1024 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXIV. GP

 

Regierungsvorlage

Bundesgesetz, mit dem ein Bundes-Tiergesundheitsfondsgesetz erlassen wird und das Tierseuchengesetz geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel 1

Bundesgesetz, mit dem ein Fonds zur Finanzierung und Kostentragung bundesgesetzlich geregelter Maßnahmen zur Überwachung der Tiergesundheit eingerichtet wird (Bundes-Tiergesundheitsfondsgesetz – TGFG)

Der Nationalrat hat beschlossen:

Bundes-Tiergesundheitsfonds

§ 1. (1) Für die Finanzierung der Kostentragung von bundesgesetzlich geregelten Maßnahmen zur Überwachung der Tiergesundheit sowie zur Mitfinanzierung des elektronischen Registers gemäß § 8 Abs. 1 des Tierseuchengesetzes (TSG), RGBl. Nr. 177/1909, wird beim Bundesministerium für Gesundheit ein Bundes-Tiergesundheitsfonds (im Folgenden „Fonds“ genannt) eingerichtet.

(2) Der Fonds hat Rechtspersönlichkeit und wird vom Bundesminister für Gesundheit vertreten und verwaltet.

(3) Der Bundesminister für Gesundheit ist ermächtigt, durch Verordnung zu seiner Unterstützung bei der Verwaltung des Fonds eine externe Organisation zu betrauen. Eine solche Organisation unterliegt in Angelegenheiten des Fonds der Weisungsbefugnis des Bundesministers für Gesundheit. Sie muss in der Lage sein, die Erfüllung der dem Fonds übertragenen Aufgaben sicherzustellen und die administrative Durchführung der Aufgaben und Abwicklung der Geschäfte zu übernehmen. Auf die Betrauung besteht kein Rechtsanspruch. Die Betrauung bedarf des Einvernehmens mit dem Bundesminister für Finanzen.

(4) Für den sich aus der Verwaltung des Fonds und der Besorgung der Fondsgeschäfte ergebenden Aufwand hat der Fonds aufzukommen. Der Fonds hat für die Durchführung der Aufgaben des Zahlungsverkehrs, des Rechnungswesens und der Rechnungslegung zu sorgen.

(5) Zur Beratung des Bundesministers für Gesundheit in Angelegenheiten des Fonds wird ein Beirat (Tiergesundheitsfonds-Beirat) eingerichtet. Dem Beirat gehören an:

           1. drei Vertreter des Bundesministeriums für Gesundheit;

           2. ein Vertreter des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft;

           3. ein von der Landwirtschaftskammer Österreich nominierter Vertreter;

           4. ein von der Landeshauptleutekonferenz nominierter Vertreter;

           5. gegebenenfalls ein Vertreter der gemäß Abs. 3 betrauten Organisation.

Aufbringung der Fondsmittel

§ 2. (1) Die Mittel des Fonds werden aufgebracht:

           1. durch Zuwendungen von Bundesmitteln nach Maßgabe des Bundesfinanzgesetzes;

           2. durch Zuwendungen von Landesmitteln nach Maßgabe landesrechtlicher Vorschriften;

           3. durch Beiträge der Tierhalter und Betreiber gemäß §§ 5ff;

           4. durch Mittel, die die Europäische Union Österreich als Kofinanzierung für Maßnahmen zur Überwachung der Tiergesundheit gewährt;

           5. durch sonstige Zuwendungen.

(2) Der Fonds darf Anleihen, Darlehen und sonstige Kredite in Höhe der nach diesem Bundesgesetz innerhalb von fünf Jahren gesichert zu erwartenden Mittel aufnehmen. Darüberhinausgehende Kreditoperationen dürfen nur im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen vorgenommen werden.

Gebarung des Fonds

§ 3. (1) Der Fonds hat für jedes Geschäftsjahr einen Voranschlag und einen Rechnungsabschluss, der jedenfalls aus einer Erfolgsrechnung und einer Schlussbilanz bestehen muss, sowie einen Geschäftsbericht zu verfassen und dem Bundesminister für Gesundheit vorzulegen.

(2) Die Mittel, die dem Fonds gemäß § 2 zufließen sowie die sich bildenden Reserven einschließlich anfallender Nettozinsen sind ausschließlich für die Aufgaben gemäß § 4 sowie den Aufwand gemäß § 1 Abs. 4 zu verwenden. Guthaben sind nutzbringend anzulegen.

(3) Die Gebarung des Fonds ist so zu gestalten, dass innerhalb von fünf Jahren die in Anlage 1 genannten Mittel aufgebracht werden.

Aufgaben des Fonds

§ 4. (1) Der Fonds hat

           1. die Kosten von behördlich angeordneten Untersuchungen sowie der Untersuchung amtlicher Proben zur Feststellung einer Tierseuche nach dem TSG, die gemäß § 61 Abs. 1 TSG vom Bund zu tragen sind, und

           2. die Kosten von Probenahmen und Laboruntersuchungen, welche gemäß dem Bangseuchengesetz, BGBl. Nr. 147/1957, dem Rinderleukosegesetz, BGBl. Nr. 272/1982, dem IBR/IPV-Gesetz, BGBl. Nr. 636/1989 und nach § 7 Abs. 2 des Tiergesundheitsgesetzes, BGBl I Nr. 133/1999, vom Bund zu tragen sind, sowie

           3. die Kosten des elektronischen Registers gemäß § 8 Abs. 1 TSG anteilig

zu tragen und zu zahlen.

(2) Der Fonds kann nach Maßgabe der Mittel im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit

           1. andere als in Abs. 1 genannte Maßnahmen zur planmäßigen Überwachung von übertragbaren Tierkrankheiten fördern;

           2. Vorbeugemaßnahmen zur Gesunderhaltung von Tierbeständen, insbesonders Hygiene- und Biosicherheitsmaßnahmen in Betrieben fördern.

Beitragspflicht der Tierhalter und Betreiber

§ 5. (1) Von den im elektronischen Veterinärregister gemäß § 8a TSG registrierungs- und meldepflichtigen Haltern von Wiederkäuern, Schweinen sowie Geflügel, ist für die jeweilige Tierart nach Anzahl der gehaltenen Tiere – berechnet nach Großvieheinheiten (GVE) gemäß Anlage 2 – jährlich ein Beitrag zum Fonds zu entrichten. Ausgenommen von der Beitragspflicht sind Halter dann, wenn die Anzahl der jeweiligen Tierart weniger als fünf GVE beträgt.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit hat nach Anhörung des Tiergesundheitsfonds-Beirates im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen durch Verordnung die Höhe der Beitragsleistung für die jeweilige Tierart festzulegen. Der Beitrag darf von den in Anlage 2 genannten Richtwerten nicht mehr als 50% abweichen. Nach Größe der Bestände, nach Maßgabe der epidemiologischen Situation, der seuchenhygienischen Risiken unter Berücksichtigung der Betriebsorganisation, sowie nach Alter und Gewicht der Tiere oder Nutzungsart können dabei Zu- und Abschläge zum Beitrag vorgesehen werden. Weiters kann festgelegt werden, dass der Beitrag erst ab Erreichen einer bestimmten Bestandsgröße (bemessen in GVE) einzuheben ist.

(3) Maßgebend für die Beitragspflicht der Tierhalter oder Betreiber sind die Tierzahlen am 1. April des Beitragsjahres (Stichtag). Sind in Geflügelhaltungen am Stichtag die Stallungen nicht oder nur zum Teil belegt, ist für die Beitragspflicht der jährliche Durchschnittsbesatz maßgebend. Sind in Haltungen von Schweinen am Stichtag die Stallungen nicht oder mit weniger als 80% belegt, ist für die Beitragspflicht die Anzahl der in der Regel belegten Stallplätze maßgebend. Sind in Aquakulturbetrieben am Stichtag die Zuchtbetriebe nicht oder nur zum Teil belegt, ist für die Beitragspflicht der jährliche Durchschnittsbesatz maßgebend.

(4) Besteht am Stichtag auf Grund amtlich angeordneter Sperren eine erhebliche Überbelegung, kann der Fonds auf Antrag den auf die Überbelegung entfallenden Anteil des Beitrages rückerstatten.

Einbringung des Beitrages

§ 6. (1) Die Einbringung der Beiträge einschließlich der Entscheidung über Fälligkeit, Stundungen oder Ratenzahlungen obliegt dem Fonds.

(2) Dem Fonds obliegt weiters die umfassende Information der Tierhalter über die Beitragspflicht und die Form der Zahlung sowie die laufende Durchführung geeigneter Maßnahmen zur Erfassung aller beitragspflichtigen Tierhalter.

(3) Der Fonds hat alle beitragspflichtigen Tierhalter zu erfassen. Zu diesem Zweck hat ihm der Bundesminister für Gesundheit die im Betriebsregister des elektronischen Veterinärregisters erfassten Daten im elektronischen Wege zu übermitteln. Der Fonds darf die übermittelten Daten ausschließlich zum Zweck der Vollziehung dieses Bundesgesetzes verwenden; er hat dafür Sorge zu tragen, dass die Daten nur im zulässigen Umfang verwendet werden und hat Vorkehrungen gegen deren Missbrauch zu treffen.

Vorschreibung und Einhebung

§ 7. (1) Die Vorschreibung und Einhebung der Beiträge der Tierhalter erfolgt durch den Fonds in erster und letzter Instanz. Die Bestimmungen des Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetzes – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 sind sinngemäß anzuwenden.

(2) Rückständige Beiträge sind im Verwaltungsweg hereinzubringen. Der Fonds hat dabei einen Säumniszuschlag von 2% des rückständigen Betrages vorzuschreiben. Gleiches gilt für Beiträge, die auf Grund fehlender oder unrichtiger Meldungen/Registrierungen im elektronischen Veterinärregister nicht entrichtet wurden ab dem Zeitpunkt, zu dem sie bei richtiger Meldung/Registrierung hätten entrichtet werden müssen. Der Fonds ist zur Ausstellung von Rückstandsausweisen berechtigt.

(3) Auf Grund eines mit der Bestätigung des Fonds, dass er einem die Vollstreckbarkeit hemmenden Rechtszug nicht unterliegt, versehenen Rückstandsausweises kann der Fonds die Eintreibung einer Geldleistung unmittelbar beim zuständigen Gericht beantragen.

(4) Für die Einbringung von rückständigen Beiträgen hat der Fonds überdies einen pauschalen Bearbeitungsbetrag in der Höhe von 25 Euro einzuheben. Für dessen Vorschreibung und Einhebung finden die Abs. 1 bis 3 Anwendung.

Verweisungen auf andere Rechtsvorschriften

§ 8. Soweit in diesem Bundesgesetz auf andere Bundesgesetze verwiesen wird, sind diese in ihrer jeweils geltenden Fassung anzuwenden.

Personenbezogene Bezeichnungen

§ 9. Bei den in diesem Bundesgesetz verwendeten personenbezogenen Bezeichnungen gilt die gewählte Form für beide Geschlechter.

Vollziehung

§ 10. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Gesundheit, hinsichtlich des § 1 Abs. 3, des § 2 Abs. 2 zweiter Satz und des § 5 Abs. 2 im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen betraut.

Inkrafttreten und Übergangsbestimmungen

§ 11. (1) Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Jänner 2012 in Kraft.

(2) Die Beiträge der Tierhalter sind bis zum 30. November des jeweiligen Jahres einzuheben und erstmals für das Jahr 2012 zu entrichten.

(3) Der Fonds ist berechtigt der Beitragsbemessung von im elektronischen Veterinärregister erfassten Tierhaltern, von denen keine Daten zum Stichtag des jeweiligen Jahres vorliegen, die im Vorjahr gespeicherten Tierzahlen der Beitragsbemessung zugrundezulegen. Wird nachträglich festgestellt, dass der am Stichtag vorhandene Tierbestand größer war als angegeben oder ein am Stichtag vorhandener Tierbestand nicht gemeldet wurde, sind die Beiträge nachträglich unter Berücksichtigung der Bestimmungen § 7 Abs. 2 vorzuschreiben und einzuheben.


Anlage 1

Aufzubringende Mittel pro Tierart innerhalb von fünf Jahren

1. Wiederkäuer    14.000.000 Euro

2. Schweine            6.500.000 Euro

3. Geflügel                 750.000 Euro


Anlage 2

Richtwerte der jährlichen Beiträge pro GVE nach Tierarten

1. Wiederkäuer    2,0 Euro/GVE

2. Schweine          3,5 Euro/GVE

3. Geflügel            7,0 Euro/GVE

 

Berechnungstabelle GVE

Tierart

GVE pro Stück

Wiederkäuer

 

Rinder unter 6 Monate

0,4

Rinder 6 Monate bis 2 Jahre

0,6

Rinder ab 2 Jahre

1,0

Schafe und Ziegen bis 1 Jahr

0,07

Schafe und Ziegen ab 1 Jahr

0,15

(Farm-)Rotwild bis 6 Monate

0,07

(Farm-)Rotwild 6 Monate bis 1 Jahr

0,15

(Farm-)Rotwild ab 1 Jahr

0,25

Sonstige (Farm-)Wildwiederkäuer bis 1 Jahr

0,07

Sonstige (Farm-)Wildwiederkäuer über 1 Jahr

0,15

Schweine

 

Jungschweine, 8 kg bis 32 kg Lebendgewicht

0,07

Jungschweine, 32 kg bis 50 kg Lebendgewicht

0,15

Mastschweine ab 50 kg Lebendgewicht

0,15

Jungsauen (Zuchtschweine) ab 50 kg nicht gedeckt

0,15

Jungsauen (Zuchtschweine) ab 50 kg gedeckt

0,3

Ältere Sauen und Zuchteber ab 50 kg

0,3

Geflügel

 

Hühner unter 6 Monate

0,0015

Hühner über 6 Monate

0,004

Zwerghühner und Wachteln

0,0015

Gänse

0,008

Enten

0,004

Puten

0,007

Einhufer

 

Einhufer bis 1 Jahr

0,5

Einhufer über 1 Jahr

1,0


Artikel 2

Änderung des Tierseuchengesetzes

Das Tierseuchengesetz, RGBl. Nr. 177/1909, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 36/2008 und das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 3/2009, wird wie folgt geändert:

1. § 49 samt Überschrift lautet:

„Entfall der Entschädigung

§ 49. Die Gewährung einer Entschädigung aus Bundesmitteln (§§ 48 ff) ist ausgeschlossen, wenn:

           1. ein Tierhalter einer gemäß § 25a Abs. 2 oder 3 angeordneten Impfpflicht nicht nachkommt und sein nicht geimpftes Tier in der Folge

               a) auf Grund einer behördlichen Anordnung wegen dieser Seuche getötet worden oder

               b) nach Anordnung der Tötung wegen dieser Seuche verendet oder

                c) nach Anzeige, der Zuziehung eines Tierarztes und Feststellung dieser Seuche verendet

ist;

           2. im Falle des § 48 Abs. 1 Z 1 lit. a bis c, Z 2 und Z 3 die Tierverluste oder sonstigen Schäden in seinem Vermögen dadurch verursacht wurden, dass der Tierhalter gegen eine spezifische veterinärbehördliche Anordnung oder Sperrmaßnahme zur Verhinderung der Weiterverbreitung oder Bekämpfung der entsprechenden Tierseuche verstoßen hat.“

2. § 56 samt Überschrift entfällt.

3. § 74 lautet:

§ 74. Die Geldstrafen sowie der Reinerlös verfallener Gegenstände sind dem Bundes-Tiergesundheitsfonds, BGBl. I Nr. xxx/2010, als sonstige Zuwendungen zu überweisen.“

4. Nach § 77 Abs. 12 wird folgender Abs. 13 angefügt:

„(13) § 49 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 tritt mit 1. Jänner 2011 in Kraft, zugleich tritt § 56 außer Kraft; am 31. Dezember 2010 bereits anhängigen Entschädigungsverfahren sind nach der bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Rechtslage weiterzuführen. § 74 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2010 tritt mit 1. Jänner 2012 in Kraft.“