811 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Kulturausschusses

über den Antrag 1147/A(E) der Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Bundesmuseen-Gesetzes bezüglich Volkskundemuseum

Die Abgeordneten Mag. Heidemarie Unterreiner, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 20. Mai 2010 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Die Österreichische Museenlandschaft wird derzeit hauptsächlich von Kunstmuseen geprägt. In dieser Hinsicht gibt es vielfältige Bemühungen seitens der Kulturpolitik der Bedeutung dieser Museen gerecht zu werden. Für Kulturmuseen sieht die Sache jedoch anders aus. Es gibt zwar seitens des Bundes­ministeriums seit Jahren Überlegungen dieses Defizit auszugleichen, die jedoch der Bedeutung der kulturwissenschaftlichen Museen nicht gerecht werden. Das Konzept ‚Museum Neu‘ zum Beispiel will zwei, für die Österreichische Kulturlandschaft wichtigen Museen, nämlich das Museum für Volkskunde und das Museum für Völkerkunde zusammenlegen und ‚verschmelzen‘. Dieses Vorhaben würde jedoch den Kernaufgaben der beiden Museen nicht gerecht werden und daher die Vielfältigkeit und damit den Reichtum unserer Museenlandschaft schmälern.

Das Österreichische Museum für Volkskunde nimmt seit seiner Gründung eine bedeutende Stellung innerhalb der europäischen Kulturmuseen ein. Aufgrund seiner umfangreichen Sammlungen und Forschungstätigkeit zur Volkskunst und Regionalkultur Österreichs, seiner Nachbarländer (ehemaligen Kronländer) und der Geschichte der ehemaligen Monarchie ist es nicht nur das größte seiner Art in Europa sondern auch einzigartig und bedeutend für einen wichtigen Blickwinkel unserer Geschichte. Internationale Kontakte und Kooperationen machen das Museum heute zu einem Ort des wissenschaftlichen und kulturellen Dialogs in einem sich politisch und gesellschaftlich neu formierenden Europa. Es leistet einen entscheidenden Beitrag zur Kulturanalyse, die Gemeinsamkeiten aber auch Differenzierungen erfasst und somit zum besseren Verständnis der eigenen Kultur beiträgt. Seit Jahren befindet sich nunmehr das zukünftige Schicksal dieses Museums in einem Schwebezustand, da sowohl die räumliche Situation im Palais Schönborn in Wien – Josefstadt, als auch die generelle Finanzierung dieser Kulturinstitution nicht geregelt sind. Auf Bundesebene wurde bisher nur eine Fusion mit dem Völkerkundemuseum ins Auge gefasst. Bisher gibt es keinerlei Pläne das Volkskundemuseum als wichtige Österreichische Kultureinrichtung, die sich mit dem Kulturerbe Österreichs und somit mit der Österreichischen Identität auseinandersetzt, auf seinem historischen Standort zu erhalten.

Das Österreichische Volkskundemuseum als größtes Volkskundemuseum Europas muss ein Ort der Österreichischen Volkskunde der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bleiben. Um die Zukunft dieses Museums zu sichern und um ihm den Stellenwert beizumessen, den es auf Grund der herausragenden Sammlung innehat, ist es notwendig es in den Reigen der Bundesmuseen einzugliedern.“

Der Kulturausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Mag. Heidemarie Unterreiner die Abgeordneten Mag. Silvia Fuhrmann, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl und Stefan Petzner sowie die Ausschussobfrau Abgeordnete Sonja Ablinger.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Ein von den Abgeordneten Sonja Ablinger, Mag. Silvia Fuhrmann, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Zusammenführung des Museums für Völkerkunde und des Österreichischen Museums für Volkskunde wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen. Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Das Museum für Völkerkunde war 2000 zunächst als nachgeordnete Dienststelle und als teilrechtsfähige wissenschaftliche Anstalt öffentlichen Rechts zuletzt dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur unterstellt. Im Zuge der Überführung der Bundesmuseen in die Vollrechtsfähigkeit wurde das Museum für Völkerkunde 2001 dem Kunsthistorischen Museum angegliedert. Im selben Jahr wurde auch mit der Generalsanierung begonnen, die im Jahr 2007 mit der Eröffnung der Ausstellung ‚Benin‘ weitgehend abgeschlossen war. Weiterhin einer Lösung bedarf die Innenraumgestaltung zur Neuaufstellung der Sammlung.

Das Museum für Volkskunde im Palais Schönborn im 8. Wiener Gemeindebezirk ist ein Vereinsmuseum, dessen Bestände im Eigentum des Bundes stehen. Der Museumsbetrieb wird daher vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur wesentlich mitfinanziert. Im Volkskundemuseum besteht seit Jahren sowohl am Gebäude selbst wie auch in der Präsentation der Sammlungsbestände dringender Sanierungs- und Erneuerungsbedarf. Auf Grund der unterschiedlichen Zuständigkeiten - Gebäudeeigentümer ist die Stadt Wien, Sammlungseigentümer der Bund und Sammlungsverwalter der Verein - gestaltet sich die Organisation der notwendigen Maßnahmen als schwierig. Falls jedoch keine unmittelbaren Maßnahmen gesetzt werden, käme es zur Auflösung des Vereins und zur Übergabe der Sammlung an den Bund.

Auf Grund der inhaltlichen Bezüge – Volkskunde und Völkerkunde sind artverwandte Bereiche der Ethnologie – wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertreter/innen beider Museen unter Einschluss der jeweils leitenden Organe mit dem Auftrag zur Erstellung eines Konzeptes für die inhaltliche Ausrichtung eines den Anforderungen des 21. Jahrhunderts entsprechenden ‚Ethnologiemuseums‘ (Arbeitstitel: ‚Museum NEU‘) gebildet.

Das vorgelegte Ergebnis der Arbeitsgruppe schlägt unter einhelliger Zustimmung aller Beteiligten die Zusammenführung der beiden Museen in den Räumlichkeiten des Museums für Völkerkunde vor und stellt aus Sicht der unterfertigenden Abgeordneten einen Vorschlag dar, mit dem eine kulturpolitische Weichenstellung geschaffen wird. Derzeit wird ein entsprechender Detailplan ausgearbeitet, der konkrete Umsetzungsmaßnahmen enthalten soll. Durch das Konzept würden beide Museen wieder handlungsfähig, darüber hinaus könnte dies auch eine Erneuerungschance darstellen. Ziel des neuen Hauses wäre, sich nicht von anderen Kulturen abzugrenzen, sondern selbstbewusst die österreichische Kultur mit den Kulturen anderer Länder und Kontinente in einen Kontext zu setzen.“

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Mag. Gertrude Aubauer gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Kulturausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle die angeschlossene Entschließung annehmen.

Wien, 2010 06 30

                          Mag. Gertrude Aubauer                                                           Sonja Ablinger

                                 Berichterstatterin                                                                           Obfrau