739 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (656 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Durchführung internationaler Sanktionsmaßnahmen (Sanktionengesetz 2010 - SanktG) erlassen und das Bundesgesetz über den Kapital- und Zahlungsverkehr mit Auslandsbezug (Devisengesetz 2004) geändert wird

 

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen die bisher im Bundesgesetz zur Durchführung internationaler Sanktionsmaßnahmen, BGBl. Nr. 406/1993, vorgesehenen innerstaatlichen Maßnahmen zur Durchführung völkerrechtlich verpflichtender Sanktionsmaßnahmen – im Lichte der Entwicklungen der vergangenen Jahre und insbesondere der Kritik der Financial Action Task Force (FATF) anlässlich der Länderprüfung Österreichs 2009 an der bestehenden Rechtslage – angepasst und ergänzt werden, um eine vollständige und effektive Durchführung von Sanktionen zum Zweck der Terrorismusbekämpfung zu gewährleisten. In ihrem am 1. Dezember 2009 veröffentlichen Prüfbericht zu Österreich (vgl. den Mutual Evaluation Report Austria, Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism, 26 June 2009) hat die FATF festgestellt, dass im Bereich der Bekämpfung des internationalen Terrorismus bestimmte Regelungslücken insbesondere im Hinblick auf den persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich der Resolutionen 1267 (1999) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen (VN) bestehen. Dies betrifft nach der derzeitigen Rechtslage Personen und Einrichtungen, die mangels Bezug zu einem Drittstaat nicht vom Anwendungsbereich von Verordnungen der Europäischen Union gemäß Art. 215 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), der etwas weiter gefasst ist als seine Vorgängerbestimmung Art. 301 iVm 308 EGV, erfasst sind. Bei diesen Personen kann es sich entweder um sog. „EU-interne Terroristen“ („EU internals“) gemäß dem Gemeinsamen Standpunkt 2001/931/GASP (insbesondere ETA und IRA-Terroristen, die im Anhang zum Gemeinsamen Standpunkt mit einem „Sternchen“ versehen sind) oder um bloße „österreichische Terroristen“ (die jedenfalls zumindest vom Anwendungsbereich von VN-Sanktionen erfasst sind) handeln. Diese beiden Kategorien sind bisher nur teilweise vom Anwendungsbereich des Devisengesetzes 2004, BGBl. I Nr. 123/2003, das lediglich den Kapital- und Zahlungsverkehr mit dem Ausland regelt, erfasst.

Außerdem sieht der Entwurf auch Bestimmungen zur Erfüllung der Verpflichtungen Österreichs zur Umsetzung von in Resolutionen des VN-Sicherheitsrats angeordneten Sanktionsmaßnahmen vor, die nicht in den sachlichen Anwendungsbereich von Verordnungen der Europäischen Union fallen können. Wie im bisherigen Bundesgesetz über die Durchführung internationaler Sanktionsmaßnahmen, BGBl. Nr. 406/1993, sind dies etwa Maßnahmen zur Beschlagnahme von Verkehrsmitteln, die sich im Eigentum oder unter der Kontrolle von Personen, gegen die Sanktionsmaßnahmen verhängt wurden, befinden. Darüber hinaus schafft das Gesetz – in Entsprechung einer weiteren Forderung der FATF (vgl. Rz. 258 ff des Mutual Evaluation Report Austria, Anti-Money Laundering and Combating the Financing of Terrorism, 26 June 2009) – nunmehr eine ausdrückliche Rechtsgrundlage für Eintragungen im Firmenbuch sowie Anmerkungen im Grundbuch betreffend Vermögenswerte, die Gegenstand von Sanktionsmaßnahmen der VN oder der Europäischen Union sind. Außerdem wird zur Umsetzung der in Sanktionsmaßnahmen der VN und der Europäischen Union regelmäßig angeordneten Einreise- und Durchreiseverbote von Personen nach und durch Österreich im Gesetz nunmehr auch eine allgemeine Rechtsgrundlage für die Untersagung der Ein- und Durchreise bestimmter Personen in oder durch die Republik Österreich geschaffen.

Das Einfrieren von Vermögenswerten soll künftig auf Grundlage des Sanktionengesetzes erfolgen. Da auch das Devisengesetz 2004 materiell das Einfrieren von gewissen Vermögenswerten vorsieht – allerdings nicht hinsichtlich sämtlicher Vermögenswerte im Sinne des Sanktionengesetzes und auch nur bei Vorliegen eines Auslandsbezugs –, soll zur Vermeidung von Doppelgleisigkeiten im Devisengesetz der Vorrang des Sanktionengesetzes für die Durchführung völkerrechtlich verpflichtender Sanktionsmaßnahmen vorgesehen werden.

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 12. Mai 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneter Konrad Steindl die Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Alois Gradauer, Dr. Christoph Matznetter und Mag. Johann Maier sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Durch die Ziffer 1 erfolgt eine sprachliche Anpassung an die mit Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon geänderte unionsrechtliche Terminologie.

Durch die Ziffer 2 soll die Überwachungspflicht der Oesterreichischen Nationalbank im Bereich der Kredit-, Finanz- und Zahlungsinstitute hinsichtlich unmittelbar anwendbarer Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Union umfänglich auf Maßnahmen beschränkt werden, wie diese in § 2 Abs. 1 des Sanktionengesetzes umschrieben werden (Einfrieren von Vermögenswerten, Untersagung der Bereitstellung von Vermögenswerten). Damit soll verhindert werden, dass die Oesterreichische Nationalbank für die Überwachung jeglicher unmittelbar anwendbarer Sanktionsmaßnahmen im Bereich der Kredit-, Finanz- und Zahlungsinstitute zuständig ist (wie etwa die Überwachung von Beschlagnahmen oder Reiseverboten).

Durch die Ziffern 3 und 4 wird sichergestellt, dass das Sanktionengesetz und die Änderung des Devisengesetzes gleichzeitig mit 1. Juli 2010 in Kraft treten. “

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Konrad Steindl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 05 12

                                  Konrad Steindl                                                      Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann