906 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft

über den Grünen Bericht 2010 der Bundesregierung (III-179 der Beilagen)

„Entwicklung des Agrarsektors

Der Produktionswert der Land- und Forstwirtschaft verringerte sich 2009 um 11,5% auf rund 7,4 Mrd. Euro (davon Landwirtschaft 6,1 Mrd. Euro und Forstwirtschaft 1,3 Mrd. Euro). Innerhalb der Landwirtschaft entfielen 44% bzw. 2,7 Mrd. Euro des Produktionswertes auf die pflanzliche und 46% bzw. 2,8 Mrd. Euro auf die tierische Erzeugung. 10% machten die landwirtschaftlichen Dienstleistungen und Nebentätigkeiten aus. Der Anteil der Land- und Forstwirtschaft bzw. Fischerei an der Bruttowertschöpfung der Volkswirtschaft betrug 2009 rund 1,5%. Der Arbeitseinsatz in der Land- und Forstwirtschaft nahm gegenüber 2008 um 1,8% auf rund 171.700 Jahresarbeitseinheiten (JAE) ab. Der Arbeitseinsatz der nicht entlohnten Arbeitskräfte verringerte sich dabei um 2,1% auf 140.100 JAE und der Arbeitseinsatz entlohnter Arbeitskräfte um 0,5% auf 31.600 JAE. Bedingt durch den starken Rückgang des Produktionswerts nahm das Faktoreinkommen je land- und forstwirtschaftlicher Arbeitskraft im Vorjahresvergleich markant ab (nominell: -22,3%; real: -22,9%). In der EU-27 verringerte sich das reale landwirtschaftliche Einkommen je Arbeitskraft 2009 um 11,6%. Das reale landwirtschaftliche Einkommen je Arbeitskraft erhöhte sich 2009 in 6 Mitgliedstaaten und ging in 21 Mitgliedstaaten zurück. Der Außenhandel mit agrarischen Produkten und Lebensmitteln sank 2009 weniger stark als der Gesamtaußenhandel. Die Exporte sanken um 10,2% auf 7,15 Mrd. Euro. Die Importe sanken um 5,6% auf 8,06 Mrd. Euro. Das ergab ein agrarisches Handelsbilanzdefizit von 912 Mio. Euro, um 334 Mio. Euro mehr als 2008. Am gesamten Außenhandel hatten die agrarischen Importe einen Anteil von 8,3%, die agrarischen Exporte einen von 7,6%. Im Agrarhandel waren die EU-Staaten Österreichs bedeutendste Handelspartner. 84,4% der Importe kamen aus der EU und 78,3% der Exporte gingen in den EU-Raum.

Produktion

Die Produktion in der österreichischen Land- und Forstwirtschaft entwickelte sich 2009 wie folgt:

Pflanzliche Produkte: Die österreichische Getreideernte betrug im Jahr 2009 rund 5,1 Mio. t und lag damit etwa 11% unter der Rekordernte von 2008. Die geringere Produktion ergab sich unter anderem aus den kleineren Anbauflächen (etwa 7.000 ha weniger als 2008) und den geringeren Hektarerträgen. Die Gesamtfläche der angebauten Ölfrüchte machte 134.024 ha aus und war damit um 10,2% größer als im Jahr 2008. Die Anbaufläche von Körnerleguminosen ging neuerlich um rund 7.100 ha zurück (-25%). Die Ernte sank von 53.483 auf 41.477 t, was einer Verringerung gegenüber 2008 um 22% entspricht. Die Erdäpfelernte (22.222 ha Anbaufläche) betrug 722.098 t und lag damit um 4,6% unter der Erntemenge des Vorjahres. Zuckerrüben wurden im Jahr 2009 auf einer Fläche von 43.860 ha angebaut, von welcher etwa 3,08 Mio. t Rüben geerntet wurden. Die Ernte von Gemüse (alle Arten) mit einer Anbaufläche von 15.335 ha legte um 3,4% auf 594.639 t zu. Die Weinernte 2009 (45.100 ha) fiel mit 2,35 Mio. hl um 21% geringer als im Jahr davor aus. Die Erwerbsobsternte (10.275 ha) stieg gegenüber 2008 um 9% auf 272.500 t, insbesondere in Folge der besseren Kernobsternte.

Tierische Produkte: Die Milchanlieferung der rund 40.000 Milchbetriebe betrug 2009 2,71 Mio. t. (-0,3%). Der Erzeugerpreis fiel auf 27,69 Euro je 100 kg Milch (-26%). 2009 wurden 9.200 t Schafmilch und 17.900 t Ziegenmilch produziert. Die Bruttoeigenerzeugung (BEE) bei Rindern erreichte 574.608 (-2,7%), jene der Kälber 121.000 Stück (-2%). Die Rinderpreise gingen im Mittel um 6,3% zurück. Bei den Schweinen lag die BEE bei 5,1 Mio. Stück (+4,8%), die Preise lagen bei 141 Euro je 100kg (-10%). Die BEE von Geflügel erreichte 120.201 t.

Holz: Der Holzeinschlag betrug 2009 insgesamt 16,7 Mio. Erntefestmeter, das waren um 23,3% weniger als 2008. Bei den Preis-Indizes für die pflanzlichen Produkte gab es 2009 einen Rückgang um 18,0%. Die Preis-Indizes für tierische Produkte gingen um 12,7% zurück. Der Holzpreis-Index sank 2009 um 0,1%.

Agrarstruktur

In Österreich wurden im Jahr 2007 insgesamt 187.034 land- und forstwirtschaftliche Betriebe bewirtschaftet. Die Zahl der Betriebe nahm gegenüber der letzten Agrarstrukturerhebung im Jahr 2005 um 2.557 bzw. 1,3% ab. Seit der letzten Vollerhebung im Jahr 1999 ist ein Rückgang um 30.474 Betriebe bzw. 14,0% zu verzeichnen. Die Zahl der Betriebe mit landwirtschaftlich genutzter Fläche betrug 169.079, jene mit forstwirtschaftlich genutzter Fläche 145.509, wovon 17.346 reine Forstbetriebe sind. Die durchschnittliche Betriebsgröße liegt bei 18,9 ha LF bzw. 35,0 ha Kulturfläche. Die in Österreich bewirtschaftete LF macht 3,19 Mio. ha aus, davon entfallen 1,39 Mio. ha auf Ackerland, 1,73 Mio. ha auf Dauergrünland, 49.842 ha auf Weingärten, 14.507 ha auf Obstanlagen und 6.396 ha auf Sonstiges (Hausgärten, Reb- und Baumschulen sowie Forstbaumschulen). Die forstwirtschaftlich genutzte Fläche beträgt 3,34 Mio. ha. Der Rinderbestand in Österreich lag 2009 knapp über 2,0 Millionen, der Schweinebestand bei rund 3,14 Mio. Tieren. Weiters wurden 345.000 Schafe und 68.188 Ziegen gehalten. Weitere Details (auf Basis INVEKOS-Daten):

Biobetriebe: 2009 stieg die Zahl der geförderten Biobetriebe im Vergleich zum Vorjahr um 4,6% (922 Betriebe) auf 20.870 Betriebe. Die Bio-Flächen haben 2009 um 26.347 ha bzw. +5,4% auf insgesamt 518.172 ha LF zugenommen. Der Anteil der Biobetriebe an allen INVEKOS-Betrieben (Summe aus Haupt- und Teilbetrieben) beträgt 14,7%. Der Anteil der Bio-Fläche an der LF liegt bei 18,5%.

Bergbauernbetriebe: 2009 waren 67.485 Bergbauernbetriebe mit BHK-Punkten in der Förderstatistik (um 1,3% bzw. 870 Betriebe weniger als 2008). Die Verteilung der Betriebe auf die 4 BHK-Gruppen betrug: 31% BHK-Gr. 1; 42% BHK-Gr. 2, 18% BHK-Gr. 3 und 9% BHK-Gr. 4. Die durchschnittliche Fläche (ohne Almen und Bergmähder) je Betrieb lag bei 14,2 ha LF. Die durchschnittliche BHK-Punktezahl je Betrieb liegt österreichweit bei 142 Punkten.

Betriebe mit Milchquoten: Die Zahl der Betriebe mit Milchquoten nahm 2009 von 42.076 auf 40.596 ab. Das bedeutet einen Rückgang von 1.480 Betrieben oder 3,5%. Die den Betrieben zugeteilte Milchquote stieg leicht auf 2,82 Mio. kg an. Die durchschnittliche Milchquote je Betrieb betrug rund 69.500 kg.

Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe in der EU-27 liegt bei 13,7 Millionen. Sie bewirtschaften 172,5 Mio. ha landwirtschaftlich genutzte Fläche (LF). Davon entfallen 104 Mio. ha bzw. 60% auf Ackerland, 33% (57 Mio. ha) auf Dauergrünland und rund 6% (11 Mio. ha) auf Dauerkulturen. 70% der Betriebe in der EU-27 bewirtschaften weniger als 5 ha LF.

Einkommenssituation

Im Jahr 2009 hat sich die Einkommenssituation der Betriebe dramatisch verschlechtert. Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft je Betrieb fielen auf 19.000 Euro (-28%) gegenüber 2008 zurück; je nicht entlohnter Arbeitskraft (nAK) waren es 14.521 Euro (-27%). Für die niedrigeren Einkünfte im Vergleich zum Vorjahr waren folgende Entwicklungen ausschlaggebend: Der Ertrag fiel im Durchschnitt aller Betriebe um 9% niedriger aus, was vor allem durch niedrigere Erträge bei Getreide, Ölfrüchten, Hackfrüchten, Energiepflanzen und im Obst- und Weinbau verursacht wurde. Im tierischen Bereich gab es niedrigere Erträge vor allem bei Milch. Der Aufwand hat gegenüber 2008 um nur 1% abgenommen, was zu einer Verstärkung der Einkommensminderung beigetragen hat.

Betriebsformen: Alle Betriebsformen verzeichneten im Vergleich zu 2008 Einkommenseinbußen; die geringste Verschlechterung gab es bei den Veredelungsbetrieben mit -1%. Relativ glimpflich kamen auch die Betriebe mit 25 bis 50% Forstanteil davon (-9%). Alle übrigen Betriebsformen verzeichneten Einkommenseinbußen von -20% (landw. Gemischtbetriebe) bis -48% (Dauerkulturbetriebe). Marktfruchtbetriebe mussten ein Einkommensminus von 38% hinnehmen, Futterbaubetriebe verzeichneten Einkommenseinbußen von -26% und die Betriebe mit über 50% Forstanteil ein Minus von 21%.

Bergbauernbetriebe: Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft aller Bergbauernbetriebe im Jahr 2009 waren mit 19.032 Euro je Betrieb um 24% niedriger als im Vorjahr. Die stärksten Einbußen wurden für die Betriebe der BHK-Gruppe 1 mit -28% berechnet, gefolgt von der BHK-Gruppe 2 (-25%), BHK-Gruppe 3 wies eine Einkommenseinbuße von -21% auf, die BHK-Gruppe 4 hingegen wies nur einen Rückgang von 9% auf, bedingt durch die relativ geringere "Abhängigkeit" dieser Betriebe vom Milchpreis. Die Ausgleichszulage trug wesentlich zu den Einkünften bei, vor allem bei Bergbauernbetrieben mit hoher und extremer Erschwernis. Bei den Nichtbergbauern/bäuerinnen war eine kräftige Einkommensverminderung um 32% je Betrieb zu verzeichnen, sodass sich der Einkommensabstand zu den Bergbauernbetrieben im Vergleich zu 2008 praktisch auf Null verringert hat.

Biobetriebe: Die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beliefen sich auf 21.162 Euro (-23%) je Betrieb und lagen um 11% über dem Durchschnitt aller Betriebe. Die öffentlichen Gelder hatten einen Anteil von 32% am Ertrag (Durchschnitt aller Betriebe 23%, Bergbauern 29%) und machten 21.760 Euro (+4%) je Betrieb (Durchschnitt aller Betriebe 17.928 Euro, Bergbauern 19.319 Euro) aus. Von den öffentlichen Geldern entfielen 40% auf ÖPUL-Zahlungen, 21% auf die Betriebsprämie und 19% auf die Ausgleichszulage. Die Biobetriebe weisen eine günstige Aufwandsrate (Anteil des Ertrages, der auf den Aufwand entfällt) von 69% auf (Durchschnitt aller Betriebe: 76%).

Förderungen und Leistungsabgeltungen

Im Jahr 2009 sind 2.325 Mio. Euro an EU-, Bundes- und Landesmitteln für die Land- und Forstwirtschaft aufgewendet worden, das sind um 5 % oder 111 Mio. Euro mehr als 2008. Dieser Anstieg des Agrarbudgets ergab sich in erster Linie durch die Zunahme bei den Ausgaben für das Ländliche Entwicklungsprogramm, da im 3. Umsetzungsjahr der Periode LE 07-13 wieder eine Steigerung bei den Zahlungen, insbesondere in der Achse 1, erreicht werden konnte. Die Zahlungen für das Agrarumweltprogramm (ÖPUL) sind gegenüber 2008 insbesondere durch die Ausweitung der Tierschutzmaßnahme auf die Bundesländer Salzburg, Ober- und Niederösterreich, Steiermark und Burgenland gestiegen.

Im Rahmen der ersten Säule der GAP wurden 784 Mio. Euro für rund 120.000 Betriebe und für über 100 Lebensmittelindustriebetriebe ausbezahlt.

Im Rahmen des Programms für die Ländliche Entwicklung (2. Säule der GAP) wurden 1.148 Mio. Euro (davon 571 Mio. Euro EU-Mittel) für insgesamt 128.000 Betriebe und rund 4.100 sonstige
FörderwerberInnen ausgegeben. Das waren 49% der gesamten Ausgaben im Agrarbudget. Die Verteilung auf die 4 Achsen ergab sich wie folgt: 73% der Mittel entfielen auf die Achse 2 mit den beiden budgetär wichtigen Maßnahmen Ausgleichszulage für Benachteiligte Gebiete und Agrarumweltprogramm (ÖPUL). Für die Achse 1 standen 19% zur Verfügung. Auf die Achse 3 entfielen 6% und der Rest teilt sich auf die Achse 4, die technische Hilfe und die Gemeinschaftsinitiativen auf.

Die Ausgaben, die rein aus nationalen Mitteln von Bund und Land finanziert wurden, betrugen 285 Mio. Euro. Das sind 12% des Agrarbudgets. Die größten Ausgabenpositionen in diesem Bereich waren die Beratung und Verkehrserschließung ländlicher Gebiete.

Soziale Sicherheit

2009 wurden für die soziale Sicherheit der bäuerlichen Familien Leistungen im Wert von 2.775 Mio. Euro erbracht. Davon sind 71% für die Pensionsversicherung und 17% für die Krankenversicherung verwendet worden. Die restlichen 12% entfielen auf die Unfallversicherung und das Pflegegeld. Die Zahl der Versicherten in der Pensionsversicherung lag im Jahr 2009 bei 158.483 Personen (-2,3% zu 2008). Der Anteil der Frauen betrug 45%. Die Zahl der Betriebe in der Pensionsversicherung ging um 1,8% auf 123.878 zurück. Die durchschnittliche Alterspension machte 738 Euro aus (Männer: 1.027 und Frauen: 542 Euro).

EU und WTO

Die Diskussionen zur Neugestaltung der GAP nach 2013 auf Ratsebene haben bereits beim informellen Treffen der Landwirtschaftsminister während französischer Ratspräsidentschaft in Annecy 2008 begonnen. Seither fanden in verschiedenen Ratsformationen und Gremien des Rates Diskussionen mit unterschiedlichen Schwerpunkten etwa zu den Direktzahlungen, der zweiten Säule oder zu den Marktverwaltungsinstrumenten statt. In Vorbereitung einer Kommissionsmitteilung zur GAP2013 hat Agrarkommissar Ciolos im April 2010 eine breit angelegte, öffentliche Konsultation zur künftigen Agrarpolitik initiiert. Die Agrarausgaben für 2010 sehen Ausgaben von 56,8 Mrd. Euro vor. Davon werden 43,4 Mrd. Euro für die Marktordnungen (1. Säule) und 13,4 Mrd. Euro für die Ländliche Entwicklung (2. Säule) aufgewendet. Bei den WTO-Verhandlungen konnte auch im Jahr 2009 kein Abschluss der Doha-Runde erreicht werden.“

 

Der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 5. Oktober 2010 in Verhandlung genommen.

 

Aufgrund eines am 5. Oktober 2010 eingebrachten Verlangens des Parlamentsklubs der Österreichischen Volkspartei wird der vorliegende Bericht gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates nicht enderledigt.

 

An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Ewald Sacher die Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Jakob Auer, Harald Jannach, Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Gerhard Huber, Josef Muchitsch, Ing. Hermann Schultes, Mag. Christiane Brunner, Mag. Michael Schickhofer, Franz Eßl, Walter Schopf, Peter Mayer, Anna Höllerer, Rosemarie Schönpass, Franz Hörl sowie der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Nikolaus Berlakovich.

 

Bei der Abstimmung wurde einstimmig beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Ewald Sacher gewählt.

 

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft somit den Antrag, der Nationalrat wolle den Grünen Bericht 2010 der Bundesregierung (III-179 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen.

 

Wien, 2010 10 05

                                   Ewald Sacher                                                                    Fritz Grillitsch

                                   Berichterstatter                                                                           Obmann