738 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über den Produktpirateriebericht 2009 des Bundesministers für Finanzen (III-123 der Beilagen)

Marken- und Produktpiraterie ist ein Phänomen, das immer weiter ausufert und immer gefährlicher wird und angesichts der jüngsten Wirtschaftskrise und des immer breiteren Angebots an Fälschungen in Zukunft zu einem noch größeren Problem werden könnte als heute. Die Statistik für das Jahr 2009 bekräftigt den bestehenden Trend.

Die größte Produktgruppe bei den Fälschungen sind nach wie vor die Medikamentenplagiate – die wohl gefährlichste Form der Produktpiraterie! Von diesen Waren geht eine Bedrohung für die Gesundheit, die Sicherheit und die Arbeitsplätze der Bürgerinnen und Bürger Österreichs und der Europäischen Union aus. Gefährdet werden dadurch aber auch die Wettbewerbsfähigkeit in der Gemeinschaft, der Handel und die Investitionen in Forschung und Innovation. Das Bundesministerium für Finanzen sieht eine seiner zentralen Aufgaben im Schutz vor diesen Gefahren. Ein starker Zoll schützt sowohl die Verbraucherinnen und die Verbraucher als auch die Wirtschaft. Die Zollbehörden und die Finanzverwaltung reagieren aber nicht nur auf diese neuen Bedrohungen, sondern sie agieren gerade hier sehr offensiv. Der Zollverwaltung gelang es, insbesondere durch verstärkte Kontrollen von Sendungen aus Risikoländern (va. China und anderen asiatischen Staaten) die Beschlagnahmezahlen gegenüber dem Vorjahr zu steigern. Die Zahl der vom Zoll aufgegriffenen Sendungen mit Plagiaten hat mit 2.516 einen neuen historischen Höchststand erreicht. Einziger Wermutstropfen dabei ist, dass die Anzahl der aufgegriffenen Artikel mit 416.263 geringer ist als im Vorjahr (619.263). Das ist darauf zurückzuführen, dass das Internet immer mehr als Verkaufsplattform für Fälschungen genutzt wird und dass die Sendungen immer kleinere Mengen an Pirateriewaren enthalten. Der Wert der beschlagnahmten Produkte betrug im Jahr 2009 mehr als 16 Millionen Euro (gemessen am Originalpreis). Das ist ein deutlicher Rückgang gegenüber 2008 (83 Millionen Euro gemessen am Originalpreis), der allerdings den seit längerem absehbaren Trend bestätigt, dass die Fälscher ihre Aktivitäten heute weniger im Bereich der Luxusartikel oder der teuren Mode ansiedeln, sondern immer stärker Massenkonsumgüter wie Lebensmittel, Kosmetik- und Hygieneprodukte, Autoersatzteile, Spielzeug sowie diverse technische Ausrüstungen und Elektrogeräte im Visier haben. Daraus erwachsen Risiken für die Gesundheit und die Sicherheit der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger. Wachsende Sorge bereitet insbesondere die Zunahme nachgeahmter Medikamente.

Vor dem Hintergrund, dass die Konsumentinnen und Konsumenten vor gefälschten, mit Schadstoffen verunreinigten, über- oder unterdosierten oder überhaupt wirkungslosen Medikamenten wirksam geschützt werden müssen und dass dieser bedrohlichen Entwicklung entschieden Einhalt geboten werden muss, hat das Bundesministerium für Finanzen auch 2009 einen wesentlichen Schwerpunkt auf die Aufdeckung von Medikamentenfälschungen gelegt. Neben laufenden nationalen Kontrollmaßnahmen nach der EG-Produktpiraterie-Verordnung 2004 ist es der Vorarlberger Zollfahndung gelungen, einen groß angelegten Schmuggelfall mit gefälschten Potenzmitteln aufzudecken. Dabei hat der Zoll über 3.000 Briefsendungen mit 32.000 gefälschten Tabletten im Gesamtwert von 265.400 Euro beschlagnahmt. Der Plan der Fälscher war, die über das Internet bestellten Plagiate nicht direkt aus den Herstellerländern Indien und China zu versenden. Gesteuert über ein Verteilerzentrum in Tschechien, das von einigen wenigen, gut organisierten Drahtziehern betrieben wird und über ein ausgeklügeltes Netzwerk verfügt, sollten die Tabletten von Österreich aus per Post verschickt werden, um so die beim Versand aus Drittsaaten bestehende „Hürde Zoll zu vermeiden“.

Auch bei der operationellen Zusammenarbeit mit Drittländern konnten 2009 entscheidende Erfolge verbucht werden. Mit China, der nach wie vor größten Quelle von Fälschungen, wurde am 30. Jänner 2009 ein EU-Zoll-Aktionsplan unterzeichnet. Auf der Basis dieses Aktionsplans wurde die operative Zusammenarbeit der Zollverwaltungen Chinas und der Mitgliedstaaten weiter intensiviert. Derzeit haben die gemeinsamen Aktionen Pilotcharakter, durch die in der Praxis Möglichkeiten der Zusammenarbeit erarbeitet, geprüft und evaluiert werden, die zum Ziel haben, dass Fälschungen erst gar nicht in die EU gelangen, sondern nach Möglichkeit bereits bei der Ausfuhr aus China abgefangen werden. Eine Evaluierung dieses Pilotprojekts wird voraussichtlich Mitte des Jahres 2010 vorliegen und zeigen, ob dieser Ansatz Erfolg versprechend ist und weiter verfolgt wird.

Der Finanzausschuss hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 12. Mai 2010 in Verhandlung genommen.

Aufgrund eines am 15. April 2010 eingebrachten Verlangens der Sozialdemokratischen Parlamentsfraktion wird der vorliegenden Bericht gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates nicht enderledigt.

 

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneter Mag. Johann Maier die Abgeordneten Dr. Ruperta Lichtenecker und Bernhard Vock sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka und der Ausschussobmann Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Mag. Johann Maier gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Produktpirateriebericht 2009 des Bundesministers für Finanzen (III-123 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

 

Wien, 2010-05-12

                              Mag. Johann Maier                                                  Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann