebenenversorgung zu verwendenden „allgemeinen“ Pauschalvergütung berücksichtigt werden. Da sie insoweit weniger zu den Versorgungseinrichtungen beitragen, soll dies – wie das schon nach geltender Rechtslage (und auch künftig) für niedergelassene europäische Rechtsanwälte vorgesehen ist – bei der Bemessung der Beitragshöhe ausgeglichen werden können.

Zu Z 59 (§ 53 Abs. 2 letzter Satz RAO)

Aus Gründen der Zweckmäßigkeit soll nach dem vorgeschlagenen § 53 Abs. 2 letzter Satz RAO in den Umlagenordnungen vorgesehen werden können, dass die von den Rechtsanwaltsanwärtern zu leistenden Beiträge für die Versorgungseinrichtung jeweils bei dem Rechtsanwalt einzuheben sind, bei dem sie in praktischer Verwendung stehen.

Zu Art. 2 (Änderung der Notariatsordnung)

Zu Z 1 (§ 10 Abs. 2 NO)

Die Bekanntmachung der Ausschreibung von zu besetzenden Notarstellen soll nach dem Entwurf künftig durch eine entsprechende, allgemein zugängliche Einschaltung auf der Website der Österreichischen Notariatskammer erfolgen; daneben kann auch eine Verlautbarung auf andere geeignete Weise erfolgen. Die Bekanntmachung hat dabei so zeitgerecht zu erfolgen, dass zwischen ihr und dem Ende der Bewerbungsfrist zumindest 14 Tage liegen.

Zu Z 2 und 3 (§ 14 Abs. 1 und 2 NO)

Nach geltender Rechtslage ist ua. die vorherige Behebung der Ausweiskarten für die elektronische Beurkundungssignatur und die elektronische Notarsignatur bei der Notariatskammer Voraussetzung für die Zulässigkeit des Ansuchens an den Präsidenten des Oberlandesgerichts um Angelobung als Notar. Nach Mitteilung der Österreichischen Notariatskammer bereitet dies in der Praxis insoweit Probleme, als die Beschaffung der genannten Ausweiskarten zum Teil beträchtliche Zeit in Anspruch nimmt und dadurch die Angelobung ohne Notwendigkeit hinausgeschoben wird. Das genannte Kriterium für das Ansuchen um Angelobung soll daher entfallen. Gleichzeitig wird mit dem neu gefassten § 14 Abs. 2 NO aber klargestellt, dass der Notar unverzüglich nach der Angelobung die Ausweiskarten für die elektronische Beurkundungssignatur und die elektronische Notarsignatur – die ihm von Beginn seiner Amtstätigkeit an zur Verfügung stehen müssen – bei der Notariatskammer zu beheben hat (so dies nicht schon zuvor erfolgt ist).

Zu Z 4 (§ 16 NO)

Im Zusammenhang mit der Angelobung eines Notars hat der Präsident des Oberlandesgerichts bisher den Tag der Angelobung im Amtsblatt zur „Wiener Zeitung“ kundzumachen. Für die Öffentlichkeit, zu deren Information die Kundmachung erfolgen soll, ist aber weniger der Tag der Angelobung als der des tatsächlichen Amtsantritts von Interesse. Die Kundmachung soll sich daher künftig auf diesen Tag beziehen (wie dies § 17 NO für den Fall der „Übersetzung“ eines Notars bereits bisher vorsieht).

Zu Z 5 (§ 36a Abs. 1a NO)

Auf die Erläuterungen zu § 8a Abs. 1 RAO sei verwiesen.

Zu Z 6 (§§ 60, 61 NO)

Bei dieser Änderung handelt es sich um eine Anpassung an die Terminologie des § 73a ZPO.

Zu Z 7 (§ 62a NO)

Auf Grund einer Anregung der Österreichischen Notariatskammer soll es nach dem neu vorgeschlagenen § 62a NO über Verlangen einer oder mehrerer Partei(en) künftig möglich sein, auf den einzelnen Seiten eines Notariatsakts oder notariellen Protokolls dem von allen Parteien als verbindlich anerkannten deutschen Text eine von den Parteien gemeinsam vorgelegte fremdsprachige Übersetzung gegenüberzustellen, ohne dass es sich dabei um eine beglaubigte Übersetzung handeln muss. Zur Vermeidung von Missverständnissen ist der Umstand der „bloßen“ Gegenüberstellung am Beginn des Texts in Deutsch bzw. der jeweiligen anderen Sprache aber entsprechend deutlich ersichtlich zu machen. Dass die fremdsprachige Übersetzung, die vornehmlich der Information dienen soll, dabei (selbstverständlich) nicht die Kraft einer öffentlichen Urkunde hat, wird mit dem vorgeschlagenen § 62a zweiter Satz klargestellt.

Zu Z 8 (§ 69 Abs. 3 NO)

Von dem in § 69 Abs. 1 NO vorgesehenen Erfordernis, dass Vollmachten, die zur Errichtung eines Notariatsakts dienen, entweder öffentliche Urkunden oder beglaubigte Privaturkunden sein und dem Notariatsakt angeschlossen werden müssen, soll nach dem vorgeschlagenen Abs. 3 dann abgewichen werden können, wenn es sich um eine im Firmenbuch eingetragene Prokura handelt; diesfalls soll grundsätzlich eine Beurkundung der entsprechenden Eintragung durch den Notar nach § 89a NO zum Nachweis der Vollmacht ausreichen, die Form- und Vorlagepflichten des § 69 Abs. 1 und 2 NO müssen nicht eingehalten werden. Allerdings ist die Beurkundung im Notariatsakt selbst vorzunehmen; alternativ hat der Notar eine Bestätigung nach § 89a NO dem auf Papier errichteten Notariatsakt anzuschließen oder dem elektronisch errichteten Notariatsakt beizufügen und im Urkundenarchiv des österreichischen Notariats nach § 140e NO zu speichern.

Zu Z 9 und 10 (§ 93 Abs. 2 und 3 NO)

Mit dem BRÄG 2006, BGBl. I Nr. 164/2005, wurde § 93 Abs. 1 NO insoweit geändert, als Ausfertigungen von Notariatsakten grundsätzlich auch wiederholt den an der Errichtung beteiligten Personen und den von ihnen berechtigten Parteien ausgefolgt werden können. Unterblieben ist damit im Zusammenhang seinerzeit jedoch eine Anpassung des Abs. 2 dieser Bestimmung, der daher auch weiterhin von der früheren Grundregel der beschränkten Zahl der Ausfertigungen ausgeht. Diese Diskrepanz soll nunmehr beseitigt werden.

Zu Z 11 (§ 109a Abs. 5 NO)

Nach § 109a Abs. 1 NO hat der Notar Geldbeträge, die er im Rahmen einer eintragungspflichtigen notariellen Treuhandschaft übernommen hat, bei einem Kreditinstitut zu erlegen, das von der Österreichischen Notariatskammer für diesen Zweck anerkannt ist. Diese Anerkennung soll künftig nicht mehr im Amtsblatt zur „Wiener Zeitung“, sondern auf der Website der Österreichischen Notariatskammer allgemein zugänglich kundgemacht werden.

Zu Z 12 und 13 (§§ 112 Abs. 4 und 115 NO)

Der Notar hat bislang das von ihm nach § 112 NO zu führende Geschäftsregister, in das er jede von ihm vorgenommene notarielle Amtshandlung in zeitlicher Reihenfolge einzutragen hat, dem Präsidenten der Notariatskammer zu übergeben, sobald es vollgeschrieben ist. Entsprechendes gilt für die Ausdrucke des Geschäftsregisters, wenn dieses vom Notar (zulässigerweise) automationsunterstützt geführt wird. Der Präsident der Notariatskammer hat die ihm übergebenen Geschäftsregister bzw. deren Ausdrucke zu prüfen und entweder selbst allenfalls wahrgenommene Mängel zu beheben oder bei der Notariatskammer entsprechende Anträge zu stellen. Die geltende Regelung stellt jedoch nicht nur die Notariatskammern zusehends vor räumliche und personelle Probleme, sondern bringt auch für die Notare eine Beeinträchtigung der Kanzleiabläufe mit sich. Mit den zu §§ 112 Abs. 4 und 115 NO vorgeschlagenen Änderungen sollen hier insofern Erleichterungen geschaffen werden, als die Ausfolgung an den Präsidenten der Notariatskammer entfallen soll; diesem soll auch nicht mehr die Prüfung der Geschäftsregister zukommen, vielmehr soll dies als Aufgabe im Rahmen der Revision (§ 154 NO) vorgesehen werden.

Zu Z 14 (§ 123 Abs. 1 NO)

Im Sinn der herrschenden Lehre (B. Jud, Konkurs des Notars und Treuhandschaft: Zur Stellung des Notariatssubstituten, NZ 2008/95; Kletecka in FS Welser 477 [491]) soll auch im Gesetz klargestellt werden, dass im Fall der Notariatssubstitution die dem Notar erteilten Aufträge erlöschen und sich der Notariatssubstitut gegebenenfalls um eine entsprechende Beauftragung zu bemühen hat. Dies schließt Vereinbarungen wie nach Punkt 23.7. der THR 1999 nicht aus, wonach der Abschluss einer Treuhandvereinbarung durch den Notar voraussetzt, dass der Treugeber sein Einverständnis zur Fortsetzung und Beendigung der Treuhandschaft insbesondere durch den Substituten erteilt. Die Zulässigkeit und Wirkungen solcher Erklärungen sind nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen, dies insbesondere auch im Fall der Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Notars.

Zu Z 15 (§ 124 Abs. 3 NO)

Wie bereits unter Punkt 1. des Allgemeinen Teils der Erläuterungen betont, haben auch die Notariatskammern nach geltendem Recht die ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben eigenständig im Rahmen der Selbstverwaltung zu besorgen, ohne dass dem Bundesminister für Justiz ein Weisungsrecht zukommt. Entsprechendes gilt auch für die Notariatskollegien (die aus ihrer Mitte die Notariatskammer zu wählen haben) und jede ihrer (beiden) Gruppen. An diesem bewährten System soll sich auch im Zusammenhang mit den in der B-VG-Novelle BGBl. I Nr. 2/2008 vorgesehenen, mit 1. 1. 2010 in Kraft tretenden verfassungsrechtlichen Neuregelungen rund um die „nichtterritoriale Selbstverwaltung“ nichts ändern. Demgemäß wird mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 124 Abs. 3 NO klargestellt, dass die Notariatskollegien und jede ihrer Gruppen die ihnen gesetzlich zukommenden Aufgaben im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen haben.

Dem Bundesminister für Justiz kommt nach geltendem Recht weiters gemäß § 153 NO die oberste Aufsicht über das Notariatswesen zu, wobei sich dieses Aufsichtsrecht entsprechend Art. 120b Abs. 1 B-VG auch auf die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsführung der Notariatskollegien und jede ihrer Gruppen bezieht. Die Notariatskollegien und ihre Gruppen haben dem Bundesminister für Justiz zu diesem Zweck die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Das Aufsichtsrecht des Bundesministers für Justiz umfasst ferner das Recht auf die Versagung oder die Erteilung der Genehmigung von Geschäftsordnungen, die eine Gruppe oder die gemeinsame Versammlung für sich oder diese für die Kammer gemäß § 125 Abs. 6 NO beschließt.

Zu Z 16 (§ 125 Abs. 4 Z 2 NO)

Nach dem vorgeschlagenen § 125 Abs. 4 Z 2 NO soll – wie schon bisher – die gemeinsame Versammlung beider Gruppen des jeweiligen Notariatskollegiums die von den Notaren bzw. den Notariatskandidaten zu entrichtenden Kammerbeiträge festsetzen; gleichfalls beibehalten werden soll damit im Zusammenhang auch die Regelung, wonach beschlossen werden kann, dass die Beiträge der Notariatskandidaten von den Notaren zu entrichten sind, bei denen sie eingetragen sind. Neu ist, dass in einer ebenfalls von der gemeinsamen Versammlung beider Gruppen des Notariatskollegiums zu beschließenden Beitragsordnung (§ 125a NO) nähere Vorschriften zur Festsetzung, Vorschreibung, Einhebung und Eintreibung dieser Beiträge zu treffen sind.

Zu Z 17 (§ 125 Abs. 4 Z 6 und 7 NO)

Der vorgeschlagene § 125 Abs. 4 Z 6 NO hängt mit der Neuordnung des Ordnungsstrafverfahrens nach der NO zusammen (siehe dazu schon Punkt 4. des Allgemeinen Teils der Erläuterungen). Die gemeinsame Versammlung beider Gruppen des Notariatskollegiums soll danach künftig einen jeweils mindestens drei Personen aus dem Notarenstand umfassenden Wahlvorschlag für die Besetzung des von der Notariatskammer zu entsendenden Mitglieds und Ersatzmitglieds des Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen (§ 168 Abs. 1 NO) erstatten. Vorgeschlagen werden können dabei nur Notare, die ihr Amt seit wenigstens sechs Jahren ausüben. Ferner darf ein Mitglied oder Ersatzmitglied des Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen nicht zugleich Mitglied einer Notariatskammer oder des Delegiertentags oder des Ständigen Ausschusses der Österreichischen Notariatskammer, Kammeranwalt oder Stellvertreter des Kammeranwalts oder Notarenrichter sein oder eine dieser Funktionen in den letzten fünf Jahren vor der Wahl ausgeübt haben (§ 168 Abs. 1 NO).

Die Schaffung von und die Beteiligung an Instituten, Einrichtungen, Fonds, Stiftungen, Unternehmen oder Pensionskassen, die geeignet sind, die sozialen, wirtschaftlichen, organisatorischen, ausbildungsmäßigen oder standespolitischen Interessen des Notariats, seiner Standesmitglieder und ehemaligen Standesmitglieder sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen zu fördern, und die Festsetzung der zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlichen Beiträge ist derzeit gesetzlich als Aufgabe der Notariatskammer vorgesehen (§ 134 Abs. 2 Z 16 NO). Tatsächlich dürften in der Praxis entsprechende Entscheidungen aber nicht von der Notariatskammer, sondern vom Notariatskollegium getroffen werden. Diesem Umstand soll mit dem vorgeschlagenen § 125 Abs. 4 Z 7 NO Rechnung getragen werden. Die genannten Angelegenheiten sollen künftig einer Beschlussfassung der gemeinsamen Versammlung beider Gruppen des Notariatskollegiums vorbehalten sein, dies auch hinsichtlich der Festsetzung der betreffenden Beiträge. Wie im Zusammenhang mit den Kammerbeiträgen sollen auch hier die näheren Vorschriften zur Festsetzung, Vorschreibung, Einhebung und Eintreibung der Beiträge in einer Beitragsordnung (§ 125a NO) zu treffen sein.

Zu Z 18 (§ 125a NO)

Die NO enthält derzeit nur sehr allgemeine Regelungen zu den von den Notaren bzw. Notariatskandidaten zu bezahlenden „allgemeinen“ Kammerbeiträgen und den zweckgebundenen Beiträgen nach § 134 Abs. 2 Z 16 NO (künftig § 125 Abs. 4 Z 7 NO). Nähere Vorschriften zur Festsetzung, Vorschreibung, Einhebung und Eintreibung von Kammerbeiträgen fehlen derzeit weitgehend, was in der Praxis immer wieder Probleme bereitet. Mit dem neuen § 125a NO und der auf dessen Basis vom Notariatskollegium zu erlassenden Beitragsordnung, bei der es sich um eine Satzung im Sinn des Art. 120b Abs. 1 B-VG handelt, soll daher das Beitragswesen als Ganzes auf eine klare gesetzliche Grundlage gestellt werden.

Zu Z 19 (§ 134 Abs. 1 NO)

Das zu § 124 NO Gesagte gilt sinngemäß.

Zu Z 20 (§ 134 Abs. 2 Z 3 NO)

Die bisher in § 134 Abs. 2 Z 3 NO vorgesehene Verpflichtung der Notare bzw. Notariatskandidaten, die Vermittlung der Kammer anzurufen, bevor sie eine Disziplinaranzeige machen, ist an ihrem bisherigen Regelungsort insoweit verfehlt, als es sich dabei um eine Berufspflicht handelt, § 134 Abs. 2 NO aber die der Notariatskammer zukommenden Aufgaben nennt. Über Anregung der Österreichischen Notariatskammer kann diese Verpflichtung überhaupt gestrichen werden, weil sie sich ohnedies auch in Punkt 12. der Richtlinien der Österreichischen Notariatskammer über das Verhalten und die Berufsausübung der Standesmitglieder (STR 2000) findet.

Zu Z 21 (§ 134 Abs. 2 Z 6 NO)

Die bisher nur in § 117a Abs. 4 NO genannte Zuständigkeit der Notariatskammer zur Entscheidung über die Eintragung in das Verzeichnis der Notariatskandidaten soll künftig auch ausdrücklich im Rahmen des in § 134 Abs. 2 NO enthaltenen Aufgabenkatalogs der Notariatskammer angeführt werden.

Zu Z 22 (§ 134 Abs. 2 Z 9 NO)

Wie schon nach geltendem Recht wird mit dem vorgeschlagenen § 134 Abs. 2 Z 9 NO die Besorgung der wirtschaftlichen Angelegenheiten einschließlich der Hereinbringung der von den Notaren bzw. Notariatskandidaten zu leistenden Beiträge als Aufgabe der Notariatskammer definiert. Die weiteren Änderungen im Vergleich zum geltenden Recht betreffen im Wesentlichen begriffliche Klarstellungen und Anpassungen im Zusammenhang mit der Neuregelung des Beitragswesens.

Zu Z 23 (§ 134 Abs. 2 Z 11 NO)

Eine der Maßnahmen im Rahmen der Neuordnung des Ordnungsstrafverfahrens nach der NO betrifft die Einführung eines Kammeranwalts als Partei im Berufungsverfahren in Ordnungsstrafsachen. Der Kammeranwalt soll in diesem Verfahrensstadium die Interessen der betreffenden Notariatskammer vertreten. Der neu gefasste § 134 Abs. 2 Z 11 NO sieht dazu vor, dass die Wahl des Kammeranwalts und seines Stellvertreters der Notariatskammer zukommt.

Zu Z 24 und 25 (§ 134 Abs. 2 Z 15a und 16)

Nach dem vorgeschlagenen § 125 Abs. 4 Z 7 NO soll die Schaffung von und die Beteiligung an Instituten, Einrichtungen, Fonds, Stiftungen, Unternehmen oder Pensionskassen, die geeignet sind, die sozialen, wirtschaftlichen, organisatorischen, ausbildungsmäßigen oder standespolitischen Interessen des Notariats, seiner Standesmitglieder und ehemaligen Standesmitglieder sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen zu fördern, und die Festsetzung der zur Erfüllung dieser Aufgaben erforderlichen Beiträge künftig nicht mehr eine Aufgabe der Notariatskammer, sondern des Notariatskollegiums sein. Demgemäß hat der die entsprechende Aufgabe der Notariatskammer regelnde § 134 Abs. 2 Z 16 NO zu entfallen.

Zu Z 26 (§ 137 Abs. 4 NO)

Hierbei handelt es sich um die Berichtigung eines Redaktionsversehens im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Übersendung von Informationen durch die Notariatskammer an die Standesangehörigen.

Zu Z 27 (§ 138 Abs. 1 NO)

Im Ordnungsstrafverfahren soll der Rechtszug gegen Beschlüsse der Notariatskammer, die einen Schuldspruch enthalten, in Hinkunft nicht mehr an den Ständigen Ausschuss der Österreichischen Notariatskammer, sondern an den auf der Grundlage des Art. 20 Abs. 2 B-VG eingerichteten Berufungssenat in Ordnungsstrafsachen gehen. Die dadurch im Ständigen Ausschuss frei werdenden Kapazitäten sollen dahingehend genutzt werden, dass künftig über Berufungen gegen Bescheide der Notariatskammer oder ihres Präsidenten generell der Ständige Ausschuss der Österreichischen Notariatskammer entscheiden soll, sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Damit wird nicht zuletzt auch dem Umstand, dass es sich bei den der Notariatskammer gesetzlich zukommenden Aufgaben generell um solche des eigenen Wirkungsbereichs handelt, besonders Rechnung getragen.

Zu Z 28 (§ 140 Abs. 1 NO)

Das in § 140 Abs. 1 NO neu aufzunehmende Klammerzitat stellt klar, dass es sich auch bei der Österreichischen Notariatskammer um einen Selbstverwaltungskörper im Sinn der Bestimmungen der Art. 120a ff. B-VG über die nichtterritoriale Selbstverwaltung handelt.

Zu Z 29 (§ 140a Abs. 1 NO)

Im neu gefassten § 140a Abs. 1 NO wird zunächst klargestellt, dass die Österreichische Notariatskammer zur Vertretung des österreichischen Notariats auch auf europäischer und internationaler Ebene berufen ist. Im Übrigen wird in § 140a Abs. 1 NO vorgesehen, dass auch die der Österreichischen Notariatskammer gesetzlich zukommenden Aufgaben von ihr im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen sind. Das Aufsichtsrecht des Bundesministers für Justiz umfasst dabei – neben allgemeinen Befugnissen – gemäß § 142 NO auch das Recht, die Beschlüsse des Delegiertentags aufzuheben, wenn sie Gesetzen oder Verordnungen widersprechen.

Zu Z 30 (§ 140a Abs. 2 Z 2 NO)

Mit dem neu gefassten § 140a Abs. 2 Z 2 NO wird klargestellt, dass zum Wirkungsbereich der Österreichischen Notariatskammer neben der Festsetzung der Beiträge der Notariatskammern zur Deckung ihres Aufwands (§ 141h Abs. 2 NO) die Besorgung der sonstigen wirtschaftlichen Angelegenheiten gehört, soweit ihr Zuständigkeits- und Wirkungsbereich betroffen ist.

Zu Z 31 (§ 140a Abs. 2 Z 4 NO)

Der vorgeschlagene § 140a Abs. 2 Z 4 NO entspricht inhaltlich im Wesentlichen dem neuen § 125 Abs. 4 Z 7 NO. Auch hier werden die notwendigen gesetzlichen Grundlagen für eine Beitragsordnung betreffend die „zweckgebundenen“ Beiträge vorgesehen. Dagegen bedarf es keiner Regelung für die Beiträge zur Deckung des Aufwands der Österreichischen Notariatskammer. Beitragsschuldner sind hier nicht die einzelnen Standesangehörigen selbst, sondern die Notariatskammern.

Zu Z 32 (§ 140b Abs. 4 NO)

Dabei handelt es sich um eine begriffliche Anpassung.

Zu Z 33 (§ 140c Abs. 1 NO)

Die bisherige Formulierung des § 140c Abs. 1 NO, wonach das Österreichische Zentrale Testamentsregister (ÖZTR) der Registrierung der Verwahrung der bei Gerichten, Notaren und Rechtsanwälten hinterlegten letztwilligen Anordnungen, Erbverträge, Vermächtnisverträge sowie Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge dient, hat sich als zu eng erwiesen. Davon sind die für die Verlassenschaftsabhandlung regelmäßig ebenso bedeutsamen Urkunden über sonstige Erklärungen auf den Todesfall (vgl. § 152 Abs. 1 AußStrG) nicht umfasst. Dem soll mit einer entsprechenden Ergänzung des § 140c Abs. 1 NO abgeholfen werden.

Zu Z 34 (§ 140j NO)

Die von der Österreichischen Notariatskammer und den Notariatskammern erlassenen Richtlinien sollen künftig generell auf der Website der Österreichischen Notariatskammer unverzüglich und allgemein zugänglich kundzumachen und zumindest bis zu ihrem Außerkrafttreten dauerhaft bereitzustellen sein; ferner soll eine Bekanntmachung auch in der Österreichischen Notariats-Zeitung erfolgen. Die bisher für bestimmte Fälle vorgesehene Kundmachung auch im Amtsblatt zur „Wiener Zeitung“ soll dagegen entfallen.

Zu Z 35 (§ 141b Abs. 3 NO)

Nach der vorgeschlagenen Ergänzung des § 141b Abs. 3 NO hat der Delegiertentag der Österreichischen Notariatskammer künftig auch die Mitglieder und Ersatzmitglieder des Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen (§ 168 NO) zu wählen. Die Wahl hat dabei anhand der von den einzelnen Notariatskollegien gemäß § 125 Abs. 4 Z 6 NO zu erstattenden Wahlvorschläge zu erfolgen, wobei jedes Notariatskollegium mit einem Mitglied und einem Ersatzmitglied im Berufungssenat in Ordnungsstrafsachen vertreten sein muss.

Zu Z 36 (§ 141e Abs. 2a NO)

Im Zusammenhang mit dem vorgeschlagenen § 141e Abs. 2a NO sei zunächst auf die Erläuterungen zu § 140a Abs. 2 Z 4 NO (dessen sinngemäße Anwendung § 141e Abs. 2a NO anordnet) verwiesen. Mit der von der Österreichischen Notariatskammer zu erlassenden Beitragsordnung (einer Satzung im Sinn des Art. 120b Abs. 1 B-VG) sollen nähere Regelungen zur Festsetzung, Vorschreibung, Einhebung und Eintreibung der „zweckgebundenen“ Beiträge nach § 140a Abs. 2 Z 4 NO getroffen werden, deren Hereinbringung schon bisher primär Aufgabe der Österreichischen Notariatskammer war. In der Beitragsordnung kann – ebenfalls wie bisher – auch vorgesehen werden, dass die Beiträge von den jeweiligen Rechtsträgern (§ 140a Abs. 2 Z 4 NO) im Umfang der von ihnen erbrachten Leistungen unmittelbar vorgeschrieben und eingehoben werden.

Zu Z 37 (§ 141e Abs. 3 NO)

Auf die Erläuterungen zu § 137 Abs. 4 NO sei verwiesen.

Zu Z 38 bis 40 (§ 141f Abs. 1 bis  3 NO)

Nach dem neu gefassten § 138 Abs. 1 NO sind – sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – die auf Grund dieses Gesetzes ergehenden Bescheide (Entscheidungen und Verfügungen) der Notariatskammer mittels Berufung (Beschwerde) an den Ständigen Ausschuss der Österreichischen Notariatskammer bekämpfbar; das ist auch im Zusammenhang mit dem die Aufgaben und Befugnisse des Ständigen Ausschusses regelnden § 141f NO nochmals klarzustellen. Eine der gesetzlich angeordneten Ausnahmen stellen Berufungen gegen Beschlüsse der Notariatskammern in Ordnungsstrafsachen, die einen Schuldspruch enthalten, dar. Unter dem Begriff der Ordnungsstrafsachen sind die Verfahren wegen Ordnungswidrigkeiten (vgl. dazu und zu deren Abgrenzung zu den Disziplinarvergehen § 156 NO) zu verstehen, in denen der Rechtszug zum neu geschaffenen Berufungssenat in Ordnungsstrafsachen (siehe dazu den vorgeschlagenen § 168 NO) geht.

Zu Z 41 (§ 141i Z 6 NO)

Ebenso wie das Amt des Präsidenten oder Vizepräsidenten der Österreichischen Notariatskammer kann auch eine entsprechende Funktion auf internationaler Ebene, konkret die Funktion des Präsidenten/des Vorsitzenden einer internationalen Notarvereinigung oder dessen Vertreter, mit einem überdurchschnittlichen zeitlichen Aufwand verbunden sein. Obgleich es sich auch bei diesen Funktionen – wie dies bei allen innerstaatlichen Kammerfunktionen generell der Fall ist – in aller Regel um Ehrenämter handeln wird, lässt auch die Übernahme einer solchen zeitintensiven Aufgabe im Dienst des Notariats eine Abgeltung des Aufwands für allfällige Ersatzkräfte als legitim erscheinen. In der Geschäftsordnung der Österreichischen Notariatskammer soll daher (fakultativ) auch für den Fall der Übernahme einer solchen internationalen Funktion durch einen österreichischen Notar die Gewährung einer Aufwandsentschädigung vorgesehen werden können. Soweit von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht wird, wird diese Entschädigung aber jedenfalls niedriger auszufallen haben als jener Betrag, der dem Präsidenten (bzw. dem Vizepräsidenten) der Österreichischen Notariatskammer gebührt.

Zu Z 42 (§ 154 Abs. 1 NO)

Mit der Änderung des § 154 Abs. 1 NO wird klargestellt, dass sich die von der Notariatskammer bei den Notaren regelmäßig („von Zeit zu Zeit“) vorzunehmende ordentliche Revision neben den im Gesetz schon bisher ausdrücklich genannten „Akten der Notare“ ausdrücklich auch auf die von den Notaren zu führenden Geschäftsregister, Bücher, Verzeichnisse und Sammlungen (§§ 112 Abs. 4, 115, 116 NO) zu beziehen hat.

Zu Z 43 (§ 154 Abs. 3 NO)

Auf die Erläuterungen zu § 78 Abs. 3 DSt sei verwiesen.

Zu Z 44 (§ 158 NO)

Die in § 158 Abs. 1 Z 2 und Abs. 5 Z 3 NO normierten Höchstbeträge für Geldbußen, mit denen Disziplinarvergehen bzw. Ordnungswidrigkeiten geahndet werden können, sind seit ihrer Einführung im Jahr 1983 durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 651/1982 der Höhe nach unverändert (bzw. wurden im Rahmen der Euro-Umstellung durch das 2. Euro-Justiz-Begleitgesetz BGBl. I Nr. 98/2001 sogar leicht abgerundet). Die seither eingetretene Geldwertentwicklung rechtfertigt eine Anhebung dieser Beträge von 36 000 Euro auf 50 000 Euro bzw. von 7 200 Euro auf 10 000 Euro.

Zu Z 45 (Überschrift X. Hauptstück II. Abschnitt NO)

Mit der Änderung der Überschrift des X. Hauptstücks II. Abschnitt NO wird der Einführung des Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen Rechnung getragen.

Zu Z 46 bis 48 (§ 162 NO)

Sobald die Notariatskammer den Beschluss fasst, ein Disziplinarverfahren gegen einen Notar oder einen Notariatskandidaten einzuleiten, hat sie – falls kein einfacher Fall vorliegt (§ 161 Abs. 4 NO) – einen Untersuchungskommissär aus der Notarengruppe zu bestellen. Dieser hat alle zur vollständigen Aufklärung des Sachverhalts erforderlichen Umstände von Amts wegen zu erheben. Über die Reichweite der dem Untersuchungskommissär nach § 162 NO zukommenden Befugnisse sind in der praktischen Anwendung dieser Bestimmung zuletzt vereinzelt Unklarheiten aufgetreten. Diese sollen mit den zu § 162 NO vorgeschlagenen Änderungen ausgeräumt werden. Ferner soll der Untersuchungskommissär – zusätzlich zu der bereits bisher vorgesehenen Möglichkeit, die zuständige Staatsanwaltschaft im Weg der Rechtshilfe um die Durchführung von Vernehmungen zu ersuchen – die Staatsanwaltschaft künftig auch um die Vornahme anderer Erhebungen ersuchen können, wobei die Staatsanwaltschaft dabei nach den Bestimmungen der StPO vorzugehen hat. Ausgenommen den Fall der Verhängung von Beugestrafen bei ungerechtfertiger Nichtbefolgung von Ladungen ist damit im Zusammenhang aber die Anwendung von Zwangsmitteln unzulässig.

Zu Z 49 (§ 164 Abs. 1 NO)

Auf die Einführung des Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen ist auch im Zusammenhang mit den in § 164 Abs. 1 NO geregelten Ausschließungsgründen betreffend die Mitwirkung an Verhandlungen, Beratungen und Beschlussfassungen in Ordnungsstrafsachen entsprechend Bedacht zu nehmen. Nach dem neuen § 164 Abs. 1 Z 4 NO soll ein Mitglied des Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen dann ausgeschlossen sein, wenn es im vorangegangenen Verfahren Untersuchungskommissär war oder an der angefochtenen Entscheidung der Notariatskammer teilgenommen hat.

Zu Z 50 f., 53 f. und 56 (§§ 164 Abs. 2 und 3, 167 Abs. 1 und 169 Abs. 1 NO)

Bei den zu § 164 Abs. 2 und 3, § 167 Abs. 1 und 169 Abs. 1 NO vorgeschlagenen Änderungen handelt es sich um weitere Anpassungen im Zusammenhang mit der Einführung des Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen. In § 167 Abs. 1 NO wird damit im Zusammenhang auch klargestellt, dass die Berufung an den Berufungssenat in Ordnungsstrafsachen bei der Notariatskammer einzubringen ist, die den angefochtenen Beschluss erlassen hat.

Zu Z 52 (§ 165 Abs. 3 NO)

Hierbei handelt es sich um eine Zitatanpassung.

Zu Z 55 (§ 168 NO)

Nach Art. 20 Abs. 2 B-VG können Organe durch Gesetz von der Bindung an Weisungen der ihnen vorgesetzten Organe freigestellt werden, dies allerdings grundsätzlich nur in bestimmten, in Art. 20 Abs. 2 Z 1 bis 8 B-VG angeführten „weisungsfreien Zonen“ (Öhlinger, Weisungsfreie Verwaltungsbehörden nach der B-VGNovelle BGBl I 2008/2 Verfassungs- und Verwaltungsreform 2008, JRP 2008, 85). Einer dieser Bereiche, für den der Bundesverfassungsgesetzgeber den Bedarf nach Einrichtung entsprechend weisungsfrei gestellter Behörden ausdrücklich anerkannt hat, ist die Durchführung einzelner Angelegenheiten des Dienst- und Disziplinarrechts (Art. 20 Abs. 2 Z 6 B-VG). Auf dieser verfassungsgesetzlichen Grundlage beruht die zu § 168 NO vorgeschlagene Einrichtung eines Berufungssenats in Ordnungsstrafsachen bei der Österreichischen Notariatskammer, der zur Entscheidung über Berufungen gegen Beschlüsse der Notariatskammern in Ordnungsstrafsachen, die einen Schuldspruch enthalten, berufen sein soll. Die sechs Mitglieder sollen ebenso wie die sechs Ersatzmitglieder auf der Grundlage der von den einzelnen Notariatskollegien zu erstattenden Wahlvorschläge durch den Delegiertentag für eine Amtsdauer von fünf Jahren gewählt werden (siehe die vorgeschlagenen § 125 Abs. 4 Z 6 und 141b Abs. 3 NO). Nach dem vorgeschlagenen § 168 Abs. 2 NO sollen sie in Ausübung ihres Amts an keine Weisungen gebunden sein und ihr Amt unparteiisch auszuüben haben. Entsprechend den Vorgaben des Art. 20 Abs. 2 B-VG hat mit der Weisungsfreistellung ein der Aufgabe des weisungsfreien Organs angemessenes Aufsichtsrecht des zuständigen obersten Organs einherzugehen. Demgemäß sieht der Entwurf das Recht des Bundesministers für Justiz vor, sich über alle Gegenstände der Geschäftsführung des Berufungssenats zu unterrichten. Für den Fall, dass eines der Mitglieder des Berufungssenats seine Aufgaben dauerhaft gröblich vernachlässigt oder seine Pflichten schwerwiegend verletzt, hat der Bundesminister für Justiz auch das Recht, das betreffende Mitglied seines Amtes zu entheben.

Um zu gewährleisten, dass die Interessen der Notariatskammer, deren Beschluss ja den Anlass und Gegenstand des Verfahrens vor dem Berufungssenat in Ordnungsstrafsachen bildet, auch im Stadium des Berufungsverfahrens weiterhin hinreichend gewahrt werden, schlägt der Entwurf die Schaffung der Funktion eines Kammeranwalts vor. Dem – gleichfalls auf fünf Jahre zu wählenden – Kammeranwalt soll im Berufungsverfahren Parteistellung zukommen, wobei er auch das Recht zur schriftlichen und mündlichen Stellungnahme bzw. das Fragerecht in der mündlichen Berufungsverhandlung haben soll.

Der Berufungssenat in Ordnungsstrafsachen soll (nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung) grundsätzlich in der Sache selbst entscheiden; wie schon bisher soll dabei eine Abänderung des Beschlusses zum Nachteil des Beschuldigten nicht möglich sein. Soweit einer der in Abs. 5 zweiter Satz genannten Fälle einer Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor der Notariatskammer vorliegt (insbesondere wegen nicht ordnungsgemäßer Besetzung der Notariatskammer, nicht erschöpfender Aufklärung des Sachverhalts, unzureichenden rechtlichen Gehörs, mangelhafter Begründung des angefochtenen Beschlusses oder Bedenken gegen die Richtigkeit der darin enthaltenen Tatsachenfeststellungen), sieht der Entwurf die Zurückverweisung der Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Notariatskammer vor, die an die im Aufhebungsbeschluss enthaltene rechtliche Beurteilung gebunden ist. Freilich kann der Berufungssenat die von ihm konstatierten Mängel auch selbst beheben; werden dazu Verfahrensergänzungen nötig, soll er diese entweder selbst vornehmen oder damit die Notariatskammer beauftragen können.

Die vom Berufungssenat gefassten Beschlüsse können nach dem vorgeschlagenen Abs. 6 im Verwaltungsweg nicht aufgehoben oder abgeändert werden. Davon nicht berührt ist die Anfechtbarkeit vor dem Verwaltungsgerichtshof.

Zu Z 57 (§§ 169 Abs. 2 und 170 Abs. 1 NO)

Hierbei handelt es sich um Zitatanpassungen.

Zu Z 58 (§ 171 Abs. 2 NO)

Im Einklang mit der Lehre (Wagner/Knechtel, NO6 § 172 Rz 2) entsprach es auch ohne eine dahingehende ausdrückliche gesetzliche Anordnung der bisherigen Praxis, dass die dem Disziplinargericht angehörenden Notarenrichter nicht gleichzeitig Kammermitglieder sein dürfen (Grund dafür ist die Zuständigkeit der Notariatskammer zur Ahndung von Standespflichtverletzungen). Aus Gründen der Rechtsklarheit soll dies nunmehr aber auch ausdrücklich im Gesetz klargestellt werden. Bei dieser Gelegenheit wird auch auf weitere, vergleichbar gelagerte Unvereinbarkeiten Bedacht genommen.

Zu Z 59 (§ 171 Abs. 3 NO)

§ 171 Abs. 3 NO regelt die Anzahl der von der Notariatskammer für den Disziplinarsenat des Oberlandesgerichts zu wählenden Notarenrichter. Grundsätzlich hat jede Kammer demnach zumindest vier Notarenrichter zu wählen; erreicht das Notariatskollegium eine gewisse Größe, so erhöht sich die Anzahl der zu Wählenden. Die gesetzliche Terminologie ist hier aber insoweit missverständlich, als zwar die Mitgliederzahl des Notariatskollegiums maßgeblich sein soll (zu dem neben der Gruppe der Notare auch die Gruppe der Notariatskandidaten gehört), im Klammerausdruck aber gleichzeitig auf die Zahl der „systemisierten Notarstellen“ (und damit nur auf die Gruppe der Notare) abgestellt wird. Der Klammerausdruck soll daher entfallen.

Zu Z 60 (§ 180 Abs. 2 NO)

Die vorläufige Suspension eines Notars oder Notariatskandidaten darf grundsätzlich nur vom Disziplinargericht verhängt werden. Eine Ausnahme sieht § 180 Abs. 2 NO bei Gefahr im Verzug vor. Gefahr im Verzug wird anzunehmen sein, wenn – bei Vorliegen eines der in § 180 Abs. 1 NO genannten Gründe – die Unterlassung der sofortigen Suspendierung eine unmittelbare, gegenwärtige Gefahr herbeiführen kann (Wagner/Knechtel, NO6 § 180 Rz 5); diesfalls kann der Präsident des Landesgerichts, in dessen Sprengel sich der Amtssitz des Notars befindet, die provisorische Suspension verfügen. Gleichzeitig hat er jedoch die Anzeige an das Disziplinargericht zu erstatten, das nach der vorgeschlagenen Änderung seine Entscheidung über die Bestätigung oder Aufhebung der Suspension künftig längstens binnen acht Tagen nach erfolgter Verständigung zu treffen haben soll. Das soll sicherstellen, dass in diesem für den Notar bzw. Notariatskandidaten ganz zentralen Punkt gerade auch im Hinblick auf die gegebenenfalls bestehende Anfechtungsmöglichkeit der Suspensionsentscheidung nach § 181 NO klare Verhältnisse geschaffen werden.

Zu Z 61 (§ 181 Abs. 3 NO)

Unter dem in § 181 Abs. 3 NO angeordneten „Vollzug der provisorischen Suspension auf die im § 178 festgesetzte Art“ wird bereits jetzt auch die Information der Öffentlichkeit über den Spruch der die vorläufige Suspension aussprechenden Entscheidung verstanden. Dies soll nunmehr auch im Gesetz entsprechend klargestellt werden.

Zu Z 62 f. (§ 183 Abs. 1 und 1a NO)

Im Fall der bleibenden Unfähigkeit eines Notars zur Amtstätigkeit hat ihn die Notariatskammer (bzw. bei deren Untätigkeit der Präsident des Landesgerichts am Sitz der Kammer) nach § 183 Abs. 1 NO zur Zurücklegung seines Amts binnen einer angemessen zu bestimmenden Frist (wobei die Notariatskammer damit im Zusammenhang auch vorsehen kann, mit welcher datumsmäßigen Wirksamkeit das Amt zurückzulegen ist) aufzufordern. Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des Abs. 1 wird zunächst klargestellt, dass eine solche Aufforderung nicht gesondert anfechtbar ist. Mit dieser Aufforderung allein wird es freilich dann nicht getan sein, wenn auf Grund der Umstände des Einzelfalls schwere Nachteile für die Interessen der rechtsuchenden Bevölkerung drohen oder das Ansehen des Standes nachhaltig gefährdet ist; diesfalls soll die Notariatskammer gleichzeitig mit der Aufforderung an den Notar, sein Amt zurückzulegen, beim Präsidenten des Landesgerichts die provisorische Suspension anzuregen haben. Ergeht eine entsprechende Aufforderung zur Amtszurücklegung ausnahmsweise durch den Präsidenten des Landesgerichts selbst, hat dieser aus eigenem zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 180 Abs. 2 NO vorliegen oder nicht.

Eine entsprechende Aufforderung kann im Übrigen auch an Notariatskandidaten ergehen. An die Stelle der Aufforderung zur Amtszurücklegung tritt bei diesen die Aufforderung, die Notariatspraxis zu beenden (Wagner/Knechtel, NO6 § 183 Rz 3).

Ob und inwieweit eine bleibende Unfähigkeit zur Amtstätigkeit tatsächlich vorliegt, ist auch eine medizinische Frage. Nach dem vorgeschlagenen § 183 Abs. 1a NO soll die Kammer (respektive der Präsident des Landesgerichts im Fall ihrer Untätigkeit) daher künftig zur Frage, ob eine solche bleibende Berufsunfähigkeit gegeben ist oder nicht, ein Gutachten eines allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen einholen. Die Kosten dafür soll in sinngemäßer Anwendung des § 184 NO grundsätzlich die Notariatskammer tragen. Die Begutachtung durch einen (medizinischen) Sachverständigen setzt ein gewisses Mindestmaß an Mitwirkung des betreffenden Notars (Notariatskandidaten) voraus. Entzieht sich dieser trotz eines entsprechenden Hinweises auf die Folgen der zumutbaren Untersuchung durch den Sachverständigen, so hat dies die Notariatskammer (bzw. der Präsident des Landesgerichts) in freier Würdigung aller Umstände zu bewerten (vgl. die vergleichbare Regelung des § 381 ZPO). Das Ergebnis hat in die Beurteilung der Frage des Vorliegens einer bleibenden Unfähigkeit zur Amtsführung mit einzufließen.

Zu Z 64 (§ 183 Abs. 3 NO)

Hierbei handelt es sich um eine Zitatanpassung.

Zu Art. 3 (Änderung des Ausbildungs- und Berufsprüfungs-Anrechnungsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 2 ABAG)

Entsprechend der Regelung des § 28 EIRAG wird mit der vorgeschlagenen Ergänzung des § 2 ABAG dem Antragsteller die Verpflichtung auferlegt, den Antrag und die diesem angeschlossenen Unterlagen grundsätzlich in deutscher Sprache einzureichen bzw. beglaubigte Übersetzungen der Unterlagen beizubringen.

Zu Z 2 und 4 (§§ 4 und 8 ABAG)

Nach § 2 ABAG hat der einen Antrag auf Prüfung der Gleichwertigkeit nach § 1 ABAG stellende Bewerber bereits seinem Antrag den Beleg über die Einzahlung der Antragsgebühr anzuschließen. Diese Gebühren decken aber grundsätzlich nur das erstinstanzliche Verfahren ab. Entschließt sich der Bewerber in der Folge daher, die Entscheidung des Präses der Ausbildungsprüfungskommission über seinen Antrag mit Berufung an die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission anzufechten, löst dies wiederum eine Gebührenpflicht aus (wobei diese Gebühren zur Abdeckung der den Mitgliedern der OBDK nach § 8 Abs. 1 ABAG für ihre Tätigkeiten zustehenden Vergütungen heranzuziehen sind). Dies ist in § 4 Abs. 1 ABAG nochmals entsprechend ausdrücklich klarzustellen. Eine entsprechende Klarstellung hat ferner in § 8 Abs. 1 und 2 ABAG zu erfolgen. Bei dieser Gelegenheit soll auch ein Redaktionsversehen beseitigt werden.

Zu Z 3 (§ 5 Abs. 3 ABAG)

Mit der Anpassung soll der (seit 1. 1. 2008 wirksamen) Änderung des Namens der „Rektorenkonferenz“ auf „Österreichische Universitätenkonferenz“ Rechnung getragen werden.

Zu Z 5 (§ 13 Abs. 1 ABAG)

Hierbei handelt es sich um eine Zitatanpassung.

Zu Art. 4 (Änderung des Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2008)

Mit dem Berufsrechts-Änderungsgesetz 2008, BGBl. I Nr. 111/2007, wurde sowohl in der RAO als auch der NO unter anderem auf den sogenannten „Bologna-Prozess“ (und der damit einhergehenden Einführung von Bachelor- und Masterstudien durch die Universitäten) Bedacht genommen. Die neu gefassten Bestimmungen insbesondere des § 3 RAO und des § 6a NO sind nach der Übergangsbestimmung des Art. XVII § 6 BRÄG 2008 dabei aber erst auf jene Bewerber anzuwenden, die mit dem Studium nach dem 31. August 2009 beginnen. In der Praxis sind im Zusammenhang mit dieser Übergangsregel zuletzt Unklarheiten hinsichtlich der Frage entstanden, unter welches Regime Studierende fallen, die zwar ihr rechtswissenschaftliche Masterstudium, nicht aber das vorhergehende rechtswissenschaftliche Bachelorstudium (wobei erst durch den erfolgreichen Abschluss beider Studien die Voraussetzungen des § 3 RAO bzw. § 6a NO an ein Studium des österreichischen Rechts einschließlich der erforderlichen Mindeststudiendauer erfüllt werden) nach dem 31. August 2009 begonnen haben (bzw. beginnen werden). Mit der vorgeschlagenen Ergänzung des Art. XVII § 6 des BRÄG 2008 soll dazu klargestellt werden, dass es in einem solchen Fall ausreicht, wenn lediglich das abschließende rechtswissenschaftliche Studium, durch dessen Absolvierung die Voraussetzungen des § 3 RAO bzw. § 6a NO insgesamt erfüllt werden, nach dem 31. August 2009 begonnen wird.

Zu Art. 5 (Änderung des Disziplinarstatuts für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter)

Zu 1 bis 4, 6 f. und 11 (§§ 5 Abs. 2 und 3, 7 Abs. 2 und 4 sowie 15 Abs. 1 DSt)

Nach Art. 120a Abs. 1 B-VG setzt die Besorgung der einen bestimmten Personenkreis betreffenden öffentlichen Aufgaben in Selbstverwaltung voraus, dass die davon betroffenen Personen auch tatsächlich in den Selbstverwaltungskörper integriert sind (und dort auch eine entsprechende Einflussnahmemöglichkeit haben). Da auch Rechtsanwaltsanwärter der Disziplinargewalt des Disziplinarrats unterliegen (§ 4 DSt), sind bei dessen personeller Zusammensetzung auch die Rechtsanwaltsanwärter mit zu berücksichtigen. Nach dem vorgeschlagenen § 5 Abs. 2 DSt sollen daher jedem Disziplinarrat (der sich im Übrigen wie bisher zusammensetzen soll) jedenfalls auch zwei Mitglieder aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter angehören. Bestimmte Funktionen (Präsident, Vizepräsident, Kammeranwalt und dessen Stellvertreter) sollen dabei aber den Rechtsanwälten vorbehalten bleiben.

Zu Z 5 und 9 (§§ 7 Abs. 1 und 9 Abs. 2 DSt)

Mit den vorgeschlagenen Änderungen der §§ 7 und 9 DSt soll – parallel zu der im Entwurf zu § 25 Abs. 1 erster Satz RAO vorgesehenen Verlängerung der dort geregelten Funktionsperioden – die Amtsdauer des Präsidenten und der übrigen Mitglieder des Disziplinarrats aus dem Kreis der Rechtsanwälte sowie des Kammeranwalts und seines Stellvertreters von drei auf vier Jahre verlängert werden; die Funktionsperiode der Mitglieder des Disziplinarrats aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter soll zwei Jahre betragen.

Zu Z 8 (§ 9 Abs. 1 DSt)

Hierbei handelt es sich um eine Zitatanpassung.

Zu Z 10 (§ 13 DSt)

Auch bei den Gründen, bei deren Vorliegen das Amt eines Mitglieds des Disziplinarrats erlischt, ist auf die Aufnahme von Rechtsanwaltsanwärtern als Mitglieder des Disziplinarrats Bedacht zu nehmen.

Zu Z 12 (§ 15 Abs. 1 DSt)

Der Disziplinarrat entscheidet in Senaten, die (mit Ausnahme des in § 29 DSt geregelten Falls) aus einem Vorsitzenden und vier weiteren Mitgliedern bestehen. Jedem dieser Senate soll künftig eines der beiden Mitglieder des Disziplinarrats aus dem Kreis der Rechtsanwaltsanwärter angehören, wobei diese an den Verhandlungen und Entscheidungen des Senats nur unter der Voraussetzung mitwirken dürfen, dass der Beschuldigte ein Rechtsanwaltsanwärter ist.

Zu Z 13 (§§ 59 Abs. 2 und 62 Abs. 1 DSt)

Auf Vorschlag des Österreichischen Rechtsanwaltskammertags soll die Amtsdauer der Mitglieder der OBDK (einschließlich der des Präsidenten und des Vizepräsidenten) von fünf auf sechs Jahre verlängert werden.

Zu Z 14 und 15 (§ 78 Abs. 1 DSt)

Mit dem dem § 78 Abs. 1 DSt vorangestellten neuen ersten Satz wird zunächst klargestellt, dass ebenso wie die übrigen der Rechtsanwaltschaft im Rahmen der Selbstverwaltung zukommenden Aufgaben auch die dem Disziplinarrat gesetzlich übertragenen Aufgaben von diesen im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen sind. Auf das zu Punkt 1. des Allgemeinen Teils der Erläuterungen Gesagte sei insoweit verwiesen.

Kein Organ der Selbstverwaltung, sondern eine Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag ist dagegen die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission, die aufgrund ihrer Zusammensetzung, der bereits derzeit gesetzlich ausdrücklich angeordneten Weisungsfreistellung ihrer Mitglieder (§ 64 Abs. 1 DSt) und der in § 78 Abs. 1 DSt vorgesehenen Aufsichtsrechte die Anforderungen an eine Behörde nach § 20 Abs. 2 Z 3 B-VG erfüllt.

Das in § 78 Abs. 1 DSt schon nach geltendem Recht normierte Aufsichtsrecht des Bundesministers für Justiz genügt in seiner konkreten Ausgestaltung daneben auch – bezogen auf die dem Disziplinarrat übertragenen Aufgaben – den nach Art. 120b Abs. 1 B-VG gebotenen Aufsichtsbefugnissen. Klarzustellen ist damit im Zusammenhang lediglich, dass auch das dem Bundesminister für Justiz nach § 6 DSt zukommende Recht, durch Verordnung einen gemeinsamen Disziplinarrat am Sitz einer Kammer zu errichten, Teil des Aufsichtsrechts ist.

Zu Z 16 (§ 78 Abs. 3 DSt)

Nach der vorgeschlagenen Ergänzung des § 78 Abs. 3 DSt soll der Ausschuss der Rechtsanwaltskammer im Rahmen der ihn schon bisher nach dieser Bestimmung gegenüber dem Bundesminister für Justiz treffenden Berichtspflicht künftig auch verpflichtet sein, in dem von ihm vorzulegenden Verzeichnis Verfahren, die einen Verstoß gegen die Bestimmungen zum Inhalt haben, die der Verhinderung oder Bekämpfung der Geldwäscherei (§ 165 StGB) oder der Terrorismusfinanzierung (§ 278d StGB) dienen, gesondert auszuweisen. Entsprechende Daten werden insbesondere von internationalen Organisationen wie der Financial Action Task Force on Money Laundering (FATF) im Rahmen von Länderprüfungen Österreichs regelmäßig abgefragt. Mit der neuen Berichtspflicht soll sichergestellt werden, dass diesen Auskunftsersuchen und Nachfragen hinreichend entsprochen werden kann.

Zu Art. 6 (Änderung des Gerichtskommissärsgesetzes)

Zu Z 1 (§ 3 Gerichtskommissärsgesetz)

§ 3 Abs. 1 Gerichtskommissärsgesetz sieht vor, dass die Parteien in Verlassenschaftsverfahren jederzeit die erforderlichen Erklärungen, Anträge oder Nachweise schriftlich verfassen und unmittelbar dem Gericht vorlegen können. Sie können sich dazu eines Bevollmächtigten bedienen. Übersteigt der Wert der Aktiven der Verlassenschaft voraussichtlich 4 000 Euro, so können sie nur einen Rechtsanwalt oder Notar bevollmächtigen. Da mit dem Budgetbegleitgesetz 2009 eine Anhebung der Wertgrenzen für die Anwaltspflicht sowohl im Bereich der ZPO als auch des AußStrG (von 4 000 Euro auf 5 000 Euro) erfolgt ist, schlägt der Entwurf eine entsprechende Anpassung auch im Bereich des Gerichtskommissärsgesetzes vor.

Zu Z 2 (§ 5 Gerichtskommissärsgesetz)

Die Notare sind bei der Bestellung zu Gerichtskommissären nach bestimmten Verteilungsordnungen heranzuziehen, die von den jeweiligen Gerichtshofpräsidenten im Rahmen der Justizverwaltung für die unterstellten Bezirksgerichte grundsätzlich am Ende eines jeden Kalenderjahres für das folgende Kalenderjahr zu erstellen sind. Kundzumachen sind diese Verteilungsordnungen bislang lediglich durch Anschlag an der Gerichtstafel des jeweiligen Landesgerichts und der betroffenen Bezirksgerichte. Um die Publizität der Verteilungsordnungen zu erhöhen, sollen diese künftig auch elektronisch zugänglich gemacht werden, und zwar zentral über die Website des Bundesministeriums für Justiz. Aus diesem Grund soll eine Verpflichtung der jeweils zuständigen Präsidenten der Landesgerichte vorgesehen werden, die von ihnen zu erstellenden Verteilungsordnungen (in elektronisch weiterverarbeitbarer Form) auch dem Bundesministerium für Justiz zu übersenden.

Zu Art. 7 (Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes)

Mit 1. 1. 2010 werden die Bestimmungen des AußStrG betreffend die elektronische Beglaubigung durch die Gerichte (§§ 187 ff.) in Kraft treten. Diese sehen unter anderem die Einstellung der beglaubigten Urkunden bzw. Abschriften in das Beglaubigungsarchiv der Justiz (§ 91b GOG) vor, wobei dem Antragsteller und den von ihm ermächtigten Personen gemäß § 91b Abs. 2 GOG auch Zugang zu den Urkunden zu gewähren ist (vgl. §§ 187 Abs. 4 und 188 Abs. 5 AußStrG). Insbesondere die technischen Voraussetzungen, um die in § 91b Abs. 2 zweiter Satz GOG im einzelnen eingeräumten Zugangsrechte zu erfüllen, sind derzeit aber noch nicht erfüllt. Die Zugangsmöglichkeiten sollen sich demgemäß nach den jeweiligen technischen und personellen Möglichkeiten richten.

Zu Art. 8 (Änderung des Notariatstarifgesetzes)

Die Änderungen dienen der Beseitigung von Redaktionsversehen.

Zu Art. 9 (Änderung des Rechtsanwaltstarifgesetzes)

Zu Z 1 (§ 16 und TP 1 RATG)

Hierbei handelt es sich um Zitatanpassungen.

Zu Z 2 (TP 4 RATG)

Mit der Änderung soll dem Umstand, dass seit dem 1. 1. 2008 auch das Verfahren über Kostenbeschwerden nach der StPO zweiseitig gestaltet ist, auch im RATG ausdrücklich (und entsprechend der bereits geübten Praxis) Rechnung getragen werden.

Zu Art. 10 (Vollziehungsmaßnahmen)

Um eine zeitgerechte Vorbereitung zu ermöglichen, sollen die dazu berufenen Rechtsträger Verordnungen (Richtlinien, Satzungen und Ordnungen) bereits vor dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes erlassen können; in Wirksamkeit gesetzt werden dürfen diese jedoch nicht vor den durchzuführenden Gesetzesbestimmungen.

Eine besondere Konstellation ergibt sich im Zusammenhang mit den nach § 27 Abs. 1 lit. g RAO zu erlassenden „Treuhand-Richtlinien“, weil hier aufgrund der mit Erkenntnis des VfGH vom 4. 12. 2008, G 15/08, V304, 305/08, angeordneten Aufhebung des § 37 Abs. 1 Z 2b RAO in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 93/2003 per 31. 12. 2009 bereits mit 1. Jänner 2010 entsprechende Nachfolgeregelungen auch auf Richtlinienebene vorhanden sein müssen. Gleichzeitig wird es zeitlich kaum zu bewerkstelligen sein, dass die für die Erlassung der Richtlinien zuständigen Plenarversammlungen der Rechtsanwaltskammern noch zwischen der Kundmachung und dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes zusammentreten. Nach dem vorgeschlagenen Art. 10 § 2 soll eine entsprechende Beschlussfassung daher ausnahmsweise auch durch den Ausschuss der Rechtsanwaltskammer erfolgen können. Gleichzeitig wird aber klargestellt, dass spätestens in der ersten Plenarversammlung nach dem Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes eine Beschlussfassung der Plenarversammlung nach § 27 Abs. 1 lit. g RAO mit der Wirkung zu erfolgen, dass damit gleichzeitig der entsprechende Beschluss des Ausschusses außer Kraft tritt.