990 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Bericht

des Verfassungsausschusses

über den Antrag 1313/A der Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Albert Steinhauser, Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich erlassen sowie das Nationalfondsgesetz geändert wird

Die Abgeordneten Mag. Barbara Prammer, Fritz Neugebauer, Mag. Albert Steinhauser, Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen haben den gegenständlichen Initiativantrag am 20. Oktober 2010 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Allgemeiner Teil

Die Entschließung des Nationalrates vom 29. Jänner 2010 (79/E XXIV. GP) betreffend Sanierung und Erhaltung jüdischer Friedhöfe in Österreich wurde von allen Parteien angenommen. Darin wurden die Bemühungen der österreichischen Bundesregierung zur Einrichtung eines Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich und somit zum baldigen Beginn ihrer Sanierung begrüßt. Die Bundesregierung wurde mit dieser Entschließung ersucht, im Sinne der Einigung mit der Israelitischen Kultusgemeinde, dem Bundesland Niederösterreich und der Stadt Wien vom Dezember 2009 die entsprechenden weiteren Schritte zu setzen.

Mit der Entschließung appellierte der Nationalrat auch an die übrigen Bundesländer, sich ihrer Verpflichtung zur Erhaltung des jüdischen, kulturellen und religiösen Erbes in Österreich bewusst zu werden und ebenfalls entsprechende Maßnahmen zur Sanierung und Instandhaltung der in ihrem Bundesland gelegenen jüdischen Friedhöfe zu setzen.

Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll, wie im Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode vorgesehen (Abschnitt „Kunst und Kultur“, Punkt 17), die gemeinsame Anstrengung mit Ländern und Gemeinden, des Nationalfonds sowie Dritter zur Restaurierung und Erhaltung der jüdischen Friedhöfe und die unverzügliche Einleitung der noch ausstehenden zusätzlichen Maßnahmen festgelegt und ermöglicht werden.

Das Vorhaben gründet sich auf Anhang A Punkt 8 zum Washingtoner Abkommen, wo vereinbart wurde, dass Österreich zusätzliche Unterstützung für die Restaurierung und Erhaltung bekannter und unbekannter jüdischer Friedhöfe in Österreich leisten werde. Ihm liegen die folgenden grundsätzlichen Erwägungen zugrunde:

-       Gesamtfinanzierungsbedarf über 20 Jahre: rund EUR 40 Mio. (nicht wertgesichert);

-       es wird ein Fonds zur Instandsetzung der österreichischen jüdischen Friedhöfe eingerichtet. Dieser wird vom Bund mit 1 Mio. EUR jährlich für 20 Jahre, in Summe also 20 Mio. EUR wertgesichert dotiert;

-       dieser Fonds soll beim Nationalrat angesiedelt werden, der durch den Nationalfonds über einschlägige Expertise verfügt;

-       der Fonds ist offen für Drittmittel;

-       finanzielle Beteiligungen der Länder können entweder in den Fonds oder direkt in ein Sanierungsprojekt fließen;

-       in Summe sollen die der Israelitischen Kultusgemeinde als Eigentümerin der in Österreich gelegenen jüdischen Friedhöfe zuzurechnenden Beiträge jenen des Bundes entsprechen;

-       Auszahlungen aus dem Fonds erfolgen nur, wenn die Standortgemeinde sich zur weiteren Instandhaltung (nach erfolgter Sanierung) des jeweiligen Friedhofs auf die Dauer von mindestens 20 Jahren verpflichtet;

-       die Priorisierung der Projekte im Fonds erfolgt nach fachlichen Kriterien.

Für die finanzielle Bedeckung der Ausgaben des Bundes ist im Bundesfinanzrahmengesetz 2011 bis 2014 in der Untergliederung 02 Bundesgesetzgebung entsprechend vorgesorgt. Für die Folgejahre ist jeweils im Zuge der Budgetverhandlungen entsprechend Vorsorge zu treffen.

Die Zuständigkeit des Bundes zur Erlassung dieses Bundesgesetzes ergibt sich aus Art. 17 (Privatwirtschaftsverwaltung) des Bundes-Verfassungsgesetzes.

Besonderer Teil

Bundesgesetz über die Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich

Zu § 1:

Die geplante Einrichtung des Fonds wird einen wesentlichen Beitrag des Bemühens der Republik Österreich, ihrer Verantwortung gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus gerecht zu werden, bilden. Die Ansiedlung beim Nationalrat, der durch den Nationalfonds über diesbezüglich einschlägige Erfahrungen verfügt, soll eine professionelle und sparsame Gebarung sicherstellen.

Zu § 2:

Der Fonds wird durch Bundesmittel gespeist und kann Drittmittel (auch der Länder oder Gemeinden) erhalten. Die vom Bund zugewendeten Mittel werden wertgesichert und  je nach glaubhaft gemachtem Bedarf flexibel zur Verfügung gestellt.

Ein unabweislicher Bedarf gemäß § 2 Abs. 1 wird insbesondere dann glaubhaft sein, wenn die Mittelzuwendungen an den Fonds für jene Geldleistungen gemäß § 3 Abs. 1 benötigt werden, die im Laufe des selben Quartals fällig werden. Darüber hinaus können die gemäß § 3 Abs. 5 zu erlassenden Richtlinien  weitere Anwendungsfälle für die Glaubhaftmachung eines unabweislichen Bedarfes vorsehen.

Die steuer- und abgabenrechtlichen Vorschriften orientieren sich an den bereits bestehenden Modellen, etwa dem National- sowie dem Entschädigungsfonds.

