823 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (770 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz, das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 und das Einkommensteuergesetz 1988 geändert werden

Nach der geltenden Rechtslage erfolgt die Einschätzung des Grades der Behinderung sowohl im Bereich des Behinderteneinstellungsgesetzes (BEinstG) als auch des Bundesbehindertengesetzes (BBG) durch ärztliche Sachverständige unter Zugrundelegung der gemäß §§ 7 und 9 des Kriegsopferversorgungs­gesetzes 1957 erlassenen Richtsatzverordnung, BGBl. Nr. 150/1965.

Zweck der Richtsatzverordnung ist die Ermittlung der Minderung der Erwerbsfähigkeit von Kriegsopfern, wobei im Gegensatz zur Einschätzung des Grades der Behinderung nach dem BEinstG bzw. BBG nur jene Gesundheitsschädigungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit der Wehrdienstleistung (Dienst­beschädigung) stehen, zu berücksichtigen sind. Hinzu kommt, dass die Richtsatzverordnung schon vor mehr als 40 Jahren in Kraft getreten ist und bei Weitem nicht mehr dem Stand der medizinischen Wissen­schaft entspricht bzw. die Anforderungen des heutigen Arbeitsmarktes nicht mehr adäquat abbildet.

Gemäß § 14 Abs. 3 BEinstG ist der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz ermächtigt, nach Anhörung des Bundesbehindertenbeirates gemäß § 8 BBG durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Feststellung des Grades der Behinderung festzulegen; der Bundesminister macht nunmehr von dieser Ermächtigung Gebrauch.

Ein entsprechender Verordnungsentwurf liegt vor; wie gesetzlich normiert, wurde der Bundes­behindertenbeirat dazu gehört. Die Einschätzungsverordnung soll – wie auch die vorliegenden Gesetzes­änderungen – mit 1. September 2010 in Kraft treten.

Mit den gegenständlichen Gesetzesentwürfen soll festgelegt werden, dass bei Anträgen auf Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten bzw. auf Ausstellung von Behindertenpässen gemäß § 40ff des Bundesbehindertengesetzes, die ab dem 1. September 2010 beim Bundessozialamt eingebracht werden, die Einschätzung des Grades der Behinderung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der neuen Einschätzungsverordnung zu erfolgen hat. Um einen reibungslosen Übergang zur neuen Rechtslage zu gewährleisten, soll die Einschätzungsverordnung im Falle eines Antrags auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung in Fällen, in welchen bereits ein Grad der Behinderung rechtskräftig nach dem Behinderteneinstellungs- oder dem Bundesbehindertengesetz festgestellt wurde, innerhalb der ersten 3 Jahre nach Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes (bis 31. August 2013) nicht zur Anwendung kommen. In diesem Zusammenhang ist ein ausgestellter Behindertenpass einem mittels Bescheid rechtskräftig fest­gestellten Grad der Behinderung gleichzuhalten.

Gleiches soll bei Nachuntersuchungen gelten, sofern keine objektivierte Änderung des Gesundheits­zustandes eingetreten ist. Ein Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung wäre innerhalb dieses Zeitraumes zurückzuweisen. Darüber hinaus werden Regelungen hinsichtlich jener Verfahren getroffen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Einschätzungsverordnung noch nicht rechtskräftig abgeschlossen sind.

Da es durch die vorliegenden Novellen zu keinem Eingriff in bestehende Rechte kommen soll, sind entsprechende Wahrungsbestimmungen vorgesehen. Ein rechtskräftig festgestellter Grad der Behinderung soll demnach wegen des Inkrafttretens der Einschätzungsverordnung keiner Veränderung unterliegen. Weiters wurden redaktionelle Änderungen vorgenommen, die sich durch die Änderungen des Bundes­ministeriengesetzes ergeben haben.

Finanzielle Auswirkungen:

Keine.

Kompetenzgrundlage:

Behinderteneinstellungsgesetz (Art.1)

Die Zuständigkeit des Bundes zur Regelung gründet sich hinsichtlich des Behinderteneinstellungs­gesetzes auf Art. I Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 27. September 1988, BGBl. Nr. 721, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 67/2008.Bundesbehindertengesetz (Art. 2)

Hinsichtlich des Bundesbehindertengesetzes bilden Art. 10 Abs. 1 Z 6 („Zivilrechtswesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 9 („Verkehrswesen“), Art. 10 Abs. 1 Z 11 (Sozialversicherungswesen) sowie Art. 17 B-VG die kompetenzrechtlichen Grundlagen.

Familienlastenausgleichsgesetz (Art.3)

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich die vorliegende Regelung auf Art. 10 Abs. 1 Z 17 B-VG („Bevölkerungspolitik“).

Einkommensteuergesetz 1988 (Art. 4)

Die kompetenzrechtliche Grundlage bildet Art. 10 Abs. 1 Z. 4 B-VG („Bundesfinanzen“).

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 30. Juni 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg die Abgeordneten Mag. Helene Jarmer, Dr. Dagmar Belakowitsch­Jenewein, Ulrike Königsberger-Ludwig, Sigisbert Dolinschek sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (770 der Beilagen) die verfassungs­mäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 06 30

                      Dr. Franz-Joseph Huainigg                                                      Renate Csörgits

                                    Berichterstatter                                                                             Obfrau