561 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 18/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch geändert wird

Die Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 28. Oktober 2008 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„In einer Entschließung des Europäischen Parlaments zur Lage der Grundrechte in der Europäischen Union (2002) (2002/2013(INI) wird in Punkt 77 von den Mitgliedstaaten gefordert „jede Form der - gesetzlichen oder tatsächlichen - Diskriminierung abzuschaffen, unter der Homosexuelle insbesondere im Bereich des Rechts auf Eheschließung und auf Adoption von Kindern noch immer leiden“. Österreich ist dieser Aufforderung bislang nicht nachgekommen. Nach wie vor werden gleichgeschlechtliche Paare in Österreich diskriminiert. Denn während es in zahlreichen EU-Ländern für gleichgeschlechtliche Paare möglich ist, ihre Beziehung rechtlich absichern zu lassen - sei es im Rahmen eines eigenen Rechtsinstituts, oder durch das Eingehen der Ehe wie in den Niederlanden, Belgien und Spanien - wird dies in Österreich gleichgeschlechtlichen Paaren bisher in jeglicher Form verwehrt. In Österreich gibt es weder einen Zivilpakt (Zip) noch eine andere Form, in der lesbische oder schwule Paare ihre PartnerInnenschaft rechtlich absichern können. Gleichgeschlechtliche Paare dürfen auch keine Ehe eingehen.

Art. 8. der Europäischen Menschenrechtskonvention beinhaltet für jede Person das „Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens“. Die Verweigerung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare, ist somit eine Menschenrechtsverletzung und eine massive Diskriminierung auf Grund der sexuellen Orientierung. Diese Diskriminierung führt darüber hinaus zu weitreichenden Benachteiligungen in vielen anderen rechtlichen und sozialen Bereichen. So sind gleichgeschlechtliche Paare u.a. in folgenden Rechtsbereichen benachteiligt: im Erbrecht, bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer, im Mietrecht, in der Zivilprozessordnung, im Einkommenssteuergesetz, beim Fremdenrechtspaket 2005, bei der Adoption. Gleichgeschlechtliche LebenspartnerInnen werden vor dem Gesetz, auch wenn sie schon seit Jahren oder Jahrzehnten in einer Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtergemeinschaft leben, zueinander meist als „Fremde“ behandelt. Dies führt beispielhaft dazu, dass gleichgeschlechtlichen LebenspartnerInnen im Krankenhaus die Auskunft über den Zustand der kranken/des kranken Lebensgefährtin/Lebensgefährten verwehrt werden kann. Auch im Fremdenrechtspaket 2005  gibt es Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Paaren. Dazu gehören etwa eine Vielzahl von Regelungen, die an die „Ehegatteneigenschaft“ geknüpft sind. Für gleichgeschlechtliche Paare bedeutet dies z.B., dass es viel schwerer als für verheiratete Paare ist, dass die/der PartnerIn einer Österreicherin/ eines Österreichers, die/der aus einem Drittstaat kommt, in Österreich eine Niederlassungsbewilligung bzw. Aufenthaltsberechtigung sowie Zugang zum Arbeitsmarkt erhält. Somit ist es für gleichgeschlechtliche Paare, bei denen eine Person aus einem Drittstaat kommt, meist nicht möglich, dass sie ein gemeinsames Leben in Österreich führen können.

Aus all diesen Gründen, ist die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare zu öffnen. Die österreichische Rechtslage darf nicht, wie es derzeit der Fall ist, eine bestimmte sexuelle Orientierung, nämlich die verschiedengeschlechtliche, vor dem Gesetz bevorzugen. Gleiches Recht für gleich viel Liebe muss gesetzlich verankert sein. Vor dem Gesetz müssen alle Menschen, egal welcher sexueller Orientierung, gleich behandelt werden. Auch Lesben und Schwule müssen die Möglichkeit haben, frei entscheiden zu können, welche Form der rechtlichen Absicherung ihrer Beziehung – sei es über einen Zivilpakt (Zip) oder über die Ehe – sie wählen wollen.

Bei den derzeitigen gesetzlichen Bestimmungen betreffend die Ehe gibt es einige, die bereits jetzt für verschiedengeschlechtliche „ehewillige“ Personen als obsolet zu betrachten sind: etwa der „Wille, Kinder zu zeugen“. Diese und andere Bestimmungen wären in einer großen Eherechtsreform zu ändern, sind aber nicht Gegenstand dieses Antrags.

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 3. Dezember 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Mag. Albert Steinhauser die Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Karin Hakl, Mag. Ewald Stadler, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Dr. Johannes Hübner und Dr. Susanne Winter sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Ridi Maria Steibl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2009 12 03

                                Ridi Maria Steibl                                                     Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann