651 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Justizausschusses

über die Regierungsvorlage (612 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem die Konkursordnung in Insolvenzordnung umbenannt und gemeinsam mit dem Insolvenzrechtseinführungsgesetz, dem Gerichtsgebührengesetz, dem Gerichtlichen Einbringungsgesetz, dem Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz, dem IEF-Service-GmbH-Gesetz, dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, dem Landarbeitsgesetz 1984 und der Gewerbeordnung 1994 geändert wird sowie die Ausgleichsordnung aufgehoben wird (Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 – IRÄG 2010)

Aufgrund der derzeitigen Rechtslage wird das auf Sanierung ausgerichtete Ausgleichsverfahren in der Praxis kaum genützt. Sanierungen kommen stattdessen mit Hilfe des Zwangsausgleichs im Rahmen des Konkursverfahrens zustande. Bei Eröffnung eines Konkursverfahrens wird aber von Seiten der Schuldner eine Stigmatisierung befürchtet. Deshalb stellen Schuldner Konkurseröffnungsanträge häufig zu spät, wodurch die Sanierung erschwert wird.

Vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise sollen Sanierungen erleichtert werden. Anstelle der Unterteilung in Konkurs- und Ausgleichsverfahren soll ein einheitliches Insolvenzverfahren geschaffen werden, das bei rechtzeitiger Vorlage eines Sanierungsplans als Sanierungsverfahren, ansonsten als Konkursverfahren zu bezeichnen ist. Damit sollen die Schuldner zu einer früheren Antragstellung motiviert werden. Gleichzeitig soll durch die Bezeichnung als Sanierungsverfahren auch für die Vertragspartner des Schuldners die – positive – Ausrichtung des Verfahrens klargestellt werden. Sofern der Schuldner bei Verfahrenseröffnung qualifizierte Unterlagen vorlegt (etwa einen Finanzplan) und im Sanierungsplan eine Quote von zumindest 30% anbietet, soll ihm überdies die Eigenverwaltung unter Aufsicht eines Verwalters belassen werden.

Um die Sanierung im Insolvenzverfahren zu fördern, soll dem Schuldner für einen beschränkten Zeitraum der notwendige Spielraum zur Vorbereitung der notwendigen Maßnahmen gegeben werden: So soll die Auflösung von Verträgen durch Vertragspartner des Schuldners nur in Ausnahmefällen möglich sein und der Zugriff der gesicherten Gläubiger weiter aufgeschoben werden.

 

Der Justizausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 13. April 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen der Berichterstatterin Anna Franz die Abgeordneten Dr. Peter Fichtenbauer, Mag. Sonja Steßl-Mühlbacher, Mag. Ewald Stadler, Dr. Peter Wittmann, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Peter Michael Ikrath, Herbert Scheibner, Mag. Johann Maier und Dr. Johannes Hübner sowie die Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner und der Ausschussobmann Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Ein von den Abgeordneten Mag. Heribert Donnerbauer und Mag. Johann Maier eingebrachter Entschließungsantrag wurde einstimmig beschlossen. Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Das IRÄG 2010 soll die Fortführungen von Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten zum volkswirtschaftlichen Nutzen erleichtern und deren Zerschlagung verhindern, soweit dies sinnvoll ist. Neben dem bereits bestehenden Konkursverfahren wird durch die Gesetzesnovelle deshalb als Schwerpunkt ein Sanierungsverfahren geschaffen, das das Insolvenzverfahren wesentlich flexibler gestaltet. Durch die Neugestaltung der verfahrensrechtlichen Bestimmungen in einer neuen Insolvenzordnung kommt den hohen Anforderungen an Masse- und Sanierungsverwalter besondere Bedeutung zu. Dies erfordert, dass sämtliche vom Insolvenzgericht bestellte Verwalter hohen Qualitätsansprüchen gerecht werden. Nicht nur umfassende Kenntnisse des Insolvenzrechts, sondern insbesondere auch ausreichende Fachkenntnisse des Wirtschaftsrechts, der Betriebswirtschaft, des Steuer- und Arbeitsrechts und – im Hinblick auf den Stellenwert des neuen Sanierungsverfahrens – der Unternehmensführung sind hier angesprochen. Zur Sicherung und Verbesserung der Qualität der Tätigkeit der Verwalter sind breit aufgestellte Aus- und Fortbildungsprogramme für Masse- und Sanierungsverwalter, die sowohl praxisbezogene als auch rechts- und wirtschaftswissenschaftlich fundierte Elemente (wie etwa Kooperationen mit Universitäten oder Fachhochschulen) berücksichtigen, in Betracht zu ziehen. Ziel ist eine nachhaltige Qualitätssicherung der Tätigkeit von Masse- und Sanierungsverwaltern. Um den Stand und einen allfälligen Bedarf einer Anpassung der Qualitätssicherung für Masse- und Sanierungsverwalter feststellen zu können, sollte das System der der Qualitätssicherung evaluiert werden.“

 

Ferner beschloss der Justizausschuss einstimmig folgende Feststellungen:

Wesentliches Anliegen der Insolvenzrechtsreform ist die Förderung der Unternehmenssanierung.

Wesentlich für den Erfolg einer Sanierung ist die Unternehmensfortführung im Rahmen der bestehenden Verträge. Derzeit ist es zulässig, vertraglich zu vereinbaren, Verträge im Falle einer Konkurseröffnung kündigen zu dürfen. Derartige Kündigungen verunmöglichen eine Sanierung.

Daher soll künftig die Möglichkeit, für die Sanierung notwendige Verträge alleine aufgrund eines Insolvenzverfahrens aufzulösen (§§ 25a f IO), auf wichtige Gründe beschränkt werden.

Jedenfalls muss in diesen Fällen aber auch der Schutz der Gläubiger besonders beachtet werden.

Festgehalten wird daher, dass diese Beschränkungen der Vertragsauflösung nichts daran ändern, dass wie bisher den Vertragspartnern bei Unternehmensfortführung im Insolvenzverfahren selbst alle Rechte zustehen, wie

         Kündigung wegen Nichtzahlung (z.B. von Miete, Strom, Lohn, Versicherungsprämien ab Insolvenzeröffnung);

         Vertragsrücktritt wegen Verzuges nach Eröffnung;

         Gewährleistung;

         auch vertraglich für den Insolvenzfall vereinbarte Änderungen von Zahlungskonditionen sind daher zulässig;

insoweit sie nicht auf eine Umgehung des § 25a IO hinauslaufen.

Ebenso ist festzuhalten, dass § 25a IO keine Auswirkungen auf vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugegangene rechtsgeschäftliche Erklärungen des Vertragspartners hat, die z.B. Fristen auslösen oder terminlich relevant sind (z.B. Nachfristsetzung, Kündigung) und bei denen das Fristende auf einen Zeitpunkt nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällt.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Anna Franz gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Justizausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.      dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (612 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen;

2.      die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2010 04 13

                                     Anna Franz                                                          Mag. Heribert Donnerbauer

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann