Vorblatt

1. Problem:

Die steuerlichen Beziehungen zwischen der Republik Österreich und der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China werden gegenwärtig durch kein Abkommen zur Beseitigung der internationalen Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen erfasst.

2. Ziel:

Durch das Abkommen soll die auf Grund der Überschneidung der nationalen Steuerrechte Österreichs und Hongkongs bewirkte Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen beseitigt und gemäß dem neuen OECD-Standard die Möglichkeit einer Amtshilfeunterstützung bei der steuerlichen Sachverhaltserhebung erwirkt werden.

3. Inhalt, Problemlösung:

Das neue Doppelbesteuerungsabkommen orientiert sich inhaltlich an Grundsätzen, die vom Fiskalausschuss der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) erarbeitet wurden und mittlerweile internationale Anerkennung gefunden haben.

4. Alternativen:

Keine.

5. Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

5.1. Finanzielle Auswirkungen

Negative finanzielle Auswirkungen des Abkommens auf den Bundeshaushalt sowie auf andere Gebietskörperschaften sind nicht zu erwarten. Das Abkommen hat keine Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes.

5.2. Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

5.2.1 Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Durch das Abkommen wird einerseits die Attraktivität Österreichs als Zielland für Investitionen von Auslandsunternehmen erhöht, weil Auslandsunternehmen, die Österreich als Stützpunkt für ihre internationalen Geschäftsbeziehungen wählen, durch jedes neue Abkommen eine Erweiterung ihres internationalen Betätigungsfeldes erlangen. Andererseits werden hierdurch aber auch von österreichischen Unternehmen in Hongkong geplante Investitionen ermöglicht.

5.2.2 Auswirkungen auf die Verwaltungslasten für Bürger/innen und Unternehmen:

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

5.2.3 Sonstige wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Keine.

5.3 Auswirkungen in umweltpolitischer Hinsicht, insbesondere Klimaverträglichkeit:

Das Regelungsvorhaben ist nicht klimarelevant.

5.4 Auswirkungen in konsumentenpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine.

5.5 Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

6. Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Die Vereinbarkeit mit dem EU-Recht ist gegeben, da die Mitgliedstaaten weiterhin grundsätzlich zum Abschluss solcher Abkommen zuständig sind. Ein den Gegenstand des Abkommens abdeckendes Übereinkommen der EU besteht nicht.

7. Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Zustimmung des Bundesrates gem. Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Erläuterungen

Allgemeiner Teil:

Das Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Sonderverwaltungsregion Hongkong der Volksrepublik China auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen ist gesetzändernd bzw. gesetzesergänzend und bedarf daher der Genehmigung des Nationalrats gemäß Art. 50 Abs. 1 Z 1 B-VG. Es hat nicht politischen Charakter. Es ist der unmittelbaren Anwendung im innerstaatlichen Rechtsbereich zugänglich, sodass ein Beschluss, dass dieser Staatsvertrag durch die Erlassung von Gesetzen zu erfüllen ist, gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 3 B-VG nicht erforderlich ist. Da durch das Abkommen Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereiches der Länder geregelt werden, bedarf es überdies der Zustimmung des Bundesrates gemäß Art. 50 Abs. 2 Z 2 B-VG.

Mit der Sonderverwaltungsregion Hongkong besteht noch kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen. Diese Gegebenheit sowie das Erfordernis, den weiteren Ausbau der Wirtschaftsbeziehungen Österreichs zu Hongkong auf der Grundlage des heutigen Entwicklungsstandes des internationalen Steuerrechts bestmöglich zu fördern, haben den Abschluss eines Doppelbesteuerungsabkommens mit Hongkong erforderlich gemacht.

Vom 2. bis 5. Juni 2008 fanden in Hongkong Verhandlungen über ein Doppelbesteuerungsabkommen statt, die mit der einvernehmlichen Erstellung der vorliegenden Entwürfe des Abkommens sowie des Protokolls in einer zweiten Verhandlungsrunde von 10. bis 11. Februar 2010 in Hongkong abgeschlossen wurden. Das Abkommen entspricht dem neuen OECD-Standard betreffend steuerliche Transparenz und Amtshilfebereitschaft.

Mit dem Inkrafttreten des Abkommens werden im Wesentlichen keine finanziellen und keine personellen Wirkungen verbunden sein.

Besonderer Teil:

Zu Art. 1:

Das Abkommen ist auf natürliche und juristische Personen anzuwenden, die in einer der beiden Vertragsparteien gemäß Art. 4 ansässig sind.

Zu Art. 2:

In sachlicher Hinsicht gilt das Abkommen für die in beiden Vertragsparteien in Geltung stehenden oder künftig erhobenen Steuern vom Einkommen und vom Vermögen.

Zu Art. 3:

Dieser Artikel enthält die in Doppelbesteuerungsabkommen üblichen, OECD-konformen Begriffsumschreibungen.

Zu Art. 4:

Diese Bestimmungen enthalten hinsichtlich Österreich in Abs. 1 die OECD-Grundsätze für die Umschreibung des Begriffs Ansässigkeit bzw. hinsichtlich Hongkong die aufgrund dessen Status erforderlichen Anpassungen. Abs. 2 sieht die OECD-konformen Lösungen für Ansässigkeitskonflikte bei natürlichen Personen vor. Abs. 3 sieht entsprechend dem OECD-Musterabkommen (OECD-MA) vor, dass bei Ansässigkeitskonflikten bei juristischen Personen der Ort der tatsächlichen Geschäftsleitung entscheidend ist.

Zu Art. 5:

Dieser Artikel beinhaltet die Definition des Begriffs „Betriebstätte“. In OECD-konformer Weise versteht man unter dem Begriff „Betriebstätte“ eine feste Geschäftseinrichtung für die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit. Die Betriebsstättenfrist für Bauausführungen oder Montageleistungen beträgt sechs Monate. Außerdem wird vorgesehen, dass auch durch die Erbringung von Dienstleistungen in der anderen Vertragspartei – unter gewissen Voraussetzungen – eine Betriebstätte im Sinne des Abkommens begründet werden kann.

Zu Art. 6:

Einkünfte aus unbeweglichem Vermögen werden in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen in der Vertragspartei besteuert, in der sich das betreffende Vermögen befindet.

Zu Art. 7:

Für die Aufteilung der Besteuerungsrechte an gewerblichen Gewinnen gilt die allgemein anerkannte OECD-Regel, derzufolge Gewinne, die ein Unternehmen einer Vertragspartei aus der anderen Vertragspartei bezieht, dort nur insoweit besteuert werden dürfen, als sie einer in dieser Partei belegenen Betriebstätte zurechenbar sind. Hierfür sind der Betriebstätte jene Gewinne zuzurechnen, die sie unabhängig von dem Unternehmen, dessen Betriebstätte sie ist, hätte erzielen können (Fremdverhaltensgrundsatz).

Zu Art. 8:

Diese Bestimmung sieht in Anlehnung an die international übliche Zuteilung der Besteuerungsrechte und an Art. 4 vor, dass Gewinne aus dem Betrieb von Seeschiffen und Luftfahrzeugen im internationalen Verkehr nur in der Partei, in der das Unternehmen ansässig ist, besteuert werden dürfen.

Zu Art. 9:

Dieser Artikel befasst sich mit verbundenen Unternehmen (Mutter- und Tochtergesellschaften sowie Gesellschaften unter gemeinsamer Kontrolle). Er sieht in OECD-konformer Weise vor, dass in diesen Fällen die Steuerbehörden einer Vertragspartei Gewinnberichtigungen vornehmen dürfen, wenn wegen der besonderen Beziehungen zwischen den Unternehmen nicht die tatsächlichen steuerlichen Gewinne ausgewiesen werden.

Zu Art. 10:

Das Besteuerungsrecht für Dividenden wird in Abs. 1 in Übereinstimmung mit den OECD-Grundsätzen der Vertragspartei zugeteilt, in der der Dividendenempfänger ansässig ist (Wohnsitz). Das Besteuerungsrecht der Quellenpartei bei Portfoliodividenden wird auf 10% vom Bruttobetrag begrenzt. Schachteldividenden unterliegen ab einer Mindestbeteiligung von 10% keiner Quellenbesteuerung. Die in Abs. 3 vorgesehene Definition des Begriffs Dividenden entspricht dem OECD-MA. Der in Abs. 4 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich im OECD-MA. Abs. 5 schließt die so genannte „extraterritoriale Dividendenbesteuerung“ aus.

Zu Art. 11:

Der Partei der Ansässigkeit wird das alleinige Besteuerungsrecht an Zinseinkünften zugeteilt. Die in Abs. 2 vorgesehene Definition des Begriffs „Zinsen“ ist OECD-konform. Der in Abs. 3 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich auch im OECD-MA.

Zu Art. 12:

Das Besteuerungsrecht der Quellenpartei für Lizenzgebühren wird auf 3% begrenzt. Der Lizenzgebührenbegriff wird in Abs. 2 definiert und ist im Wesentlichen OECD-konform. Der in Abs. 4 enthaltene Betriebstättenvorbehalt findet sich auch im OECD-MA.

Zu Art. 13:

Dieser Artikel enthält in Übereinstimmung mit dem OECD-MA die üblichen Regelungen für die Besteuerung der Gewinne aus Vermögensveräußerungen. Zudem werden besondere Vereinbarungen über die Besteuerung von Gewinnen aus der Veräußerung von Anteilen an Immobiliengesellschaften getroffen.

Zu Art. 14:

Nach Art. 14 werden private Aktivbezüge, das sind Aktivbezüge, die nicht unter Art. 18 fallen, im Allgemeinen in jener Partei besteuert, in der die betreffende Tätigkeit ausgeübt wird. Art. 14 Abs. 2 enthält hierbei die Ausnahmebestimmung für kurzfristige Auslandstätigkeiten (183 Tage).

Zu Art. 15:

Das Besteuerungsrecht für Aufsichtsratsbezüge wird entsprechend dem OECD-MA der Vertragspartei zugeteilt, in der die Gesellschaft, die die Aufsichtsratsbezüge auszahlt, ihren Sitz hat.

Zu Art. 16:

Für die Besteuerung der Künstler/innen und Sportler/innen werden die OECD-Grundsätze übernommen. Danach steht jener Partei das Besteuerungsrecht zu, in der der/die Künstler/in oder Sportler/in persönlich auftritt (Abs. 1). Dieses Quellenbesteuerungsrecht geht auch dadurch nicht verloren, dass die Einkünfte nicht unmittelbar dem/der Künstler/in oder Sportler/in sondern einem zwischengeschalteten Rechtsträger zufließen (Abs. 2).

Zu Art. 17:

Gemäß Art. 17 wird das Besteuerungsrecht für private Ruhebezüge (das sind solche, die nicht unter Art. 18 fallen) der Partei, in der der Steuerpflichtige ansässig ist, zugewiesen. Der Kassenpartei wird jedoch das Besteuerungsrecht an Sozialversicherungspensionen und Pensionen aus anderen, von einer Vertragspartei steuerlich anerkannten Pensionssystemen zugewiesen.

Zu Art. 18:

Aktiv- und Ruhebezüge, die aus öffentlichen Kassen gezahlt werden, dürfen gemäß den in Art. 18 übernommenen OECD-Grundsätzen im Allgemeinen nur in jener Vertragspartei besteuert werden, in der sich die auszahlende öffentliche Kasse befindet. Diese Regelung steht unter Ortskräftevorbehalt (Abs. 1 lit. b) und unter dem Vorbehalt erwerbswirtschaftlicher Betätigungen der öffentlichen Hand (Abs. 3).

Zu Art. 19:

Durch diese Bestimmung werden auf OECD-Basis die den Auslandsstudenten aus dem Ausland zufließenden Zuwendungen steuerfrei gestellt.

Zu Art. 20:

Dieser Artikel sieht in OECD-konformer Weise vor, dass der Partei, in der der Wohnsitz des Einkommensempfängers belegen ist, das Besteuerungsrecht an allen Einkünften zugewiesen wird, für die im Abkommen keine besondere Zuteilungsregel vorgesehen ist.

Zu Art. 21:

Es wird in OECD-konformer Weise vorgesehen, dass unbewegliches Vermögen (Abs. 1) und bewegliches Betriebsvermögen (Abs. 2) in der Vertragspartei besteuert werden darf, in der dieses Vermögen liegt bzw. in der sich die Betriebstätte befindet, der das Vermögen zugehört.

Abs. 3 stellt eine korrespondierende Bestimmung zu Art. 8 dar, derzufolge Seeschiffe und Luftfahrzeuge, die im internationalen Verkehr eingesetzt sind, sowie zugehörige bewegliche Vermögenswerte nur in der Partei, in der das Unternehmens ansässig ist, besteuert werden dürfen.

Alle übrigen Vermögensteile (Abs. 4) einer Person sind ausschließlich in der Vertragspartei zu besteuern, in der diese Person ansässig ist.

Zu Art. 22:

In diesem Artikel werden die Methoden festgelegt, nach denen die Doppelbesteuerung vermieden wird:

Österreich wendet hierbei auf OECD-Grundlage die Befreiungsmethode unter Progressionsvorbehalt in Bezug auf steuerfreizustellende Einkünfte an. Es wird jedoch eine subject-to-tax-Klausel verankert. Die Sonderverwaltungsregion Hongkong wendet auf OECD-Grundlage die Anrechnungsmethode an.

Zu Art. 23:

Dieser Artikel enthält die OECD-konformen Regelungen über das Verbot von Diskriminierungen aus Gründen der Staatsangehörigkeit (Abs. 1) oder der Kapitalbeteiligung (Abs. 4). Desgleichen ist eine Diskriminierung von Betriebstätten ausländischer Unternehmen gegenüber inländischen Unternehmen untersagt (Abs. 2). Das Diskriminierungsverbot kommt dabei für Steuern jeder Art und Bezeichnung zur Anwendung.

Zu Art. 24:

Die Vorschriften dieses Artikels enthalten die üblichen Grundsätze über das in Streit- oder Zweifelsfällen durchzuführende Verständigungsverfahren.

Zu Art. 25:

Durch diesen Artikel verpflichten sich die beiden Vertragsparteien gemäß dem neuen OECD-Standard der steuerlichen Transparenz und Amtshilfebereitschaft, alle Auskünfte auszutauschen, die für die richtige Durchführung des Abkommens oder des nationalen Rechts der Vertragsparteien betreffend die vom persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich des Abkommens erfassten Steuern erforderlich sind („großer“ Informationsaustausch).

Zu Art. 26:

Dieser Artikel regelt in klarstellender Weise das Verhältnis des Doppelbesteuerungsabkommens zu den völkerrechtlich privilegierten Personen.

Zu Art. 27 und 28:

Diese Bestimmungen betreffen den zeitlichen Anwendungsbereich des Doppelbesteuerungsabkommens.

Protokoll:

I. Zu Art. 3

         1. Zu Art. 3 Abs. 1 (j):

Es wird klargestellt, dass der Begriff „Person“ auch einen Trust und eine Personengesellschaft einschließt.

         2. Zu Art. 3 Abs. 2:

Es wird festgehalten, dass der Begriff „Strafzuschläge oder Zinsen“ im Fall Hongkongs jegliche Strafzuschläge einschließt.

II. Zu Art. 22:

Österreich behält sich das Recht auf einen Methodenwechsel zum Anrechnungsverfahren vor, wenn die Anwendung des Befreiungssystems wirtschaftsstörende Effekte in Österreich bewirkte.

III. Zu Art. 25

Es werden die verwaltungstechnischen Auslegungsgrundsätze entsprechend dem international üblichen Standard betreffend die Durchführung des steuerlichen Informationsaustausches geregelt. Darin wird auch klargestellt, dass die in Artikel 25 vorgesehene Amtshilfe nicht Maßnahmen einschließt, die lediglich der Beweisausforschung dienen (“fishing expeditions”).

IV. Zum Abkommen

         1. Anti-Missbrauchs-Regeln:

Es wird klargestellt, dass das Abkommen nicht der Anwendung nationaler Anti-Missbrauchs-Regeln entgegensteht.

         2. Auslegung des Abkommens:

Diese Protokollbestimmung stellt – mit gewissen Einschränkungen – die Bedeutung des OECD/UNO-Kommentars (in der jeweiligen Fassung) als Auslegungshilfe im Sinne der Wiener Vertragsrechtskonvention klar.