Zu § 3:

Die Anträge an den Fonds zur Erbringung von Leistungen zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe sind jeweils von den EigentümerInnen der Friedhöfe oder von diesen diesbezüglich beauftragten Dritten zu stellen. Anträge haben die Antragsvoraussetzungen zu erfüllen; diesbezügliche Mindeststandards und Rahmenbedingungen werden in Richtlinien festgelegt werden, die eine rasche und einfache Bearbeitung durch den Fonds sicherstellen sollen. Die Ausarbeitung eines Antrags anhand dieser Vorgaben wird es dem/der AntragstellerIn ermöglichen, einen beschlussreifen Projektvorschlag an den Fonds zu richten.

Gemäß Untersuchungen der IKG wird sich der Gesamtfinanzierungsbedarf auf rund EUR 40 Mio. belaufen; dieser soll je zur Hälfte vom Bund und aus Mitteln der IKG als Friedhofseigentümerin bzw. der diesbezüglich beauftragten Dritten aufgebracht werden. Werden über einen fünfjährigen Durchrechnungszeitraum hinweg nicht zumindest 75% der Drittmittel aufgebracht, so erfolgt eine entsprechende Anpassung der Bundesleistungen bis zu dem Zeitpunkt, an dem dies erneut erreicht wird.

Auf die Mittel der EigentümerInnen bzw. ihrer diesbezüglich beauftragten Dritten können auch unentgeltliche Leistungen angerechnet werden. Solche Leistungen sind von der IKG dem Nationalfonds gegenüber zu belegen.

Zu § 4:

Durch die Besorgung der administrativen Aufgaben des Fonds und dessen Vertretung nach außen durch den Nationalfonds werden – nach dem Vorbild des Entschädigungsfonds – Synergien genutzt. Die finanzielle Gebarung erfolgt jedoch in einem eigenen Verrechnungskreis.

Der Beirat (siehe § 5), der an die Stelle des Komitees im Nationalfonds tritt, spiegelt die Besonderheiten der Aufbringung der diesbezüglichen finanziellen Mittel wider und soll durch die Beteiligung der IKG insbesondere auch sicherstellen, dass Projekte in Übereinstimmung mit den für jüdische Friedhöfe geltenden religiösen Vorschriften abgewickelt werden.

Zu § 5:

Das Kuratorium des Nationalfonds hat die Entscheidungen über die Zuerkennung von Leistungen dieses Fonds zu treffen. Diesbezüglich wird es durch einen Beirat, in dem jedenfalls alle Mittel zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe zur Verfügung stellenden Stellen (Bund, Länder, Gemeinden, Israelitische Kultusgemeinde) vertreten sind, beraten. Die Israelitischen Kultusgemeinden in Österreich werden dabei durch die Israelitische Kultusgemeinde Wien vertreten. Sachkundige ExpertInnen (HistorikerInnen) können einerseits vom Beirat als weitere Mitglieder aufgenommen, andererseits zu einzelnen Sitzungen beigezogen werden (weitere sachkundige ExpertInnen). Der Beirat begleitet auch die Projekte, die der Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe dienen, wobei die Beiratsmitglieder zumindest halbjährlich über die Fortschritte zu informieren sind.

Zu § 6:

Der Fonds wird befristet eingerichtet. Allenfalls verbleibende Restmittel sind nach Zuleitung an den Nationalfonds von diesem für einschlägige Projekte zu verwenden.

 

Bundesgesetz, mit dem das Nationalfondsgesetz geändert wird

Die zusätzliche Aufgabe des Nationalfonds, die administrativen Aufgaben des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe zu besorgen, ist in das Nationalfondsgesetz aufzunehmen. Daraus ergibt sich eine Reihe von redaktionellen Änderungen.“

 

Der Verfassungsausschuss hat den gegenständlichen Initiativantrag in seiner Sitzung am 9. November 2010 in Verhandlung genommen. An der Debatte beteiligten sich außer der Berichterstatterin Abgeordneter Angela Lueger die Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner, Mag. Harald Stefan, Mag. Albert Steinhauser, Mag. Ewald Stadler, Otto Pendl, Mag. Dr. Wolfgang Zinggl und Dr. Walter Rosenkranz sowie der Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer.

 

Bei der Abstimmung wurde der Gesetzentwurf einstimmig angenommen.

 

Ferner beschloss der Verfassungsausschuss mit Stimmenmehrheit folgende Feststellungen:

„Der Verfassungsausschuss hält zu § 2 Abs. 1 und § 3 Abs. 2 fest:

Zur Instandsetzung der Jüdischen Friedhöfe stehen insgesamt EUR 40 Mio (wertgesichert) zur Verfügung, wobei je die Hälfte vom Bund durch einen Zuschuss von 1 Mio EUR jährlich über 20 Jahre sowie von Dritten aufgebracht wird, wobei für die Drittleistungen unentgeltlich erbrachte Leistungen (z. B. Tätigkeit von Freiwilligen bei der Instandsetzung) anzurechnen sind. Dieser Gesamtbetrag von EUR 40 Mio beruht auf einer detaillierten Kostenschätzung der Israelitischen Kultusgemeinde über die erforderlichen Aufwendungen zur Instandsetzung, wobei sich diese Kostenschätzung exklusive Umsatzsteuer versteht.“

 

Als Berichterstatterin für das Plenum wurde Abgeordnete Angela Lueger gewählt.

Als Ergebnis seiner Beratungen stellt der Verfassungsausschuss somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem angeschlossenen Gesetzentwurf die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2010 11 09

                                  Angela Lueger                                                               Dr. Peter Wittmann

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann