825 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über den Antrag 1191/A(E) der Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen betreffend generelle AuftraggeberInnenhaftung für Sozialversicherungsbeiträge im Baubereich

Die Abgeordneten Sigisbert Dolinschek, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 17. Juni 2010 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Obwohl mit der Anmeldung zur Sozialversicherung vor Arbeitsantritt im Sozialrechts-Änderungsgesetz 2007 ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung der Schwarzarbeit gesetzt wurde und strenge Sanktionen vorgesehen sind, besteht noch immer bei vielen im Firmenbuch eingetragenen und angemeldeten Baufirmen der Verdacht des Sozialbetrugs. Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren von ca. 800 Firmen­buchanmeldungen von im Baubereich tätigen Firmen rund 600 bis 700 ein Jahr später nicht mehr existieren. Zusätzlich eröffnen unredliche Firmen nach etwa sechs bis neun Monaten den Konkurs, ohne die öffentlichen Abgaben und Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen. Dies führt dazu, dass sich die Arbeitnehmer mit ihren Ansprüchen an den Insolvenz-Entgelt-Fonds wenden.

Mit  der  im  September  2009  in  Kraft  getretenen AuftraggeberInnen-Haftung sollte der systematischen Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen ein Riegel vorgeschoben werden. Kommt es zu einer Weitergabe von Bauleistungen an ein anderes Unternehmen, so ist  eine  Haftung  des Auftrag gebenden Unternehmens für Beitragsrückstände (inklusive Umlagen)  des  Subunternehmens  bis  zur  Höhe  von  20 %  des  geleisteten Werklohnes vorgesehen. Von der Haftung werden aber in Auftrag gebende Unter­nehmen befreit, wenn das beauftragte  Unternehmen  zum  Zeitpunkt der Leistung des Werklohnes in einer von der Wiener  Gebietskrankenkasse  als  Dienstleistungszentrum zu  führenden Gesamtliste der haftungsfreistellenden   Unternehmen   (HFU-Gesamtliste)   aufscheint.   Liegen  in  einer Gesamtdauer von mindestens drei Jahren Bauleistungen nach § 19 Abs. 1a UStG 1994 vor und sind die Sozial­versicherungsbeiträge bezahlt, kann das Unternehmen schon ab diesem Zeitraum die Aufnahme in die Liste beantragen.

Obwohl   durch   eine   Untersuchung    des    Kreditschutzverbandes   im   Auftrag   der  Bundesarbeiter­kammer bekannt ist, dass die Bauunternehmen, die weniger als 5 Jahre  tätig sind 80% der Konkurse ausmachen und Unternehmen, die weniger als 3 Jahre aktiv sind 60% der Konkurse betreffen, wurde unverständlicher Weise nur eine dreijährige Frist festgelegt. Zusätzlich   wird   ein   Beitragsrückstand   von  10 %  (Bagatellgrenze)  der  Summe  der Beitragsschulden laut der letzten monatlichen Beitrags­abrechnung bei der Aufnahme in die HFU-Liste toleriert. Auch bei vereinbarten Stundungen und vereinbarungsgemäß entrichteten Ratenzahlungen wird an der Aufnahme bzw. am Verbleib in der Liste festgehalten.

Mit   dieser   beschränkten   AuftraggeberInnen-Haftung   werden   daher  Rückstände  an Beitrags­zahlungen bewusst in Kauf genommen. Auch junge UnternehmerInnen, die erst nach drei   Jahren   in   die  HFU-Liste   aufgenommen   werden   können,   befürchten   echte Wettbewerbsnachteile. Zusätzlich werden bei der Einrichtung der HFU-Gesamtliste neben der Erstinvestition von ca. 2 Mio. Euro zusätzlich Verwaltungskosten in der Höhe von rund 2,5 Mio. Euro pro Jahr entstehen.

Um    den    Sozialbetrug    ernsthaft    einzudämmen     wäre    es   aber   zum   Wohle der Solidargemein­schaft der Sozialversicherten sinnvoller, eine generelle Auftraggeberhaftung ohne Führung einer Liste von ausgenommenen Auftragnehmerbetrieben umzusetzen.

Gleichzeitig     sollte      sichergestellt    werden,    dass    die    Baubetriebe,    die    ihre    Sozial­versicherungsbeiträge pünktlich und vollständig bezahlen, nicht durch die Verzögerung der  Weiter­leitung  der  an  die Sozialversicherung bezahlten Werklohnteile wirtschaftlich geschädigt  werden.  Dies  ist  umso wichtiger, als die Baubranche ohnehin von geringen Margen und starkem Konkurrenzdruck geprägt ist.“

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 30. Juni 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Sigisbert Dolinschek die Abgeordneten Josef Muchitsch, Dr. Martin Bartenstein, Johann Hechtl, Karl Öllinger, Herbert Kickl sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Ridi Maria Steibl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2010 06 30

                               Ridi Maria Steibl                                                               Renate Csörgits

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau