Vorblatt

Problem:

Art. 1 der Richtlinie 2009/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Mai 2009 zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und –abrechnungssystemen (ABl. Nr. L 146 vom 06.05.2009, S. 37) muss bis spätestens 30. Dezember 2010 in österreichisches Recht umgesetzt werden. Rein inhaltlich geht es in Art. 1 um eine Novellierung der Richtlinie 98/26/EG (sogen. „FinalitätsRL“), deren Hauptfokus die Sicherung von Forderungen in Wertpapierliefer- und –abrechnungssystemen darstellt. Die Novellierung betrifft vor allem die Einführung des Begriffs des „interoperablen Systems“ sowie die Klarstellung der Verantwortlichkeiten von Systembetreibern.

Ziel:

Vollständige und zeitgerechte Umsetzung von Art. 1 der Richtlinie 2009/44/EG in das nationale Recht.

Inhalt /Problemlösung:

Durch die Novellierung des Finalitätsgesetzes, BGBl. I Nr. 123/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 75/2002, werden die sich durch die Änderungen der Finalitätsrichtlinie ergebenden Anpassungen im nationalen Recht verankert.

Alternativen:

Zur Umsetzung des Art. 1 der Richtlinie 2009/44/EG bestehen keine Alternativen.

Auswirkungen des Regelungsvorhabens:

– Finanzielle Auswirkungen:

Keine Auswirkungen auf den Bundeshaushalt.

Keine Auswirkungen auf die Planstellen des Bundes.

Keine Auswirkungen auf andere Gebietskörperschaften.

Die öffentlichen Haushalte werden durch das Vorhaben nicht belastet. Auch ist daraus keine Mehrbelastung der Gerichte zu erwarten.

– Wirtschaftspolitische Auswirkungen:

– –  Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Die vorgeschlagenen Regelungen werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich haben.

– –  Auswirkungen auf die Verwaltungskosten für Bürger/innen und für Unternehmen:

Es sind keine neuen Informationsverpflichtungen für Unternehmen vorgesehen.

Es sind keine Informationsverpflichtungen für Bürger/innen vorgesehen.

– –  Sonstige wirtschaftspolitische Auswirkungen:

Durch Klarstellungen und Präzisierungen der bisherigen Rechtslage sind ausschließlich positive Auswirkungen der Novelle zu erwarten.

– Auswirkungen in umweltpolitischer, konsumentenschutzpolitischer sowie sozialer Hinsicht:

Keine umweltpolitischen Auswirkungen.

Mittelbar positive konsumentenschutzpolitische Auswirkungen durch Verstärkung der Systemsicherheit in Wertpapierlieferungs- und –abrechnungssystemen.

Keine sozialen Auswirkungen.

– Geschlechtsspezifische Auswirkungen:

Keine.

Aspekte der Deregulierung:

Keine.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Der Entwurf dient der Umsetzung von Unionsrecht.

Besonderheiten des Normerzeugungsverfahrens:

Keine.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs:

Durch Artikel 1 der Richtlinie 2009/44/EG zur Änderung der Richtlinie 98/26/EG über die Wirksamkeit von Abrechnungen in Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und –abrechnungssystemen und der Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten im Hinblick auf verbundene Systeme und Kreditforderungen kommt es zu gewissen „Klärungen und Vereinfachungen“ (vgl. EG 2 der RL 2009/44/EG) innerhalb der Richtlinie 98/26/EG (im Folgenden kurz: „FinalitätsRL“).

Hauptzweck der FinalitätsRL war und ist es, den Teilnehmern an den von ihr definierten Systemen die Gewissheit zu verschaffen, dass Zahlungs- bzw. Überweisungsaufträge und Netting innerhalb der Systeme endgültig sind und Sicherheiten verwertet werden können (vgl. EG 1 der RL 2009/44/EG). Diese Konsequenz spielt insbesondere im transnationalen Zahlungs- und Wertpapierlieferbereich eine große Rolle.

Wesentlicher Inhalt der FinalitätsRL ist daher die Vermeidung von Systembeeinträchtigungen im Falle eines Insolvenzverfahrens gegen einen Systemteilnehmer sowie der Ausschluss eines rückwirkenden Eingreifens eines Insolvenzverfahrens in die Rechte und Verpflichtungen der Systemteilnehmer (vgl. EG 4 und 16 der FinalitätsRL).

Ein anderer wichtiger Aspekt der FinalitätsRL soll ein Beitrag „zur effizienten und kostengünstigen Abwicklung grenzüberschreitender Zahlungs- sowie Wertpapierliefer- und –abrechnungsvereinbarungen in der Europäischen Union“ sein (vgl. EG 3 der FinalitätsRL).

Die wichtigste Änderung der Novelle betrifft die Einführung des Begriffs des „interoperablen Systems“, der eine Antwort auf die wachsende Zahl von Verbindungen zwischen den Systemen in Folge der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente und des Europäischen Kodex für Clearing und Settlement darstellt sowie die diesbezügliche Klarstellung der Verantwortlichkeiten von Systembetreibern (vgl. EG 3 der RL 2009/44/EG sowie im Entwurf die Definition in § 14b Finalitätsgesetz).

Ebenso hervorzuheben ist die Schaffung einer Definition des „Geschäftstages“, der im Gegensatz zum bisher verwendeten Kalendertag systemspezifisch definiert wird und Bedeutung für die Wirksamkeit von Zahlungs- und Überweisungsaufträgen hat, die nach Beschlussfassung über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in ein System eingebracht wurden (vgl. Art. 1 Z 5 lit. i) sublit. n) und Art. 1 Z 6 lit. a) der RL 2009/44/EG sowie im Gesetzesentwurf die Definition in § 14a Finalitätsgesetz und die in § 15 Abs. 2 Finalitätsgesetz angeordneten Rechtsfolgen).

Weiters wird in der Novelle neben vielen anderen neuen und neugefassten Definitionen der Begriff der „dinglichen Sicherheit“ nunmehr auf die ebenfalls novellierte Richtlinie 2002/47/EG (sogen. „FinanzsicherheitenRL“, die federführend vom BMJ umgesetzt wird) abgestimmt sowie ein kohärentes Vorgehen transnationaler Systeme und deren jeweiliger Aufsichtsbehörden hinsichtlich der Regeln für den Einbringungszeitpunkt in Systeme normiert (vgl. Art. 1 Z 5 lit. h) und die Erwägungsgründe 14a und 22a der Richtlinie 2009/44/EG sowie im Entwurf § 14, § 15 Abs. 4 und 5 sowie § 21).

Innerstaatlich finden alle diese Änderungen der FinalitätsRL ausschließlich im Finalitätsgesetz (BGBl. I Nr. 123/1999, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 75/2002) ihren Niederschlag. Dieses Gesetz stellte schon bisher die nationale Umsetzung der FinalitätsRL dar.

Kompetenzgrundlage:

Die Kompetenz des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes gründet sich auf Art. 10 Abs. 1 Z 5 (Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen) und Z 6 (Zivilrechtswesen).

Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Finalitätsgesetzes):

Zu § 2 Abs. 1 und Abs. 5:

Umsetzung von Art. 1 Z 5 lit. a) sublit. i) und ii) der RL 2009/44/EG durch Anpassung der Systemdefinition. Neben anderen Präzisierungen wird klargestellt, dass eine Vereinbarung zwischen interoperablen Systemen kein System darstellt.

Zu § 2 Abs. 2:

Umsetzung von Art. 1 Z 11 der RL 2009/44/EG (Art. 10 Abs. 1 erster Unterabsatz der RL 98/26/EG). Nicht nur die Systeme, sondern auch die Systembetreiber sind nunmehr der Europäischen Kommission zu melden.

Zu § 3 Abs. 1 Z 1 und 2:

Umsetzung von Art. 1 Z 5 lit. b) der RL 2009/44/EG durch Anpassung des Institutsbegriffs. Der bisherige Verweis auf die Richtlinie 77/780/EWG hinsichtlich Kreditinstituten und derjenige auf die Richtlinie 93/22/EWG hinsichtlich Wertpapierfirmen wird auf die jeweils aktuellen Richtlinien 2006/48/EG und 2004/39/EG umgestellt.

Zu § 7 Abs.1 und 3:

Umsetzung von Art. 1 Z 5 lit. c) sublit. i) und ii) der RL 2009/44/EG durch Anpassung der Teilnehmerdefinition und der Bewilligungskompetenz der OeNB für indirekte Teilnehmer. Es wird der Teilnehmerbegriff um den Systembetreiber erweitert und die Verantwortlichkeit von Teilnehmer und indirektem Teilnehmer erstmals explizit geregelt.

Zu § 8:

Umsetzung von Art. 1 Z 5 lit. d) der RL 2009/44/EG durch Anpassung der Definition des indirekten Teilnehmers. Indirekter Teilnehmer kann nunmehr jedes Institut im Sinne von § 3 Abs. 1 sein.

Zu § 9:

Umsetzung von Art. 1 Z 5 lit. e) der RL 2009/44/EG durch Anpassung des Wertpapierbegriffs. Dieser wird nunmehr durch Verweis auf die Richtlinie 2004/39/EG definiert.

Zu § 10:

Umsetzung von Art. 1 Z 5 lit. f) der RL 2009/44/EG durch Anpassung der Definition eines Zahlungsauftrages. Auch das Konto einer zentralen Vertragspartei kann nunmehr als Medium eines Zahlungsauftrages dienen.

Zu § 13:

Umsetzung von Art. 1 Z 5 lit. g) der RL 2009/44/EG durch Anpassung der Definition des Verrechnungskontos. Es handelt sich lediglich um eine redaktionelle Berichtigung.

Zu § 14:

Umsetzung von Art. 1 Z 5 lit. h) der RL 2009/44/EG durch Anpassung des Sicherheitsbegriffs. Dieser wird um Finanzsicherheiten im Sinne der Richtlinie 2002/47/EG erweitert.

Zu den §§ 14a, 14b und 14c:

Umsetzung von Art. 1 Z 5 lit. i) sublit. n) der RL 2009/44/EG durch Definition des „Geschäftstages“, von Art. 1 Z 5 lit. i) sublit. o) der RL 2009/44/EG durch Definition des „interoperablen Systems“ und von Art. 1 Z 5 lit. i) sublit. p) der RL 2009/44/EG durch Definition des „Systembetreibers“.

Es handelt sich jeweils um gänzlich neue Definitionen. Hervorzuheben ist insbesondere, dass der Geschäftstag im Hinblick auf den Geschäftszyklus eines Systems festgelegt wird.

Zu § 15 Abs. 1 und 2:

Umsetzung von Art. 1 Z 6 lit. a) der RL 2009/44/EG durch Ergänzung des ersten Absatzes um die Konsequenzen für Zahlungs- und Überweisungsaufträge im Falle der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gegen einen Teilnehmer (des betreffenden Systems oder eines interoperablen Systems) oder gegen den Betreiber eines interoperablen Systems, der selbst nicht Teilnehmer des Systems ist. Die Konsequenzen werden denjenigen im Falle der Insolvenz über das Vermögen eines Teilnehmers gleichgestellt.

Weiters durch die Neufassung des zweiten Absatzes bezüglich nach dem Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens eingebrachte Zahlungs- und Überweisungsaufträge, die durch die neugeschaffene Definition des „Geschäftstages“ (vgl. § 14a) notwendig ist. Es wird nunmehr für die rechtlichen Konsequenzen des Erlöschens oder der Unwiderruflichkeit eines Zahlungs- und Überweisungsauftrages nicht mehr auf den Kalendertag der Insolvenzeröffnung, sondern auf den Geschäftszyklus des Systems selbst abgestellt.

Der Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nach Art. 6 Abs. 1 der RL 98/26/EG jener Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung des Gerichts ergangen ist. Aus diesem Grund wurde schon bisher in § 15 Abs. 1 und 2 Finalitätsgesetz auf die Beschlussfassung über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens Bezug genommen. Die Rechtswirkungen der Eröffnung treten erst mit Beginn des Tages ein, der der öffentlichen Bekanntmachung in der Insolvenzdatei folgt (vgl. § 2 KO). Daran sollte auch im neuen § 15 Abs. 2 Finalitätsgesetz festgehalten werden.

Zu § 15 Abs. 4:

Umsetzung von Art. 1 Z 6 lit.  b) der RL 2009/44/EG durch Hinzufügen eines vierten Absatzes in § 15, der die Frage regelt, wie die Einbringungszeitpunkte von Zahlungs- und Überweisungsaufträgen in interoperablen Systemen festgelegt werden und in welcher Relation sie zueinander stehen. Es herrscht grundsätzlich Unabhängigkeit dieser Zeitpunkte, es sei denn, es wäre in den Regeln aller beteiligten interoperablen Systeme ausdrücklich anderes vorgesehen.

Zu § 15 Abs. 5:

Umsetzung von Art. 1 Z 8 der RL 2009/44/EG durch Hinzufügen eines fünften Absatzes in § 15, der die Frage regelt, wie der Zeitpunkt der Unwiderruflichkeit von Zahlungs- und Überweisungsaufträgen in interoperablen Systemen festgelegt wird. Auch hier – wie im Falle der Festlegung des Einbringungszeitpunktes gemäß Abs. 4 – geht der europäische Gesetzgeber von einer weitestmöglichen Abstimmung zwischen den beteiligten interoperablen Systemen aus.

Zu § 17 erster Satz:

Umsetzung von Art. 1 Z 10 der RL 2009/44/EG (Art. 9 Abs. 1 der RL 98/26/EG) durch Neufassung der Sicherheitenbestimmung. Erwähnt wird nunmehr auch der Insolvenzschutz in interoperablen Systemen und es erfolgt eine detaillierte Aufzählung, wessen Insolvenz die Rechte an Sicherheiten unberührt lässt.

Zu § 18:

Umsetzung von Art. 1 Z 10 der RL 2009/44/EG (Art. 9 Abs. 2 der RL 98/26/EG), der die in § 14c neu definierten Systembetreiber in den Katalog der mit Wertpapieren besicherten Personen aufnimmt.

Zu § 21:

Umsetzung von Art. 1 Z 11 der RL 2009/44/EG (Art. 10 Abs. 1 zweiter Unterabsatz der RL 98/26/EG). Die Verpflichtung zur Angabe der Teilnehmer einschließlich der indirekten Teilnehmer trifft nunmehr den Systembetreiber, und nicht die (indirekten) Teilnehmer. Das geht klar aus dem neuen Richtlinientext hervor. Weiters wird die Strafe für den Fall einer unterlassenen Meldung mit bis zu 30 000 Euro festgesetzt.

Zu § 22a:

Übergangsbestimmungen gemäß Art. 1 Z 11 fünfter und sechster Unterabsatz der RL 2009/44/EG.

Zu § 23 Abs. 3:

In-Kraft-Tretens Bestimmung gemäß Art. 3 Abs. 1 der RL 2009/44/EG.

Zu § 24:

Umsetzungshinweis.