855 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 1082/A(E) der Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen betreffend öffentliche Finanzierung der Lehrpraxen

Die Abgeordneten Dr. Andreas Karlsböck, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Entschließungsantrag am 25. März 2010 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Laut dem kürzlich vorgestellten Regionalen Strukturplan Gesundheit für Wien würde alleine die Bundeshauptstadt für eine optimale Versorgung der Bevölkerung im Jahr 2015 rund 830 niedergelassene Allgemeinmediziner benötigen. Das sind 55 Allgemeinmediziner mehr als es derzeit gibt. Laut Experten droht jedoch in rund zehn Jahren ein Personalmangel, denn etwa 45 Prozent aller Allgemeinmediziner sind älter als 55 Jahre und gehen in den kommenden zehn Jahren in Pension.

Darüber hinaus wird die zentrale Rolle des Allgemeinmediziners von zahlreichen Experten hervorgehoben. Aufgrund der steigenden Anzahl älterer Menschen und der Multimorbidität der Bevölkerung, können Allgemeinmediziner eine „Gatekeeperfunktion“ übernehmen. Dadurch können einerseits die Patienten wohnortnah betreut werden und andererseits werden beispielsweise auch Mehrfachdiagnostik und unverträgliche Therapiekombinationen verhindert. Die positiven Folgen sind eine effizientere Versorgung und Kostendämpfung im Gesundheitssystem.

Jedoch ist diese wichtige Schlüsselfunktion für die medizinische Grundversorgung in Österreich aufgrund des neuen Tarifvertrages für Lehrpraxen gefährdet. Vor dem Abschluss hatten Jungmediziner, die einen Teil ihrer Turnusausbildung in einer Ordination absolvieren, Anspruch auf ein Honorar von knapp 1.000.- Euro. Diese Situation war für zahlreiche Lehrpraxen im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten durchführbar - für den Turnusarzt jedoch kaum zumutbar. Es ist für junge Akademiker zwischen 25 und 35 Jahren nach einem aufwendigen und anstrengenden Studium nicht nachvollziehbar für ein Gehalt von unter 1.000.- Euro arbeiten zu müssen. Diese Situation wird weiter verschärft, wenn Turnusärzte eine Familie erhalten bzw. versorgen müssen und sich im Aufbau ihrer Lebensgrundlage befinden. Vor diesem Hintergrund ist mit Anfang 2010 ein Kollektivvertrag für Turnusärzte beschlossen worden, der ein Gehalt zwischen 1.300.- und 2.600.- Euro für 30 Stunden wöchentlich, gestaffelt nach dem Ausbildungsgrad, vorsieht. Damit wurde eine Gleichstellung im Verdienst mit Turnusärzten in Krankenanstalten sowie die Verhinderung von „Preisdumping“ bei Lehrpraktikanten sichergestellt.

Aufgrund der daraus entstehenden enorm hohen finanziellen Belastung für niedergelassene Allgemeinmediziner, erklärten zahlreiche Ordinationsinhaber, dass sie nach dem Auslaufen ihrer Verträge ihre Ausbildungstätigkeit aufgeben und ihre Lehrpraxis zusperren. Eine Funktionärin der Jungen Allgemeinmediziner Österreichs (JAMÖ) berichtete sogar über Fälle, bei denen eine bereits zugesagte Ausbildungsstelle wieder gekündigt worden ist.

Um einen spürbaren Engpass an Ausbildungsplätzen und den daraus resultierenden drohenden Mangel an Allgemeinmedizinern zu verhindern, stellen die unterfertigten Abgeordneten diesen Entschließungsantrag.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Entschließungsantrag in seiner Sitzung am 01. Juli 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Dr. Andreas Karlsböck die Abgeordneten Dr. Wolfgang Spadiut, Dr. Kurt Grünewald, Dr. Erwin Rasinger, Renate Csörgits, Dr. Sabine Oberhauser, Ursula Haubner und Karl Öllinger sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé.

 

Bei der Abstimmung fand der gegenständliche Entschließungsantrag keine Mehrheit.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Dr. Sabine Oberhauser gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle diesen Bericht zur Kenntnis nehmen.

Wien, 2010 07 01

                          Dr. Sabine Oberhauser                                       Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau