Vorblatt

Ziele des Entwurfs:

Die täglichen Erfahrungen in der Kriminalitätsbekämpfung zeigen, dass vor allem bei fremden Tätern (so genannten reisenden Tätergruppierungen) die bisherigen Instrumente der Strafverfolgung wie Anzeige auf freiem Fuß nicht ausreichend sind. Deshalb sollen die Möglichkeiten der Beschlagnahme bzw. der Einhebung einer strafprozessualen Sicherheitsleistung ergänzt werden.

Inhalt:

Es wird die Einführung einer neuen Bestimmung über die Anordnung einer Sicherheitsleistung (§ 172a StPO) vorgeschlagen.

Überdies sollen die Bestimmungen der StPO über die Vernehmung im Wege einer Videokonferenz den Regelungen der ZPO angepasst und vereinfacht werden.

Alternativen:

Beibehaltung der bisherigen Rechtslage.

Zu den finanziellen Auswirkungen

Die Einführung einer Sicherheitsleistung sollte zu einer effizienteren Verfahrensführung beitragen und könnte auch zu gewissen Mehreinnahmen führen, die sich auf seriöse Weise kaum kalkulieren lassen.

Auswirkungen auf den Personaleinsatz sind durch die vorgeschlagenen Änderungen insgesamt nicht zu erwarten.

Die Vorgaben des BFG 2010  und des BFRG 2010-2013 werden eingehalten.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreichs

Keine.

Kompetenzgrundlage

Die Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 6 des Bundes‑Verfassungsgesetzes.

Verhältnis zum EU-Recht

Die vorgeschlagenen Änderungen in der StPO berühren EU- Recht nicht.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Die Praxis der Kriminalitätsbekämpfung hat gezeigt, dass die Instrumente der Strafverfolgung vor allem bei ausländischen Beschuldigten (insbes. bei reisenden Tätergruppen) oft nicht ausreichend sind. Im Regierungsprogramm für die XXIV. GP ist daher der Auftrag enthalten, die bestehenden Eingriffsmöglichkeiten u.a. um solche der Einhebung einer strafprozessualen Sicherheitsleistung zu ergänzen, die in einer erleichterten Form einer Verwertung zugeführt werden soll. Die solcherart erlangte Sicherheitsleistung soll insbesondere die Durchführung des Verfahrens sicherstellen und der Abdeckung der Kosten des Gerichtsverfahrens sowie der Sicherung der privatrechtlichen Ansprüche des Opfers dienen.

Ein erster Vorschlag zur Umsetzung dieses Vorhabens wurde im Zuge des Ministerialentwurfs 82/ME XXIV. GP bereits einer allgemeinen Begutachtung unterzogen. Dabei hat sich herausgestellt, dass eine Beschränkung auf nicht im Inland wohnhafte Bürger möglicher Weise in Konflikt mit einschlägigem EU- Recht geraten könnte.

Es soll daher in der nunmehrigen Fassung nur darauf abgestellt werden, dass die ordnungsgemäße Durchführung des Strafverfahrens sicherzustellen ist. Dadurch soll auch ein Beitrag zur höheren Verfahrenseffizienz geleistet werden.

Besonderer Teil

Zu Z 1 lit. a, 2 lit. b und 3 (§§ 153 Abs. 3, 172 Abs. 2 und 172a):

Der vorgeschlagene § 172a StPO sieht in Umsetzung dieses Vorhabens vor, dass es zur Sicherstellung der Durchführung des Strafverfahrens zulässig ist, einem einer bestimmten Straftat dringend verdächtigen Beschuldigten, die Leistung einer angemessenen Sicherheit für die zu erwartende Geldstrafe, die Kosten des Verfahrens sowie der dem Opfer zustehenden Entschädigung aufzutragen (Abs. 1), wenn bestimmte Hinweise vorliegen, dass der Beschuldigte sich dem Verfahren entziehen oder das Verfahren sonst wesentlich erschwert werde.

Die Sicherheitsleistung soll von der Staatsanwaltschaft auf Grund einer gerichtlichen Bewilligung anzuordnen sein (sinngemäße Anwendung des § 180 Abs. 3 StPO); die Kriminalpolizei die Sicherheitsleistung durchzuführen und auch zwangsweise eine Sicherstellung durchführen können (Abs. 2).

Die Sicherheit soll frei werden, sobald das Strafverfahren rechtswirksam beendet ist (siehe zu diesem Begriff auch § 181 Abs. 2 StPO); im Fall der Verurteilung des Angeklagten jedoch erst, sobald die Strafe vollzogen ist. Als Sicherheit sichergestellte Gegenstände und Vermögenswerte sollen aber auch dann frei werden, wenn vom Beschuldigten die aufgetragene Sicherheit in Geld erlegt oder ein Dritter Rechte an den Gegenständen oder Vermögenswerten glaubhaft macht (Abs. 3). Entzieht sich der Beschuldigte dem Verfahren oder der Vollstreckung der Strafe, soll die Sicherheit vom Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft oder von Amts wegen mit Beschluss für verfallen zu erklären sein (Abs. 4).

Aus Anlass dieser Änderung soll der Wortlaut des § 153 Abs. 3 StPO über die Voraussetzungen einer Vorführung des Beschuldigten durch die Kriminalpolizei an jene der Festnahme aus eigener Macht der Kriminalpolizei angeglichen werden (§ 170 Abs. 1 Z 1 StPO).

Die Änderung im § 172 Abs. 2 stellt sich als Folgeänderung für die Fälle dar, in denen die Kriminalpolizei einen Beschuldigten festgenommen hat und gegen Leistung einer Sicherheit wieder frei lässt.

Zu Z 1 lit. b und 2 lit. a (§§ 153 Abs. 4 und 172 Abs. 1 StPO):

Die Bestimmungen über die Vernehmung im Wege einer Videokonferenz sollen vereinfacht werden; so soll durch die vorgeschlagene Änderung des § 153 Abs. 4 StPO eine Angleichung an die Bestimmung des § 277 ZPO erfolgen und die Ladung durch das Gericht, vor dem der Zeuge oder Beschuldigte zu erscheinen hat, entfallen. Die Voraussetzung für die Vernehmung des festgenommenen Beschuldigten im Wege einer Videokonferenz des § 172 Abs. 1 StPO hat sich in der Praxis als zu streng herausgestellt, weil selbst im Fall eines z.B. in Feldkirch aufgrund einer gerichtlich bewilligten Anordnung der Staatsanwaltschaft Wien festgenommen Beschuldigten die Überstellung nach Wien innerhalb von 48 Stunden möglich wäre. Durch diese Flexibilisierung soll der Aufwand von Kriminalpolizei und Justizwache für die Beritstellung der Überstellungsressourcen vermindert werden.