562 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 19/A der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Zivilpakt (ZIP-G) geschaffen sowie das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, das Mietrechtsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz, die Zivilprozessordnung, das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Strafgesetzbuch, die Strafprozessordnung, die Bundesabgabenordnung, das Verwaltungsstrafgesetz, das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz, die Jurisdiktionsnorm, das Einkommensteuergesetz, das Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (Fremdenrechtspaket 2005), das Asylgesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005), das Fremdenpolizeigesetz 2005 (Fremdenrechtspaket 2005) geändert wird

Die Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 28. Oktober 2009 im Nationalrat eingebracht und ua. wie folgt begründet:

„Im Gegensatz zu vielen europäischen Staaten ist es in Österreich bislang nicht möglich, dass gleichgeschlechtliche Paare ihre Beziehung in irgendeiner Form rechtlich absichern können, sei es im Rahmen eines eigenen Rechtsinstituts oder durch das Eingehen der Ehe. Dies führt dazu, dass juristisch gesehen gleichgeschlechtliche LebenspartnerInnen in Österreich, auch wenn sie schon seit Jahren oder Jahrzehnten in einer Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtergemeinschaft leben, zueinander meist als „Fremde“ behandelt werden. Gleichgeschlechtliche Paare sind daher zahlreichen Benachteiligungen ausgesetzt. Doch auch für verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaften, die aus diversen Gründen keine Ehe eingehen wollen, gibt es kaum Rechtssicherheit. Mit dem Zivilpakt werden diese Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Paaren beendet und es wird gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren die Möglichkeit gegeben, ihre Beziehung rechtlich abzusichern.

Mit dem Zivilpakt wird ein neues eigenständiges Rechtsinstitut geschaffen, das dem Bedürfnis vieler Paare entgegenkommt, für ihre Lebensgemeinschaften - seien es gleichgeschlechtliche oder verschiedengeschlechtliche - verbindliche Rechtsfolgen des Zusammenlebens aufzustellen. Gegenüber der sozialen und staatlichen Umwelt wird die Anerkennung und Achtung konstituiert wie für das Rechtsinstitut Ehe. Im Falle der Trennung erfolgt die Auflösung in einem gerichtlichen Verfahren, sodass auch bei Nichteinigung der LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes eine faire Aufteilung des gemeinsamen Vermögens und der - falls vorhandenen -  gemeinsamen Wohnung gewährleistet ist und die Interessen der gemeinsamen Kinder geschützt werden.

Der Zivilpakt ermöglicht gleichgeschlechtlichen Paaren, ihre Beziehung in einer gesetzlich anerkannten Form zu legalisieren. Zahlreiche Diskriminierungen gleichgeschlechtlicher Paare,  die aufgrund des bestehenden Eheverbots für gleichgeschlechtliche Paare bestehen,  werden durch den Zivilpakt beseitigt. Neben einem eigenen ZIP-G erfordert dies Änderungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches, des Mietrechtsgesetzes, des Wohnungseigentumsgesetzes, der Zivilprozessordnung, des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes, des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes, des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes, des Strafgesetzbuches, der Strafprozessordnung, der Bundesabgabenordnung, des Verwaltungsstrafgesetzes, des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes, der Jurisdiktionsnorm, des Einkommensteuergesetzes, des Fremdengesetzes, des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, des Asylgesetzes.

Wesen des Zivilpakts

Der Zivilpakt ist ein Vertrag zwischen einem Paar, wird am Standesamt geschlossen und im Falle des Scheiterns bei Gericht aufgelöst. Inhaltlich handelt es sich um eine Lebensgemeinschaft, die auf Dauer geschlossen wird und eine wechselseitige Beistandspflicht enthält. Aus dem Zivilpakt als ausschließlicher Lebensgemeinschaft folgt analog der Ehe, dass ein Zivilpakt unter nahen Verwandten oder mit eigenen Adoptivkindern nicht möglich ist, dass niemand den Zivilpakt neben einer Ehe führen kann und dass niemand gleichzeitig mehr als einen Zivilpakt haben kann. Als äußeres Zeichen der engen und dauerhaften Verbindung ist die Führung eines gemeinsamen Namens möglich, bleibt aber freigestellt. Das Namensrecht selbst ist partnerschaftlich und gleichberechtigt gestaltet.

Die Lebensgemeinschaft ist partnerschaftlich ausgerichtet und geht davon aus, dass zwei gleichberechtigte Individuen mit jeweils eigener Berufstätigkeit und Existenzgrundlage ein gemeinsames Leben führen, und sich - solange der Zivilpakt aufrecht ist - wechselseitig zum Beistand verpflichten, d.h. ein gemeinsamer Lebensstil und Lebensstandard wird gemeinschaftlich verfolgt und aufrechterhalten. Gemeinsam und partnerschaftlich werden die Kinder betreut und erzogen. Gemeinsam wird gewirtschaftet und gespart und Vermögen gebildet.

Es gibt keinen Pflichtenkatalog wie für die Ehe, da die LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes die Art ihrer Lebensführung und die Ausgestaltung ihrer Beziehung zueinander völlig frei und subjektiv gestalten können sollen. D.h. es gibt z.B. keine gesetzlich vorgeschriebene Pflicht zum gemeinsamen Wohnen oder zur Treue. Bei der gerichtlichen Auflösung wird ein „Wohlverhalten“ bzw. „Verschulden“ vom Gericht nicht geprüft, es spielt – anders als bei der Ehe – keine Rolle.

Nach einer gerichtlichen Auflösung des Zivilpakts besteht keine Verpflichtung mehr, dem/der LebenpartnerIn den Lebensstandard zu erhalten.

Zivilpakt und Unterhalt

Das Leitbild des Zivilpakts sind LebenspartnerInnen, die jeweils für ihren eigenen Unterhalt die Verantwortung übernehmen und tragen. Darin unterscheidet sich dieses Rechtsinstitut von der Ehe mit ihrer jahrhundertealten Geschichte als „autonome Versorgungseinheit“ mit der traditionellen Rolle des Ehemannes, der „nach außen“ auftritt und für das Einkommen der Familie sorgt und der ihm zuarbeitenden Ehefrau, die die Haus- und Familienarbeit leistet. Im Gegensatz dazu ist beim Zivilpakt von vornherein jede/r auf Lebenszeit für das eigene Auskommen verantwortlich bzw. muss auf eigene Pensionsvorsorge achten. Dies entspricht grüner Sozialpolitik, die von der Vorstellung ausgeht, dass soziale Sicherungssysteme auf Basis individueller Absicherung funktionieren und Menschen nicht über ihre emotionalen Beziehungen in „unfreiwillige“ wirtschaftliche Abhängigkeit geraten, weshalb es neben dem ZIP grüne Modelle einer Grundsicherung für alle sowie eines Grünen Pensionssystems (individuelle Grundsicherung im Alter und erwerbsabhängige Pension) gibt.

Die Vorstellung, dass eine/r für die/den andere(n) den Haushalt führt und für das eigene Fortkommen nicht mehr Sorge trägt, ist mit dem Zivilpakt inkompatibel. Es besteht kein Rechtsschutzinteresse, neue Rechtsinstitute für derartige Lebensformen zu begründen. Bei einer solchen Ausgangslage wird für gemischtgeschlechtliche Paare die Ehe zu wählen sein, für gleichgeschlechtliche Paare ist die Öffnung der Ehe anzustreben. Dasselbe gilt auch, wenn die Betreuung und Erziehung der Kinder einseitig von einer/m LebenpartnerIn übernommen wird und diese/r dadurch tiefgreifende Einschnitte in ihre/seine Erwerbslaufbahn vornimmt.

Unterhaltsansprüche gibt es während aufrechtem Zivilpakt. Die derzeit im Rahmen der nachehelichen Unterhaltspflicht zu prüfende Verschuldensfrage – der Unterhaltsanspruch nach Scheidung ist prinzipiell vom Verschulden an der Zerrüttung der Ehe abhängig – fällt beim Zivilpakt nicht an. Ein gerichtliches Verfahren auf Auflösung eines Zivilpaktes ist daher kürzer und straffer als ein Scheidungsverfahren und beschränkt sich auf die Frage, ob der Zivilpakt seit mehr als sechs Monaten zerrüttet ist.

Das Vertrauen auf den Unterhaltsanspruch aufgrund der Haushaltsführung bzw. das Hintanstellen des eigenen Fortkommens, wie dies traditionell den Frauen als Ideal angepriesen wird, erweist sich bereits für die Ehe als obsolet. Zum einen wollen die meisten Frauen selbst berufstätig sein, zum anderen erfüllt die Ehe nicht mehr die Hoffnungen auf eine lebenslange Versorgung (Die Scheidungsquote tendiert in den Industrienationen gegen 50 %). Zum dritten ist das Einkommen des nicht haushaltsführenden Ehegatten/ der nicht haushaltsführenden Ehegattin nur in den seltensten Fällen so hoch, dass davon der haushaltsführenden Gattin/ dem haushaltsführenden Gatten zum Leben ausreichend Unterhalt geleistet werden könnte. Auch ist für alle Jene, die im Vertrauen auf den Bestand der Ehe ihr eigenes Fortkommen zurückgestellt haben auch noch die Hürde zu nehmen, dass dem Ehemann/der Ehefrau bei der Scheidung das Verschulden nachgewiesen werden muss. Das führt dazu, dass es bei den Ehescheidungsverfahren um die volle Existenz geht und diese mit entsprechender Härte und gegenseitigen Beschuldigungen geführt werden (müssen) und tatsächlich nur selten und wenn – geringer Unterhalt – geleistet wird. Für den Zivilpakt ist das abzulehnen.

Eine Verpflichtung zur Mitwirkung im Erwerb des/der anderen besteht nicht. Ansprüche auf Entlohnung bei der Mitarbeit im Unternehmen des/der anderen können aus einem Dienstverhältnis oder einem Gesellschaftsvertrag abgeleitet werden.


Folgen der nicht bestehenden Unterhaltsverpflichtung nach gerichtlicher Auflösung

Die Konsequenz aus der nicht existierenden zivilpaktlichen Unterhaltspflicht nach der gerichtlichen Auflösung oder dem Tod ist, dass es keine an den Unterhalt anknüpfende Pensionsansprüche gibt. Eine Witwer- oder Witwenpension nach dem Ableben eines/r der ZivilpartnerInnen gibt es nicht.

Zivilpakt und Adoption

Hinsichtlich der Adoption sind der Zivilpakt und die Ehe gleichgestellt. Es ist darauf Rücksicht zu nehmen, dass nunmehr im Rahmen des Zivilpakts auch gleichgeschlechtliche LebenpartnerInnen Kinder adoptieren können und daher die strikte Zuordnung „Wahlvater“ bzw. „Wahlmutter“ nicht mehr übertragbar ist. Das Adoptivkind hat dann zwei Wahlelternteile und nicht Wahlvater und Wahlmutter. Die LebenspartnerInnen sind wie EhegattInnen begünstigt, wenn sie die Kinder ihrer LebenspartnerInnen adoptieren.

Kinder und Zivilpakt

Für die gemeinsamen leiblichen Kinder gelten die Regelungen wie für die ehelichen Kinder eines Ehepaares, beide Eltern haben die Obsorge zu ihren Kindern.

Bei einer gerichtlichen Auflösung des Zivilpakts werden die Rechte hinsichtlich der Kinder wie bei einer Ehescheidung behandelt, d.h. die Obsorge beider LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes bleibt prinzipiell aufrecht. Es muss dann bei Gericht bekannt gegeben werden, bei welchem Elternteil sich das Kind hauptsächlich aufhalten soll. Die LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes können das vor Gericht einvernehmlich erklären, oder eine andere Regelung vereinbaren, etwa die alleinige Obsorge einer/eines der beiden. Kommt es nicht zu einer derartigen Einigung, so bestimmt das Gericht unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl, welchem/r der beiden LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes die Obsorge zugesprochen wird.

Zivilpakt und Erbrecht

Im Erbrecht besteht die völlige Gleichstellung der LebenspartnerInnen des Zivilpakts mit EhegattInnen. ZivilpartnerInnen können also Erbverträge abschließen. Vom gesetzlichen Erbrecht her sind sie den EhepartnerInnen gleichgestellt, erben also ein Drittel wenn Kinder als gesetzliche ErbInnen vorhanden sind und zwei Drittel oder den gesamten Nachlass wenn Eltern oder deren Nachkommen vorhanden sind. Der/die LebenspartnerIn eines Zivilpaktes ist auch pflichtteilsberechtigt, sodass die Hälfte bzw. ein Drittel des gesetzlichen Erbteils als Pflichtteil zu leisten ist. Der/die überlebende LebenspartnerIn eines Zivilpaktes hat als gesetzliches Vorausvermächtnis das Recht in der gemeinsam bewohnten Wohnung weiterzuwohnen und die zum Haushalt gehörenden beweglichen Sachen zu bekommen.

Zivilpakt und gerichtliche Auflösung

Die gerichtliche Auflösung des Zivilpakts ist beim zuständigen Bezirksgericht durchzuführen. Die gerichtliche Auflösung ist aber in keiner Weise vom Nachweis eines Verschuldens abhängig, nicht hinsichtlich der Zulässigkeit der Auflösung und auch nicht hinsichtlich der Rechtsfolgen.

Den LebenspartnerInnen des Zivilpakts steht wie den EhegattInnen die einvernehmliche gerichtliche Auflösung analog § 55a EheG offen, wenn Einigkeit darüber besteht, dass beide die Auflösung möchten und die Rechtsfolgen der Auflösung einvernehmlich geregelt werden können. Das sind Obsorge, Besuchsrecht und Unterhaltsrecht zu den minderjährigen Kindern, sowie die Aufteilung der gemeinsamen Wohnung und des partnerschaftlichen Vermögens. Weitere Voraussetzung ist, dass die partnerschaftliche Gemeinschaft der LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes seit mindestens einem halben Jahr aufgehoben ist.

Die LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes sollen dabei unterstützt werden, dass sie die Form der einvernehmlichen gerichtlichen Auflösung wählen und sich über alle Rechtsansprüche nach dem Zivilpakt einigen können. Dazu stehen auch alle Behelfe wie für die EhegattInnen zur Verfügung d.h. es wird die Möglichkeit der Mediation angeboten und ebenso wie für EhegattInnen gemäß FLAG gefördert. Auch die RichterInnen sind zu Vergleichsversuchen verhalten. Tritt der Fall ein, dass es zu keiner einvernehmlichen gerichtlichen Auflösung kommt, dann kann das strittige gerichtliche Auflösungsverfahren eingeleitet werden. In diesem Fall unterscheidet sich das Procedere ganz wesentlich von der Ehescheidung, denn allfälliges Fehlverhalten der PartnerInnen wird vom Gericht nicht geprüft. Es kommt nur darauf an, ob die Zerrüttung eingetreten ist d.h. ob zumindest ein/e LebenspartnerIn eines Zivilpaktes die Beziehung für gescheitert sieht und den Zivilpakt nicht mehr weiterführen will. Die sechsmonatige Bedenkzeit hat zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung vermutlich bereits begonnen, spätestens beginnt sie mit dem Einreichen der Klage auf gerichtliche Auflösung, sodass es ab diesem Zeitpunkt jedenfalls nach einem halben Jahr zur gerichtlichen Auflösung des Zivilpakts kommen wird. Auch im Zuge dieses kurzen Verfahrens werden die RichterInnen darauf hinwirken, dass bei allen anderen offenen Fragen wie Obsorge, Kindesunterhalt, Wohnung und Vermögensaufteilung eine Einigung erfolgt. Es entfällt das für Ehescheidungen so belastende Beweisverfahren, wer welche Eheverfehlungen begannen hat. Vor allem, wenn die EhegattInnen danach miteinander noch Kontakt haben müssen, weil sie Kinder haben, bedeutet das eine große Belastung, die den LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes erspart bleibt.

Rechtsfolgen der gerichtlichen Auflösung des Zivilpakts, die die Kinder (adoptierte und leibliche Kinder) betreffen

Prinzipiell ist vorgesehen, dass beide LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes auch nach Trennung oder nach der gerichtlichen Auflösung des Zivilpaktes die Obsorge für ihre minderjährigen Kinder behalten. Es muss aber festgelegt werden, bei welchem Elternteil sich die Kinder hauptsächlich aufhalten werden. Das wird bei Gericht akzeptiert, wobei überprüft wird, ob das dem Kindeswohl entspricht. Können sich die LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes nicht einigen, so bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung des Kindeswohls, wer die Obsorge zu den gemeinsamen Kindern zugesprochen erhält. Der/die andere LebenspartnerIn hat ein Recht auf persönlichen Umgang mit den Kindern, wobei der Umfang dieses Rechts (Besuchsrecht) bei Nichteinigung so vom Gericht geregelt wird, dass es dem Kindeswohl entspricht.

Der/die LebenspartnerIn eines Zivilpaktes, bei dem/der sich die Kinder nicht aufhalten, muss für die Kinder Unterhalt leisten. Der Unterhalt ist vom Einkommen des unterhaltspflichtigen Lebenspartners/der unterhaltspflichtigen Lebenspartnerin abhängig, des Weiteren vom Alter des Kindes und von allenfalls anderen Unterhaltspflichten des geldunterhaltspflichtigen Lebenspartners /der geldunterhaltspflichtigen Lebenspartnerin.

Rechtsfolgen der gerichtlichen Auflösung des Zivilpakts: Vermögensaufteilung und Aufteilung der – falls vorhandenen - gemeinsamen Wohnung

Für den Fall, dass sich die LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes während des aufrechten Zivilpaktes eine gemeinsame Wohnung teilten und sie sich nach der gerichtlichen Auflösung des Zivilpakts nicht darüber einigen können, wer die gemeinsam bewohnte Wohnung samt Hausrat behält, entscheiden darüber die Gerichte, wobei diese Wohnung nicht nur als Wertgegenstand gesehen wird sondern auch berücksichtigt wird, wer den dringenderen Wohnbedarf hat - beispielsweise wenn die Kinder dort sozial integriert sind. Das übrige während des Zivilpakts gemeinsam erworbene Vermögen, wozu auch Schulden gehören, wird nach billigem Ermessen aufgeteilt, was meistens bedeutet, dass jede/r der beiden LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes wertmäßig die Hälfte bekommt. Hat Eine/r wesentlich mehr Bemühungen erbracht, als die/der Andere, so können die Prozentsätze auch davon abweichen. Nicht aufgeteilt werden solche Sachen, die jemand geerbt oder geschenkt bekommen hat, die er/sie bereits vor dem Zivilpakt hatte, persönliche Gegenstände sowie Unternehmen.

Auch zu diesen Rechtsproblemen gibt es umfangreiche juristische Entscheidungssammlungen hinsichtlich der Aufteilung des ehelichen Vermögens, sodass auch für die Aufteilung des im Rahmen des Zivilpakts erworbenen Vermögens die gleichen Grundsätze wie für die nacheheliche Aufteilung angewandt werden können.

Zivilpakt und Wohnrecht

Im Bereich des derzeitigen Mietrechtsgesetzes sind EhegattInnen (und auch andere nahe Angehörige) privilegiert. Gemäß § 12 MRG kann der/die HauptmieterIn einer Wohnung, die/der die Wohnung verlässt, die Mietrechte an den Ehegatten/die Ehegattin abtreten - vorausgesetzt, dass die EhegattInnen für mindestens zwei Jahre in der Wohnung zusammengelebt haben. Das ist bisher für LebensgefährtInnen nicht möglich. Für LebensgefährtInnen aufgrund des Zivilpakts soll daher eine Gleichstellung mit EhegattInnen stattfinden, sodass § 12 MRG in der Aufzählung der berechtigten Familienmitglieder um LebenspartnerInnen, die den Zivilpakt abgeschlossen haben, erweitert wird.

Als eine der ganz wenigen Bestimmungen, in der LebensgefährtInnen schon im bisherigen Recht berücksichtigt wurden, regelt § 14 MRG die Eintrittsberechtigung nach dem Tod eines Hauptmieters/einer Hauptmieterin, Wenn nahestehende Personen ein dringendes Wohnbedürfnis haben und schon bisher im gemeinsamen Haushalt mit der/dem MieterIn der Wohnung gewohnt haben, können sogar LebensgefährtInnen in das Mietrecht eintreten, sind aber schlechter gestellt als EhegattInnen. Während diese keine gemeinsame Mindestwohndauer nachweisen müssen, haben LebensgefährtInnen erst dann einen Anspruch, wenn sie mindestens drei Jahre hindurch in der Wohnung mit dem der/der HauptmieterIn gewohnt haben. Wobei seit der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom Juli 2003 in der Beschwerde Karner gegen Österreich fest steht, dass mit „Lebensgefährten“ gleich- und verschiedengeschlechtliche LebensgefährtInnen gemeint sind. Darüber hinaus soll der Zivilpakt jedoch ganz der Ehe gleichgestellt werden, sodass in § 14 MRG in die Aufzählung der eintrittsberechtigten Personen die LebensgefährtInnen aufgrund des Zivilpakts wie EhegattInnen aufgenommen werden.

Empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang, dass die Unterscheidung zwischen EhegattInnen, LebenspartnerInnen aufgrund des Zivilpakts einerseits und den LebensgefährtInnen ohne rechtliche Grundlage andererseits, fallen gelassen wird. Es gibt keinen gerechtfertigten Grund, warum nicht auch LebensgefährtInnen ohne Zivilpakt eine Eintrittsberechtigung haben sollen - ohne Rücksicht auf die Zeitdauer.

Wohnungseigentumsgesetz 2002 – WEG 2002

Im Bereich des Wohnungseigentums wurde die Diskrepanz zwischen Ehe, Lebensgemeinschaft und anderen Formen des Zusammenlebens bereits entschärft, da der Anknüpfungspunkt die Eigentümerpartnerschaft ist, wobei die PartnerInnen als „Eigentümer je eines halben Mindestanteils“ definiert werden. Es kommt also nicht auf die Art der Beziehung der Personen an, sondern auf die Eigentumsverhältnisse der beiden Personen an der Liegenschaft.

Die Ehe ist nur insofern berücksichtigt (§ 13 Abs.6 WEG 2002), als EhegattInnen bei der Auflösung der Eigentümerpartnerschaft während aufrechter Ehe auf die Wohnbedürfnisse des Ehegatten/der Ehegattin Rücksicht nehmen müssen, solange die Ehe aufrecht ist. Das ist konsequent und logisch im Sinne des Familienrechts (siehe § 97 ABGB für die Ehe, sowie § 97 neu ABGB auch für die LebenspartnerInnen des Zivilpakts)

Den Zusammenhang von Ehescheidung und Eigentümerpartnerschaft regelt § 15 WEG. Diese Bestimmungen gelten nun sinngemäß auch für den Zivilpakt. Die – falls vorhandene - gemeinsame Eigentumswohnung ist also zunächst bei einer einvernehmlichen gerichtlichen Auflösung des Zivilpakts im Einvernehmen einem/einer der LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes zu übertragen. Im Fall der Nichteinigung wird dies durch das Gericht geschehen, wobei immer auch das Wohnbedürfnis – vor allem der gemeinsamen Kinder – berücksichtigt wird. Dieser Vorrang der familiären Grundsätze vor den rein vermögensmäßigen Prämissen soll für den Zivilpakt ebenso gelten, sodass im § 15 WEG der Wortlaut des Gesetzes in diesem Sinne zu ergänzen ist.

Das Gewaltschutzgesetz (Bundesgesetz zum Schutz vor Gewalt in der Familie – GeSchG, BGBl 1996/759), sichert unter anderem den Opfern von Gewalt in der Familie ihre Wohnung, indem der/die GewalttäterIn vom Gericht oder der Polizei aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen wird und diese dann zu verlassen hat (§ 382 b EO, § 38 a SicherheitspolizeiGesetz) Der Begriff der „nahen Angehörigen“ ist bereits so gefasst, dass sowohl EhegattInnen als auch LebensgefährtInnen davon gleichberechtigt betroffen sind, d.h. der Begriff umfasst automatisch auch LebenspartnerInnen eines Zivilpakts. 

Zivilpakt und das Recht die Aussage vor Gericht zu verweigern

Im zivilgerichtlichen Verfahren (Zivilprozessordnung – ZPO) dürfen ZeugInnen die Aussage vor Gericht verweigern, wenn sie dadurch sich selbst oder nahestehende Personen, die im Gesetz genau angeführt sind, dadurch belasten oder gar strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würden. In dem Katalog der nahestehenden Personen sind die EhegattInnen, nicht aber die LebensgefährtInnen angeführt. Der Katalog der nahestehenden Personen wird daher um LebenspartnerInnen eines Zivilpakts erweitert.

Im Unterschied dazu sind im Strafverfahren (§ 72 StGB in Verbindung mit §§ 152, 153 StPO) sowohl EhegattInnen als auch heterosexuelle und homosexuelle LebengefährtInnen von der Verpflichtung zur ZeugInnenaussage befreit, wenn sie sich selbst oder EhegattInnen oder LebensgefährtInnen oder ihre eigenen Verwandten oder sogar nahe Verwandte der LebensgefährtInnen durch ihre Aussage belasten würden.

Durch die Angehörigendefinition des § 72 StGB kommt auch die Privilegierung der geringeren Strafbarkeit bzw. Straflosigkeit oder erschwerten Verfolgung den EhegattInnen und LebensgefährtInnen, die TäterInnen sind, zugute z.B.

§ 88 StGB – Straflosigkeit der fahrlässigen Körperverletzung;

§ 107 StGB - Verfolgung der gefährlichen Drohung nur mit Ermächtigung;

§ 141 Abs. 3 StGB - Straflosigkeit der Entwendung

§ 166 StGB - Niedrigerer Strafrahmen bei Vermögensdelikten, auch Privatanklage usw.

Zivilpakt und Sozialversicherungsrecht

Eine Witwer- oder Witwenpension ist für die LebenspartnerInnen des Zivilpakts nicht vorgesehen. Davon abgesehen sollen LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes EhegattInnen in allen Belangen des Sozialversicherungsrechtes gleichgestellt werden.

Im Rahmen der Krankenversicherung besteht ein Anspruch auf Mitversicherung für „Angehörige“, die selbst nicht krankenversichert sind. Angehörige in diesem Sinne sind EhegattInnen sowie Kinder, Stiefkinder, Enkel und Pflegekinder. LebensgefährtInnen waren bislang ebenso anspruchberechtigt wenn sie mit dem/der Versicherten mindestens zehn Monate in Hausgemeinschaft lebten und unentgeltlich den Haushalt führten. Dies galt jedoch nur für andersgeschlechtliche LebensgefährtInnen. Der Verfassungsgerichtshof hat diese Bestimmung daher am 1.8.2006 als verfassungswidrig aufgehoben. Nach dem Beschluss des Nationalrats 1408 Blg. XXII GP sind LebensgefährtInnen nun in der Krankenversicherung des/der PartnerIn anspruchsberechtigt, wenn sie zusätzlich zur unentgeltlichen Haushaltführung und zur mindestens seit zehn Monaten bestehenden Hausgemeinschaft entweder minderjährige Kinder betreuen oder eine/r der PartnerInnen schwer pflegebedürftig ist - immer vorausgesetzt, dass keine eigene Krankenversicherung besteht. Für EhegattInnen gelten diese zusätzlichen Anforderungen für die Anspruchsberechtigung nicht.

Die Voraussetzungen für die Mitversicherung, nämlich keine eigene Krankenversicherung zu haben bzw. haben zu müssen, bedeutet mehr oder weniger, kein eigenes Einkommen zu haben und in völliger Abhängigkeit von dem/der LebenspartnerIn zu sein. Für Zeiten der Not ist dies aber akzeptabel und vielleicht kann dadurch verhindert werden, dass ein/eine LebenspartnerIn durch etwa Krankheit aus dem sozialen Netz gänzlich herausfällt. Auch entspricht die – mittlerweile nicht mehr unentgeltliche – Mitversicherung der Pflicht zur wechselseitigen Unterhaltsleistung während des aufrechten Zivilpakts.

Konsequenterweise sind daher die LebenspartnerInnen eines Zivilpakts den EhegattInnen gleichzustellen. Zugleich erscheint insgesamt eine Differenzierung zwischen EhegattInnen und LebensgefährtInnen nicht sinnvoll und es ist anzustreben, dass diese Unterscheidung prinzipiell aufzuheben ist. Dieses Reformvorhaben ist jedoch nicht Gegenstand dieses Initiativantrags.

Zivilpakt und Steuerrecht

Im Einkommenssteuergesetz (Einkommenssteuergesetz 1988 – EStG 1988) wurde damit begonnen EhegattInnen und LebensgefährtInnen gleichzustellen. Die Gleichstellung wird allerdings nur dann gewährt, wenn in der Lebensgemeinschaft ein Kind vorhanden ist.

§ 106 Abs 3 EStG: „(Ehe)Partner ist eine Person mit der der Steuerpflichtige verheiratet ist oder mit der er mit mindestens einem Kind ... in einer eheähnlichen Gemeinschaft lebt.“

In der bisherigen Judikatur wird der Ausdruck „eheähnlich“ immer so ausgelegt, dass gleichgeschlechtliche LebenspartnerInnenschaften nicht darunter fallen. Dass erst beim Vorhandensein eines Kindes die Lebensgemeinschaft steuerlich beachtlich ist, wurde in den Erläuterungen zur Regierungsvorlage damit begründet, dass erst bei Vorhandensein eines Kindes die Lebensgemeinschaft so stabil wie eine Ehe sei (§ 463 BLG MR 18. GB). Diese Auffassung teilt der Zivilpakt nicht. Davon abgesehen knüpft das EStG an tatsächliche mit der gemeinsamen Haushaltsführung verbundene Unterhaltsleistungen an.

Es ist daher konsequent und richtig, die LebenspartnerInnen eines Zivilpaktes mit „(Ehe)PartnerInnen“ im Sinne des EStG gleichzusetzen. In konsequenter Verfolgung des Gedankens, dass es auf die tatsächlichen Unterhaltsleistungen ankommt, die steuerlich berücksichtigt werden sollen, wären alle Lebensgemeinschaften - und zwar sowohl gleich-  als auch verschiedengeschlechtliche Lebensgemeinschaften ohne Zivilpakt - die von relevanter Dauer sind (mehr als sechs Monate im Kalenderjahr) der Ehe steuerrechtlich ebenfalls gleichzusetzen.

Zum Tragen kommt das bei der Geltendmachung des Alleinverdienerabsetzbetrags gemäß § 33 Abs. 4 Zif. 1 EStG; bei Behinderung des Lebensgefährten/der Lebensgefährtin wird ein Freibetrag zugestanden (§ 35 EStG); Sonderausgaben (für Wohnraumschaffung und Sanierung, für bestimmte Aktien, Kirchensteuer) können abgezogen werden, wenn sie für den/die (Ehe)PartnerIn im Sinn des Gesetzes erbracht werden.

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 3. Dezember 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Mag. Albert Steinhauser die Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz, Dr. Johannes Jarolim, Mag. Karin Hakl, Mag. Ewald Stadler, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Dr. Johannes Hübner und Dr. Susanne Winter sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Initiativantrag nicht die Zustimmung der Ausschussmehrheit.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Ridi Maria Steibl gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2009 12 03

                                Ridi Maria Steibl                                                     Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann