962 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Gesundheitsausschusses

über den Antrag 1308/A der Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gesundheitstelematikgesetz geändert wird

Die Abgeordneten Dr. Sabine Oberhauser, MAS, Dr. Erwin Rasinger, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 20. Oktober 2010 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Mit der Novelle zum Gesundheitstelematikgesetz, BGBl. I Nr. 36/2009, wurde das In-Kraft-Treten der Verwaltungsstrafbestimmung (§ 17 Gesundheitstelematikgesetz [GTelG], BGBl. I Nr. 179/2004) bis Ende des Jahres 2009 verlängert. Grund dafür war die Erfahrung, dass die festgelegten Anforderungen an die Datensicherheit nicht sofort bzw. nicht vollständig von allen Gesundheitsdiensteanbietern umgesetzt werden konnten. Insbesondere hinsichtlich der nach wie vor breiten Verwendung von Faxgeräten wurde klar, dass diese oft die einzige im Einsatz befindliche Kommunikationsinfrastruktur für die Übermittlung von Gesundheitsdaten darstellen und eine sofortige Ablöse nicht ohne Beeinträchtigung der Gesundheitsversorgung von Patientinnen und Patienten erfolgen kann. Mit der Gesundheitstelematikverordnung (GTelV), BGBl. II Nr. 451/2008, wurden daher zunächst erleichterte Bedingungen für die weitere Verwendung von Faxgeräten zur Übermittlung von Gesundheitsdaten geschaffen. Diese Bestimmungen sind mit 1. Jänner 2009 in Kraft getreten und mit Ablauf des Jahres 2010 befristet. Auf Grund des Umstandes, dass mit der GTelG-Novelle die Verwaltungsstrafbestimmungen bis Endes des Jahres 2009 und mit der GTelV bis Ende 2010 ausgesetzt wurden, entstand eine hohe Rechtsunsicherheit bei den Normadressaten, die mit der vorliegenden Novelle behoben werden soll.

Für die Lösung wurde ein neuer Ansatz gewählt, weil einerseits ein weiterer Aufschub des In-Kraft-Tretens der Verwaltungsstrafbestimmungen nicht zweckmäßig erschien, andererseits aber auf Grund der faktischen Verhältnisse den Gesundheitsdiensteanbietern die Möglichkeit eröffnet werden muss, mit verkraftbarem Aufwand auf sichere Technologien zu migrieren. § 19 Abs. 1 bezieht sich auf alle verschlüsselten Übermittlungsarten. Zum Begriff der „technischen Infrastruktur“ zählen alle allgemein verfügbaren technischen Einrichtungen, insbesondere Hard- und Software. Mit dem Entfall der Zeitangabe in § 17 Abs. 1 Z 1 ist grundsätzlich ein sofortiges In-Kraft-Treten der Verwaltungsstrafbestimmungen verbunden, außer:

-       die Einhaltung der Datensicherheitsmaßnahmen gemäß Abschnitt 2 ist für den Gesundheitsdiensteanbieter technisch oder in Bezug auf den damit verbundenen wirtschaftlichen Aufwand unzumutbar (Abs. 4) oder

-       die technische Unmöglichkeit oder wirtschaftliche Unvertretbarkeit besteht für einen anderen an der Weitergabe der Gesundheitsdaten beteiligten Gesundheitsdiensteanbieter (Abs. 6) oder

-       die Weitergabe erfolgt per Funk zum Zwecke der Einsatzorganisation bei Rettungsdiensten (Abs. 7).

Die erleichterten Bedingungen können aus technischen Gründen dann in Anspruch genommen werden, wenn für eine dem Abschnitt 2 konforme Vorgangsweise die benötigte Hardware und/oder die dafür erforderliche Software nicht verfügbar sind. Darüber hinaus zu prüfen ist die wirtschaftliche Vertretbarkeit. Diese muss sich auf die ökonomische Zumutbarkeit der Beschaffung von grundsätzlich verfügbarer Hardware und/oder Software beziehen. Zum wirtschaftlichen Aufwand im Sinne des Abs. 4 zählen sowohl organisatorischer Aufwand, als auch jener für Schulungen, Wartung, etc. Das Kriterium der wirtschaftlichen Vertretbarkeit soll auch verhindern, dass Investitionen zu tätigen sind, die sich im Hinblick auf zeitnahe, zukünftige Projekte ‑ wie etwa die elektronische Gesundheitsakte (ELGA) ‑ rasch als überholt erweisen können.

Abs. 4 ist angelehnt an die allgemeine Bestimmung zu Datensicherheitsmaßnahmen gemäß § 14 Datenschutzgesetz 2000, BGBl. I Nr. 165/1999. Auch Art  17 Abs. 1 der Richtlinie 95/46/EG zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr, also die ranghöchste Rechtsnorm auf europäischer Ebene, nimmt auf den Stand der Technik und die mit den Datensicherheitsmaßnahmen verbundenen Kosten (Wirtschaftlichkeit) Rücksicht.

Um auf die unterschiedliche Geschwindigkeit der technischen Entwicklung verschiedener Gesundheitsdiensteanbieter auch flexibel in Bezug auf die Verbesserung der Datensicherheit reagieren zu können, kann der Bundesminister für Gesundheit mit Verordnung (§ 19 Abs. 5) - nach Anhörung der jeweils durch die Verordnung unmittelbar betroffenen Interessensvertretungen - feststellen, dass die in Abs. 4 genannte technische Realisierbarkeit sowie die wirtschaftliche Zumutbarkeit für bestimmte Gesundheitsdiensteanbieter bereits gegeben ist. Ab der Erlassung einer solchen Verordnung gelten für die davon betroffenen Gesundheitsdiensteananbieter die erleichterten Bedingungen nicht mehr, sondern ist Abschnitt 2 vollumfänglich anzuwenden. Auch Abs. 4 findet ab diesem Zeitpunkt für diese Gesundheitsdiensteanbieter keine Anwendung mehr. Anknüpfungspunkte für die Erlassung einer solchen Verordnung können einerseits die festgelegten Rollen (Kategorien von Gesundheitsdiensteanbietern), andererseits aber auch die Anzahl der nach einem Beobachtungszeitraum weiter im Einsatz befindlichen technischen Lösungen sein. Daraus ergibt sich aber auch, dass eine solche Verordnung bereits dann erlassen werden kann, wenn von einer überwiegenden Anzahl der zunächst ausgenommenen Gesundheitsdiensteanbieter eine Umstellung auf sichere Technologien bereits durchgeführt wurde. Da eine vollständige Umstellung der betroffenen Grundgesamtheit somit nicht erforderlich ist, bietet dieser Lösungsansatz eine flexible und wirkungsvolle Möglichkeit, auf Nachzügler einen entsprechenden Druck auszuüben, ohne die Übermittlung von Gesundheitsdaten mit den genannten Nachteilen für die Mehrzahl der Patientinnen und Patienten zu gefährden. Ist jedoch die Übermittlung (aktiv oder passiv) für bestimmte Gesundheitsdiensteanbieter nur im Wege einer herkömmlichen Technologie (wie etwa Fax) möglich, muss zwangsläufig auch der Kommunikationspartner diese Technologie straffrei verwenden dürfen, da sonst eine Kommunikation nicht möglich wäre (§ 19 Abs. 6). Die materiellen Anforderungen für die Übergangsbestimmungen wurden den §§ 6 und 7 GTelV entnommen; die GTelV wird daher entsprechend anzupassen sein.

Schließlich behandeln die Übergangsbestimmungen (§ 19 Abs. 7) ein weiteres Problem, das erst im Zuge der Anwendung des GTelG bzw. der GTelV erkennbar geworden ist. Von Rettungsdiensten werden Einsätze derzeit vielfach noch mit Funktechnologien organisiert, die eine Verschlüsselung der übermittelten Gesundheitsdaten nicht zulassen. Da eine sofortige Ablöse dieser Technologie mit immensen Kosten verbunden wäre und auch im Hinblick auf das geringe Missbrauchspotenzial nicht zweckmäßig erscheint, wurde hier eine Übergangsfrist gewählt, die sich an den erwarteten Reinvestitionszyklen orientiert.

Der bisherige § 19 Abs. 1 konnte im Hinblick auf die geplante umfassende Neuregelung im Zusammenhang mit ELGA entfallen.“

 

Der Gesundheitsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 04. November 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Dr. Sabine Oberhauser, MAS die Abgeordneten Karl Öllinger, Mag. Johann Maier; Ursula Haubner; Dr. Erwin Rasinger sowie der Bundesminister für Gesundheit Alois Stöger, diplômé.

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Ridi Maria Steibl gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Gesundheitsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 11 04

                               Ridi Maria Steibl                                            Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein

                                  Berichterstatterin                                                                           Obfrau