919 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gleichbehandlungsausschusses

über den Frauenbericht 2010 der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst (III-174 der Beilagen)

Der vorliegende Bericht gliedert sich in zwei Teile. Während im ersten Teil Statistische Analysen zur Entwicklung der Situation von Frauen in Österreich behandelt werden, beinhaltet der zweiten Teil Berichte zu ausgewählten Themen zur Situation von Frauen in Österreich.

 

In Österreich lebten zu Jahresbeginn 2009 rund 4,3 Mio. Frauen, dies entspricht einem Anteil von 51,3 % der Gesamtbevölkerung. Bis zum 50. Lebensjahr gibt es in der Bevölkerung etwas mehr Männer als Frauen, im höheren Erwachsenalter verändert sich die Geschlechterproportion stärker zugunsten der Frauen.

Die Lebenserwartung der Österreicherinnen hat sich in den vergangenen Jahrzehnten (seit 1970) kontinuierlich erhöht und liegt derzeit bei 83 Jahren. Frauen leben damit um 5,4 Jahre länger als Männer. Pro Dekade stieg die Lebenserwartung der Frauen um durchschnittlich 2,6 Jahre, jene der Männer sogar um 2,9 Jahre.

Am Höhepunkt des Babybooms im Jahr 1963 lag die durchschnittliche Kinderzahl pro Frau bei 2,8. Gegenwärtig bekommen Frauen im Durchschnitt rund 1,4 Kinder. Seit gut zehn Jahren hat sich die Fertilitätsrate auf diesem niedrigen Niveau stabilisiert.

Das mittlere Fertilitätsalter steigt bei den Frauen seit Mitte der 1970er-Jahre kontinuierlich an, die Realisierung des Kinderwunsches erfolgt also biographisch immer später. Das Durchschnittsalter bei der Geburt des ersten Kindes beträgt aktuell 28,1 Jahre, lag 1998 bei 26,9 Jahren und 1988 bei 24,6 Jahren.

Der Anteil unehelicher Geburten liegt in Österreich bei knapp 40 %, für Erstgeburten bei über 50 %. Im Osten Österreichs (einschließlich Wien) ist der Anteil unehelicher Geburten traditionell niedriger als im übrigen Österreich.

Die Zahl der Eheschließungen, insbesondere der Erstehen, ist in Österreich seit vier bis fünf Jahrzehnten tendenziell rückläufig, und das Erstheiratsalter hat sich seit Mitte der 1970er-Jahre stark erhöht. Aktuell heiraten Frauen im Durchschnitt mit rund 29 Jahren und Männer mit knapp 32 Jahren das erste Mal. Die Zahl der Ehescheidungen hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten verdoppelt. Gegenwärtig enden rund 20.000 Ehen pro Jahr vor dem Scheidungsrichter – damit liegt die Gesamtscheidungsrate bereits nahe der 50 %-Marke. Nahezu neun von zehn Scheidungen erfolgen in beiderseitigem Einvernehmen.

Im Zeitvergleich wird deutlich, dass junge Frauen immer später von zu Hause ausziehen bzw. eine Partnerschaft eingehen und somit länger im „Kindstatus“ bleiben. Frauen sind bei diesem Schritt aber immer noch jünger als Männer.

Im mittleren Erwachsenenalter (25 bis 49 Jahre) stiegen sowohl die Zahl der alleinlebenden Frauen als auch die Zahl der alleinerziehenden oder in einer Lebensgemeinschaft lebenden Frauen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich an.

Im Alter ab 50 Jahren lebt nur eine Minderheit der Frauen in einer Partnerschaft, während dies bei den Männern mehrheitlich der Fall ist. Insgesamt 61.000 Frauen, davon 42.000 Frauen im Alter von 70 und mehr Jahren, leben in Anstaltshaushalten.

Die Wohnsituation von Frauen und Männern unterscheidet sich generell nur mehr wenig. Die Ausstattung der Wohnungen alleinlebender Seniorinnen ist mit einem Kategorie-A-Anteil von 85 % bereits höher als jene alleinlebender Senioren. Die 220.000 alleinerziehenden Mütter sind hier mit 90 % (Kat. A) gegenüber den 41.000 alleinerziehenden Vätern noch etwas benachteiligt.

Frauen waren bezüglich des Zugangs zu höherer Bildung lange Zeit benachteiligt. Sowohl bei den 25- bis 64-Jährigen als auch in der Gruppe der 25- bis 34-Jährigen ist der Anteil der Personen mit lediglich Pflichtschulabschluss bei den Frauen höher als bei den Männern. Allerdings sind seit einigen Jahren in beiden Altersgruppen die Frauen mit einem Hochschul-, Akademie- oder Kollegabschluss häufiger vertreten.

Was den laufenden Schulbesuch betrifft sind Frauen an allgemein bildenden höheren Schulen und berufsbildenden höheren Schulen stärker vertreten als Männer. Entsprechend beträgt ihr Anteil unter den MaturantInnen inzwischen 60 %. Unter den Lehrlingen beträgt ihr Anteil hingegen nur 34,5 %. Zurzeit erwerben etwa gleich viele Mädchen wie Burschen einen Sekundarabschluss.

Eine starke Ungleichheit besteht nach wie vor bei der Wahl der Fachrichtung der berufsbildenden Schultypen. Mädchen sind an wirtschaftsberuflichen, sozialberuflichen und kaufmännischen Schulen überrepräsentiert, ihr Anteil an technisch-gewerblichen Schulen ist hingegen gering.

Auch in der Wahl der Lehrberufe zeigen sich starke Geschlechterunterschiede. Die Hälfte aller weiblichen Lehrlinge wählt eine Lehre im kaufmännischen Bereich, in welchem nur knapp ein Zehntel der männlichen Lehrlinge vertreten sind. Klassische Männerberufe im Bereich Metall- oder Elektronik werden hingegen nur sehr selten von Frauen gewählt.

Frauen treten nach der Matura häufiger an eine Universität oder Fachhochschule über, sind seit 2000/2001 unter den Studierenden überrepräsentiert und haben im Studienjahr 2004/2005 auch bezüglich der Abschlüsse ihre männlichen Studienkollegen überholt. Unter den DoktoratsabsolventInnen sind sie jedoch mit 42 % noch unterrepräsentiert.

Auch beim Studium ist eine sehr starke geschlechtsspezifische Segregation bezüglich der Fächerwahl zu beobachten. In technischen Studiengängen an öffentlichen Universitäten liegt der Anteil der Studentinnen bei lediglich 21,5 %.

Lehrpersonal an Schulen ist überwiegend weiblich, rund 70 % des Lehrpersonals im Schulwesen sind Frauen. An den öffentlichen Universitäten hingegen sind nur knapp 40 % des Lehrpersonals im Mittelbau Frauen, unter den ProfessorInnen sind es gar nur 16 %.

Beim lebenslangen Lernen sind Frauen generell aktiver als Männer, jedoch nehmen nur sehr wenige Frauen, die nach der Pflichtschule keine anerkannte Berufsausbildung oder Schule abgeschlossen haben, am lebenslangen Lernen teil.

Massiv benachteiligt sind Frauen im Bereich der beruflichen Weiterbildung: Überproportional viele erwerbstätige Frauen müssen berufsbezogene Kurse und Schulungen in ihrer Freizeit absolvieren.

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen ist in den letzten zehn Jahren gestiegen. So sind über 80 % der Frauen im zentralen Erwerbsalter (25 bis 54 Jahre) und mehr als 90 % der gleichaltrigen Männer erwerbstätig bzw. arbeitslos. 2008 standen nach internationaler Definition (Labour Force-Konzept) den 1,4 Millionen erwerbstätigen und 53.000 arbeitslosen Frauen in diesem Altersbereich lediglich 193.000 ausschließlich haushaltsführende Frauen gegenüber.

Die Frauen-Erwerbsquote (für die Altersgruppe der 15- bis 64-Jährigen) lag 2008 bei 68,6 % (1998: 61,4 %) und ist damit im Zehnjahresvergleich stärker gestiegen als jene der Männer (1998: 80,2 % auf 81,4 %). Die Zunahme der Frauenerwerbstätigkeit ist in erster Linie auf den starken Anstieg von Teilzeitarbeit und die rückläufige Vollzeiterwerbstätigkeit zurück zu führen. Mittlerweile arbeiten rund vier von zehn Frauen Teilzeit, damit liegt die Teilzeitquote von Frauen in Österreich (2008: 41,5 %, 1998: 30,7 %) deutlich über dem EU-Durchschnitt (31,1 %).

Frauen wünschen sich wesentlich häufiger als Männer eine Ausweitung ihrer Erwerbsarbeitszeit. Der Anteil jener, die sich ein höheres Arbeitsausmaß wünschen, ist umso höher je niedriger die wöchentlich geleistete Erwerbsarbeit.

Die Arbeitslosenquote von Frauen betrug (nach internationaler Definition) 2008 4,1 % und lag damit, trotz in etwa gleich hoher Arbeitslosenzahlen, leicht über jener der Männer (3,6 %), da immer noch deutlich weniger Frauen als Männer erwerbstätig sind.

Der österreichische Arbeitsmarkt erweist sich in hohem Maß als geteilter Arbeitsmarkt: Niedrige berufliche Stellungen werden häufiger Frauen zugewiesen, höhere Positionen werden hingegen von Männern dominiert (vertikale Segregation). Weiters konzentrieren sich Frauen und Männer auf unterschiedliche Berufe und Wirtschaftszweige (horizontale Segregation).

Frauen sind von Sonderformen der Arbeitszeit (Samstags- und Sonntagsarbeit, Abend- und Nachtarbeit, Schicht-, Wechsel- oder Turnusdienst) in weitgehend gleichem Ausmaß betroffen wie Männer, obwohl von ihnen der Großteil der unbezahlten Arbeit (Haushaltsführung, Kinderbetreuung usw.) verrichtet wird.

Jede zweite Frau und zwei von drei Männern leiden unter physisch und oder psychisch belastenden Arbeitsbedingungen.

Überstunden werden öfter und in einem höherem Ausmaß von Männern als von Frauen geleistet, zudem bekommen Männer diese häufiger in finanzieller oder anderer Form abgegolten.

Die Geburt eines Kindes stellt für Frauen nach wie vor einen nachhaltigen Einschnitt bzw. Rückschritt in der Erwerbskarriere dar. Der Wiedereinstieg in die Erwerbsarbeit gestaltet sich oft schwierig: So sind beispielsweise 36,3 % der davor erwerbstätigen Frauen selbst 32 Monate nach der Geburt ohne Beschäftigung.

Für Frauen geht mit der Elternschaft eine Unterbrechung und meist eine deutliche Reduzierung der Erwerbsarbeit (geringfügige Beschäftigung, Teilzeit) einher. Bei den Männern ist eher ein umgekehrter Trend zu verzeichnen.

Österreich zählt im Vergleich zu den anderen EU-Mitgliedstaaten zu jenen Ländern mit sehr großen geschlechtsspezifischen Verdienstunterschieden. Gemäß dem EU-Strukturindikator für geschlechtsspezifisches Verdienstgefälle lagen die durchschnittlichen Bruttostundenverdienste der Frauen in Österreich 2006 um 25,5 % unter jenen der Männer, größere Unterschiede waren nur in Estland und Slowenien zu verzeichnen.

Im Zeitvergleich zeigt sich in Österreich keine Verbesserung der relativen Einkommenssituation der Frauen. Während der Median der Bruttojahreseinkommen der unselbständig erwerbstätigen Frauen im Jahr 1998 bei 60,4 % des entsprechenden Männereinkommens lag, waren es 2007 59,4 %. Betrachtet man ganzjährig Vollzeiterwerbstätige, so erreichten Frauen 2007 78 % des Medians der Bruttojahreseinkommen der Männer.

Der Frauenanteil ist in Branchen mit niedrigen Einkommen deutlich höher als in anderen Branchen. Auch innerhalb der einzelnen Branchen und Berufe verdienen Frauen deutlich weniger als Männer. Ebenso liegen die Einkommen der Frauen in den unterschiedlichen hierarchischen Positionen (HilfsarbeiterInnen bis führende Tätigkeiten) unter jenen der Männer, wobei bei ArbeiterInnen der Unterschied besonders groß ist.

Daneben zeigen sich auch bei den selbständig Erwerbstätigen große Unterschiede zwischen den Einkommen der Frauen und Männer.

Im Öffentlichen Dienst fallen die Einkommensnachteile weit geringer aus als bei selbständig und unselbständig Erwerbstätigen in der Privatwirtschaft. In der Folge sind Beamtinnen in Ruhe in Bezug auf die Höhe der Einkommen im Vergleich zu den Männern nicht benachteiligt.

Aufgrund niedriger Erwerbseinkommen und lückenhafter Versicherungsverläufe sind die Pensionen der Frauen im Bereich der gesetzlichen Pensionsversicherung hingegen nach wie vor deutlich niedriger als die der Männer.

Pensionen und andere Transferleistungen werden häufiger von Frauen als von Männern bezogen. So wurden 2008 rund 61 % der Pensionen der gesetzlichen Pensionsversicherung an Frauen ausgezahlt, beim Bezug einer Ausgleichszulage lag der Frauenanteil bei 69 %. Auch mehr als zwei Drittel der PflegegeldbezieherInnen sind Frauen, und Kinderbetreuungsgeld wird nahezu ausschließlich von Frauen bezogen (2008: 96 %).

Der Lebensstandard von Frauen ist in vielen Fällen von der Höhe der Einkünfte des Partners abhängig. Zwei von drei Frauen leben als Angehörige in einem Mehrpersonenhaushalt und haben keine eigenen Einkünfte oder geringere Einkünfte als der Hauptverdienst im Haushalt.

Die am stärksten von Armutsgefährdung betroffene Gruppe sind aber die Alleinerzieherinnen. Ohne Erwerbstätigkeit lag das Armutsgefährdungsrisiko in solchen Haushalten bei 60 %.

Frauenerwerbstätigkeit ist zentral für Armutsvermeidung. Flexible Arbeits- und Kinderbetreuungsmodelle sowie ausreichende außerfamiliäre Betreuungseinrichtungen können hier einen wichtigen Beitrag leisten.

Gesundheit und Krankheit, aber auch der Zugang zum Gesundheitssystem werden wesentlich von sozialen Faktoren bestimmt. Geschlechtsunterschiede spielen dabei eine große Rolle, aber auch das Alter, die Familien- und Lebensform, die ethnische Zugehörigkeit, Bildung und soziale Schicht. Das Sichtbarmachen der Diversität der KlientInnen und PatientInnen des Gesundheits- und Pflegesystems stellt einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung des Gesundheitswesens dar.

Frauen sind zunehmend von Erkrankungen betroffen, die bislang als typische Erkrankungen von Männern galten, wie z. B. von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, im Besonderen von Herzinfarkten. Auch der Lungenkrebs ist bei Frauen aufgrund steigender Raucherinnenquoten häufiger geworden, während bei Männern die Neuerkrankungs- und Sterberaten sinken. Das Erkennen dieser geschlechtsspezifischen Entwicklungen ist zur Vermeidung von Über-, Unter- und Fehlversorgung unabdingbar.

Das Wissen über den geschlechtsspezifischen gesundheitsbezogenen Lebensstil (Rauchen, Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung) ermöglicht eine zielgruppenspezifische und somit treffsichere Planung von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung, Prävention und Früherkennung.

Grundsätzliche Fragen der Frauengesundheit sind aber nicht nur jene zum Gesundheitszustand und zum Gesundheitsverhalten, sondern auch zur Rolle der Frauen im Gesundheitssystem – sowohl als Patientinnen und Klientinnen als auch als Akteurinnen. Frauen sind im Gesundheitssystem in Entscheidungspositionen noch immer unterrepräsentiert, obwohl sie die Mehrheit der MitarbeiterInnen stellen.

Pflege ist weiblich: Zum überwiegenden Teil sind die zu Pflegenden aufgrund ihrer höheren Lebenserwartung Frauen. Aber auch das Pflegepersonal ist mehrheitlich weiblich, sowohl als professionell Pflegende als auch als pflegende Angehörige sowie als legale oder illegale Pflegerinnen aus Südost-/Osteuropa. Somit ist die Altenpflege zwar ein Bereich des Gesundheits- und Sozialsystems, den Frauen mehr in Anspruch nehmen als Männer, sie leisten aber durch die meist geringfügig oder gar nicht bezahlten informellen Pflegeleistungen einen unverzichtbaren Beitrag.

Obwohl sich gerade im Bereich der Frauengesundheit und der Pflege die Verfügbarkeit statistischer Daten im vergangenen Jahrzehnt stark verbessert hat, ist im Bereich der gesundheitswissenschaftlichen Forschung noch weiterer Handlungsbedarf gegeben. Vor allem in den Bereichen der Epidemiologie, der Versorgungsforschung und der Evaluation fehlen Daten, die für ein gendersensibles Monitoring von Effektivität und Effizienz gesundheitspolitischer Maßnahmen dringend erforderlich wären.

Die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit ländlicher Räume – im Besonderen der peripheren Regionen – ist eine zentrale politische Aufgabe. Obwohl Frauen dabei eine wesentliche Rolle spielen, wurde dem Thema Frauen im ländlichen Raum bislang wenig Aufmerksamkeit gewidmet.

Eine einheitliche Definition des „ländlichen Raums“ liegt nicht vor. Im vorliegenden Bericht wird der Grad der Urbanisierung auf einer fünfstufigen Skala angegeben, an deren einem Ende die Großstadt Wien steht und am anderen stark agrarisch geprägte Gemeinden mit unter 20.000 EinwohnerInnen und einer Agrarquote von 7 % oder mehr. Rund 14 % der österreichischen Bevölkerung lebten zu Jahresbeginn 2009 in Gemeinden mit einer Agrarquote von 7 % oder mehr und 20 % in Wien. Der Frauenanteil betrug in Wien 52,2 %, in stark agrarischen Gemeinden 49,8 %.

Die Abwanderung aus dem ländlichen Raum in die Städte ist bei Mädchen und Frauen im Alter von 18 bis 26 Jahren am häufigsten.

Ab dem Alter von 18 Jahren ist die Bildungsbeteiligung von Mädchen und Frauen in ländlichen Regionen geringer als im städtischen Raum. Eine wesentliche Ursache hierfür ist die Konzentration von Ausbildungsstätten auf die Großstädte. Dies hat ein deutlich höheres durchschnittliches Qualifikationsniveau von Frauen in den Städten zur Folge, das aber zu einem großen Teil aus der Abwanderung von hoch qualifizierten Frauen aus ländlichen Regionen mangels Beschäftigungsmöglichkeiten resultiert.

Die Stadt-Land-Unterschiede in der Bildungs- und Beschäftigungsstruktur finden auch in der Höhe und Verteilung der Einkommen ihren Niederschlag. Das mittlere Bruttojahreseinkommen von unselbständig erwerbstätigen Frauen sinkt mit der steigenden Agrarquote des Wohnorts, und ihr Einkommensnachteil gegenüber den Männern nimmt zu.

In Gemeinden mit hoher Agrarquote ist die Frauenerwerbstätigkeit zwar am höchsten (69 % im Jahr 2008 vs. 62 % in Wien), dies liegt aber vor allem am hohen Anteil selbständig erwerbstätiger Frauen – meist mithelfende Angehörige im landwirtschaftlichen Bereich. Hingegen ist der Dienstleistungssektor, in dem Frauen häufig beschäftigt sind, in ländlichen Gebieten weniger stark vertreten als in städtischen.

Starke Benachteiligungen ländlicher Gebiete zeigen sich hinsichtlich der Kinderbetreuung. Während in Wien neun von zehn Einrichtungen mindestens acht Stunden täglich geöffnet haben, stehen im stark ländlichen Raum drei Viertel der Kindergärten weniger als acht Stunden pro Tag zur Verfügung.

Auch bei Bäuerinnen findet sich das Phänomen der “leaky pipeline” – das heißt, mit zunehmender sozialer Hierarchiestufe schwindet der Frauenanteil. Im Jahr 2007 wurden zwar 39 % aller bäuerlichen Betriebe von Frauen geführt – ab einer Betriebsgröße von 200 Hektar allerdings nur mehr 17 % der Betriebe. In der zentralen Interessenvertretung der Bauern und Bäuerinnen, der Landwirtschaftskammer, sind Frauen massiv unterrepräsentiert: Die KammerpräsidentInnen sind durchwegs Männer, in den regionalen Landwirtschaftskammern beträgt der Frauenanteil lediglich 15 %.

Zu Jahresbeginn 2009 lebten rund 725.000 Frauen ausländischer Herkunft in Österreich. Dies entspricht knapp 17 % der weiblichen Bevölkerung Österreichs.

Sieben von acht in Österreich lebenden Frauen mit ausländischer Herkunft stammen aus anderen europäischen Staaten. Etwa die Hälfte davon kommt aus anderen EU- oder EWR-Staaten bzw. der Schweiz. Zu den weiteren Hauptherkunftsländern zählen die Nachfolgestaaten Jugoslawiens und die Türkei.

Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit bekamen 2008 deutlich mehr Kinder als Österreicherinnen. Türkische Mütter bekamen im Durchschnitt sogar doppelt so viele Kinder wie österreichische Staatsangehörige. Gleichzeitig waren ausländische Mütter bei der Geburt des ersten Kindes deutlich jünger als österreichische Mütter.

Der Anteil der Eheschließungen zwischen österreichischen und ausländischen Staatsangehörigen ist in den vergangenen drei bis vier Jahrzehnten deutlich angestiegen. Trauungen zwischen einem österreichischen Bräutigam und einer ausländischen Braut kommen dabei etwa doppelt so häufig vor wie Hochzeiten zwischen einer österreichischen Frau und einem ausländischen Mann.

Bei den zugezogenen Personen aus dem Ausland überwogen die Männer. Lediglich aus Tschechien, der Slowakei, der Ukraine, Thailand und Finnland wanderten mehr Frauen als Männer nach Österreich zu.

Die Zuwanderung von Frauen erfolgte vor allem im Bereich von Familiennachzug und zu Ausbildungszwecken, wogegen kurzzeitige Saisonarbeit sowie Asylwanderung zu zwei Drittel von Männern bestritten wurde.

Ausländische Frauen absolvieren tendenziell kürzer dauernde Ausbildungen als österreichische Staatsangehörige. Allerdings ist nicht nur der Anteil niedrig Qualifizierter, sondern auch der Anteil der Akademikerinnen unter ausländischen Frauen deutlich höher als bei Österreicherinnen.

Die Beschäftigung im Ausland geborener Frauen konzentrierte sich auf wenige Branchen wie Handel, Gesundheits-, Veterinär- und Sozialwesen, Beherbergungs- und Gaststättenwesen, Realitätenwesen und Unternehmensdienstleistungen.

Frauen mit ausländischem Geburtsland waren in geringerem Maße erwerbstätig als im Inland geborene Frauen.

Die Arbeitslosigkeit von Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit war 2008 mit knapp 7,8 % (nach nationaler Definition) deutlich höher als jene der österreichischen Staatsbürgerinnen (5,3 %).

Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit verdienten 2007 nur rund zwei Drittel des Durchschnittseinkommens von Österreicherinnen. Dementsprechend waren Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit im Vergleich mehr als doppelt so oft armutsgefährdet.

Der Wohnkostenanteil (bezogen auf das verfügbare Haushaltseinkommen) war bei von Frauen mit ausländischer Staatsangehörigkeit geführten Haushalten mit 39 % überdurchschnittlich hoch. Im Vergleich mussten 2007 rund 18 % aller von Österreicherinnen geführten Haushalte mehr als ein Viertel ihres Einkommens für das Wohnen aufwenden.

Die politische Repräsentation von Frauen hat sich im gesamteuropäischen Trend seit den 1990er-Jahren zwar verbessert. Das Ziel einer Gleichstellung ist aber noch nicht erreicht. Frauen sind in Parlamenten und Regierungen nach wie vor unterrepräsentiert.

In Österreich lag der Frauenanteil im Nationalrat nach den Wahlen 2008 bei 27 %. Im EU-Durchschnitt waren 24 % der Abgeordneten in den nationalen Parlamenten Frauen. Eine verbreitete Möglichkeit zur Erhöhung des Frauenanteils in den Parlamenten sind Geschlechterquoten. In fast allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind gesetzliche oder freiwillige Quoten zu finden. In Österreich haben die SPÖ und die Grünen entsprechende Quote in den Statuten verankert. Die ÖVP bekennt sich im Grundsatzprogramm zu einer Mindestquote für öffentliche Mandate.

Im Nationalrat hat die SPÖ die angestrebte 40 %-Quote bisher noch nicht erreicht und auch bei der ÖVP blieb der Frauenanteil bislang unter dem Ziel von einem Drittel. Nur bei den Grünen lag der Frauenanteil konstant an oder über der selbst gesteckten 50 %-Grenze. Die FPÖ und das BZÖ, die beide keine geschlechtsspezifischen Quoten in den Parteistatuten vorsehen, hatten 2008 den geringsten Frauenanteil im Nationalrat.

Der höchste Anteil an Frauen unter allen Abgeordneten wurde nach den Nationalratswahlen 2002 mit rund 34 % erreicht. Seitdem ist der Frauenanteil im Nationalrat rückläufig und auch in der Bundesregierung wurde der Aufholprozess im Hinblick auf den Anteil der weiblichen Regierungsmitglieder in den letzten Jahren zeitweilig durchbrochen.

In der Bundesregierung konnten Frauen allerdings zunehmend in bisher ausschließlich von Männern besetzte Ressorts vordringen. Das lange Zeit bestehende Muster, Frauen mit neu geschaffenen Aufgaben oder mit vermeintlich „weiblichen“ Agenden zu betrauen, wurde damit zunehmend aufgeweicht.

Eine neue Entwicklung zeichnet sich auch im Hinblick auf das Wahlverhalten von Frauen und Männern ab. Während Frauen in den 1990er-Jahren noch verstärkt Mitte-Links-Parteien wählten, tendierten Männer stärker zu Mitte-Rechts-Mehrheiten. Dieses geschlechtsspezifische Muster im Wahlverhalten war auch bei den Wahlen 2002 noch deutlich zu erkennen. 2006 bestand diese Differenz dagegen nur noch in abgeschwächter Form. Bei den Nationalratswahlen 2008 war nunmehr sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern eine Mehrheit für Mitte-Rechts-Parteien zu erkennen.

An die Spitze eines Wahlkampfteams schafften es nur wenige Frauen. Seit den Nationalratswahlen 1999 war keine Frau mehr Spitzenkandidatin einer im Parlament vertretenen Partei und auch bei Bundespräsidentschafts-, Europa- oder Landtagswahlen waren Frauen nur selten an der Spitze einer Partei zu finden.

In den großen Dachverbänden der Arbeitnehmer- und ArbeitgeberInnen blieben die Spitzenfunktionen ebenfalls weitgehend in der Hand von Männern. Trotz einiger Fortschritte war die Präsenz von Frauen in den Führungsgremien von Gewerkschaftsbund, Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung insgesamt gering.

In wirtschaftlichen Führungspositionen waren ebenso nur wenige Frauen vertreten. In den größten börsenotierten Unternehmen gab es 2008 lediglich 6 % Frauen im Vorstand.

 

Der Gleichbehandlungsausschuss hat den gegenständlichen Bericht in seiner Sitzung am 12. Oktober 2010 in Verhandlung genommen.

Aufgrund eines am 22. September 2010 eingebrachten Verlangens des Grünen Klubs wird der vorliegenden Bericht gemäß § 28b Abs. 4 des Geschäftsordnungsgesetzes des Nationalrates nicht enderledigt.

An der Debatte beteiligten sich im Anschluss an die Ausführungen des Berichterstatters Franz Riepl die Abgeordneten Renate Csörgits, Andrea Gessl-Ranftl, Dorothea Schittenhelm, Carmen Gartelgruber, Mag. Judith Schwentner, Martina Schenk, Gabriele Binder-Maier, Claudia Durchschlag, Anneliese Kitzmüller, Tanja Windbüchler-Souschill, Ursula Haubner, Johann Hell, Anna Höllerer, Mag. Heidemarie Unterreiner, Mag. Gertrude Aubauer, Gabriel Obernosterer sowie die Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst Gabriele Heinisch-Hosek und die Ausschussobfrau Abgeordnete Mag. Gisela Wurm.

Den Beratungen wurden Frau Univ. Prof. Mag. Dr. Gudrun Biffl, Frau Mag. Dr. Ingrid Mairhuber, Frau Mag. Ingrid Moritz, Frau Dr. Christine Zulehner, Herr Univ. Prof. Dr. Wolfgang Mazal, Frau Dr. Martina Rosenmayr, Frau MMag. Dr. Gabriele Michalitsch und Frau LR Barbara Rosenkranz als ExpertInnen bzw. als Experte beigezogen.

 

Bei der Abstimmung wurde mit Stimmenmehrheit beschlossen, dem Nationalrat die Kenntnisnahme des gegenständlichen Berichtes zu empfehlen.

Ein von den Abgeordneten Mag. Gisela Wurm, Dorothea Schittenhelm, Mag. Heidemarie Unterreiner, Martina Schenk und Mag. Judith Schwentner eingebrachter Entschließungsantrag betreffend Maßnahmen zur Steigerung des Männeranteils in pädagogischen Berufen wurde einstimmig beschlossen. Diesem Antrag war folgende Begründung beigegeben:

„Im Jänner 2009 setzten Bundesministerin Dr. Claudia Schmied und Bundesminister Dr. Johannes Hahn die ExpertInnengruppe „LehrerInnenbildung NEU – Die Zukunft der pädagogischen Berufe“ mit dem Auftrag ein, die zentralen Eckpunkte für eine moderne Ausbildung zu erarbeiten. „Es geht um ein umfassendes Konzept: Die Schule ist eine wichtige und zentrale Institution unserer Gesellschaft, aber nicht der einzige Ort pädagogischer Aktivitäten, nicht der einzige Ort von Bildung und Lernen. Die ExpertInnengruppe geht vom Anspruch aus, auch elementarpädagogische, sozialpädagogische und andere pädagogische Bereiche in eine Gesamt-Konzeption zur Aus- und Weiterbildung für pädagogische Berufe der Zukunft miteinzubeziehen.“ Bereits in der Auftragsvergabe wurden grundlegende Überlegungen angesprochen, die unter anderem eine klare Qualitätsorientierung, die erhöhte Durchlässigkeit zwischen Schularten und auch für QuereinsteigerInnen, eine durchgehenden Kompetenzorientierung, sowie die stärkere Verbindung verschiedener Ebenen und Bildungsphasen zum Inhalt hatten. Der nun vorliegende Bericht bildet die Grundlage für einen breiten öffentlichen Diskurs, aus dem weitere politische Entscheidungen für die Gestaltung einer neuen PädagogInnenbildung abgeleitet werden sollen. Im Zentrum der Überlegungen stehen die jungen Menschen in der Gesellschaft von morgen und die Herausforderungen an Bildung und pädagogische Angebote. Es geht um die Anforderungen von morgen. In diesem Sinne formuliert der Bericht folgende Kernfragen: „Wie kann die Schule von morgen diesen Aufgaben gerecht werden? Welche Rolle nimmt sie für junge Menschen in der Gesellschaft wahr? Welche Persönlichkeiten können als LehrerInnen, PädagogInnen diese Aufgaben erfüllen? Welche Kompetenzen, Fähigkeiten, Einstellungen sind dazu erforderlich?“ Mitte November bis Anfang Dezember finden in vier Landeshauptstädten Konferenzen statt, in denen VertreterInnen der betroffenen Einrichtungen, Stakeholder und Interessensvertretungen mit den beiden Bundesministerinnen ein gemeinsames Zukunftsbild für Pädagoginnen und Pädagogen entwickeln werden. Dabei soll der Lehrberuf insgesamt attraktiver gemacht und das Image des Berufsfelds gehoben werden. Pädagogische Berufe sind Zukunftsberufe. Von ihrer Attraktivität sollen Männer ebenso wie Frauen angesprochen werden. Derzeit ist der Anteil der Männer in pädagogischen Berufen relativ gering, weshalb im Zuge der politischen Diskussion besonderes Augenmerk darauf zu legen sein wird, wieder mehr Männer für diesen Beruf zu interessieren.“

 

Als Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Franz Riepl gewählt.


Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gleichbehandlungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle

1.     den Frauenbericht 2010 der Bundesministerin für Frauen und öffentlichen Dienst (III-174 der Beilagen) zur Kenntnis nehmen;

2.     die angeschlossene Entschließung annehmen.

 

Wien, 2010 10 12

                                    Franz Riepl                                                                 Mag. Gisela Wurm

                                    Berichterstatter                                                                             Obfrau