565 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über den Antrag 446/A(E) der Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Trennungsopfer - gemeinsame Obsorge beider Elternteile

Die Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 17. Februar 2009 im Nationalrat eingebracht und ua. wie folgt begründet:

„Seit dem 1.7.1998 gilt in der Bundesrepublik Deutschland das neue Kindschaftsrecht. Und dieses geht von einem grundsätzlichen Fortbestand der gemeinsamen elterlichen Sorge aus. Damit hat der Deutsche Gesetzgeber die Bedeutung von Vater und Mutter für die gesunde Entwicklung eines Kindes erkannt und betont. Somit ist die gemeinsame Obsorge der gesetzliche Regelfall nach einer Scheidung. Über das Sorgerecht entscheidet das Gericht nur noch dann, wenn ein Elternteil für sich das alleinige Sorgerecht beantragt. Jener Elternteil, der die Alleinsorge für die Kinder anstrebt, muss nachweisen, dass die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl abträglich ist.

Seit 01.07.2001 gibt es in Österreich die Möglichkeit, die „Obsorge beider Elternteile" im Falle einer Scheidung freiwillig zu vereinbaren. Diese Regelung wurde im Jahr 2005 einer Evaluierung unterzogen. Die Evaluierungsstudie des BMJ brachte unerwartete Ergebnisse (zumindest für die Studienersteller). Die neue Möglichkeit der gemeinsamen Obsorge wurde im Untersuchungszeitraum in über 53% der Fälle in Anspruch genommen. Positive Auswirkungen sind vor allem die schnellere Beruhigung des Konfliktniveaus, weniger Konflikte um die Ausübung des Besuchsrechts, hohe Zufriedenheit mit der Obsorge beider Elternteile, häufigere Kontakte der Kinder mit dem getrennt lebenden Elternteil, eine zehn mal niedrigere Kontaktabbruchsrate als bei alleiniger Obsorge, der getrennt lebende Elternteil übernimmt quantitativ und qualitativ mehr elterliche Aufgaben und Verantwortung, mehr Austausch zwischen den getrennt lebenden Eltern, positive Auswirkungen auf die Zahlung des Kindesunterhalts (pünktlicher, Höhe wird eher als angemessen erlebt).

Am 28.01.2009 hat der Schweizer Bundesrat eine Novelle zum Zivilgesetzbuch in Begutachtung geschickt, welche vorsieht, im Bereich der Elternschaft die gemeinsame Obsorge (nach deutschem Vorbild) zur Regel zu machen.

Es wäre wünschenswert, wenn auch die Österreichische Bundesregierung diesen Themenkreis ähnlich objektiviert und ohne ideologische Scheuklapppen betrachten könnte.“

 

Der Justizausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 3. Dezember 2009 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Walter Rosenkranz die Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Ridi Maria Steibl, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Daniela Musiol, Herbert Scheibner, Mag. Karin Hakl, Mag. Johann Maier sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Mag. Ruth Becher gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2009 12 03

                               Mag. Ruth Becher                                                    Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann