945 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Finanzausschusses

über die Regierungsvorlage (874 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Finanzstrafgesetz und das Bankwesengesetz geändert werden (Finanzstrafgesetz-Novelle 2010 - FinStrG-Novelle 2010)

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs für die Änderungen im Finanzstrafgesetz:

Steuergerechtigkeit liegt nur vor, wenn jeder nach seiner steuerlichen Leistungsfähigkeit behandelt wird. Maßnahmen in diese Richtung greifen nicht ohne ein effektives Finanzstrafrecht. Daher erscheint es in Zeiten größerer Herausforderungen in diesem Bereich erforderlich, das Finanzstrafsystem bei gleich bleibenden Ressourcen in seiner Effizienz zu straffen und Strafbarkeitslücken zu schließen.

Mit den vorliegenden Änderungen des Finanzstrafgesetzes soll insbesondere folgenden Zielen Rechnung getragen werden:

         - Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung

Für Betroffene stellt die Verfahrensdauer an sich ein belastendes Element dar. Aus diesem Grund sieht die Novelle zahlreiche Maßnahmen zur Verfahrensbeschleunigung vor, die einerseits dem Interesse Betroffener an einem effizienten und raschen Finanzstrafsystem, andererseits der Situation der Ressourcenknappheit Rechnung tragen. Zu diesen Maßnahmen gehören die vereinfachte Erkenntnisausfertigung, die Erweiterung der Möglichkeiten zur Erlassung von Strafverfügungen ohne vorherige Einleitung in besonderen Fällen, die Möglichkeit einer objektiven Hausdurchsuchungsanordnung, Schaffung eines Kontoauskunftsbescheides an Stelle der Rechtsmittelmöglichkeit gegen einen Einleitungsbescheid, die Anhebung der Zuständigkeitsgrenzen bei Spruchsenat und Gericht und die Erweiterung der Möglichkeit, von einer mündlichen Berufungsverhandlung abzusehen. Ebenfalls im Lichte dieser Zwecke werden organisatorische Maßnahmen für das Spruchsenatsverfahren getroffen.

         - Neue bzw. geänderte Tatbestände

Sanktionsdefizite im Bereich illegaler Tabakwarenproduktion sollen durch eine entsprechende Regelung beseitigt werden. Durch strengere Strafdrohungen für bandenmäßige und gewalttätige Tatbegehung sowie durch die Normierung des neuen Tatbestandes „Abgabenbetrug“ sollen Finanzvergehen bei Vorliegen bestimmter Qualifizierungen eine angemessene Sanktionierung finden.

         - Anpassungen an geänderte Rechtslagen

Dazu gehören die Bereinigung der Strafnormen bezüglich nicht mehr in Geltung stehender abgabenrechtlicher Bestimmungen, eine Anpassung der Entschädigungsnormen an die Judikatur des EGMR sowie an das Strafrechtliche Entschädigungsgesetz 2005 und das Bundesverfassungsgesetz vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, und die Aufnahme von Strafbestimmungen in das Kommunalsteuergesetz 1993 sowie notwendige Zitatanpassungen.

         - Vollzugsgerechtigkeit

Die Selbstanzeigeregelung soll u.a. im Hinblick auf eine tatsächliche Entrichtung der verkürzten Abgaben klarer gestaltet werden, da das Privileg der Strafaufhebung, das dem letztlich nicht zahlenden, weil in Insolvenz geratenen Selbstanzeigers gegenüber jenem, der sich redlich aber vergeblich um die Entrichtung der geschuldeten Abgaben bemüht, ungerechtfertigt erscheint. Vereinfacht soll die Selbstanzeige in Zukunft dadurch werden, dass hinsichtlich der Behörde, bei der diese eingebracht werden muss, eine größere Flexibilität geschaffen wird.

         - Nachjustierung der Bestimmungen zum gerichtlichen Strafverfahren

Gegenüber der FinStrG-Novelle 2005 waren weitere Anpassungen an die Strafprozessreform wie die Ermöglichung der Zuständigkeitsübertragung an eine andere sachlich zuständige Finanzstrafbehörde I. Instanz, die Zulässigkeit der Einstellung des Vorverfahrens, wenn nicht die Gerichte zur Ahndung des Finanzvergehens zuständig sind, oder die Zulässigkeit von gekürzten Urteilsausfertigungen im Zusammenhang mit gerichtlich zu ahndenden Finanzvergehen erforderlich.

Hauptgesichtspunkte des Entwurfs für die Änderungen im Bankwesengesetz:

Entsprechend der Änderung des Vortatenkatalogs zur Geldwäsche durch § 1 Abs. 3 FinStrG sind die behördliche Meldepflicht und das Beweisverwertungsverbot anzupassen.

Kompetenz:

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 10 Abs. 1 Z 6 B-VG (Straf- und Strafverfahrensrecht) sowie aus Art. 10 Abs. 1 Z 5 B-VG (Geld-, Kredit-, Börse- und Bankwesen).

 

Der Finanzausschuss hat die gegenständliche Regierungsvorlage in seiner Sitzung am 03. November 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer dem Berichterstatter Abgeordneten Konrad Steindl die Abgeordneten Kai Jan Krainer, Elmar Podgorschek, Mag. Roman Haider, Dr. Christoph Matznetter und Mag. Werner Kogler sowie der Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Reinhold Lopatka und der Ausschussobmann Abgeordneter Dkfm. Dr Günter Stummvoll.

 

Im Zuge der Debatte haben die Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer einen Abänderungsantrag eingebracht, der wie folgt begründet war:

Zu Z I betreffend Artikel 1 (Änderung des Finanzstrafgesetzes):

Zu Z 1 und 2 (Art. 1 Z 9a und 11, § 23 Abs. 4 und § 26 FinStrG):

Es soll im gerichtlichen Finanzstrafverfahren sichergestellt werden, dass jedenfalls die in § 23 Abs. 4 schon jetzt vorgesehene Mindestgeldstrafe festgesetzt und jedenfalls eine Geldstrafe von 10% des strafbestimmenden Wertbetrages unbedingt verhängt wird.

Zu Z 3 (Art. 1 Z 14, § 30a Abs. 1 und Abs. 6 FinStrG):

Durch die Änderungen des § 30a soll die praktische Umsetzung der geplanten Maßnahme ermöglicht werden, indem eine kurze Frist für die Zustimmung zur Festsetzung bzw. zur Antragstellung festgesetzt wird. In Abs. 6 soll klargestellt werden, dass eine Selbstanzeige als weitergehende Begünstigung diese Maßnahme ausschließt.

Zu Z 4 und 5 (Art. 1 Z 21 und 22, § 38a Abs. 2 lit. a und § 39 Abs. 3 lit. c FinStrG):

Mit dieser Änderung soll eine privilegierende Strafdrohung für Verbände bei den Tatbeständen der bandenmäßigen oder gewalttätigen Tatbegehung sowie dem Abgabenbetrug vermieden werden.

Zu Z 6 (Art. 1 Z 31a, § 65 Abs. 1 lit. a FinStrG):

Das Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel ist als Finanzstrafbehörde erster Instanz zur Verfolgung aller in seine sachlche Zuständigkeit fallenden Finanzvergehen bundesweit zuständig. Alle diese Fälle wäre demnach vor dem Spruchsenat beim Finanzamt Wien 1/23 abzuhandeln. Die Änderung soll nun eine dezentrale Verhandlungsführung in den Bundesländern ermöglichen, deren konkrete Ausgestaltung im Wege der Geschäftsverteilung zu erfolgen hat.

Zu Z 7 (Art. 1 Z 38a, § 124 Abs. 1 FinStrG):

Durch die Ermöglichung eines Einstellungsantrages soll den Beschuldigten an Stelle der Beschwerde gegen den Einleitungsbescheid ein Rechtsinstrument zur Verfahrensbeschleunigung geboten werden.

Zu Z 8 (Art. 1 Z 39a, § 125 Abs. 2 FinStrG):

Die Abänderung dient einer Anpassung an die geänderten Wertgrenzen für die Spruchsenatszuständigkeit.

Zu Z II betreffend Artikel 2 (Änderung des Bankwesengesetzes):

Zu Z 1 (Art. 2 Z 2, § 107 Abs. 71 BWG):

Die Änderung des Bankwesengesetzes soll gleichzeitig mit der Änderung des Finanzstrafgesetzes in Kraft treten.

 

Bei der Abstimmung wurde der in der Regierungsvorlage enthaltene Gesetzentwurf unter Berücksichtigung des oben erwähnten Abänderungsantrages der Abgeordneten Dkfm. Dr. Günter Stummvoll und Kai Jan Krainer einstimmig angenommen.

 

Zum Berichterstatter für das Plenum wurde Abgeordneter Konrad Steindl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Finanzausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 11 03

                                 Konrad Steindl                                                     Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

                                    Berichterstatter                                                                            Obmann