Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

des Abgeordneten Mag. Albert Steinhauser

zum Bericht 558 der Beilagen über die Regierungsvorlage: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die eingetragene Partnerschaft erlassen (Eingetragene Partnerschaft-Gesetz - EPG) und das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Ehegesetz, das Fortpflanzungsmedizingesetz, das IPR-Gesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, das Ausländerbeschäftigungsgesetz, das Urlaubsgesetz, das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz, das Landarbeitsgesetz 1984, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Post-Betriebsverfassungsgesetz, das Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz, das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Opferfürsorgegesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Notarversicherungsgesetz 1972, das Einkommensteuergesetz 1988, das Körperschaftsteuergesetz 1988, das Umsatzsteuergesetz 1994, das Bewertungsgesetz 1955, das Gebührengesetz 1957, das Grunderwerbsteuergesetz 1987, die Bundesabgabenordnung, das Alkoholsteuergesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, das Verwaltungsstrafgesetz 1991, das Datenschutzgesetz 2000, das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Gehaltsgesetz 1956, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richter- und Staatsanwaltschaftsdienstgesetz, das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, die Reisegebührenvorschrift, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Pensionsgesetz 1965, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bezügegesetz, das Wachebediensteten-Hilfeleistungsgesetz, das Auslandszulagen- und -hilfeleistungsgesetz, das Bundestheaterpensionsgesetz, das Personenstandsgesetz, das Namensänderungsgesetz, das Passgesetz 1992, das Meldegesetz 1991, das Asylgesetz 2005, das Fremdenpolizeigesetz 2005, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz, das Staatsbürgerschaftsgesetz 1985, das Ärztegesetz 1998, das Gehaltskassengesetz 2002, das Apothekenrecht, die Gewerbeordnung 1994, das Bilanzbuchhaltungsgesetz, das Wirtschaftstreuhandberufsgesetz, das Ziviltechnikergesetz 1993, das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, das Heeresdisziplinargesetz 2002, das Heeresgebührengesetz 2001, das Studienförderungsgesetz 1992, das Schülerbeihilfengesetz 1983, das Unterrichtspraktikumsgesetz, das Patentgesetz 1970, das Patentanwaltsgesetz, das Entwicklungshelfergesetz, das Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut und das Bundesgesetz über die Einräumung von Privilegien und Immunitäten an internationale Organisationen geändert werden (485 d.B.)

Die Grünen begrüßen grundsätzlich, dass es nun erstmals eine Gesetzesvorlage gibt, um lesbische und schwule PartnerInnenschaften rechtlich gleichzustellen. Die langjährige Forderung von NGOs und Grünen nach einer rechtlichen Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Paaren findet somit zum ersten Mal Niederschlag in einem konkreten Gesetz. Das ist prinzipiell erfreulich.

Trotzdem halten wir das nun vorliegende Eingetragene Partnerschaft-Gesetz – EPG für nicht ausreichend. Er stellt gleichgeschlechtliche PartnerInnenschaften, nicht, wie vielfach behauptet, weitgehend der Ehe gleich, sondern er führt in vielen Rechtsbereichen die Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Paare fort.

 

1. Rechtliche Gleichstellung

Um die völlige Gleichstellung lesbischer und schwuler PartnerInnenschaften zu gewährleisten, stehen prinzipiell drei Möglichkeiten zur Verfügung:

a) Ein neues, zeitgemäßes und modernes Rechtsinstitut zu schaffen, das sowohl verschieden- als auch gleichgeschlechtlichen Paaren offen steht, mit zeitgleicher Öffnung der Ehe auch für gleichgeschlechtliche Paare (siehe die Initiativanträge der Grünen zu Zivilpakt und Öffnung der Ehe).

b) Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.

c) Schaffung eines neuen Rechtsinstituts für gleichgeschlechtliche Paare mit allen Rechten und Pflichten, die 1:1 aus dem Eherecht übernommen werden, inklusive Generalklausel für alle betroffenen Rechtsbereiche, entweder in einem eigenen Gesetz oder im Eingetragenen Partnerschaft-Gesetz.

Das vorliegende Gesetz folgt keiner dieser Möglichkeiten. Er kommt zwar der im Punkt c) erwähnten Möglichkeit am nächsten, unterscheidet sich aber in vielen Bereichen vom derzeit gültigen Eherecht, wird somit – trotz des Bemühens einer rechtlichen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare – lesbische und schwule LebenspartnerInnenschaften weiterhin diskriminieren. Zudem fehlt die Generalklausel, damit in allen Gesetzen die LebenspartnerInnenschaft mit der Ehe gleichgestellt wird.

Die Abweichungen vom Eherecht münden aber ebenso wenig in einem modernen und zeitgemäßen Gesetz, das den heutigen Lebensbedingungen vieler Menschen und deren Bedürfnissen entspricht, sondern es werden antiquierte Bestimmungen des Eherechts übernommen.

 

2. Unterschiede zum Eherecht

Das Rechtskomitee Lambda hat aufgrund der Regierungsvorlage zum Eingetragenen Partnerschaft-Gesetz (EPG) über 70 Punkte herausgearbeitet, die Ungleichbehandlungen zum derzeitigen Eherecht darstellen. Nach dem im Justizausschuss eingebrachten Abänderungsantrag zum EPG bleiben immer noch fast 50 Punkte übrig:

1.      Anpassung der Altersgrenze an die Ehe (16 Jahre; §§ 1, 3 EheG; § 4 EPG9)

2.      Verlöbnis auch für eingetragene PartnerInnen (§ 45 ABGB)

3.      Keine Rücksichtnahme auf das Wohl der Kinder bei Ausgestaltung der Lebensgemeinschaft (§ 91 Abs. 1 EheG; § 8 Abs. 3 EPG)

4.      Wiederverheiratung im Falle einer unrichtigen Todeserklärung (§§ 43,         44 Abs. 2 EheG; § 13 Abs. 1 EPG)

5.      Unterschiedliche Scheidungsfristen (§ 55 Abs. 3 EheG; § 15 Abs. 3 EPG)

6.      Unterhalt bei der Zerrüttungsscheidung wie bei aufrechter Ehe => kein Äquivalent bei der Lebenspartnerschaft (§ 69 Abs. 2 EheG; § 20 EPG)

7.      Internationales Privatrecht – Anzuwendendes Recht bei Auslandsbezug (§§ 18, 20 IPR-G; §§ 27b, 27d IPR-G)

8.      Keine Bezugnahme auf „Familie“ bei der gesonderten Wohnungsnahme (§ 92 Abs. 3 ABGB; § 9 Abs. 4 EPG)

9.      Unterschiedliche partnerschaftliche Pflichten (keine Pflicht zur Treue) (§§ 90, 91 ABGB; § 8 Abs. 2, 3 EPG)

10.    Mehr Nichtigkeitsgründe (§ 20-25 EheG; § 19 Z. 4 EPG)

11.    Unterschiedliche Tatbestände bei der Verschuldensscheidung (§ 49 EheG; § 15 Abs. 1 EPG)

12.    Keine Pflicht, dem Partner in der Ausübung der Obsorge für dessen Kinder beizustehen (90 Abs. 3 ABGB; § 8 EPG)

13.    Kein Vertretungsrecht des Partners in Obsorgeangelegenheiten des täglichen Lebens (für die Kinder des/der PartnerIn) (§ 90 Abs. 3 ABGB)

14.    Verbot der Fremdkindadoption (§ 179 ABGB; § 8 Abs. 4 EPG)

15.    Absolutes Verbot der Stiefkindadoption (§ 8 Abs. 4 EPG)

16.    Verbot der medizinisch unterstützten Fortpflanzung (§ 2 Abs. 1 FMG)

17.    Kein gemeinsamer Familienname (§ 93 ABGB; § 7 EPG)

18.    Wirksamkeitszeitpunkt der Begründung der Partnerschaft (§ 17 EheG; § 6 Abs. 2 EPG)

19.    Keine Schwägerschaft (§§ 40f ABGB)

20.    Geltendmachung von Ehrverletzungen an verstorbenen PartnerInnen (Jörg-Haider-Konstellation) (§ 117 Abs. 5 StGB; Art. 7 EP-G)

21.    Schließung vor Bezirksverwaltungsbehörden statt am Standesamt (§ 59a PStG)

22.    Schließung nur in den Amtsräumen (§ 47a PStG)

23.    Keine Trauzeugen (§ 26a PStG) wie bei Eheschließung (§ 24PStG)

24.    Eingetragene PartnerInnen verlieren ihren Familiennamen und werden durch eine neue Namenskategorie („Nachname“) gekennzeichnet (§ 34a PStG; § 2 Abs. 1 Z. 7a NÄG; Anlagen 24 & 25 zur PStV)

25.    Eintragung in die Wählerevidenzen (§§ 2a & 4 Wählerevidenzgesetz; § 4 Europa-Wählerevidenzgesetz)

26.    Familienzusammenführung im Fremdenrecht (außer bei EU-BürgerInnen) nur für den/die eingetragene/n PartnerIn, nicht aber für deren/dessen minderjährige Kinder (§ 2 Abs. 4 lit. 11&12 FPG; § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG)

27.    Eingetragene PartnerInnen zählen, anders als Ehegatten, nicht zur „Kernfamilie“ (§ 2 Abs. 4 lit. 12 FPG; § 2 Abs. 1 Z. 9 NAG)

28.    Witwen-/Witwerpensionen aus Pensionskassen (§ 5 Pensionskassengesetz)

29.    Keine Berücksichtigung des/der PartnerIn bei der Familienbeihilfe und anderen Leistungen aus dem Familienlastenausgleichsfonds (§§ 5, 6, 9a, 35, 38f, 46a FamilienlastenausgleichsG)

30.    Kein Recht für PartnerInnen von EU- & EWR-BürgerInnen (und deren Angehörigen) auf freie Ausübung eines Gewerbes (§ 14 GewO)

31.    Kein Recht für PartnerInnen von EU- & EWR-BürgerInnen (und deren Angehörigen) auf freie Ausübung des Berufes eines Ziviltechnikers (§ 5 Ziviltechnikergesetz)

32.    Keine Aufenthalts- und andere Rechte für die PartnerInnen von Diplomaten und Bediensteten internationaler Organisationen in völkerrechtlichen        Verträgen, wie bspw. Amtssitzabkommen

33.    Keine Mitversicherung der Stiefkinder in der Krankenversicherung (§ 123 ASVG, § 83 GSVG, § 78 BSVG u.a.)

34.    Keine erhöhte Witwen-/Witwerpension nach Zerrüttungsscheidung bei Betreuung eines gemeinsam adoptierten Kindes (§§ 215, 264 ASVG; § 145 GSVG; § 136 BSVG; § 19 PensionsG u.a.)

35.    Geringerer Anspruch (2 ½ Jahre ggü. lebenslang bei der Ehe) des überlebenden Stiefelternteils auf Witwen-/Witwerpension (§ 258 ASVG, § 136 GSVG; § 127 BSVG u.a.)

36.    Keine Familienhospizkarenz (Sterbebegleitung) für im Sterben liegende Schwiegereltern (§ 14a AVRAG, § 78d BDG, § 29k VBG u.a.)

37.    Erschwerte Familienhospizkarenz (Sterbebegleitung) für im Sterben liegende Stiefkinder (§ 14a, 14b AVRAG, § 78d BDG, § 29k VBG u.a.)

38.    Keine Arbeitszeitreduktion oder Karenz zur Betreuung von Stiefkindern (§§ 50b, 75 BDG, § 29b VBG, § 10 GehaltsG u.a.)

39.    Erschwerter Pflegeurlaub für die Stiefkinder (§ 16 UrlG; § 76 BDG, § 29f VBG u.a.)

40.    Politiker-Witwen-/Witwerpensionen (§ 6 BezügebegrenzungsG)

41.    Keine Abfertigung öffentlich Bediensteter bei gemeinsamer Adoption eines Kindes (§ 84 VBG)

42.    Geringere Zuteilungsgebühr und Umzugsvergütung nach der Reisegebührenvorschrift für öffentlich Bedienstete (§§ 22, 32 Reisegebührenvorschrift)

43.    Keine Kinderzulage für betreute Kinder des/der verstorbenen PartnerIn bei Witwen-/Wiwerpensionen öffentlich Bediensteter (§ 25 PensionsG)

44.    Keine Zulage zur Waisenpension des Stiefkindes bei Ableben des eingetragenen Partners (des Stiefelternteiles) (§§ 18, 24, 48 PensionsG)

45.    Keine Anrechnung von Kindererziehungszeiten des verstorbenen eingetragenen Partners im Recht öffentlich Bediensteter (§ 25a PensionsG)

46.    Kein Kinderzuschuss für Stiefkinder bei der Auslandsverwendungszulage von öffentlichen Bediensteten (§ 21a GehaltsG)

47.    Kein Zuschuss für eingetragene Partner von öffentlichen Bediensteten, die (bei Versetzung des Bediensteten ins Ausland) im Interesse des Kindes im Inland bleiben (§ 21d GehaltsG)

 

3. Die fehlenden Rechtsbereiche

Im Gegensatz zum Entwurf unter Justizministerin Berger aus der XXIII. GP über ein Lebenspartnerschaftsgesetz ist in diesem Gesetzesentwurf keine Diskriminierungsverbot mehr enthalten. Ebenso herausgefallen ist die noch im Ministerialentwurf vorgesehene Schwägerschaft (§ 43 Abs 3 ME zum EPG).

Ausdrückliche Verbote für eingetragene Partner gibt es im Bereich Adoption und der Fortpflanzungsmedizin. Die Adoption von Kinder des eingetragenen Partners ist ausdrücklich ausgeschlossen, ebenso die medizinisch unterstützte Fortpflanzung für eingetragene Partner.

Ein Gesetz über eine eingetragene Partnerschaft hat aber nur dann Sinn, wenn alle Rechtsbereiche akkordiert sind. Noch offene Lücken im Fremdenrecht, im Steuerrecht, im Sozialbereich, usw. sind dringend zu schließen.

 

4. Übernommene Regelungen aus dem Eherecht

Prinzipiell halten wir es für denkbar, in einem modernen neuen Rechtsinstitut – welchen Namen dieses auch immer erhält – antiquierte Regelungen nicht aus dem Eherecht zu übernehmen. Dieses Rechtsinstitut müsste aber auch verschiedengeschlechtlichen Paaren offen stehen. Im vorgelegten Entwurf sehen wir allerdings diesbezüglich keine wesentlichen Reformen. Gleichzeitig wird aber auch nicht die Ehe geöffnet. Die Pflicht zur Mitwirkung im Erwerb sowie die Pflicht zum gemeinsamen Wohnsitz und zur Treue werden aus dem Eherecht übernommen. Besonders schmerzlich werden die übernommenen Paragrafen im Rechtsbereich der Auflösung. Die Auflösung begehren zu können, wenn der Partner "unheilbar" krank ist, erscheint uns mit dem Wissen und Erfahrung um HIV und Aids für unhaltbar.

Diese aus dem Eherecht übernommene Regelung sehen wir auch als Beweis dafür, dass die Schaffung eines zeitgemäßen Rechtsinstituts nicht Ziel dieses Entwurfs war. Vielmehr geht der Entwurf an den Lebensbedingungen und -erfahrungen vieler Lesben und Schwulen vorbei. Dass die Verschuldensfrage bei der Auflösung einer Eingetragenen PartnerInnenschaft – in Anlehnung an das Eherecht – weiterhin eine Rolle spielt, erachten wir ebenfalls als antiquiert.

Insgesamt stellt sich die Frage, warum es in wesentlichen Bereichen eine Abweichung zum Eherecht gibt (insbesondere dort, wo es sich um diskriminierende Unterschiede handelt), in anderen Bereichen jedoch nicht auf die heutigen Lebensbedingungen und Bedürfnisse von PartnerInnenschaften Rücksicht genommen wird.

 

5. Fazit

Die Grünen bestätigen daher ihre Forderungen nach einer Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare mit gleichzeitiger Reform der Ehe sowie die Schaffung eines neuen Rechtsinstitut für gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare, das an die heutigen Lebensbedingungen angepasst ist und den Bedürfnissen der Menschen in einer modernen Gesellschaft entspricht – so wie dies von den Grünen schon mit dem Initiativantrag zur Einführung des Zivilpakt Zip im Nationalrat und dem Antrag zur Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geschehen ist.

Nur durch die gleichzeitige Einführung eines neuen Rechtsinstituts für gleich- und verschiedengeschlechtliche Paare sowie die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare wird eine völlige Gleichstellung gewährleistet.