899 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales

über die Regierungsvorlage (876 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz und das Betriebliche Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetz geändert werden (KünstlerInnensozialversicherungs-Strukturgesetz – KSV-SG)

Im Herbst 2009 nahm im Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz die Arbeits­gruppe „KünstlerInnen unter einem Sozialversicherungsdach“, bestehend aus Vertreter/inne/n der Sozial­partner, der Sozialversicherung, der betroffenen Bundesministerien sowie einiger Interessengruppen aus dem Kunstbereich, ihre Beratungen auf. Diese Arbeitsgruppe wurde im Rahmen der Interministeriellen Arbeitsgruppe zur Verbesserung der beruflichen und sozialen Lage der Kunstschaffenden in Österreich (kurz: IMAG) eingesetzt und hat ihre Tätigkeit im Frühjahr 2010 abgeschlossen.

Die Arbeitsgruppe sah sich mit der prekären Arbeitssituation von Künstler/inne/n konfrontiert, die durch atypische Arbeits- und Erwerbsformen, Diskontinuität im Einkommen und der Erwerbsform, Mehrfach­beschäftigungen, kurzfristige und geringfügige Beschäftigungen, wechselnde Arbeitsverhältnisse sowie Leih- und Teilzeitarbeit gekennzeichnet ist. An die Eigenheiten dieser Erwerbsformen knüpfen jeweils unterschiedliche sozialversicherungsrechtliche Folgen an, woraus mannigfache Probleme resultieren, wie etwa die Abgrenzung zwischen Selbständigkeit und Unselbständigkeit, die Konfrontation mit verschiedenen Ansprechpartner/inne/n sowie die Geltung unterschiedlicher Beitragssätze und Beitrags­grenzen.

Die Arbeitsgruppe erblickte ihre Aufgabe vor allem darin, Grundlagen für die sozialversicherungsrechtliche Vereinfachung bzw. Lösung der aus dieser komplexen Problemlage folgenden Schwierigkeiten zu erarbeiten.

Nachdem von der Arbeitsgruppe eine zunächst ins Auge gefasste Änderung der Versicherungs­zuständigkeit (wonach selbständig und unselbständig tätige KünstlerInnen unter einen gemeinsamen Versicherungstatbestand zu subsumieren wären) als Lösungsmöglichkeit verworfen worden war, da eine solche Änderung neben systematischen Unstimmigkeiten auch Nachteile für die Betroffenen (etwa bezüglich der Versicherungsgrenzen) mit sich bringen könnte, wurde die Schaffung eines Kompetenz­zentrums als One‑Stop‑Shop (ohne Änderung der Versicherungszuständigkeit) näher untersucht.

Dabei einigte man sich auf die Schaffung eines Kompetenzzentrums als zuständige Servicestelle im Frontoffice-Bereich und zur verwaltungstechnischen Abwicklung im Backoffice-Bereich.

Nach eingehender Diskussion wurde die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft als zuständiger Versicherungsträger vorgeschlagen, da sie den Anforderungen eines Kompetenzzentrums für KünstlerInnen am besten entspricht, und zwar vor allem auf Grund ihrer bundesländerübergreifenden Struktur und Koordinierung, der zentralen Steuerung durch die Hauptstelle und der dezentralen Beratung in den Landesstellen als Kund/inn/enzentren, des bereits bestehenden „KünstlerInnen‑Know-how“ sowie der bestehenden Vernetzung mit dem Künstler‑Sozialversicherungsfonds.

Die Servicestelle bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft soll somit künftig im Frontoffice-Bereich als einheitliche Ansprechpartnerin für alle KünstlerInnen fungieren und im Backoffice-Bereich die Einbindung und Vernetzung mit den Gebietskrankenkassen und dem Künstler‑Sozialversicherungsfonds herstellen. Darüber hinaus soll eine entsprechende KünstlerInnen-Datenstatistik aufgebaut werden, um ein besseres Bild der sozialversicherungsrechtlichen Situation der Kunstschaffenden zu gewinnen.

Weiters hat die Arbeitsgruppe diskutiert, ob Kunstschaffenden, die als „Neue Selbständige“ erwerbstätig sind, die Möglichkeit einer Ruhendmeldung ihrer künstlerischen Erwerbstätigkeit beim Künstler‑Sozialversicherungsfonds - nach dem Vorbild der Ruhendmeldung für Gewerbetreibende - eingeräumt werden sollte. Dies fand als positive Neuerung für künstlerische Tätigkeiten allgemeinen Anklang, da mit dieser Maßnahme Probleme bei der Geltendmachung und beim Bezug von Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung vermieden werden könnten.

Somit hat die Arbeitsgruppe die Schaffung einer Regelung angeregt, wonach KünstlerInnen als „Neue Selbständige“ einen Antrag auf Ruhendmeldung ihrer künstlerischen Erwerbstätigkeit beim Künstler‑Sozialversicherungsfonds stellen können; die Ruhendmeldung hat zur Folge, dass die Kunst­schaffenden für den Zeitraum des Ruhens der künstlerischen Erwerbstätigkeit von der Pflichtversicherung ausgenommen sind und damit auch keinen Anspruch auf Beitragszuschuss aus dem Künstler‑Sozialversicherungsfonds für diesen Zeitraum haben.

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz hinsichtlich der Art. 1 und 2 auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG („Sozialversicherungswesen“), hinsichtlich des Art. 3 auf Art. 10 Abs. 1 Z 13 B‑VG („Stiftungs- und Fondswesen“) und hinsichtlich des Art. 4 auf Art. 10 Abs. 1 Z 11 B‑VG („Arbeitsrecht“) in Verbindung mit dem im Verfassungsrang stehenden § 49 Abs. 1 BMSVG.

 

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 5. Oktober 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann die Abgeordneten Mag. Christine Lapp, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Oswald Klikovits, Ursula Haubner, Ulrike Königsberger-Ludwig, Karl Öllinger und Sigisbert Dolinschek sowie der Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz Rudolf Hundstorfer.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Renate Csörgits und August Wöginger einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

„Mit den vorgeschlagenen Änderungen werden die Fundstellen der jüngst ergangenen Änderungen des ASVG, GSVG und BMSVG eingefügt.“

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Renate Csörgits und August Wöginger mit Stimmenmehrheit angenommen.

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Mag. Silvia Fuhrmann gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 10 05

                          Mag. Silvia Fuhrmann                                                          Renate Csörgits

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau